Nachwirkungen der Strafe. i»rt mit dem Zuchthaus!— Reichsverweisung, Entziehung ' öffentlicher Aemter, Einziehung von Vermögenswerten. Der Strafgesetzausschuß de» Reichstags beschäftigte sich (einer gestrigen Sitzung zunächst mit dem sozialdemokratischen «Ntrag. statt Zuchthaus und Gefängnisstrafe nur noch e i n h« i t» 'che Gefängnisstrafe vorzusehen. Abg. hanemann(Dntl.) wendet sich gegen diesen Antrag, da Gericht, wenn es mir noch solche einheitlichen Gefängnisstrafen (-be, nicht mehr die Möglichkeit Hobe, durch Wahl der Zuchthaus- !lrn'e zu zeigen, wie es die Straftat bewerte. Außerdem sei s« '�enflich, die heute zu Zuchthaus Verurteilten mit Gefängnis- ihangsnen zusammenzubringen. Genosse Rosenfeld trat für den sozialdemokratischen Antrag ein, �em er darauf hinwies, taß die Zuchthausstrafe noch nach ihrer VerbiZßuag den Se- (angenen schwer treffe, indem sie ihm die Möglichkeit erschwere, wieder eine Stellung zu erlangen. �'e Nachwirkung einer Zuchthausstrafe sei völlig überflüssig. Eine �lchjedenartige Behandlung könne auch bei einem«inhcillichen �ängnissystem«intreten, indem die Geföngnisie in verschieden« �u(en geteilt würden. Das Festhalten an der Zuchthausstrafe !l äußerst rigoros. Hier werde sich wieder entscheiden, ob man �klich das Strafrecht reformieren oder einfach olles Alther iidrachte ronservieren wolle. Vei der Abstimmung wurde der sozialdemokra- che Antrag abgelehnt. Auch der chospitant der Demo- '�n. Herr Lobe, stimmte gegen diesen Antrag. j. Alsdann wurde der kommunistische Antrag erörtert, leben s �gliche Freiheitsstrafen obzuschassen. Genosse Rosenfeld erklärte zu diesem Antrag, daß sich die �(Demokratische Fraktion im früheren Reichstag selbst gegen die ■Jenslängliche Strafe ausgesprochen habe. Jetzt sei die Situation ?(°(ern anders, als man die Todesstrafe als gefallen ansehen alz diese schwerste Strafe jedenfalls im Plenum fallen werde nicht in, selben Augenblick Todesstrafe und lebenslängliche �iheitzstrafe abgeschafft werden könne. Die sozialdemokratische 'ostion werde sich daher der Abstimmung enthalten. Bei der Abstimmung erhielt der kommunistische Antrag nur die 'onimen der Kommunisten. Abg� Lob« beantragte die Einführung der Einreichung der 'iedensbürgschast. Wenn jemand wegen vorsätzlicher �shung der Straftat zu Strafe verurteilt werde, so soll da« �cht, wenn Wiederholung der Straftat zu befürchten ist, an- stnnen können, daß der Täter Bürgschaft für künftiges gefetz- �B'ges Perhalten leiste. Es sollten ihm zu diesem Zweck besondere '�ten. insbesondere Hinterlegung einer Sicherheit in Geld Erlegt werden können. Genosse Landsberg wendet sich gegen diesen Antrag, �sonders bedenklich sei die Wirkung des Antrags in den Fällen, J?äa, Geld fehl«, um Sicherheit zu leisten. Es sei nicht Mlich. was werden solle, wenn jemand»noerfchuldet Sicherheit leisten könne. Der Antrag Lobe wird bis zur zweiten Lesung zurückgestellt. Die �eichsverweisung. du, Bestimmungen über die Reichsverweisung beantragten Sozialdemokraten die Streichung dieser Borschrift. Genosse Roscnfeld führt« au», daß auch ohne diesen H 64 die totaen Länder einen Ausländer schon dann ausweisen kann. »enn er sich lästig gemocht hat. Mit diaser Bestimmung sei �durchaus ausgekommen. Bei deutschen Frauen, die nur durch mit Ausländern die Staatsangehörigkeit verloren hätten und staatenlosen, die innner in Deutschland lebten, würde 8 64 � gehen. Abgeordneter wegmann(Z.) beantragte, daß das Gericht im ' der Verurteilung eines Ausländers zu einer Freiheitsstras« ! Mindestens S Monaten, wenn sein Vertteib«, im Ausland eine für die öffentlich« Sicherheit bilde, nur das Recht hoben die Ausweitung für zulässig zu erklären. 8ür dies« Milderung trat auch die Genossin Pfüls ein, die ins- die Gefahr de» 8 64 für die grauen hervorhob, welche �Heirat mit einem Ausländer die Stoatsangehörig- Oerloren hätten. �Aeichsjustizminister koch«kannte die Mißstände, die m solchen Möglich seien, durchaus an. Er meinte aber, daß die Ve- gongen hierüber so geändert werden müßten, daß die Staat»- 'birigkeil ln solchen Fällen nicht ohne weitere» verloren gehe. �.Abgeordneter wunderlich(DVp.) und Abg. honemaan(Dnat.) **«» sich für den§ 64 und gegen den Antrag Wegmann. Genosse Landsberg trat ihnen entgegen, indem er sich dagegen ?0(>rte, etwa in ausländische« Gesindel verliebt zu sein. Auch die Demokraten billigten die Maßnahmen gegen ausländisch« �bdiebe, die sich z. B. bei der Leipzig « Messe unliebsam de- machten, durchaus. Aber die Vollmacht, die§ 64 dem gebe, gehe zu weit. Man kann alchl eine deutsche Frau, die �0 den Fuß in» Ausland geseht habe, ab« mit einem Au»- fr verheiratet sei, einfach al» Ausländerin behandeln und aus- "U ,�oi der Abstimmung wurde der sozialdemokratisch« Antrag ab- � Und§ 64 angenommen. Dabei stimmte Herr Lob« aber- Nit den Gegnern der sozialdemokratischen Besserungsvorlchläg«. �( ni m i g angenommen wurde lediglich ein« Resolution � Pfüls und Landsberg , in der ersucht wird, die Bestimmun- � den Ländern zu ändern und Insbesondere hinsichtlich der �on und Staatenlosen ein« Besserung ihrer herbeizuführen. P Alehchett wurde der Antrag wegmann ang«. � M e n, der au» der Aueweisungspsllcht ein A u S w e i- sung»recht macht. 'Ht einmal für diesen Zentrumsantrag stimmt« Herr Lobe. 5. 46 des Regierungsentwurfs soll derjenige die Fähigkeit .-ikenMche Aemter zu bekleiden, der zum Tode oder;o �U»»nrurleill wird. '�«re"«agraph entfesselt« eine neu« lodesstrafendebatte. Zu- j Jlch völlige Unklarheit über die Bedeutung der Abstim- � d? porigen Sitzung über die Todesstrafe. Erst ollmählich äie is M Genossen Rosenfeld dargelegte sozialdemokratische .noch der die Loge folgende ist:
Der kranke Trotzki.
Stalm Hai Auweisimg gegeben, die Se- wachung der Verbann ten.vor allem Trohkis, zu nerschärsen, um ,�inen zweiten Fall Joffe zu verhindern".
defllf.'0.'Snung de» sozialdemokratischen Antrag, aus ,>i°n l° u°vesslr-fe in§ 33 und mi, der Ablehnung de» > �Urui bei d(( Todesstrafe im allgemeinen l! � dio Sorasgesehe» gefallen. Die eigentlich« Wichen, merdens Word Todesstrafe stehe» solle, werde aber ih�rujen. tuug de» Mordp»r»DT»?h«» fall«».
Trotzt»: �Merkwürdig. Jedem Menschen würde Stalin gestatten, mich zu erschießen,— nur mir selber erlaubt er e« nicht! Oer Zwiespalt der Radikalen. Gegen die Regierung Poincar6, aber für Herriot .
Pari», 5. November. (Eigenbericht.) Der radikal« Parteitag in Angers wird noch bis zum Mittwoch tagen, aber die eigentliche Entscheidung, soweit sie die Oefsentlichkeit interessiert, ist mit der Annahme einer Resolution des Dertrauensmarm» von Eaillmir, Montigny, erfolgt. Es gibt kaum«In für dl« Radikalen charakteristischere» Ereignis als diese Abstimmung. Diese Resolution spricht zunächst Hcrrjot den Dank der Partei für sein Verhalten in der Frage der Zulasiung religiöser Orden aus und stellt allgemeine Forderungen auf Anwendung der Laien- gesetze, gerechte Stsuerverteilung, einjährige Militärdienst. zeit, Schofsung eine» endgültigen Reparationssystems, obligatorisches Schiedsgerichtsverfahren. Anerkennung des uneingeschränkten Gewerkschaftsrecht«. Do« vertrauen der Partei zu seder Regierung soll von der Befolgung dieses Programms abhängig gemacht«erden. Kein radikaler Parlamentarier Aars an«iu* Regierung teilnehmen, die nicht diese» Programm vertritt. Der Kongreß be- vollmächtigte den Parteivorstand, die Ausführung diese» Beschlusses zu überwachem Abgelehnt wurde ein Zusatzantrag des Abge- ordneten Garnier, der Aufkündigung dar nationalen Einheit fordert. Herriot warnte vor Ueberftürzunq und vor den Folgen einer sofortigen Demission der vadikolen Minister. Räch Herriot oerlangte auch der Parteivorsitzend« Da lädier, daß der Zusatz- antrag Garnier zurückgenommen werde, damit der Kongreß durch die Annahme der Tagesordnung Montigny von seiner politischen Ein- m ü t i g k e i t Zeugnis ablege.(?) Der Parteitag hat somit«ine Entschließung angenommen, in der die Erfüllung einer ganzen Reihe von Forderungen oerlangt wird, die vo» einer Regierung Poincare niemals erlaugt
werden kann. Die logische Konsequenz dieser Entschließung war der Rücktritt der radikalen Minister gewesen: tat- sächlich forderte' ein der Resolution hinzugefügter Antrag den Bruch jedes Zusammengehens mit den Rechtsparteien, d. h. die Kündigung der nationalen Einheit. Dieser Zusatz wurde jedoch wieder zurückgezogen. Dabei macht aber die Resolution die Unterstützung der Regierung doch wieder von der Erfüllung der Programmpunkte abhängig. Die Lösung dieses ganzen Rätsel» liegt darin, daß die Fraktion eine von den Umständen, in die ihre Führer sie hineinmanövriert haben, abhängige Polilik betreiben muß, während die Partei unbesorgt geradeaus marschieren will. Für das Kabinett Pomcarö ist im Augenblick noch keine kritisch« Situation entstanden. Daß in Zukunft die radikalen Minister freilich noch nervöser sein werden und es demnach immer einmal an diesem oder jenem Punkte zum Bruche kommen tonn, ist natürlich wahrscheinlich. Aber dos Votum des Parteitages fordert nicht den Rücktritt Herriot ». es fordert nur. daß die Re- gierung. der Herriot angehört, dos radikal« Programm ausführe. Der VarreUaa weiß jedoch sillbfr. daß das unmöglich ist und spricht dem ljnteerichismimst» dennoch sein volles Vertrauen au». Die Radikalen werden also aus absehbare Zeit weiter in ihrer Mehrheit unentwegt mit der Rechten zujammen- gehe» wie bisher, wahrend der linke Flügel allein Opposition betreibt. Der Wiederzusammentritt der Kammer wird am Dienstag, dem 6. November erfolgen. In den Wandelgängen der Kammer teilt man in richtiger Einschätzung der Lag« keine»- wegs die Erregung, die sich in einem Teil der Wontagmorgen presse angesichts der Haltung des Radikalen Parteitages äußert«. E» ist kaum anzunehmen, daß für die nächste Zeit irgenidwesche Rück- Wirkungen der aus dem Kongreß gefaßten Entschließungen im Parlament zu erwartet, sind.
Entziehung öffentlicher Aemter. Der Ausschuß beschäftigt« sich dann mft 8 4«. der ausspricht, daß derjenige, der infolge einer Bestrafung unfähig wird. Sfsent- liche Aemter zu bekleiden, zugleih die öffentlichen Aemter verliert, die er inne hat. Den öffentlichen Aemtern soll auch die Rechtsanwaltschoft gleichstehen. Diesen letzteren Wortlaut beantragten die Sozialdemokraten zu streichen. Reichsjustizminister Koch erklärt«, daß er für den sozial« demokratischen Antrag sei. E» sei besser, daß et« Stand im Wege der Selbstreinigung durch Ehrengericht« Unwürdige ausschließ«, als dem Gericht die Reinigung zu überlassen. Bezüglich der A« r z t e wolle es auch der Strafgesetzentwurf dabei lassen. Die Rechtsanwälte feien ein Stand, der besonders in Konflikt»- fällen davor geschützt werden müsse, daß Anwälte durch Richter« spruch ihr Recht auf die Anwaltschaft verlören. Em Asylrecht de« Amoaltsstandes gegenüber Uebergrifsen des Richtertume sei not- «endig, besonders In Zelten der Erregung. Do» lieg« weniger im Interne der Anwälte als sin Interesse des Volke». Genosse Rosenfeld begrüßte die Stellungnahme de» Iustizmini- sters und er wie« auf dl« nunmehr einheitliche Stellung der deutschen Anwaltschaft hin, die einmutig die Strei- chung der Anwaltschaft sin 8 4b verlange. Abg. hergl(Dnat.) wendet sich gegen den sozialdemokratischen Antrag. Ebenso tat dies der Zentrumsabgeordtwte wegmann. der sogar dahin Kritik übte, daß Iustizmimster Koch nicht mehr die Meinung der früheren Regierung vertrete. Er mußte sich sogen lassen, daß dieser nicht die Meinung feines Amtsvorgängers, sondern feine Meinung vertrete. Bei der Abstimmung wurde der sozialdemokratische Antrag ab- gelehnt. Für ihn stimmten Sozialdemokraten und die Demokratin Frau Lüders. Herr Lobe, der Hospitant der demokratischen Fraktion, stimmte gegen den von, demokratischen Minister empsoh- lenen Antrag. Man darf begierig sein, wie lange die demokratische Fraktion noch diesem eigentümlichen Hospitanten die Wahrnehmung der Fraktionsrechte belassen wird. Einziehung von Sachen. Bei der Beratung des 8 52, der von der Einziehung von Sachen und anderen Vermögenswerten hattbelt, die mit einer strafbaren Handlung sin Zusammenhang stehen, brachte Genosse
s Saftig« schwere Bedenken zum Ausdruck. Er begründet einen s o- ' zialdemokrati scheu Antrag. der»erhindern will, daß bei wirkschaftlichen kämpfen die Bankguthaben der Gewerkschaften, bei politischen kämpfen die Kasten der Parteien dem Zugriff der Gerichte au»gelief«t sein könnten. Auch Minister Koch äußerte Bedenken gegen die von der soztal- demokratischen Fraktion beanstandsten Möglichkeiten. Der sozialdemokratische Antrag wurde ebenso wie olle Abände- rungsanträge einem Unterausschuß überwiesen. Die Bmowng wurde aus mögen vertagt.
Hermann Oiamaud parieivorsihender. Zlnii-pilsudsti-Oemonstration der polnischen Sozialiste». Sosaowice, 3. November. Der Parteitag der Polnischen Sozialdemokratie hat in seinen Entschließungen der Regierung schärssten Kampf angesagt und ein« Reihe Verbesserungen aus sozialem und wirtschaftlichem Gebiet, besonders in der Sozialversicherung gefordert. Abg. Dr. v i a m a n d wurde zum ersten Vorsitzenden der Partei gewählt, was die stärkste Demonstration der Segnerschost gegen all« Dittoturgelüste ist. An den Parteitag schloß sich eine große Straßendemonstration an. » In Lemberg hat die Polizei angeblich bei Ukrainern Waffen und Sprengstoff« gefunden: sie hat über 7ll Ukrainer der- hostet, darunter einige als Teilnehmer an der Beschädigung polnischer Siegesdenkmäler in diesem ukrainischen Lande. Unruhen und Erzefie dauern an._ Die Belgrader Skupschtina ist wieder zusammengetreten. Di« 87 Kroaten und Pribitschewstschianer sind ferngeblieben. Dqfür sind ihnen Tagegelder und Freifahrt entzogen.— Bei der Totenfeier an den deutschen Kriegergräbern hielt Gesandter Dr. Köster«in« ein- dringlich« Friedensrede. Seflechungsprozeß gegen einen Richter. In Budapest wird gegen den ehemaligen Gerichtsrat Dr. Stefan N a g y und mehrer« Mit- angeklagte verhandelt, darunter einig« Budapester Advokaten. Dr. Nagy soll im Einvernehmen mit den Uebrigen bei Konkursen den Bormögensoerwaltern und Buchsachvcrständigen außerordentlich hohe Spesen zugestanden höben, von denen er dann ein Drittel oder die Hälfte des Betrages für sich beanspruchte.