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Beilage
Donnerstag, 22. November 1928.
Der Abend
Spalausgabe des Vorwärts
Ein Verschwörer unserer Zeit.
Dragutin Dimitrijewitsch, genannt Apis.
Der ferbische Oberst Dragutin Dimitrijewitsch ein| vertrautem Kreis fo ungebunden luftig, daß ein Uneingeweihter| Mannes wurde, ist bekannt. Aber Szántó hat die gefärbten Berschwörer unserer Zeit, 1903 bei der Ermordung Alexanders den geschworenen Wassertrinker volt füßen Weines wähnte. Auch Brillengläser der Kriegsschuldfrage" auf der Nase, wenn er be nd Dragas ebenso mit im Spiel wie 1914 bei der Ermordung steht nicht der unvergleichliche Menschenfänger da, der schon in hauptet, A pis habe mit Billigung und Förderung des An es Erzherzogs Franz Ferdinand und 1917 vor dem Stand der Schule, Apis genannt, die Gefährten magisch anzieht, später fchlags den ghtspeloton endend es ist schon eine Gestalt, deren dämonisches Gemalt über die Gemüter hat wie fein anderer, und auch weit hellbunkel und tragisches Schidfal einen Dramatiter reizen fönnte. Aeltere, selbst hohe Vorgesetzte, in den Bann feiner Gedanken und Auch im Film wird dieses kühne und abenteuerliche Leben eines Pläne zwingt. Tags erstehen, aber nicht minder bietet Dimitrijewitsch einen dank- Aber nun erst die unterirdische, also die wichtigste Tätigkeit Dimitrijewitschs! Szántó spricht von der
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Borwurf für einen Geschichtsdarsteller,
bei dem fich der Einblid in feelische Tiefen zu der Fähigkeit gefellt, in starten Ulmriffen und mit faftigen Farben zu malen. Freilich ist in folcher Hiftorifer ohne zwei Boraussetzungen schwer denkbar: er müßte Serbisch beherrschen, um sich in alle Quellen zu vertiefen, und dürfte nicht untritisch aus den Quellen schöpfen.
Daß Alexander Szántó mit feiner Schrift, pis, der, Führer der Schwarzen Hand "( Verlag der Neuen Gesellhaft, Berlin - Heffenwinkel) der ersten dieser Boraussetzungen enträt, igte feine falsche Schreibung fast aller serbischen Namen; es heißt nicht Basitsch, sondern Paschitsch, nicht Lunjewitsch, sondern Lunjebiga, nicht Busara, sondern Buschara, nicht Cabrinowitsch, sondern chabrinowitsch, nicht Grabez, sondern Grabesch, nicht Cubrilowitsch. fondern Tschubrilowitsch und so fort. Daß er sich aber auch mit upider Stritiflosigkeit über die ihm zugänglichen Quellen gebeugt at, offenbart fo ziemlich jede Seite seines Buches, offenbart schon die eine Seite, die sich ernstlich auf die„ Berlautbarungen der amilichen Biener und Budapester Stellen" beruft, obwohl diese Dokumente von Fälschungen nur so strozen.
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Wenn Szántó seiner Darstellung den Charakter einer Lebensnbeschreibung zu geben verspricht und noch einmal unterstreicht, der Lebenslauf Dimitrijewitschs
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berde hier zum erstenmal im Zusammenhang beschrieben, so bleibt leider bei dieser Verheißung. Bon Kindheit, Jugend und Entbidlung des angeblich in den Mittelpunkt der Schilderung gestellten Mannes erfährt der Leser nichts. Daß Dimitrijewitsch am 18. August 1877 zu Belgrad als Sohn eines Klempners zu Welt fam, daß er mit acht Jahren nach dem frühen Tode seines Vaters in das Haus einer verheirateten Schwester übersiedelte, daß er die Gymnasien Nisch und Belgrad besuchte, daß er nach drei Jahren Militärschule 1895 zum Leutnant, 1898 zum Oberleutnant im 7. Infanterieregiment qufrüdte, 1901 eine Kompagnie der Belgrader Unter. fiziersschule übernahm und 1902 als Hauptmann Generalstabs. anwärter wurde, von all dem bei Szántó fein Sterbenswörtchen. Auchy die weitere militärische Laufbahn Dimitrijewitschs bleibt im Dunkel; höchstens weckt die Erwähnung, daß er inzwischen" zum Oberst befördert worden sei, im Zusammenhang die falsche Ansicht, bas fei bald nach 1903 geschehen. In Wirklichkeit wurde er 1905 Generalstabshauptmann, 1908 Major, 1913 Oberstleutnant und erst Im Weltkrieg, 1915, Oberst.
Bildung von Geheimbünden,
deren sich Apis zur Erreichung seiner Ziele bedient habe: Die Hauptorganisation mar die berüchtigte Narodna Obbrana.. Der Geheim bundcharakter der Narodna Odbrana geht schon daraus hervor, daß die einfachen Mitglieder ihre obersten Führer nur unter Dednamen fannten. Besonders der Name Apis war überall befannt, aber nur wenige mußten, mer sich dahinter barg... Dragutin Dimitrijewitsch hatte sich innerhalb des Gesamtrahmens der Narodna Odbrana cin besonderes Instrument geschaffen, das dem Ganzen sein eigentliches Gepräge gab. Es war der Geheimbund „ Einigung oder Tod"... Aus diesem engen Kreise nahmen die entscheidenden Handlungen der Narodna Dobrana ihren Ursprung. Er mar gewissermaßen der Generalstab der Gesamtorganisation. Fast in jedem Wort dieser Säge stedt ein Unsinn. Die Narodna Odbrana, in vollster Deffentlichkeit arbeitend, war so viel oder so
Dragutin Dimitrijeritsch als Oberst und Stabschef der Uschitzi- Heeresabteilung
wenig eine Geheimorganisation wie die SPD. , und mit ihrer Gründung hatte Dimitrijewitsch schon gar nichts zu tun. Als sie während der heftigsten Annexionstrije, im Oktober 1908, entstand, rüstete sie wohl, nicht zuletzt durch Ausbildung von Bandenfämpfern, den Berzweiflungskampf gegen Desterreich- Ungarn , der vor der Tür zu stehen schien, aber im Frühjahr 1909 verwandelte fie fich in eine Gesellschaft zur leiblichen und geistigen„ Ertüchtigung" des Gerben voltes im Rahmen des Königreichs Serbien .
Bie fremd Szántó den einfachsten Tatsachen gegenübersteht, beweift fein Satz:„ Die Ballantriege, an denen Dimitrijewitsch te natürlich als aftiver Truppenführer teilnahm..." 3mar hat Szántó feine Ahnung davon, aber es wird schon stimmen; was follte ein höherer Offizier in einem Kriege auch anderes tun als Der Geheimbund Einigung oder Tod" et eine Truppe führen! In Wahrheit hatte sich Dimitrijewitsch, der aber den Bogdan Radenkowitsch, einer der Sendboten des leit Jahr und Tag dem Bandenkrieg gegen die Türken in Make donien frisches Blut zuleitete, als Arnaut verkleidet über die tür - serbischen Nationalgedankens im türkischen Mazedonien , anregte, und den Dimitrijewitsch im Mai 1911 aus der Taufe heben half, tische Grenze nach Altjerbien gepascht, um mit dem Albanerführer wurde im ausgesprochenen Gegensatz zur Narodna Odbrana geIsa Boletinaß Aufstandspläne auszuhecken. Von dieser schaffen. Weil die Narodna Odbrana zu gefeßlich, zu kulturelt, zu zivilistisch schlapp war, schlossen sich die Revolutionsromantiker, die für das Serbentum mit der Handgranate statt der Fibel fämpfen wollten, zu dem Geheimbund zusammen. Erst später benutzte ,, Einigung oder Tod" die Narodna Odbrana zur Tarnung", da der Major Milan Bassitsch, der Leitung beider Berbände angehörig, eine Brüde schlug. So gelang es, in den südslawischen Ges bieten des Habsburgerreichs Serbokroaten in den Dienst von Eini gung oder Tod" zu stellen, indem man sie in der Täuschung belicß, fie arbeiteten für die ihnen noch von 1908/1909 wohlbekannte Narodna Odbrana So hörten auch die Machthaber der Donaumonarchie, wo immer sie auf
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Dragutin Dimitrijercitsch als Generalstabshauptmann
romantischen Indianerfahrt lehrte er mit einer bösen Blutvergiftung und dem höchst gefährlichen Mattafieber zurüd und lag während des ganzen ersten Balkankrieges auf den Tod danieder. Endlich halbwegs genesen, mußte er und in diese Zeit fiel der zweite Ballantrieg! zu einer Nachfur nach Berlin .
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Es geschah nicht zum erstenmal, aber Szántó verschweigt
Circh den ersten
Aufenthalt Dimitrijewitschs in Berlin
in den Jahren 1906 und 1907, der für feine innere Entwicklung nicht ohne Bedeutung war. Damals nämlich wurde das wilhel. minische Deutschland mit feiner Vergözung des Offiziers und feiner Geringschäzung des Barlaments für den jungen, ehrgeizigen Serben Das Borbild eines. Staates. Aber was heißt für Szántó innere Entwicklung. Nirgends tommt bei ihm das wahre Besen Dimitrijemitschs plastisch heraus. Wir sehen ihn nicht vor uns, wie er war: in ber Runde der Rameraden gutmütig, zugänglich, fröhlich, auf dem Bartett der gefällige Ravalier der Damen, zuweilen in
revolutionäre Brandherde in Bosnien
stießen, stets nur von der Narodna Odbrana, die als solche mit all dem nichts zu tun hatte, und bezichtigten sie schließlich vor ganz Europa der umstürzlerischen Wühlarbeit auf österreichisch- ungari schem Boden, während sie von Einigung und Tod keine Ahnung hatten!
Statt diesen Zusammenhängen nachzuspüren, schwingt Szántó fich auf eine flapprige Mähre, die er Monat für Monat im Hippodrom der Berliner Kriegsschuldfrage" im Kreis herumzottelt; auch er bemüht sich, die serbische Regierung für
und damit für den Weltbrand verantwortlich zu machen. Auf diesem Gelde ist, da nicht nur die Toten schweigen, noch nicht jeder Zug und Gegenzug zu übersehen, und für Vermutungen und Schlußfolge. rungen bleibt allerhand Raum, aber soweit ist doch noch unlängst durch Mitglieder des Geheimbundes„ Einigung oder Tod", wie Oberst a. D. Tschedomir Po pomitid und Dr. Oskar Tartaglia, die Sachlage geklärt, daß fast die ganze Darstellung Szántós in den Bereich antiquierter Phantasie entrüdt. Alzu gutgläubig hat er aus den Quellen der Wiener Wochenschrift La Fédération Balkanique" geschöpft, die, ein Kampforgan Mostaus, zur bolichemistischen Revolutionierung des Baltans, neben manchen aufschlußreichen Beiträgen mit Bolluft auch das unsinnigste Ge fchwafel abbrudt, falls es mur ber Interminierung der heutigen Herrschaftsverhältnisse im Südosten dienen kann.
Daß Dimitrijewitsch die jungen bosnischen Revolutionäre, die, zum Attentat auf Franz Ferdinand entschlossen, sich durch den Major Boja Tantoffits an ihn wandten, nicht abwies, sondern unterstützte, und daß fo aus dem fahrigen Hin und Her. geflader schwärmerischer Jünglinge der zielfichere Stoß eines
Krieg entfesseln
wollen. Das Gegenteil ist nicht nur wahrscheinlich, sondern nach weisbar. Nach zwei auslaugenden Kriegen fehlten der serbischen Infanterie 120 000 Gewehre, in Gebrauch waren vier bis fünf verschiedene Modelle; ebenso unvollständig und ungleich war die Ara tillerie bewaffnet, der es fast ganz an schwerem Geschüz gebrach; dazu äußerster Mangel an Uniformen,' Mänteln, Schanzzeug, Sanitätsmaterial, Telephongerät, Zelten, Train, Bespannung niemand fannte besser als der Chef der Nachrichtenabteilung des Großen Generalstabs Dimitrijewitsch die flaffenden Lücken der serbischen Rüstung; er hätte ein vollendeter Narr sein müssen, um in diesem Augenblick ſein Vaterland in einen hundertfach aussichtslosen Krieg mit der österreichisch- ungarischen Großmacht zu stürzen. Aber durch das Zeugnis zweier seiner mitverschworenen, Po po witsch und Tartaglia, fennen mir seine Beweggründe im Juni 1914. Er fürchtete auf Grund gewisser Meldungen einen
Ueberfall der Habsburger auf Serbien
und glaubte, dem Krieg durch Beseitigung des vermeintlichen Haupt begers, eben des Thronfolgers, vorbeugen zu können für jebe andere Version fehlt auch der Schatten eines Beweises.
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Aber damit begnügt sich Szántó nicht. Um auch Alegan. der Karadjordjewitsch, damals Kronprinz von Serbien , heute König von Südjlawien, mit der Vorbereitung des Attentats in Berbindung zu bringen, wird seine persönliche Bekanntschaft" mit einem der Attentäter hervorgehoben. Im Frühjahr 1914 sprach der Thronfolger nämlich bei einem Besuch der Belgrader Staatsdruckerei mit dem dort beschäftigten Tsch a brinowitsch an, und Szántó beeilt sich, dem Leser ins Ohr zu flüstern: ,, Was Alexander damals mit Cabrinowitsch gesprochen hat, ist nicht bekannt geworden." Nun, zur Ermordung Franz Ferdinands wird er ihn mitten im Segersaal vor vielen lauschenden Ohren wohl nicht angestiftet haben, aber wir sind sogar, nur eben Szántó nicht, über das geheimnisvolle Gespräch
unterrichtet. Es beschränkte fich auf die Frage Alexanders, ob Echabrinowitsch Bosnier sei und jetzt in Serbien bleiben wolle, und auf die eine bejahende Antwort des Angeredeten erfolgte bei einem Besuch Friedrich Augusts von Sachsen hätte es nicht harmloser zugehen können.
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Doch lüftet nicht die Veröffentlichung des inzwischen verstorbenen Radikalenführers Ljuba Jowanowitsch, die Regierung habe im
Sommer 1914 von den Attentatsplänen etwas läuten gehört und den Grenzübertritt der jungen Leute vergeblich zu hindern gesucht wie auch umsonst in Wien gewarnt, die letzten Schleier"? Für Szántó wohl, und zwar in dem Sinn einer Mitschuld der serbifchen Regierung, aber der Freiburger Universitätsprofessor& anto romicz hat als Sachverständiger des Reichstagsausschusses mit Recht dargetan, daß, Mitwisserschaft, die zu Berhinderungsversuchen
führt", nicht als Schuld, sondern als Berdienst zu werten sei, sonst. ,, wäre die Polizei an jedem Verbrechen schuld, von dem sie vorher Kenntnis erhält und das sie zu verhindern versucht". Daß aber Dimitrijewitsch etwa selbst die Regierung in sein Geheimnis eingeweiht hätte, und Mitwisserschaft so zur Mitschuld geworden wäre, ist von allem unwahrscheinlichen das unwahrscheinlichste. Früher, als Milowan Milowanowitsch die auswärtigen Ge schäfte Serbiens leitete, war zwar zeitweise„ Einigung oder Tod" fast ein ausführendes Organ seines Ministeriums gewesen, freilich
denn von irgendeiner unterirdischen Aktion in Bosnien wollte, aus Angst vor einem Konflikt mit der Donaumonarchie, die Belgrader Regierung beileibe nichts wissen. Was der Geheimbund namentlich unter tätiger Mitwirkung der ihm angehörenden Grenzoffiziere in Losnika, Schabazz und Uschize dort unternahm wurde vor der Regierung aufs sorgfältigste geheimgehalten. Zu allem war im Frühsommer 1914 der Gegensatz zwischen Militär- und Zivilgewalt, zwischen dem Geheimbund hinter Dimitrijewitsch und Tantosfitsch und der Regierung Paschitsch Protitsch fast bis zuan bewaffneten Machtkampf gediehen. Wenn es auf der meiten Belt jemanden gab, den Apis damals nicht ins Vertrauen zog, so ganz gewiß die radikale Regierung, die ihn ja drei Jahre später als ihren grimmigsten Gegner erschießen ließ.
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Ein Berrbild statt eines Bildes ist es also, das Szántó von den Dingen und Menschen des Sarajewo genannten Dramas ent wirft; es bedürfte 150 Seiten und mehr, um geradezurenfen, was auf diesen 77 Seiten schief und krumm ist. Aber die Schrift, leichtfertig und liederlich zusammengestoppelt, wie sie ist, lohnte nicht einmal den Aufmand dieses Artikels, wenn sie nicht auf dem Titelblatt mit der Prätension Ein Beitrag zur Kriegsschuldfrage" auftrumpfte und wenn nicht durch ihre notgedrungene Zurückweisung die Gestalt Dragutin Dimitrijewitschs, eines Berschwörers unserer Zeit, etwas aus dem Dunkel hervorträte.
Wer weiß das?
Ein Explosionsmotor, der auf der Erde 35 PS. leiftet, leistet in 1000 Meter Höhe nur 28, in 2000 Meter Höhe nur 24, in 3000 Meter Höhe 20, in 4000 Meter Höhe nur noch 16,5 PS., also weniger als die Hälfte.
Der Zwölffingerdarm, das ist das Zwischenstück zwischen Magen
und eigentlichem Darm, wohin die Ausführungsgänge der Leber und der Bauchspeicheldrüse( Pankreas) münden, hat eine Länge von 12 Fingerbreiten, also von ungefähr 24-28 Zentimetern
Der Karische Marmor ist so fein, daß Platten von 3,5 Zentimeter Dide noch durchscheinend find.