Albendausgabe
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Ilieb mis sis Donnerstag
Vorwärts
Berliner Bolesblatt
13. Dezember 1928
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Die Prügelhelden schreien...
Weil sie nicht mehr prügeln sollen.
Am Sonntag fand bekanntlich in Rarlshorst ein fommunistischer Demonstrationszug ftatt. bei dem ein 22jähriger Student, Mitglied des Jungdeutschen Ordens, durch Mefferstiche getötet wurde. Die Rote Fahne " teilte darauf in ihrer Montagsausgabe mit, daß Rote Frontfämpfer als Täter nicht in Frage fämen. Das Rommunistenblatt tat fo, als ob Rommunisten nod) niemals irgenb jemandem ein Haar gekrümmt hätten, dasselbe Blatt, das sich sonst nie genug tun fann in der Berherrlichung der Gewalt, das auf seine Art wahre Hymnen anftimmt, wenn es gilt, irgendeinen Prügelhelden zu feiern.
Der Polizeipräsident von Berlin hat nun, nachdem sowohl, Rommunisten als auch Rechtsraditale infolge der gegenseitigen Anpöbe lungen Todesopfer zu verzeichnen hatten, weitere Demonstrationen berboten. Es scheint ihm notwendig, daß erst eine gewisse EntSpannung eintritt, daß sich die aufgeregten Gemüter etwas be tuhigen und daran gehindert werden, neue Bluttaten auszuführen.
Daraufhin auf beiden Seiten die größte Empörung: Die Rete Fahne", die bisher noch nicht mitgeteilt hat, daß gegen ein Mitglied der Tommunistischen Jugend der dringende Berdacht besteht, die Bluttat in Karlshorft begangen zu haben, schreibt:„ Der Sozialdemotrat 3örgiebel, dieser zweife Noste, will über Betlin den Be lagerungsguftand verhängen, alle Umzüge, alle Bersammlungen unter freiem Himmel, alle Demonftrationen verbieten... Derfelbe Börgiebel, unter dessen Augen die Nationalsozialisten Mord auf Mord an Berliner Arbeitern begehen. Das Kommunistenblatt erflärt dann baß die Maßnahmen des Polizeipräsidenten fich nur gegen die revolutionären Arbeiter richten. Die Deutsche 3eitung aber motiert fich barüber, diß der Polizeipräsident alle erforderlichen Schritte unternehmen wolle, um dem Treiben der radifalen Elemente Einhalt zu tun". Dann heißt es wörtlich: ,, Das flingt zwar wunderschön und doch zeigt gerade dieser Plan einer Ausnahmeverordnung mit besonderer Deutlichkeit, daß man auch iegt dem roten Berbrechertum nicht den Krieg zu erklären wagt. Die Komunisten haben oft genug bewiesen, daß sie sich solange man ihre unterirdischen Organisationen überhaupt bestehen läßt, nicht im geringften an die Anordnungen des Genoffen Börgiebel fehren. Daran wird auch die in Aussicht gestellte neue Berordnung des Polizeipräsidenten nichts ändern, folange man nicht wagt, den Roten Fronttämpferbund, der schon genug vergoffenes Blut auf dem Gewissen hat, rücksichtslos zu ver. bieten. Die Deutsche Beitung zieht aus den Borgängen weiter den Schluß, daß die Polizer auch wieder nur die nationalen und völlischen Berbände mit ihren Maßnahmen treffen wolle.
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Das Geschrei der Brüder von rechts und von links, deren Hauptfreude es ist, sich gegenseitig zu verprügeln und unter Um. ständen auch totzuschlagen, richtet sich gleichmäßig gegen den Sozial demokraten Zörgiebel, der als Bolizeipräfident selbstverständlich die verdammte Pflicht und Schuldigkeit hat, derartige Radauszenen zu verhüten. Es ist leider eine Tatsache, daß die KPD . den nationalistischen Prügelgeift derartig glänzend zu kopieren versteht, daß man die Taten mancher tommunistischer Helden nicht mehr von benen der Hafentreugler unterscheiden fann. Die Sozialdemokratie hat stets gleiches Recht für alle gefordert. Gleiches Recht für alle schließt auch gleiche Pflichten für alle ein. Die KPD. fordert für fich das Recht, sich disziplinlos und geradezu verbrecherish benehmen zu dürfen. Erst dann wäre der Polizeipräsident ein Mann nach ihrem Geschmad, wenn er die Prügeleien und bas Rowdytum ihrer Anhänger billigte. Die Rote Fahne " heult wie ein ungezogener Junge, der wütend darüber ist, daß er erzogen werden soll. Die„ Rote Fahne " tut so, als ob die Berliner Arbeiterschaft thr Geschrei ernst nehme. Darin irrt fie gewaltig. Kein benfender Arbeiter wird ihre Methoden billigen, und je hysteris.her fie schreit, um fo weniger Einbrud wird sie machen.
Bon rechts und von links die gleichen Vorwürfe, die gleichen Beschuldigungen und Anlagen. Das Richtige wird wahrscheinlich in der Mitte liegen. Daraus ergibt sich, daß der Polizeipräsident nicht anders handeln konnte, als er es bisher tat. Uebrigens fann man der Roten Fahne" gratulieren, daß sich die Borgänge, die zu den Maßnahmen bes Bolizeipräsidenten führten. nicht in Rußland abgespielt haben. Die GB. hätte nicht gezögert, viel rüdsichtsfofer einzugreifen, als es in der dreimal verhißten deutschen Repu blit geschieht. Aber was in Rußland geschieht, ist ja schließlich mohigeton mmb geht den deutschen Romamifen gar nichts an..
Unser Bild zeigt das bei Letzlingen in der Altmark durch Absturz zerstörte und verbrannte Großflugzeug. Bei der Katastrophe fanden drei Personen den Tod, während ein Passagier mit schweren Brandwunden gerettet wurde.
Eine Erklärung des Landesjugendamts Berlin .
Um bas Berliner Erziehungsheim Strunes hof, das abseits vom Großstadttreiben an der Jugend zu arbeiten fich bemüht, ist in der Deffentlichkeit ein Streit entbrannt. Der Maler 2 ampel hatte mit Erlaubnis des Anstaltsdirektors sich in dem Heim für einige 3eit studienhalber als Gast einquartiert und hat dann nach seinen Beobachtungen und nach Mitteilungen der Jungen ein Buch und ein Schauspiel veröffentlicht. Die Auf führung des Schauspiels hat im Theater erregte Auftritte hervor. gerufen, an die sich in der Presse weitere Auseinandersetzungen fnüpften. Hierzu nimmt jetzt das Landesjugendamt Berin das Wort zu einer langen Erflärung, aus der wir das Wefent. liche wiedergeben.
Das Landesjugendamt wirft Herrn Lampel vor, daß er, dem die Erziehungsarbeit in einem Heim fremd war und dem von der Anstaltsleitung auf seine Anfrage gesagt werden mußte, daß er feine Fähigkeit zum Erziehungsberuf habe", die Berichte von Jungen in leichtfertiger und frititloser Weise veranlaßt und hingenommen" habe. Sutreffend sei, daß die Jungen in ihren Gruppen oft mit außergewöhnlicher Strenge Bucht und Ordnung halten und Widerstrebende und Mißliebige perprügeln. Das tomme in jedem Internat und in jeder Schule vor und nehme selbstverständlich in einem Erziehungsheim für schwer erziehbare Jugendliche rauhere Formen an als in einem Alumnat eines Gymnasiums. Daß dieses Verhalten, bei dem die Jugendlichen leicht weder Maß noch Ziel fennen und sich leicht zu Roheiten hinreißen laffen, von den Erziehern und der Heimleitung nicht geduldet wird, sei selbstverständlich. Den Erziehern sei es aufs strengfte untersagt, etwa mit verfchränkten Armen dabeizu
stehen. Gerade die erschütterndsten Fälle des Lampertschen Buches
Das Drama im Hochgebirge. Spielt er wie ein Gott?
Berichte 2. Seite
gehören, fagt das Landesjugendamt, in das Reich der Phantafie. Was ferner über die feruelle Rot der Jugendlichen berichtet wird, sei wirklich feinem Heimleiter oder Erzieher unbekannt. 3u den Angaben über törperliche Mißhandlungen erflärt das Landesjugendamt, in den Erziehungsheimen der Stadt Berlin sei feit fünf Jahren jebe törperliche Züchtigung verboten. Seit einem Jahre werde jeder in einem städtischen Heim Angestellte auf dieses Verbot schriftlich verpflichtet unter Androhung der Entlassung. Die vom Landesjugendamt Berlin beleg. ten privaten Anstalten haben seit einem Jahre dieselben Maßnahmen getroffen. Daß troß dieses Berbots( Jagt die Erklärung) es einmal vorkommt, daß ein Erzieher bei bodenloser Gemeinheit eines Jugendlichen( rohefte Tierquälerei oder brutale Mißhandlung eines Rameraden usw.) die Geduld verliert und ihm die Hand ausrutscht", wie dies auch Herrn Lampert passiert ist, ist der Behörde bekannt. Sie mißbilligt das in jedem Falle, ist aber nicht ohne Verständnis für die außerordentlich schwierige Lage der Erzieher, die auch nur Menschen find."
Die Erflärung gegen Lampel schließt mit dem Vorwurf grotester Irreführung der Deffentlichkeit über die sich in einer günftigen Entwicklung befindende schwierige Erziehungsarbeit":" Die geschilderten Borgänge werden in völliger Berzer rung bargestellt. Die schwierige Aufgabe der Fürsorgeerziehung mirb überhaupt nicht verstanden und die bedeutsamen Fortschritte, die sie besonders in dem legten Jahrzehnt genommen hat, werben einfach unterschlagen."
Der Stahlhelm unter Anklage. Wegen Republitbeschimpfung.
Prenzlau , 13. Dezember. Der Oberstaatsanwalt in Brenzlau bat gegen den Stahl. belmführer Oberstleutnant a. D. Düfterberg aus halle auf Grund des§ 8 des Republitschuhgesezes Antlage erhoben. und zwar wegen der Rede, die Düfterberg am 16. September auf bem Marktplag gehalten hat.