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Morgenausgabe

Nr. 529

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45.Jahrgang

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Böchentlich 85 31. monatlich 3,60 m. tm voraus zahlbar, Boftbezug 4,32 m. einschl. Bestellgeld, Auslandsabonne ment 6.-M. pro Monat.

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Der Borwärts erscheint mochentag fh zweimal, Sonntags und Montags e.nmal, die Abendausgaben für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Illustrierte Beilagen Bolf und Zeit" und Rinderfreund". Ferner Unterhaltung und Wissen". Frauen. ftimme". Technit". Blid in die Bücherwelt" und Jugend- Borwärts

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Vorwärts

Berliner Solesblatt

Donnerstag

8. November 1928

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die etnipaltige Nonpareillezetle 80 Pfennig. Reflame eile- Reichs mart. Kleine Anzeigen' das ettge brudte Bort 25 Pfennig( zulässig zwe Jettgedruckte sorte), jedes weitere Bort 12 Pfennig. Steuengesuche das erste Fort 15 Pfennig, jedes peitere Wort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Seile 60 Pfennig. Familienanzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigen­aunahme im Hauptgeschäft Linden. Straße 3, wochentägl, von 8 bis 17 Ubr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Donhoff 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin

Vorwärts- Verlag G. m. b. H.

213000 Arbeiter geächtet!

Die Ruhrarbeiter flehen alle auf der schwarzen Liste!

An alle in Betracht kommenden Arbeitgeber- Verbände| lungsatmosphäre, wenn man 213 000 Arbeiter mit ihren ist folgendes Rundschreiben ergangen: Betr.: Einstellungssperre auf Grund des Tarifstreites im Bezirk Arbeitnordwest.

Auf Veranlassung des Gesamtverbandes Deutscher Metallindustrieller verhängen wir hiermit die Ein­stellungssperre über alle aus dem Tarifgebiet Arbeit nordwest kommenden Arbeitnehmer. Zu Ihrer Infor­mation geben wir Ihnen die Namen der dem Arbeit­geberverband für den Bezirk der nordwestlichen Gruppe des Vereins Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller in Düsseldorf angeschlossenen Verbände bekannt; aus ihnen ergeben sich gleichzeitig die Bezirke und Orte, auf welche sich die nordwestliche Gruppe erstreckt.

Es folgen nun in dem Rundschreiben die Namen von vierzehn Unternehmerverbänden des rheinisch westfälischen Industriegebietes.

Familien, Arbeiter, die nicht in Streif getreten sind, auf die Straße jetzt, dem Hunger preisgibt und es ihnen gleich zeitig unmöglich macht, anderwärts Arbeit zu finden! Wohlgemerkt, diese Arbeiter sind nicht etwa von den Unternehmern gefragt worden, ob sie zu den alten oder den neuen Arbeitsbedingungen arbeiten wollen. Man hat diese Arbeiter bestraft für einen Schiedsspruch, der selbst nach der Kölnischen Zeitung " den Querschnitt zwischen den Arbeiter und Unternehmerinteressen darstellt. Man bestraft diese Ar­beiter für diesen Schiedsspruch und seine Verbindlichkeits: erklärung mit der Entlassung. Man geht noch einen Schritt wegen eines schweren Verbrechens an dem Staat und an der weiter. Gleich jenen Unglücklichen des Mittelalters, für die Menschheit die Reichsacht verhängt wurde, so verhängt der Gesamtverband deutscher Metallindustrieller auf Anforderung der Ruhrindustriellen die Reichs acht über 213000 Ar beiter megen der Majestätsbeleidigung gegenüber den Schwerindustriellen, die ein sozialdemokratischer Reichsarbeits­minister dadurch begangen hat, daß er einen Schiedsspruch für verbindlich erklärte, den diese Schwerindustriellen abge lehnt haben.

Mit dieser Reich sa cht, die der Gesamtverband Deut­ scher Metallindustrieller auf Verlangen der Ruhrindustriellen über die 213 000 Ausgesperrten verhängt, ist die Behauptung In ihrer Presse fordern sie die Stärkung der der Unternehmer, es handle fich nicht um eine Aus Staatsautorität, beklagen fie die sittliche Ber Sperrung, sondern nur um den Austrag einer Rechtswilderung der Jugend und preisen die Volts frage, als 2üge und Heuchel ei gekennzeichnet. gemeinfchaft. In vertraulichen Rundschreiben aber ver hängen fie über eine Million brotlos gemachte Bolksgenossen den Hungerboytott, weil die Staatsautorität gegen die Unternehmer entschieden hat.

Die Ruhrindustriellen erklären, fie hätten die Arbeiter rechtmäßig gekündigt und es bestünde also zwischen ihnen und den entlassenen Arbeitern teinerlei Rechts oder Arbeitsverhältnis mehr. Nachdem sie die Ur. beiter entlassen haben, verschicken die Industriellen jedoch an. alle Unternehmer im Reich eine Achterflärung, die es den entlassenen Arbeitern unmöglich macht, anderwärts Lohn und Brot zu finden.

Wenn man irgendwo auch im Sinne des bürgerlichen Gesetzbuches von einem Verstoß gegen die guten Sitten sprechen fann, so ist es bei dieser unerhörten Hand lung der Ruhrindustriellen und des Gesamtverbandes deut­scher Metallindustrieller. Keine Arbeitsstätte, keinen Brot­erwerb jollen, bie. Ruhrarbeiter im ganzen Deutschen Reich finden, weil der Reichsarbeitsminister es gewagt hat, einen. Schiedsspruch für verbindlich zu erklären, der den Ruhr­industriellen nicht in den Kram paßt.

Während so der Gesamtverband deutscher Metall­industrieller den Klassenkampf überspitzt und vergiftet, redet die Unternehmerpreffe heuchlerisch von der Berhandlungs atmosphäre", die man schaffen müsse. Ist das die Berhand­

Das ist das fittliche Beispiel, das diefe Klaffenkämpfer Don oben geben. So wird von den Ruhrindustriellen ,, in aller Ruhe" die Rechtsfrage ausgetragen. Um das robuste Gewissen wird diese Unternehmer niemand beneiden. die in aller Ruhe" 213 000 Arbeiter auf die schwarze Liste setzen und dann in der Deffentlichkeit sich auf das Recht zu berufen magen.

Die schwarze Lifte wird verlängert.

Hagen , 7. November. ( Eigenbericht.) Zahlreiche Unternehmen der eisenverarbeitenden Industrie im Randgebiet haben ihrer gesamten Belegschaft gekündigt und Stillegungen angefündigt. Die Nietenfabrik Prinz Hemer , die dem Hoesch- Konzern angehört, hat der gesamten Belegschaft zum 16. november gekündigt. Aller Voraussicht nach find die Unternehmer entschloffen, die Aussperrung auf das gesamte Randgebiet auszudehnen.

Rehrt Poincaré wieder?

Spaltung der Radikalen wahrscheinlich.

Paris , 7. November. ( Eigenbericht.)

Die Politiker, die der Präsident der Republik, Doumergue , am Mittwoch zu sich ins Elysee berufen hat, um mit ihnen über die Lösung der Regierungstrije zu beraten, stammen vor­fäufig alle aus dem Lager der Radikalen Partei. Augenscheinlich tommt es dem Präsidenten darauf an, die Stimmung in dieser fo außerordentlich zwiespältigen Partei zunächst einmal deutlich zu erforschen und festzustellen, inwieweit die Barlamentsfraktion ter Radikalen die überſtürzten Beschlüsse von Angers teilt. Irgendeine Bersönlichkeit, die eventuell als. Nachfolger Poincarés in Frage tommen tönnte, hat bisher im Elysee noch nicht vorgesprochen.

Augenscheinlich foll also die Miniftertrife von der Seite der Radikalen Partei aus gelöst werden, d. h. es soll zunächst eine Reinigung im Schoße dieser Partei angestrebt werden. Es fcheint immer mahrscheinlicher, daß die Einheit der Radikalen die Krise nicht wird überstehen können. Die radikalen Minister haben bereits in ihren Demissionsschreiben die Beschlüsse von Angers deutlich genug desavouiert. Dazu kommt aber noch, daß der Innenminister Garraut angeblich offen mit seinem Austritt aus der Partei gedroht haben soll, wenn man die Störenfriede um Caillaug nicht auszuschließen sich aufraffen könnte.

Als aussichtsreichster Kandidat zur Neubildung der Regierung wird allenthalben bis weit in die Reihen der Linksparteien hinein allein Poincaré

genannt. Benn Boincaré fich wirklich unter dem starken Drud der öffentlichen Meinung zur Regierungsbildung entschließen sollte, mürde er sicherlich die weitaus größte Mehrheit der Radikalen Bortei hinter fich haben. Lediglich die fleine Gruppe non etwa zwei- Dugend Röpfen, die bisher immer gegen ihn gestimmt

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hat, würde weiterhin in der Opposition bleiben. Aber diese Gruppe foll wegen ihrer Manöver in Angers ausgeschloffen werden. Aller dings dürfte es Poincaré troß seines Einflusses nicht mehr gelingen, feine alte Roalition der nationalen Einheit unverändert zum Leben zu erweden. Selbst den gemäßigten, Radikalen war die Zusammen­arbeit mit der reaktionären Gruppe Marin auf die Dauer nicht mehr tragbar erschienen.

Königsberger Konferenz gescheitert.

Zalesti und Woldemaras reifen ab.

Die Königsberger Ronferenz zwischen Litauen und Bolen ist, wie hier gleich vorausgefagt wurde, abermals gefchei tert. Es wurde festgestellt, daß mit Ausnahme der Frage des fa­genannten kleinen Grenzverkehrs" auf beiden Seiten der Wilnaer Demarfationslinie eine Einigung über die verschiedenen Streit fragen nicht möglich sei. Die Delegierten beider Länder reisen ab.

Wie Hoover siegte.

19:16 Millionen Stimmen, 444 zu 87 Wahlmännern. In den späten Abendsfunden des Mittwoch wird als Endresultat der amerikanischen Präsidentenwahl gemeldet, daß Hoover 19 mil fionen Wählerftimmen und 444 Elettorenstimmen, Smith 16 mil­lionen Wählerstimmen und 87 Elettorenstimmen erhalten hat. Das Berhältnis der Elettorenstimmen würde danach etwa 4s 3u 1 be­tragen, das Berhältnis der Wählerstimmen 1% zu 1.

Bostschedlonto: Berlin 37 536.

Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten Wallstr. 65. Diskonto- Gesellschaft. Depofitenkasse Lindenstr. 3

Amerikas neuer Präsident.

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Elek­

Die Grenzen des Gieges- die politischen Ziele des Siegers Der Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Bar tei, Wirtschaftsminister Herbert Hoover , wird mit im­posanter Mehrheit zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt werden das ist das Ergebnis der Wahl der Wahl­männer am vorgestrigen ,, Dienstag nach dem ersten Montag im November", den die amerikanische Verfassung festsetzt. Wenn am 14. Januar nächsten Jahres die Wahlmänner, getreten sein werden, um Ameritas ,, besten Bürger" zum toren in den Hauptstädten ihrer Staaten zusammen­Bräsidenten zu wählen, und wenn am 13. Februar der Präsi­dent des Senats vor dem versammelten Kongreß die bis dahin geheimen Ergebnisse ihrer Abstimmungen feststellen wird, dann wird auch offiziell und feierlich bestätigt, was die Oeffentlichkeit seit gestern bereits weiß: daß auf Hoover 444 von 531 Elektorenstimmen entfallen.

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landslide einen Erdrutsch genannt. Man hat den Sieg des republikanischen Kandidaten einen Smith scheinen nur die Stimmen von sechs Staaten, dem Dem Demokraten Republikaner die von 42 der 48 Staaten zugefallen zu sein. Aber von einer vernichtenden Niederlage der Demokraten, davon, daß Smith der Totengräber seiner Partei" geworden fei, kann ernsthaft die Rede nicht sein. Der Erfolg der Re­publikanischen Partei stellt sich nur im ersten Augenblid als überwältigend dar. In Wahrheit ist es ein flarer, aber fein den Gegner vernichtender Sieg.,

stimmen hinter Hoover und wieviel hinter Smith stehen- ſtimmen hinter Hoover und wieviel hinter Smith stehen auf alle Fälle ist die Differenz zwischen den beiden nicht ent­fernt so groß, wie sie durch das veraltete Wahlsystem ge­faner mit 15,7 millionen Wählerstimmen von 29,0 Millio­macht worden ist. Das vorigemal gewannen die Renubli­nen abgegebenen Stimmen nicht weniger als 382 von 531 Eleftoren auch diesmal ffammt ihre Ueberlegenheit, zum größten Teil daher, daß nicht, wie in Deutschland der Präsi­dent durch eine allgemeine, gleiche und direkte Wahl von den Bürgern gewählt, sondern er in einem indirekten Verfahren ertoren wird. Jeder Staat hat soviel Elettorenstimmen, wie er Senatoren und Abgeordnete in den Kongreß entiendet. Schon dabei sind die fleinen Staaten bevorzugt, weil fie mie die größten zwei Sige im Senat bejegen, so daß sich der Unterschied der Größe nur in der Zahl der Abgeordneten zum Repräsentantenhaus auswirkt: diese Verteilung der Stimmen fommt den fleinen Staaten des Westens und da­mit den Republikanern zugute. Hinzu kommt, daß seit 1910 die Verfassungsbestimmung nicht mehr durchgeführt worden ist, daß nach jeder Bevölkerungszählung die Zahl der Ab­geordneten neu verteilt werden foll. In einer Art, die an die Berfälschung des Reichstagswahlrechts im früheren Deutsch­ land erinnert, sind gerade die Staaten des Südens mit ihrer neuerdings starten industriellen Entwicklung und damit die Demokraten benachteiligt worden. Das wichtigste freilich ist, daß innerhalb der Staaten fein Verhältniswahlrecht ange­wandt wird: eine ganz geringe Mehrheit genügt, um alle Elektorenstimmen eines Staates zu gewinnen, eine noch so große Minderheit geht völlig perloren. So genügen einige ganz fnappe Majoritäten in einigen wichtigen Staaten, um eine geringe Mehrheit an Wählerstimmen in einen gewalti­gen Sieg oder gar eine Minderheit in eine Mehrheit zu ver­wandeln. Auf diese Weise gewann Wilson seinen Sieg. So hat diesmal hoover im Staate New York 2,1, Smith 2.0 Millionen Stimmen erhalten; die Differenz von 100.000 genügte, um Hoover alle 45 Elettorenstimmen des Staates zu verschaffen. Aehnliche fnappe Majoritäten in anderen Staaten haben ihm den Schein eines die Demokraten ver­nichtenden Sieges verschafft.

Es ist zur Stunde noch nicht bekannt, wieviel Wähler=

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Aber hinter dem Scheinsieg verbirgt sich doch ein realer Sieg. Smith ist geschlagen worden, obwohl ihn die ameri­fanischen Gewerffchaften, wenn auch nicht ganz offiziell, unterstüßten; er hatte sich mit Rücksicht auf die Unter­nehmerinteressen im eigenen Lager nicht entschließen fönnen, ihren Kampf gegen die streikabwürgenhen einstmeiliaen Ber­fügungen ganz vorbehalilos zu unterſtüßen. Die Republi­faner haben Erfolg gehabt, trotzdem Smith eine Persönlich­feit ist, die gerade die werktätigen Massen in den Städten zu faszinieren versteht; verförpert sich doch in ihm der ame­rifanische Proletarier, der, nur auf sich selbst gestellt, sich den Weg unter den dürftigsten Verhältnissen in die höchsten Staatsämter bahnte Smith ist dreimal zum Gouverneur des Staates New York gemählt worden. Sein Mikerfolg beruht ähnlich wie der von Marr als deutscher Präsident­schaftskandidat darauf, daß die protestantische Mehrheit des Landes feinen Katholiken zum Präsidenten haben will märchen gearbeitet, wie das mit Smith der Bapst ins Weiße es wurde im Wahlkampf vielfach mit lächerlichen Schauer­Haus einziehen würde. Entscheidend war auch. daß Smith für die Lockerung des Alkoholverbotes eintritt. wäh­rend Hoover für die stritte Innehaltung der Antialkohol­gesetzgebung eintritt. Die Präsidentenmahl hat so den Cha­rafter eines Boltsentscheides gegen den Alto­hol erhalten. Namentlich die Frauen, die sich diesmal