Freitag
5. Oftober 1928
Unterhaltung und Wissen
Unschuldig im Verbrecheralbum
Ein wahres Reifeerlebnis von Johanna Bodmer Lautenschläger.
( Schluß.)
Jest höre ich von der Turmuhr jeben Schlag. Sie fündete jede Biertelstunde und holte immer erst viermal aus, ehe fie bie neue Tages. jezt Nachtzeit angab. Um zwei Uhr neue Gäfte, nach dem die anderen verstummt. Und diesmal Bachen. Der eine fingt, der andere pfeift. Operettenmelodien.
Just wie in der Fledermaus" muß ich benten und staunen, Die man so viel Frohsinn in diese Welt mit hinübernehmen tann. Es entlastet mich etwas und ich schlafe wieder ein.
Beilage des Borwärts
Krebs und Zuckerfrankheit.
Raffen diefe Leiden jetzt mehr Menschen dahin?
Auf dem Kongreß der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte, ber joeben in Hamburg stattfand, hielt im Rahmen ber Ber handlungen der Seftion Sozialhygiene" der Berliner Stabtober Schularzt Dr. Georg Wolff einen mit großem Interesse aufgenommenen Bortrag über das Thema hat die Sterblichte it an Krebs und 3udertrantheit zugenommen?
Die Gesamtzahl der Sterbefälle an Krebs und auch an 3uder. frankheit hat in den letzten Jahren in Deutschland fich vermehrt, während die Ziffer der Tuberkulosesterblichkeit erheblich zurüd gegangen ist. Dieses Ergebnis findet sich in faft allen Kulturftaaten. So tommt es auch, daß die absolute" Zahl der Krebsfterbefälle unter den Todesursachen gegenwärtig den ersten Blaz einnimmt, während früher die Tuberkulose diesen innehatte. Es ist indes völlig verfehrt, baraus zu schließen, daß die Krebserkrankungen an Gefährlichkeit Bezugenommen haben ober etwa, daß der einzelne Mensch im Laufe feines Lebens jegt in höherem Maße als früher der Gefahr einer Erkrankung an Krebs ausgefeßt ist.
Schlüffetraffeln. Bon neuem fchrede ich auf. Also enblich Morgen. Meine Tür öffnet sich und herein tritt eine weiße Dame Schreibe mir die Augen und entdede, daß ein weißer Fuchspelz fie umschmiegt. Die raube Stimme der Schließerin, unb bie Tür fällt hinter ihr ins Schloß. Das Wasser rauschte. Ich habe alles gefüllt; denn ein Beden und eine Kanne sind nur vorhanden. Es rouscht und rauscht. Sie hat uns vergessen. Das Licht verlöscht. Es fchlägt vier 1hr- und Morgendämmer umgibt uns. spenstisch sitzt die weiße Dame auf ihrer Britische neben meinem Lager, den Kopf in beide Hände.
Seele lächelt.
Böhlich fährt sie auf. Was haben Sie ausgefreffen?" Meinerungszusammensetzung von maßgebender Bedeutung. Die Bevölte. Bet jeder Meffung der Sterblichkeit ist nämlich die BevölfeJch ich habe gar nichts ausgefreffen. Ich bin nur eine rung des Deutschen Reiches, insbesondere diejenige der Großstädte, Obdachlose, die h'er für umsonst eine Nacht zubringt. Morgen piel reicher an alien Beuten, als diejenige vom Boltszählungsjahr war in dem Bolkszählungsjahre 1925 viel ärmer an Kindern, aber früh reise ich weiter, und erzähle das Nähere. haben sich selbst der Polizei gestellt?" Bor Staunen 1910. Um eine statistisch richtige Vergleichsmöglichkeit zu schaffen, Bergeht ihr fast der Atem. Da kennen Sie aber die hiesige hat nun Dr. Wolff unter Zugrundelegung der Bevölkerung vom Bolizei fchlecht. Die läßt sie morgen nicht weiterreifen. Hier ist Jahre 1910 als Einheitsbevöiterung" fogenannte Standardsterbe.
„ Sie
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man ftreng."
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Ich lächle wieder.
Mich haben sie eben aufgegriffen. Wir wollten gerade ins Auto steigen. Meine Freundin ist eine leichte Fliege. Da muß ich nun mitleiden. Wir waren in fröhlicher Gesellschaft mit netten Bekannten. Was wirb morgen werden? Db sie mich babehalten?" Vor allem fönnen Sie doch nicht so fißen beiben?"„ Ich bin so nervös."„ Da müssen Sie erst recht ruhen und sich streden." Also holte sie einen Strohjad und ein Kopftiffen. zog das feldte leibchen aus, darunter noch leichter bekleidet, hüllte sich in die Bolldecke und legte sich. Das Waffer verstummit.
Tiefe Stille. Plöglich fährt meine Genossin auf.„ Es ist nicht gehever, flüstert fie unrubia, fucht und zerbrückt etwas zwischen den Fingern. Buh me das ftinft." boppelt meines harten Lagers.
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Und ich freue mich Buntt
So dammern wir dem nchen Morgen entgegen. 7 Uhr topft's. Die Schließerin reicht burch die Stappe ein grobes Handtuch für uns beibe. Schnell bin ich auf und fertig. Die meiße Dame fläft noch
Bunti 7 Uhr öffnet sich die Klappe wieber. Der Kaffee. Donner und Doria, find S'e noch nicht auf? Nun aber mal los!" Brüfft bie Schließerin ter Stofenben entgegen. Diese fällt foft vom Stencel. Bitternd erbebt fie sich. Ich bin lo neroos. Barum fährt sie uns fo an, man ift bodh fein Hund, flag fie, ich bin ja gleidh fertig."
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Und dann fragt sie mich: Dus id gleich zum Arzt?" Das weiß ich nicht: aber wenn Sie gefund find, brauchen Sie fich doch nicht zu fürchten und aufzurepen."
Ich fahre gleich wieder nach Berlin , da find the boch anbers. Und ich habe mein Bad und meine Bequemlichkeit. Uebrigens, ich habe Gelb und würde Ihnen so gern helfen, wenn ich es hier hätte Des rührte mich. Meine ganze Rafemität bestand aus 2 M- rt. Denn eine Mart besaß ich noch in Briefmarken Reine Mission fonnte helfen und dieses von den Menschen ver achtete Gefchöpf peipte fich proßzügig.
Das arme Geschöpf war por Nervosität ganz unfähig. legte ich die Decken zusammen.
Aber
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es wird 8 Uhr. Reine Schließerin kommt.
tlingle wie beseffen.
-
Was ist los?"
Go
Ich
Ich muß doch fort. Um acht Uhr geht mein Bug." Sie werden abgeholt," brüllt es mir entgegen. Und nun meiß ich, mer recht hat.
Mit einem Mal laften die taften bicken Mauern schwer auf mir. Nur ist mir nicht flar, was ich verbrochen haben soll. Bald follte mir ein Licht aufgehen.
Punkt acht Uhr wird das Verließ geöffnet. Gin Polizist wartet. Decken und Handtuch werden der Schließerin augereicht. Ich habe sie nicht richtig gelegt und werde angefaucht. Ganz vorfdriftsmäßig follen fie ben anderen zugefellt werden. Bis ich bie Rorschrift erfaßt habe, reanet's Worte, bie mehr im Zon verlegenb aber so burch Mark und Bein gehen, daß meine Hände Bittern. Ich habe für uns beide gehandelt. Ein bankbarer Blid trifft mid
find
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Jetzt geht es von Belle au Zelle. Eine ganze Rotte Storah felpt te amei und zwei dem Manne des Gesetzes
Bum Fingerabdrud, wird uns gemeldet.
Was, um Himmelswiffen, soll ich bloh gestohlen haben, benke ich.„ Das muß doch ein Irrtum sein." Und mit flehenden Augen mende ich mich en meinen Begleiter mit der kühnen Bemerkung: Ich bin doch blok Obdachlose. E'n undurchdringlicher verächt Ich bin doh blok Obdachlose E'n undurchdringlicher verächt. licher Blid läßt mich verstummen. Automatisch folge ich. Wir steinen Stufen Treppen und sind da. Rwei Bogen werden vorgelegt. Gebrudte Formulare mit mischenraum. Und hübsch schwarz und ausdrucksvoll werden auf jedem derselben die Finger der Rechten und Linken abfonterfelt, dos heißt erst in schwarze Farbe getunft, dann abgebrlidt. Audy hierzu gehört Uebung. Ich machte mich ungewollt durch Steifheit
unbeliebt.
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Es war eine ganze Prozedur bis alle fertig und auch dieser Schmerz vorüber. Jekt zum Protokoll. Ich sehe von einem zum enderen. Alle undurchdringlich. " Sie scheinen ohne Geld und Papiere in der Belt herumzu reifen? Wo waren Sie zuleht?"
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Ich nenne den Ort. Was machten Sie da?"
"
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Ich war zu Besuch." Wie lange?" Drei Bohen." „ Das fönnen Sie mir doch nicht vorreden, daß man im Allgäu
auf dem Lande einen Großstädter drei Wochen zum Besuch auf
nimmt?"
Meine Allgäuer fieben mich und ich fie, fage ich mit leuchten. ben Augen voll Zuversicht. Ich habe Jahre unter ihnen gelebt.
..Aber man reift doch nicht ohne Baplere?"
Das leuchtet mir sehr ein. Doch sage ich vertelbigend: 3h
öffnet, auch ohne Papiere; denn schon lange freuten wir uns gegenseitig aufeinander."
ziffern geschaffen. Auf diese Weise wurde es erst möglich, unter Berücksichtigung der großen Veränderungen in der Altersgliederung ber Bevölkerung statistisch vergleichende Berechnungen durchzuführen, die als um so bedeutungsvoller zu betrachten find, als eine ganze Anzahl von flinisch tätigen Aerzten, denen es an der notwendigen medizinalstatistischen Schulung mangelt, auf Grund rechnerisch faifcher Statistiken unzutreffende Nachrichten über die Ausbreitung des Krebfes und der Zuckerkrankheit verbreitet hat. Die sorgfältigen Untersuchungen Dr. Wolffs, die in einer großen Reihe von Tabellen niedergelegt wurden, zeigen nun, daß die standardisierte Krebsfterbeziffer( bie in statistischer Hinsicht einzig und allein als Vergleichsgrundlage zu dienen vermag) für beide Bolkszählungsjahre
1910 bam. 1925 fast genau dieselbe geblieben ist! Noch we niger als beim Krebs tann auf Grund gleichartiger Berechnungen bei der Buderfrankheit von einer Zunahme im Sinne der stanbarbisierten Ziffern die Rede sein.
Wenngleich Krebs und Zuderkrankheit nach wie vor als Leiden Aufgaben der Bolksgesundheitspflege gehört, fo muß man andererbetrachtet werden müssen, deren Bekämpfung mit zu den wichtigsten feits gerade im Hinblick auf die aufschlußreichen medizinalstatistischen jenen falschen Hiobspoften, bie sich auf die Verbreitung des Krebses Ergebniffe, welche die Arbeiten Dr. Wolffs gezeitigt haben, vor und der Zuderfrankheit beziehen und geeignet sind, die Bevölkerung nur zu beunruhigen, nachdrücklichst warnen.
Dr. med. Alfred Korach.
war überall eingeladen und wußte, daß man mir Haus und Türen Das Geheimnis des Chevaliers d'Eon Zu seinem 200. Geburtstag am 5. Oftober. Bon Karl Anders.
Soviel Wealismus wirfte befremblich.
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halten."
„ Dann
Aber wenn Ihnen nun ein Unglüd passiert wäre?" hätte man durch meine Rorrespondenz Aufschluß über mich er Wie aber sollen wir nun wiffen, ob das Ihre Sachen und Briefe find?"
Nun dammert's in mir. Der Fall ist fritisch. Ich muß be Ich bin.
weisen tönnen, zum erstenmal in meinem Leben, daß ich
ge
Schade, daß mir nicht einfiel, ob man mir nicht vielleicht flatten würde, mein Erleben in Berse zu bringen, um mich
wenigftens als D'diterin auszuweisen.
Was machen wir mm mit Ihnen?"
In der Nähe wohnt eine Betannte. Bei der war ich gestern. Sie fennt mich seit Jahren.
„ Da muß ich aber doch erst binschiden?"
Bitte, haben Sie die Güte." flehe ich.
in Einzelzelle. Ein femaler Roum mit Demofheizungstörper. Mlo werde ich wieder abneführt, und zwar zu einer Arreftantin Ein junges fympathisches Geschöpf mit Bubitopf hauft hier. Tie buntle Sträflingstracht steht ihr gut. Bir plaudern und
fie entladet sich:
Jahr. Am ersten Oftober ist meine Beit um. Meine Eltern und Ich habe bloß eine Arbeit geschm'ffen und befam breiviertel Geschwister haben fich losgesagt. Die Frau, bei der ich vorher in Stellung war, ist für mich eingetreten, daß ich fleißig bei ihr mar. Es waren aber schon vierzehn Trge um. Da war es su fpát. Da war es zu spät. Wenn man bloß lesen oder etwas tun dürfte."
Ja, womit beschäftigt sich nun solch armes Menschenhirn in dem öden Einerlei der Tage und Stunden? Was es da ausbrütet, fann ihm doh nur verhänonisvoll werten," muß ich denken. Und sie fährt fort: Manchmal müssen wir arbeiten. Wenn man bloß nicht so angeschnauzt würbe. Ber was erwidert, friegt gleich Wochen mehr eufgebrummt. Und was foll werben, wenn ich raustomme? Niemand nimmt mich, niemand fümmert sich
um mich."
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Bas daran wahr, fäßt sich nicht feststellen. Aber tiefes Mit. teid ift in mir wach. Ich glaubte bem offenen jungen Geficht, unb tann mir vorstellen, daß die Temperamentvollen es schwerer habent, au schweigen, wenn man ungerecht bart angefaßt wird oher ber Ton car so durch Mert und Bein geht. Muß das sein?!"
Gefegnet set Hedwig Bangel, die auch in diese traurige Erden pbare mit allem, was ihrer Persönlichkeit zu Gebote steht, binein. leuchtet. Solche Berfönlichkeit, bie fich der Wermsten der Armen annimmt, scheint hier zu fehlen.
Jedes weibliche Befen, das gefehlt und seine Strafe abgebüßt hat, findet in bem von Hebroig Banael gegründeten Heim zu Etorfom in der Mart,„ Das Tor der Hoffnung", nicht nur liebe volle Aufnahme, sondern auch weitere Ausbildung und Förderung
zu nener Lebensmönlichkeit.
der Schettenftätte der Berirrten. Ein ganzes Leben? Dürfte ich noch einmal jung sein, ich würde Schließerin an Aber ein Jahr? Ach nein! Ja, ein Jahr gemis. Ich sehe noch das Auf, leuchten in den Augen der jungen Arreftantin. Und ich fonnte nichts tun. Ich aab ihr nur e'n aufmunterndes gutes Wort. Lebhaft nahm sie teil an meinem Geschic. Und mich durchfuhr es plöglich:" Wie, wenn meine Befonnte irre an mir wird und mich verleugnet, wenn fie von meiner Haft erfährt?- Gefunden behnten fich zu Stunden. Elf Uhr
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und ich bin entlaffen.
Die liebenswürdigen Damen des Bolizeipflegeamtes raten auch, meine Uhr zu verpfänden und verpflichten sich, sie mir zu gegebener Zeit zu übersenden und sorgen für billiges Quartier.
dem harten Laser auf der Bank des Bartefaals in Jüterbog , mo Schwer war sie noch, die Reise mit fast leerem Magen und ich nachts 11 Uhr ankam. Bon Montag bis Freitag brauchte ich zu dieser Reise und landete völlig entnerot. Denn die Uhr brachte mur 3 Mert Pfand und der Aufenthalt tostete mit Berpflegung bis zur Abreise noch 2,50 Mart
Lichtensteins, darf für sich den Ruhm in Anspruch nehmen, bie Es ist nicht leicht, Babuzer zu werden. Baduz, die Hauptstadt Um Bürger dieser Metropole" zu werden, muß man 10 000 Schweizer Franten 3ablen und trobem ift bort nicht jeder willkommen, benn es findet eine forgfältige Brüfung der Einbürgerungsgefuche statt, die in vielen Fällen ablehnend befchieden werden.
Es gibt faum einen Menschen, über den so viel geschrieben wor ben ist wie über Charles Geneviève Louis Auguste Andrée Timothée de Beaumont, der unter dem Namen des Chevalier d'Eon besser befannt ist. Nicht das zeichnet ihn so aus, daß er einer der gesuchtesten und erfolgreichsten Geheimdiplomaten der letzten Bourbons vor ber großen Franzöfifchen Revolution war, fondern der Umstand, daß fagen tann, welchem Geschlecht er zugehörte. Unzählige Fabeln und noch heute, 200 Jahre nach seiner Geburt, niemand mit Bestimmtheit Sagen haben sich aus diesem Grunde um die Geftalt des Chevaliers gebildet, ebensosehr die Freunde des Salonlebens in jener Zeit, wie die medizinischen Autoritäten feither haben sich eingehend mit dieser Persönlichkeit beschäftigt, ohne doch ganz den Schleier lüften zu tönnen. Heute noch gibt es ausgezeichnete wissenschaftliche Arbeiten, in benen Chevalier d'Gon angeführt wird als Beispiel für die Mög lichfeit eines Geschlechtswandels noch im erwachsenen Zustand, und ganze phyfiologische Theorien sind auf diefemt noch recht unbewiesenen Tatbestand aufgebaut worden. Man nahm gutgläubig die Berichte hin, daß der Chevalier zunächst ein Mädchen, dann einige Jahr. zehnte lang ein Mann geppesen sei, um dann im Alter wieder zur die Person des Chevalier d'Eon vorliegen, so dürfte sich doch das Frau zu werden. Betrachtet man aber die Berichte, die uns über Duntel, das bisher hier immer ruhte, etwas erleuchten lassen.
Der erste Grund zu den verschiedenen Mutmaßungen über die männlicher und weiblicher Bornamen, die in der Taufe ihm beigelegt Geschlechtszugehörigkeit des Chevaliers war zweifellos die Mischung
würden. Diese für uns befrembliche Tatsache hat im 18. Jahr hundert wenig zu bedeuten und man muß sich nur, um ein Beispiel zu nennen, an Karl Maria v. Weber erinnern, der ja auch einen mämlichen und einen weiblichen Bornamen führt. Dann mird fabuliert von frühesten Liebeserlebnissen mit einer Ronne, die die Umwandlung des Knaben in ein Mädchen notwendig gemacht hatten, um größeren Anstoß zu vermeiden; es wird auch gefabelt von dem Ehrgeiz des Vaters, der lieber einen Sohn als eine Tochter besitzen wollte. All dies scheint aber ganz unzutreffend zu sein und die wirk liche Erklärung dürfte recht unromantisch und höchst natürlich sein.
Chevalier d'Eon war zweifellos ein Bertreter des femininen Tops von Männern, dem wir auch heute noch nicht allzu felten begegnen und der ebensosehr unter dem Einfluß gemisser physiologi cher Störungen entstanden ist, wie durch Erziehung und bewußte Einstellung des von der Natur so ausgestatteten Menschen. Chevalier b'Eon hatte nun, nachdem er nach Abschluß seines juristischen Studiums in den diplomatischen Dienst trat und hier besonders mit Gebeimaufträgen am englischen und russischen Hofe betraut wurde, Gelegenheit, die weibliche Seite seines Wesens start zu entwickeln. Als Frau, das ertannte der gewandte Diplomat fofort, hatte er bedeutend bessere Aussichten, in die Geheimniffe der fremden Diplo maten und Staatsmänner einzubringen und die großen Männer dort zu paden, wo ein jeder von ihnen am schwächsten war: bei der Zuneigung zu einer schönen Frau. So mußte er jahrelang als weibliches Wesen leben, und da er, wie mancher Mann weiblichen Inps, weber Bart noch rauhe Stimme besaß, so gelang ihm diese Berwandlung ausgezeichnet. Barum er später, als er aus dem diplomatischen Dienst ausgeschieden war, die weibliche Kleidung beibehielt, ist heute nicht mehr mit Sicherheit festzustellen. Jedenfalls fcheint aber Chevalier d'Eon bas weibliche Besen so ausges zeichnet gespielt zu haben, daß er nicht nur den in Liebesbingen boch wirklich erfahrenen Casanova täuschen tonnte, sondern daß auch Madame Pompadour im ersten Augenblick glaubte, eine Frau por fich zu haben, dann allerdings angenehm enttäuscht war, in bem hübschen Chevalier teinen Nebenbuhler zu finden.
Einwohnerzahlen der amerikanischen Hauptstädte. Nach einer foeben veröffentlichten Statiftit zählt New Dort gegenwärtig 6 957 500 Einwohner. An zweiter Stelle steht Chitago mit 3 157 400. Dann folgt Philadelph a mit 2064 200 und Detroit mit 1378 900 Jomie Cleveland mit 1013 000 Einwohnern. Diese Städte überschreiten die Millionengrenze, während die Hauptstadt Washington
nur 552 000 Einwohner zählt.