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Tr 549 45. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Deutschland   und die Mächte

Außenpolitische   Debatte im Reichstag.

Der Reichstag   begann die Montagsigung bei nicht allzu starter Beteiligung der Mitglieder.

Abg. Dr. Frid( Nat.- Soz.) erklärt, daß seine Bartei nach Ab­lehnung der KPD.  - Anträge durch die Mehrheit für die Aus­schußbeschlüsse zur Ausgesperrtenhilfe gestimmt habe. Präsident Löbe: Wir tommen zur Entgegennahme der Re­gierungserklärung über die Außenpolitit. Es gereicht mir zur be­fonderen Freude, dem nach langer Krankheit zurüdgefehrten Außen­minister das Wort erteilen zu können.( Beifall.)

Reichsaußenminister Dr. Stresemann   ergreift zu längeren Aus. führungen das Bort, über die wir im Hauptblatt berichten.

Abg. Graf Westarp( Dnat.):

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achtbaren Erfolg bei den Reparationsverhandlungen schaffen tann. Wir haben bisher der Politik Dr. Stresemanns mit unbedingter Sachlichteit gegenübergestanden und bleiben dabei. Ich weiß nicht, ob es Sensationslust war, die einen gewissen Gegensatz zwischen uns und Dr. Stresemann tonstruieren wollte.( 3urufe: die Ger mania"!) In allen Parteien wird den Journalisten ein gemisses Mindestmaß von Dent- und Meinungsfreiheit gewährt, unter das meine Partei nicht herunterzugehen wünscht.( Sehr richtig! im Zentrum.) Bir identifizieren uns nicht mit diesen Ausführungen der Germania  ". Ich bedaure, daß daraus der Eindrud entstehen konnte, als ob wir in dem Augenblick, wo wir den Außenminister in erfreulicher Frische wieder vor uns sehen, die Frage seiner Vertretung aufwerfen wollten.( Buruf: " Schreiber!") Die Kritit meines Freundes Schreiber an der Zusammensetzung des Auswärtigen Amtes war nicht jenja tionell. Bir wollen allerdings, daß das Auswärtige Amt nicht ein Staat im Staate wie der Berg Athos   sei und den tüchtigen Kräften aus dem Bolle verfchloffen bleibe.( Abg. Höllein[ Komm.]: Nach tigall, ich hör dir loofen!) Sie haben werrig Aussicht, Kulturattaché zu werden.( Heiterfeit.) Die Genfer   Verhandlungen haben diesmal viele Mißstimmung geschaffen; wir begrüßen, daß Reichs­fanzler Müller mit seiner deutlichen Bertretung der Ansprüche Deutschlands   den Anstoß dazu gegeben hat, daß an die Stelle der unwahrhaftigen Courtoisiegespräche die offene Aussprache in der öffentlichen Bollversammlung getreten ist.

Für die Reparationsverhandlungen muß es der Grundsatz der Regierung fein, zu weitgehenden Forderungen ein ein ent­gegenzusehen und einer Berquidung der Reparationsfrage mit der Räumung entgegenzutreten. Die Reparation fann nur innerhalb der Leiftungsfähigkeit des deutschen Boltes geleistet werden, die nicht die Hungerfähigkeit ist.( Lebhafte Zustim­mung.) Das Wort Dr. Wirths Erst Brot, dann Reparationen" war sehr berechtigt; erst muß das deutsche   Volk anständig leben fönnen, dann erft fann es Reparationen leiffen.

Dienstag, 20. November 1928

etwas erreichen, so tönnen wir das nur, wenn alle Parieien in dieser Hinsicht eine geschlossene Einheitsfront bilden. Statt dessen hält der Redner der Deutschnationalen eine donnernde Oppofitionsrede gegen die Außenpolitit Dr. Stresemanns, die sie seinerseits als Regierungspartei mitgemacht haben. Und aus der stärksten Regierungspartei haben wir in der Panzerkreuzer­debatte eine scharfe Oppositionsrede gehört. Wir werden die Ver ständigungspolitit weiterführen, solange es nur möglich ist und uns bemühen, die Einheitsfront für die Außenpolitik herzustellen. Um 6% Uhr abends vertagt das Haus die Weiterberatung auf Dienstag vormittag 11 hr.

Minderheitenknechtung.

Auch in Südflawien.

Belgrad  , 19. November.

In Neusaz( Vojvodina  , ehemals Ungarn  ) tagte die Ber sammlung der Landesvertrauensmänner der Partei der Deutschen Südslawiens, zu der über 600 Delegierte erschienen waren. Abg. Dr. Krafft gab ein Bild der traurigen Lage der deutschen   Minder­heit. In der Entschließung heißt es u. a.: Die 10. Jahreswende unserer Zugehörigkeit zum jugoslawischen Staat findet die deutsche  Minderheit in tiefer Besorgnis und Erregung. Die neuen Schulgefeßvorlagen versperren in

völliger Mißachtung der elementarften Rechte der Minderheiten auch den Weg der Selbsthilfe, die nach allen Zerstörungen deutscher   Kulturwerte und Kultureinrichtungen allein noch die Hoff­nung bestehen ließ, der kulturellen Berarmung der deutschen   Staats bevölkerung Einhalt zu gebieten. Die staatliche Schulpolitik hat es mit sich gebracht, daß besonders die deutschen  , tulturell und wirt­schaftlich hochstehenden Bürger Jugoslawiens   ohne deutsche  Schulen sind, die dieses Namens wert wären, mit einer Lehrer­schaft, bei der ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache und der deutschen   Kultur Ausnahme ist. Viele Tausende deutscher  Kinder stehen somit ohne deutschen   Unterricht da; sie werden dem deutschen   Kulturtreis entfremdet, um ihm bald verloren zugehen. Eine ganze deutsche   Boftsgruppe ist ohne eine einzige höhere Schule, ohne Lehrerbildungsanstalt, ohne Priesterseminar, ohne Recht und Möglichkeit, auch nur einen Kindergarten zu errichten und zu erhalten.

Die Friedensoffensive Des Außenministers ist ge­scheitert, seine Politik ohne Erfolg und wir müssen uns nach einer neuen umsehen. Ein mit Frankreich   im Militär­bündnis stehendes England fönnte für uns fein Bürge der West­grenze sein. England hat erflärt, ein solches Bündnis bestehe nicht mehr, aber England ist auch 1914 ohne formalrechtliche Bindung in Den Krieg eingetreten und es lehnt heute ab, den sonst anerkannten Standpunkt auch in Genf   zu vertreten, daß Militärbündnis und Locarno   miteinander unverträglich find. Frankreich   rüftet unge: heuerlich aus dem deutschen   Reparationsgeld und das unparteiische" England sieht untätig zu. Genf   hat Klarheit gebracht audy nadh ber Richtung, daß eine Linkspolitit von den Alliierten nicht mehr er langt als eine Rechtspolitit. Man hat die Räumung mit der Reparation verquridt. Unerhört ist der Zustand im befekten Ge biet, noch immer stehen 67 000 Mann frembe Truppen auf deutschem Boden. Abg. Breitscheid   hat nach seiner eigenen Mitteilung im Borwärts" in Genf   Berhandlungen über das Phantom der Bilateralität geführt und Abg. Bernhard als Begleiter der Delegation und Bertreter einer der Regierungsparteien gleichfalls in Genf   Verhandlungen über die Auslegung des Locarno- Bertrags . a. m. Diese Verhandlungen von Bertretern der Regierungs­parteien find eine schwere Beeinträchtigung der Delegationsarbeit Die Zustände im besetzten Gebiet sind sehr schlimm, wenn z. B. ein und wir protestieren dagegen auf das entschiedenste.( Beifall junger Mann bestraft wird, weil er die verschliffene Soldatentappe feines Baters getragen oder ein anderer, weil er auf einem Masten­rechts.) Wenn Amerita sich an den Reparationsver handlungen nicht von vornherein beteiligt, hat Deutsch   fest in der Einjährigenuniform erschienen ist, die sein Vater vor 20 Jahren getragen hat. Ganz abgesehen von den ungeheuren Alle Hoffnungen waren darauf gerichtet, daß dieser durch willkür­Iand auch fein Interesse daran. Wir glauben nicht an eine wirt lich unabhängige Sachverständigentonferenz Frankreich   will eine finanziellen Lasten, von der Wegnahme so vieler Wohnungen usw. liche Verordnungen geschaffene rechtlose Zustand durch die gesez­deutsche Endsumme gleich der französischen   Schuld an Amerifa plus 3nnen hat man Deutschland   noch mit einer großen Anzahl ent- Schulgesetz vorlage aber bezweckt gerade, den jetzigen. Zustand der Außerdem Rheinland   und Helgoland   als entmilitarisierte liche Regelung der Schulverhältnisse ein Ende finden werde. Die 500 Millionen. Das muß Deutschland   unbedingt ablehnen. Auch Icheint man anzunehmen, daß Amerita später einmal feine Anfeftigter 3onen an den übrigen Grenzen umgeben. Entrechtung zu erhalten. Die Versammlung ersucht die Regierung Sprüche ermäßigen und England und Frankreich   dann die deutsche   Hätte man in Versailles   vorausgesehen, daß Deutschland   wenige von der parlamentarischen Behandlung der Schulgesetvorlage Ab­Echuld herabsehen würden. Mit solchen Erwartungen find wir oft Jahre später eine allgemein anerkannte Friedens­genug hereingefallen, davor ist entschieden zu marnen. macht sein wird, die sich um Berständigung der Bölker und Staaten stand zu nehmen, da diese in offenem Widerspruch zu den garan­Die Aufe bemüht, bann hätte man wohl diese sinnlose und der Bölferverständi- ierten Rechten der Minderheiten steht und ohne Aussprache gung schädliche Rheinlandbelegung auf 15 Jahre nicht diftiert! Der mit den Bertretern der deutschen   Minderheit zustande gefommen ist. Redner bittet die Reichsregierung noch, sich mit aller Araft auch des Die Bersammlung hält an dem Grundjag der Schulfelbstver. Gaargebietes anzunehmen, dessen Note er schildert. Er schließt waltung feft. mit der Wiederholung seiner Aufforderung, unerträglichen Forde rungen bei den kommenden Berhandlungen ein flares Nein ent­gegenzusetzen, bas beffer fei als ein falsches Ja.( Beifall im Zentrum.)

zeichnung der Schädigungen Deutschlands   durch die

allierte Kriegführung würde bemeisen, daß es sich bei der deut schen Schuld, soweit sie zu Recht besteht, nur um Saha bener fat an Zivilperionen im Kriegsgebiet bandelt. Diese Auf redhmung muß hei den Berhandlungen das erste sein und nicht eine Berquidung mit den Alliiertenschulben an Amerifa, momit man uns nur zwingen will, 62 Jahre lang zu zahlen. Die Sachverständi gen müffen Deutichlands Wirtschaftsfrage prüfen und amei trügerische Sdyeingebilde zerstören: das Biederaufblühen der deutschen   Wirtschaft, die sich vielmehr verblutet an der Reparation und das normale Funktionieren des Dames- Blans. Hören die Aus­landsanleihen einmal auf, und wird nicht rechtzeitig der Transfer eingestellt, jo bricht unsere Währung zusammen.( Sehr richtig! rechts) Das aber würde Berzweiflung des Volkes, Aufhören aller Reparationen, eine Statastrophe nicht nur für Deutschland   bedeuten, Davor wollen wir Deutschland   bewahren und darum wünschen wir eine Regierung, die auf solche Forderungen ein unbeugfames deut iches Nein! hat.( Beifall rechts.)

Abg. Dr. Kaas( 3tr.):

Nach der Banzerfreuzersonate des Kollegen Wels( Seiterkeit) legt man nicht mehr einen so strengen Maßstab an die Begriffe ,, Regie­rungspartei" und" Opposition".( Heiterkeit.) Dadurch ist es wohl zu erflären, daß der Bertreter der größten Oppofitionspartei so maß roll gesprochen hat. Wir wollen die unleugbaren Mißerfolge und die Stagnation der deutschen   Außenpolitit in der legten Zeit nicht in Erfolge umzudeuten versuchen. Die jeßige Debatte soll die Attivität der Reichsregierung ftärfen, damit sie in den tommenden Wochen und Monaten die Boraussetzungen für einen

Haury

äufig schon

Abg. Dr. Dernburg( Dem.):

Die staatstreue deutsche Bevölkerung erhebt ihre Stimme vor der ganzen gefiffeten Welt

wider die durch zehn Jahre ihr gegenüber getriebene Politik der fulturellen Entrechtung und Verkümmerung. Sie be­trachtet es als fittliche Pflicht, als Gebot der Selbstachtung und Selbsterhaltung, die Sorge und die Verantwortung für die Er­deutschen Kultur unter staatlicher Aufsicht selbst in die Hand zu nehmen und fordert zu diesem Zwecke freie Bahn für die Betätigung der kulturellen Selbsthilfe und Selbstverwaltung.

Wir halten an der Locarnopolitik fest. Die Abrüstung hat in Genf  bis jetzt äußerst geringe Fortschritte gemacht. Die Schuld daran liegt auch an der britischen Delegation. Ein Abrüftungsziehung und Heranbildung ihres Nachwuchses im Geiste der ererbien vorschlag, der auf dem Borhandensein von ausgebildeten Reservisten beruht, fommt für Deutschland   gar nicht in Frage. Abg. Bern= hard hat in Genf   feinerlei Unterredungen mit An­gehörigen anderer Delegationen geführt, ohne die Zustimmung des Reichskanzlers oder des Staatssekretärs v. Schubert dazu eingeholt zu haben. Diese Tatsache ist bereits im Auswärtigen Ausschuß des Reichstages festgestellt worden, nichtsdestoweniger bringt Graf eft arp sie in polemischer Weise wieder im Plenum vor. Eine solche persönliche Kampfesweise richtet sich von selbst.( Lebhafte Zu­ftimmung lints.)

Abg. Dr. Bredt( Wp.):

Bei den Mißerfolgen unferer Außenpolitik und der schweren Ent­täuschung von der vorigen Bölterbundstagung darf man doch auch das Bositive nicht verkennen, das durch die Verständigungspolitit und den Bölferbund schon erreicht worden ist. Die Frage steht gar nicht mehr so, Berständigungs- oder Gewaltpolitik, denn von der legteren fann gar feine Rede sein. Wollen wir in der Außenpolitit

Vormarsch im Freistaat Danzig  .

Der=

Danzig  , 19. November.( Eigenbericht.) Die Neuwahlen der Gemeindevertretungen haben der Sozial­demokratie Erfolge gebracht. Statt bisher in 17 ist jetzt in 32 Ge­meinden eine sozialdemokratische Mehrheit zu zeichnen. Gegenüber 1924 hat die Partei faft überall wesentlichen Stimmengewinn zu verzeichnen, ohne allerdings in allen Orten die bei den vorjährigen Barlamentewahlen erzielte Steigerung zu er reichen.

ZUR AUFKLÄRUNG

schon wurde unsere Kundenwer bung in Wort und Bild nachgeahmt Es blieb aber in solchen Fällen immer erkennbar, dass es sich nicht um ein Angebot unserer Firma handelte Neuerdings erscheinen Ankündigungen für eine Zigarette, die unsere Art wiedergeben möchten, dabei jedoch die Firmenbezeichnung ganz zurücktreten lassen.

Wir geben hiermit bekannt, dass wir nur folgende vier Zigaretten- Marken fabrizieren:

KÖLN   HAMBURG  .

TRIER  

H

HAMBUR

N

DRESDEN

6AUS NEUERBURG

GÜLDENRING 10 Pfg LOWENBRÜCK 8 Pfg RAVENKLAU 6 Pfg. OVERSTOLZO 5 Pfe und dass wir keine neue Zigarette in den Verkehr gebracht haben Ausserdem tragen alle Ankün­digungen von HAUS NEUERBURG deutlich und sichtbar die Schutzmarke und den Na­menszug unserer Firma­

Wer sich vor Verwechslungen schützen will, möge auf die Wiedergabe jener Kennzeichen ganz besonders achten­

MHaus Neuerbung

* O* H* G*

DRESDEN   TRIER

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