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Nr. 549 45. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Luftfahrt Alle?

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Esst meh Kaviar!

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3m Auguft d. 3. war es das neuntemal, das auf der Waffertuppe in der Rhön der motorlofe Flugwett­bewerb abgehalten wurde. In Frankreich fand ein küften Segelflugwettbewerb statt, an dem auch bekannte deutsche Flieger mit ihren Maschinen erfolgreich feilnahmen. Jn Amerita wurde vor kurzem das Gordon Bennet. Wettfliegen für Freiballone ausgetragen, aus dem ein Deutscher als zweiter Sieger hervorging und noch mehrere Flugmeetings stehen für dieses Jahr in Aussicht, an denen die Allgemeinheit mit Recht Anteil nimmt, besonders aber der arbeitende Stand unferes Boltes und feine sportlich be­geisterungsfähige Jugend.

Das sind Luftfahrt tut not!" Luftfahrt für alie!" 3mei Agitationsschlager, mie sie in Deutschland fast bei jeder Luftfahrtveranstaltung zur Bearbeitung der Massen ver­wendet werden. Der erste Sas ist richtig, und die Konsequenz aus dem zweiten zu ziehen, wäre nötig. Haben wir in Deutschland eine Luftfahrt für ale", d. h. eine, die für alle Bevölkerungsschichten zugänglich ift? Auf Grund langjähriger Erfahrungen auf diesem Ge­biete ist die Frage mit einem glatten Rein" zu beantworten. Bom Nachwuchs im Fliegerberuf.

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Schnucky

Meier u.Co.

Bolle AG

Lehnert

Als die alte ,, portflug G. n. b. H." noch existierte, von der die Ausbildung zum A- Schein, eine Vorstufe für den Verkehrs­piloten, vorgenommen wurde, passierte es, daß von dieser Gesell­fchaft" streng vertrauliche" Anfragen bei irgendeiner Instanz über die nationale Gesinnung eines Bewerbers einliefen. Auch heute sind vaterländische Gesinnung, die bekanntlich einem Sozialdemokraten abgeht, Angehörigkeit zu einem vaterländischen Verband und Profeffion durch einen Leiter die beste Empfehlung. Wer hat schuld an diesen unzeitgemäßen, unwürdigen Zuständen? nicht nur, die sich nach dem Umsturz auf diesen Plaz gejezt haben, sondern auch die ihn den anderen unbestritten überlassen haben, statt das Feld zu belegen, das auch ihnen auf Grund der neuen Ver­hältnisse neben den anderen zukommt. Der junge Republi= laner treibt heute mit Erfolg und zu seinem Vorteil jede Sportart, auch solche, die früher ein Privileg der besseren" Gesellschaft maren, mie Tennis, Hoden, Segeln, Rudern ufm.; warum soll er nicht auch das Fliegen betreiben? Er muß es betreiben, und be­dauerlich das Bolt, das diese Notwendigkeit nicht einficht! Sind die hohen Subventionen, die der deutschen Luftfahrt gezahlt werden, nicht auch eine Boltsangelegenheit insofern nämlich, als sie vom ganzen Bolte aufgebracht werden müssen? Darum heißt es für uns: Ran an die Fliegerei!"

Der Wert des Fliegens.

Die Luftfahrtorganisationen und Vereine an der Spitze der ..Deutsche Luftfahrt Berband"( DLB), dem fast sämtliche Bas für unentbehrliche Werte steden für den jungen deutschen Flugsportvereine forporatio angeschlossen sind, bezeichnen und auch reifen Menschen im Flugsport! Der Schüler lernt Selbst­sich als politisch und fonfeffionell neutral" stehen nur auf beherrschung, Konzentration, Entschlußtreft neben der förperlichen nationaler" Grundlage, mit anderen Borten, ein betennender Ertüchtigung. Das sind aber erst die sportlichen und erzieherischen Republitaner, gar ein pzialdemokrat, hat in diesen Bererie, hinzu fommen noch die wirtschaftlichen, wie der Be bänden nichts zu suchen. Man braucht sich nur einmal die leitenruf des Bertehrsflugzeugführers, der uns zugänglich den Persönlichkeiten der Berbände, der Berkehrsfliegerschule, gemacht werden muß. Dann die Anstellung beim gesamten Der Deutschen Lufthansa, des Reichsverkehrsministeriums ufm. anzu Flugplah- und Flugbetriebspersonal, bei dem man sehen, und man weiß genug. Der ehemals faiserliche Aeroflub, der natürlich möglicht die gleiche Auswahl vornimmt, wie bei den Militäradel, das alte Militär überhaupt hat hier in der deutschen Fliegern selbst. Nun wird man gang richtig fordern, auch einen Republik ein dankbares Betätigungsfeld gefunden. Was ist nun Beg zu zeigen, der zur Beseitigung des augenblicklichen Zu die notwendige Folge? Taß der Fliegernachwuchs in dem politischen standes führt. Zunächst müßte ein republikanischer Luftfahrtverband Sinne seiner Lehrmeister erzogen und auch aus diesen Kreifen geschaffen werden, dem sich erstens all die Republikaner anschließen entnommen wird! Beweis? Unsere Fliegerschulen, die Zusammen würden, die fich im Flugsport aktiv betätigen wollen, und zweitens fegung der Schüler unserer Berkehrsfliegerichule! Menschen, die ihm aus idealen Gründen, als unterstützende Mit­Selbstverständlich, wenn man bezahlt, tann man fogar als Marrist glieder, angehören möchten. Diefer Verband, der möglichst von ausgebildet merden( eingestellt in den Flugdienst wird Berlin seinen Ausgang nehmen müßte, hat die Aufgabe, mehr man sicher noch lange nicht), doch wer hat Geld? Die Herrschaften, und mehr 3ellen" in den einzelnen Städten zu gründen und die heute zur Ausbildung gelangen, bekommen es zum größten Teil somit sich und den republikanischen Fluggedanten über gest un de t", teilweise oder ganz erlassen, und erhalten manchmal das ganze Reich zu verbreiten. Selbstverständlich müßte der Ber­fogar noch Taschengeld. band im engsten Zusammenhange mit den republifanischen Parteien,

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Soldat Suhren.

Roman von Georg von der Bring. Copyright 1927 by J. M. Spaeth Verlag, Berlin .

Schreib mit, Suhren, unvergeßliche Worte sind das! ruft Albering. Oder tritt ihm wenigstens vor den Bauch!" wo der Delbaum grünt, da streden wir unsere Glieder. Mostitos werden im Kunsthonig lleben.... Bravo!" nidt Hahn, der Mostitos vielleicht für ein

Land hält.

M.

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jag Eisen, roter Liebling, werden nicht heute abend Sprachst du nicht noch Moskitonege empfangen werden? foeben von scharlachroten Moskitonetzen?- Sprich dich aus, Holder!"

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Hahn,

,, Sechs," entgegnet mein Freund ,,, nicht unter sechs. Hast du Kunsthonig, so bist du fein raus. Du verzuckerst dir dein Leben fomm!"

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Babst, der, seine Hosenträger zutnöpfend, uns auf der Straße überholt, ruft fröhlich: Lauft, Kinder, lauft! Wenn ich von Kunsthonig höre, nehme ich die Beine in die Hand!" So gelangen mir mit beschleunigten Schritten zur Kan­tine leider zu spät, der Kunsthonig ist ausverkauft. ,, Berdammt!" flucht mein Kamerad, verdammt noch einmall Bis Tibor ohne Kunsthonig verdammt!"

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Ich sage: ,, Siehst du die Leute in den meißen Litewken? Sie tragen ganze Stapel von Kunsthonig über den Plaz- vielleicht wenden wir uns an einen von ihnen?"

,, Trodenes Brot bis zum Tibor, das ist so gut wie sicher, verdammt! Du blinder Laie, nein, lag blog die Kerle laufen, sind Etappenschweine, geben uns bestimmt nichts. Sieh bloß den einen, der hat das reine Kriegerdenkmal auf dem Arm, der wird den süßen Honig fingerdid schmieren. Wie er wackelt! Vielleicht ist er etwas besoffen. Komm, wir wollen ihn in den Hintern treten."

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Der Holde aber, dessen Sprechmotor schon mehrmals ver. gebens angefprungen ist, schnurrt los: Halt den Babbel, mit deinem Mist! Habe nur das eine gehört, weiß es sogar Er macht ein paar Schritte hinter dem sauberen bestimmt, weil ich es selber in eigenen Händen hatte Litemtensoldaten drein er ist toll. Jezt dreht sich jener fang mir mal mein Kochgeschirr herdante." balancierend um, zeigt ein grämliches Bedientengesicht, Ra, fag's!" rufen mehrere Stimmen. " Dante, lieber Hahn ohne das Kochgeschirr ist doch melches mit Mehl imd Schweißfäden bededt ist, und meint: Ihr fommt bald an die Front, Kameraben, da merdet ihr ein alter Soldat einfach einfach Aufgeschmissen," ergänzt Klees, aber fag uns rash, es gut haben. Wir von der Feldbäderei find sämtlich Fa nicht milienväter, und ihr jungen Leute habt dann alle Tage was du weißt. Du warst foeben auf der Boststube Frontverpflegung, vergeßt das nicht!" Er nicht wie ein wahr? Ich sah dich zurüdlommen." studierter Gorilla und seht sich vorsichtig wieder in Beme gung. Albering spuckt böse aus. Mir gehen im Schatten an den Häusern entlang.

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Auch das, Kameraden," lächelt Eisen so geschmeichelt, daß man es sogar gegen das Licht des Bodenfenfters sieht, ,, unter anderem auch das- nehmen Sie gefälligst Ihre Quanten von meinem Mantel, Herr Pfeiffer also

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dante

Er sieht sich schweigend im Kreise um. Man hört das Stroh rascheln. Dann flüstert er: Es gibt in der Kantine Kunsthonig. Gewiß als Bestätigung zeigt er vier würfelförmige Backungen, die er bereits seinem Zornister eingefügt hat. Sofort endigt unsere Unterhaltung, denn alle, die noch Geld haben, brechen fluchtartig zur Kantine auf.

Der Bodenraum ist im Nu fast leer. Alees deckelt seufzend seine Müge auf und geht. Hahn bleibt figen, weil er es nicht nötig hat, Kunsthonig zu effen. Albering macht fich fertig, und ich fage: 3mei Batete mill ich mir auch taufen."

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Dienstag, 20. Rovember 1928

besonders der Sozialdemokratie, stehen und in ihnen einen träftigen ideellen Rückhalt finden.

Der Gegelflug als Bolfsflug.

Die Kostenfrage? Flugsport treiben ist doch sehr feuer? Das tommt darauf an, wie man ihn treibt. In dem heutigen motorlosen Flugsport ist eine äußerst billige Möglich feit gegeben, die außerdem den unschägbaren Vorzug hat, daß die Interessengruppen ihre Flugzeuge selbst bauen, ohne besonders er­schwerende Maßnahmen fliegen lernen und in die Materie der Flug­technit eingeführt werden fönnen. Der Segelflug ift die beffe, billigfte und ungefährlichste Art und Weise der Vorbildung für den Motorflug. Abgesehen von dieser praktischen Betätigung hätten die Zellen die wichtige Aufgabe, den Boltsiluggebanten pro­pagandistisch in die Maffen zu tragen und zu merben. Hat erst ein­mal eine Zelle Leben und Erfolge gezeigt, so dürfte es nicht schwer fallen, für diese auch Motorflugzeuge zu beschaffen, resp. geeignete Mitglieder als Motorflugzeugführer ausbilden zu lassen, stellt ja sogar das Reichsverfehrsminifterium durch die ,, Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt " tostenlos Motorflugzeuge zur Ber­fügung, movon bisher allerdings fast ausschließlich studentische Fluggruppen Nutzen zogen, also eine ganz eng begrenzte Anzahl Volksgenossen. Die heutige Luftfahrt liegt in den Händen der Rechtsfreise. Um sie der breiteren Masse, der Arbeiterschaft zugänglich zu machen, muß eine bewußt auf Schwarzrot­gold fußende Luftfahrtorganisation geschaffen wer­den unter enger Anlehnung an die Lints parteien. Diese Organisation, zentral- fachmännisch geleitet, hat die Aufgabe, sich an Hand von Ortszellen über Deutschland zu verbreiten, die unterein­ander durch ein Fachorgan verbunden sind, das Erfahrungen, Anweisungen und Fachkenntnisse austauscht und die Neuigkeiten aus der Luftfahrtwelt in Schrift und Bild mitteilt.

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Nur stizzenhaft fonnte hier die Organisation angedeutet werden, doch so allein wird es möglich sein, die Luftfahrt für das Bolt und das Volk für die Luftfahrt zu gewinnen.

Nach zehn Jahren gefühnt!

Das Urteil im Nudower Totschlagsprozeß.

Nach dreitägiger Verhandlung verurteilte das Boisdamer Schwurgericht im Totschlagsprozeß Behrend den Angeklagten Paul Böhme wegen schmeren Diebstahls im Rückfalle und Totschlags an dem Grenadier Behrend zu 12 Jahren 3uchihaus und 10 Jahren Ehrverlust und den Angeklagten Paul Grahl unter Freisprechung im übrigen wegen schweren Diebstahls im Rückfalle zu 5 Jahren 3uchthaus und 5 Jahren Ehrverlust. Gegen beide Angeklagte murde auf Stellung unter Polizeiaufsicht erkannt. Es war in den letzten Monaten vor Kriegsschluß, als Böhme und Grahl, die in einem Kriegsbetrieb arbeiteten, in der Zeit der Lebensmittelnot auszogen, um im Gehöft eines kleinen Landwirtes Hühner zu stehlen. Sie wurden überrascht, und auf der Flucht griff Böhme zum Messer, um sich der Verfolgung durch den Sohn des Besizers, den jungen Grenadier Behrend, der sich gerade auf Ir­laub bei seinen Eltern befand, zu ermehren. Behrend wurde jo unglücklich getroffen, daß er starb. Durch einen Zufall wurden die beiden Täter Böhme und Grahl erst jest, na ch 10 Jahren, ermittelt.

Ansbrecher Bernotat wieder verhaftet.

Der vor einigen Tagen auf ungewöhnliche Weise aus dem Zucht­haus in Gollnom ausgebrochene Ein- und Ausbrecherfönig Ber notat fonnte am Sonntag in Dresden wieder fest genom men werden. Die Kriminalpolizei war benachrichtigt worden, daž in einer Gartenlaube ein unbekannter Mann übernachte. Tatsäch­lich fanden die Beamten diesen Mann, der zunächst einen falschen Namen angab und Ausweispapiere nicht vorzeigen fonnte. Erst nach längerem Berhör gab er zu, Bernotat aus Ostpreußen zu sein. Der Verbrecher, der noch sechs Jahre Zuchthaus zu verbüßen hat, wurde der Staatsanwaltschaft übergeben.

uns wieder fröhlich, und wir vergessen den Kunsthonig.

,, Wie tomisch," sagt mein Kamerad ,,, daß wir nun so schnell über alle Berge gehen! Ich dachte schon, daß wir uns für immer mit dem da oben anfreunden müßten."

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Er blickt, den Kopf im Gras, hinauf nach dem Ge­kreuzigten, um dessen Holzleib die langen Zweige sich be­wegen, und fügt hinzu: Es ist ganz lustig, hier zu straf­egerzieren, man wird sich über so vieles flar mie schön es hier ist!"

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Von der Straße ertönt der scharfe Trab zweier Pferde. Dann verklingen die Hufschläge, sie gehen uns nichts an. Sie tanzen noch in den Wipfeln, aber nun ist es schon der Wind, der Blätter zum Schwirren bringt.

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Ich sage: ,, Auf, Kamerad!" und wir gehen durch die Felder heim. Unterwegs pflüden wir roten Klatschmohn, 3nanen und lange Margueriten Sternblumen vom Cal­varienberg. Es ist doch ein schwerer Abschied. Vorwärts! Die Blumen geben wir dem Schreiber Oskar, der die Nase hineinsteckt. Er soll sie dem Feldwebel ins Zimmer stellen. Der Bloiboom ist frant, er hat seine Abendbesuche beim Scherenfernrohr zu lange ausgedehnt. Aber wir lieben ihn, und seinen blauen Augen muß allezeit ein Grund ge­geben werden, fidel zu blinzeln. Das ist der Schluß vom Calvarienberg.

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Danach beginnt das Gewehrreinigen.

Die Korporalschaft Tielbürger sigt mie immer mitten auf dem Hof der Müllerei im Schatten eines fleinen Daches auf einer Dreschmaschine. Einige fauern oben auf dem alten Gerät, andere auf den Balten des Holzgestells.

Eine halbe Stunde lang wird schweigend auseinander­genommen. gewischt, wieder zusammengejeßt. Alle wünschen, Hier ist die freie Ebene den Hügel hinan und droben die Bag Tielbürger den Mund auftun soll. Dieser aber scheint Lindengruppe, zu der wir hinaufstreben. Es ist felbftner es nicht zu bemerken, jein wie aus Holz geschnigtes Schreiner­ständlich daß wir noch einmal den Calvarienberg ersteigen gefellengesicht ist gespannt aufs Gewehr gerichtet, das er müssen. Binzige Samen von Untraut an der Uniform, gedreht und mendet, als drehe und mende er daheim ein Stück langen wir zur Rapelle, wo ein starter Luftzug weht, der die ebles Solz in seinen riesigen Händen. Das Gewehr mirkt in Linden aufrauschen macht und die Gräfer in Bellen über diesen Händen wie ein Spielzeug. Jetzt nimmt er den Wisch­läuft, daß fie mie grünes Silber den Hügel hinunterspringen, strid zur hand, taucht feinen Mittelfinger in die Fettdose bald links, bald rechts, immer im luftigen Zidzad, und auch und bestreicht den Bergpfropfen. die Unkrautäder schlagen auf und nieder.

Wir feßen uns ins Gras unter den Getreuzigten und sehen den Aufruhr des beglänzten Tales- in der Ferne Rußbäume, deren dunkle Laubmassen ineinander vermühlt sind, dahinter, nach der Bahnstrecke zu, viele Bappeln, die die Zwischenräume ihrer steilen Aefte lüften. Der Wind macht

Baß ihn nur machen. Seine Stunde ist noch nicht ge­fommen.

Die meisten Soldaten find nun fertig mit dem Reinigen. Sie zischen mit den Bisieren. Es ist ein schönes Spielzeug­wenn man nichts mehr zu tun hat, wird mit dem Bifier gezischt. ( Fortfegung folgt.)