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Oienstag IS Ianuar 1929
Unterhaltung unö ANissen
Beilage öes VorwSris
.Herbert f ulenberg: JCdtCHCH dödlllifJl
.'tfir wirb nicht unter ben Großen, heit H«S»«n unb fvri- hiiwi«n ber Geschichte gsfuchrt. Es knnn sogar sein, baß er in einigen l�abrc» noUig verwebt und vergessen ist. Sollist auf der cmi- umrankten marmomen Grabplatte aus dem Londoner   firiebhos, in dem sie ncht, wird er verwittern und vermodern, falls man ichn nicht um ibrer mochtigen Rachborn w'llen, die dort schlummern, hin und wieder auffrischt. Denn sie schläft mrd verwest neben dem Ehepaar Marx  , neben Jenny von Westphalen  «Ke. beloveä �Vite e>k Karl Marx  , und neben ihm selber, dem großen Dollsoustniegler. Aus ihren Wunsch ist sie mit ausdrücklicher vorheriger Genehmigung des gelehrten flreiheitskäinpiers hier beigesetzt worden. Sie war ihr Lebelang sein Dienstmädchen oder besser gesagt, seiner geliebten Frau Jenny Dienstmädchen, Kammerzofe, Vertraute und Freundin in einer Person. Jennys Boter, der ongeschene Hol)« preußische Regierimgsbeo mte in Trier  ,.Herr von West- n Halen, hotte sie nebst einer lKtröchtlichen Aussteuer seiner Tochter in die Eh« mitgegeben.Wer weiß," meint« er dabei, mit einem ahnungsvollen scharfen Lächoln.ob dies ldben» dige Stuck Mitgift, das gute Lenchen. Euch nicht oimnal mehr wert sein wird, als ttes ganze irdisch« Gut. Geld. Leinen inif» Silber, dos ich Euch spenden kann." Es»vor den» pmgen cmßermdentlichen Feuerkops Marx so erstmmZicherweise fast spielend in einem Wurf gelungen, sich nach der Liebe der reizenden blanden Tochter, des schönsten Mädchens von Trier   auch noch die Auneigung des strengen Baters zu gewinnen. Ach! der alte Herr von Westphalen sollte nur zu recht behalten uiit seiner dunklen Voraussagung. Dos bißchen Geld zerrann dem im Leben so unbeholfenen Schwiegersohn Morr und der noch umvirt« schaftticheren Tochter Jenny alsbald zwischen den Händen. Das Leinen blieb bnmen kurzem auf den Reifen des ßmgen Ehepaars in Verlin. Paris   oder Brüssel, wo es manchmal als Bezahlung dienen mußte. Dos letzt« honsstlber murde non Frau Jenny   in Köln   versetzt. Damals, nach dem Znsammenbruch der nwi Marx be- gründetenReiten Rheinischen Zeitung" und nor ihrer Flucht noch England, das ihnen dann bis ans Ende ihres Lebens eine neue ' zweite che unat wurde. Nur Lenchen Denmfl) bveb dem Ehepaar durch olle Notkagen, ntemnten und Fährlichkeiten treu. Dies anstellige rheinisch« Mädchen torrte   bei chrcr stolzen Herrin, ihrem klugen Herrn trotz des be- kümmerten armseligen Lebens aus, das sie mit ihnen führen mußte. Dos bescheidene Lenchen, fastete und hungerte mit den Eheleuten '.Rarx um die Wette mld hotte, obwohl sie mir ganz selten noch einen Lohn ausgezahlt bekam, auf die Frage von Karl Marx  :Wie geht's, Lenchen?" stets noch«in gutmütiges Lächeln bereit und die be- insdigte Antwort: �Jut, Herr Doktor!" Sie zog die Kinder von Karl und Jeirrai Marx auf, als ob es ihre eigenen gewesen wären, und als bei aller Knappheit und Verelendung noch«in sechstes Kind, die kleine Eleanor erschien, herzte Lenchen die winzig« neue Erden- bürge rin, sosern man diesen bourgeoistm Ausdruck für ein Kind von Karl Marx   gebrauchen darf, und meinte: Z5t ees doch jet leemes um solch en Bobaditzsche. t'ierr Doktor!" Lenche» war«»die. immer wieder in dem schon damals riesigen London   Milch für die kleinen Kinder herheischosste. und wenn sie darum bitten und betteln mußte. Besonders für das nun fürrgste Kind Eleanor, das bald in der ganzen Familie nur Tussy hieß, sorgt« Lenchen, weil es das schwächste Wesen unter den leider meist schwächlichen Kindern non Jenny und Karl Marx   war, mit einer rührenden Ausopsening. Damals war gerade das dritte Kind der beiden gestorben, ihr einziger Knabe, den Jenny   nach ihrem Vrudcr Edgar genannt hotte, der ober stets out seinem Kosenamen Müsch gerufen rmmde. Es mar ein zarter, ober sehr gescheiter Jung« gewesen, daß Abbild und der Liebling seines Daters, der mit Entzücken sali, wie der Knabe schon gleich ihm aus die Bücher nersessen war. Und Lenchen Dcnmch hatte stmrden- long neben dein vor Schmerzen über diesen herben Verlust leise aus- ichluchzenden Marx gesessen, oder hatte auch seinen Kops, der ihm in jenen Tagen vor Migräne fast zerspringen wollte, zärtlich und voll Güte festgehalten. Der arme Mohr, wie die Kinder Marx   ihren Vater nannten. mar tatsächlich wochenlang noch dieiem Uirgiück wie nor dem Kops geschlagen und holte selbst in seiner Schriftsteller«! kaum mehr Trost aefunden. Man hotte zwar kurze Zeit darnaä, wieder ein« kleine Erbschaft gemacht. Die alte Baronin von Westphalen war in Trier  gestorben und hatte ihrer Tochter ein paar hundert Taler Überlossen, ja daß die Familie Marx   in ihrer fcondoiwr Verbannung samt Lenchen eine bessere und geräumigere Wohnung beziehen konnte. Doch das Geld war alsbald wieder ihm und ihr, Lenche ns Herr- 'chaften, im Handumdrehen zerschmolzen. Und Lenchen hatte wieder mit irgend einem Möbel oder Schmuckstück oder der Taschenuhr ihres Herrn den ihr schon so vertrauten Weg ins Pop Haus antreten müssen. Das gute Lenchen war der Stutzpunkt und der Halt der ganzen Familie. Lenchen kochte. Lenchen nähte. Lenchen wusch, putzt« und pflegte dos ganze Haus. Von der zarten kränklichen Frau Jenny  angefangen bis hinunter zum kleinsten Nesthäkchen Tussy. �Zwischen- durch wurde sie nicht müde, stets aufs neu« Breiumschläge für den non ihr vergötterten Herrn des Hauses zu bereiten, der Monate, ja jähre- lang an einer lästigen schmerzhaften Furunkulose litt.Ihr sitzt zu vill Üwwer de Böchcr. Herr Doktor, Ihr macht Euch so winnig MotionI" rodete sie.dann dem bärtigen Stubengelehrten Marx   zu, der sich lächelnd non ihr wie von einer Mutter oder Schwester bähen und behandeln ließ. Sie machte morgens olle Betten. Sic hielt den Flebermesier an die erkrankten Kinder. Sie stopfte und flickte, was ausbesserungsbedürftig im Haufe war. Bis ans die seiden« Schnur an dem Einglas, das Marx   auf der Straße trug. Sie scheut« keinen Weg für ihn noch für ihr früheres Prinzeßchen, die ehemaligc schönste Balllönigin von Trier  , Frau Jenny, die leider von all ihren Sorgen früh gealtert und verwalkt war. Und wenn man sie täglich zweimal zum Pfandhaus geschickt hätte, Lenchen hätte sich nicht darüber geschämt. Sie war die einzig«, die ab und zu noch durch "in rheinisches Witzchen oder Donchen ein Lachen aus dem blassen Gesicht ihrer Herrn, hervorrufen tonnte. Das treue Lenchen Demuth   hatte ja eines im Haufe Marx   vor Augen, und das machte ihrem fromm geblieben rheinischen Gemüt den Dienst so leicht und schön, als wenn sie sich während dieser ganzen Zeft m einer Kirche aufgehalten hätte. Sie sah ja immerzu die Liebe dieser beiden Menschen vor sich. Sah. wie Jenrnis vom vielen Weinen matt und glanzlos gewordenen Augen wieder auf- leuchteten, wenn der Mohr aus der Bucherei im Britischen   Museum heimkam. Sah, wie sich»hre Herrin aus jeden neuen Kuß des Galten wie auf ein neues Geschenk freute. Und horte, wie er selber, der Mahr, schon«n Hausflur unten stürmisch fragte:Wo ist mein« Fwli?" nnb fem» strahlend zu ihr ertte. Im Miterteba» dieser
großen und seltenen Liebe fühlte sich ßf.nchen glücklich und verklärt und über sich und ihren Stand hinausgehoben. Die Fremd« mar ihr nicht fremd und unheimlich, wo diese beiden Menschen hausten, denen sie dienen durste. Kein noch so hober Lohn der Welt hätte das Mädchen so befriedigt, als das groß« Gefühl, diesem ungewohn. lichen Paar das Dasein leichter und erträglicher gemacht zu haben. Als Frau Jenny im Winter 1881 van dieser Erde scheiden mußte, saß Lenchen neben ihrem Bett und pflegte sie. sich ausopsernb wie stets, da nebenan Marx   selber an Lungen- und Brustfellentzündung darnieder lag. Aber sie ließ rücksichtsvoller Weif» di« beiden Ehe- leute sofort wieder ollein, als Kart Marx   wenig« Tag« vor Jennys Tod sich noch einmal von feinem Krankenbett erhob, um Abschied von seiner geliebten Fron zu nehme».Ho geit ehr bal nah. Er gel,t ihr buld noch!" dachte Lenchen still bei sich, als sie einen Blick aus den gebeugten Mann warf, der sich weiitend von der Leiche feines Weibes trennte. All ihre Z�rankensüppchen, di« Lenchen noch dem sein Leben- long an der Leber«nd an Stoffwechsel leidenden Marx bereitete, halsen«ncht mehr viel. Er mochte nicht recht mehr leben, nachdem
ihn feine Frau ncrtasssn hatte. Häufig kam jetzt zu Lenchens Freude Friedrich Engels  , der ganz nach London   übergesiedelt war. den ein- samen Marx   zu besuchen. Und das fürsorgliche Mädchen suchte«s dann den beiden fn behaglich wie möglich zu wachen, wenn sie auch im Traum nicht dachte, die herrliche entschwunden« Herrin, di« mit den klugen Männern hin und her geredet hatte, ersetzen zu können. Aber keine zwei Jahre mehr hielt Marx   es ohne die geliebte Jenny  in dieser Walt aus. Lenchen Demuth  . die fortan, von Engels   unterstützt, sorgenlos einzig noch dem Andenken der beiden geliebten Menschen lebte, wund«, wie es zwischen ihnen vereinbart, nach ihrem Tode neben dem Ehepaar bestattet. Aus feein High gate Friedhof über London  . Friedrich Engels   hielt dieser treuen Seele kein« weithin tönende Grabrede, wie er sie dem Freunde Marx   in fein« Gruft nachgerufen hatte. Aber jedesmal, wenn«r noch die Ruhestätte dieser drei Menschen aussuchte und zuletzt den für sie so bezeichnenden Namen las: Hkne Demuth. Born January 1. 1823 died November 4. 1890 mußte er denken:Wie sonderbar, daß das Proletariat diesen, kühnsten Vorkämpfer in diesem gefügigen Mädchen eine Stütze ge. geben hat, ohne die er viel schwerer noch durch dieses heutige Hundeleben gekommen wäre. Ruh« sanft, armes, glückliches Lenchen Demuth  ."
3)er Qang verrät den Charakter
Man sitzt im Zmuner und hört, daß jemand die Treppen herauf- steigt, jemand den Korridor entlanggeht oder sich der Zimmertür nähert. Und ohne etwas zu sehen, erkennt man seinen Bekannten aus der Art des Echreitens, aus dem Klang, dem Tempo und Rhythmus des Ganges  . Unterschiede werden wahrnehmbar, die zu- nächst den Einzel menschen charakterisieren, im weiteren aber auch die Eigenart ganzer Völker erkennen lassen. Zum größten Teile unbewußt, wird der ganze«erschliche Or, gonismus, also auch die Funktion der Veinmuskeln vom Gehirn- und Nervensystem geleitet. Bestimmte seelische Erregungen lösen stereotyp dieselben Bewegungen aus, insbesondere, wenn der Wille ausgeschaltet ist. wenn eine plötzliche Impression den Körper, der in- dividuellen Wesensart des Menschen entsprechend, zu spontanen Re- flexbewegungen zwingt. So spiegell auch der Gang in seinen fernen rhythmischen Nuancen das wahre innere Wesen des Menschen wieder, auch wenn es äußerlich mit Bewußtsein verdeckt wird. Zlm leichtesten sind die einzelnen Berussarten zu erkennen, die auch dem inneren Wesen des Menschen ihren Stempel aufgedrückt haben. So wird ein Soldat anders als ein Seiltänzer, ein Metzger anders als ein Gelehrter, eine Nonne anders als ein Mannequin und eine Hausfrau anders als«ine Sportlady schreiten Ebenso deutlich prägen sich die Temperamente aus. Ein leidenschaftlicher Mensch wird nach seinem Gang kaum mit einem Phlegmatiker zu verwechseln sein, ein Schüchterner mit einem Selbstbewußten,«in Heiterer mit einem Bedrückten oder«in Notleidender mit einem Ge- sättigten. Das Temperament zeigt sich jedoch sehr selten!n seinen «infachen Grundformen. Es tritt oft hinter den Verftandesanlagen zurück oder vermischt sich mit ihnen zu einer besonderen Ausdrucks- form. Ein Kluger wird anders schreiten als ein Dummer, ein Theoretiker anders als ein Praktiker, ein Rechner anders als ein Phantast. Ein dritter Faktor, der die Art des Ganges   bestimmt. ist die augenblickliche Gesühl-stinnnung. Anhänglichkeit. Liebe. Haß, Ehrfurcht. Leutseligkeit, Geringschätzung usw. geben der Körperhal- tung, dem Gang ein deutliches Merkmal. Weiter wird di« Form des (Sanges durch die Triebe kompliziert: durch Berheimlichungstrieb, Tätigteitstrieb, Erwerbstrieb, Kampftrieb,?tahrungstrieb, Ge­schlechtstrieb. Wenn man bedenkt, daß all diese Faktoren sich kombi- nieren, variieren und permutieren lassen, so erkennt man erst die unendliche Derschiedencrrtigkeit der einzelnen Gangsonnen und die Schwierigkeit, sie methodisch auszuwerten. Interessante Einzelevgebnisse erziellen einige praktische Psycho­logen unserer Zeft, die ihre Mitmenschen auf der Straße nicht un- beachtet vorbeigehen lasten, ihre Gangart prüfen und von den Be- wegungen der Beine und des Körpers auf den Charakter des Men. scheu zu schließen suchen. Anfänglich aus Liebhaberei, dann in ernster, wistenschastlicher Arbeit suchten diese Forscher, wie z. B. Pros. Lorenz(Wien  ), Harry Bondegger(Berlin  ) Boden zu fasten. Um sich in das Innenleben eines anderen zu versetzen, genügt es oft. di- betreffende Gangart nachzuahmen. Wer jensitin-kritisches Empfinden hat, wird das leicht an sich selbst feststellen können. Bei großen Schauspielern, die Charakterrollen spielen, wird man stets beobachten, daß sich ihre Gangart ans der Bühne, dem Charakter der gespielten Figur entsprechend, ändert. Es bedarf keiner großen Mühe, einige der prägnantesten Eha- mktercigms chatten aus dem Gang festzustellen. Demzufolge kann man beobachten, daß der leichtfertige, oberflächliche Mensch normal ausschreitet, die Schrittspannweite aber in keinem Verhältnis zu dem Körper steht, sondern weitausholend und tänzelnd ist, im Gegensatz zu den kurzen Schritten des pedantischen Menschen; oder, daß der Energische einen festen Schritt hat, ohne übermäßige Abnützung des Stiefelabsatzes, weil das harmonische, gleichmäßige Aufsetzen des Fußes eine derartige Abnützung verhindert: ferner, daß der Unent- schlostene im Gegensatz zu dem Zielbewußten kurz und etwas wan- kend schreitet und mit den Absätzen kaum den Boden berührt: daß der Trotzige die äußeren Ränder der Absätze stark abnutzt, während der Wantelmütige fast immer die inneren Randslöchen der Stiefel- sohlen in Anspruch nimmt, und der Unzusriedene, Mißmutige, Kraft­lose die Schuhspitzen unverhältmsmäßig stark abtritt. Aus dem Gang läßt sich aber auch auf andere Eigenschaften schließen. Im Gegensatz zum Eilschritt(Jugendlichkeit, virt Vitalität) deutet der gravitätische Gang aus den gennftsruhigen, ausgeglichenen Menschen. Diese Gangart kann auch etwas Feierliches, Großartiges zum Ausdruck bringen, während lhr sofort etwas Hochmütiges, Ber  - letzendes anhaftet, tobald di« Schultern krampfhaft nachgezogen find und das Gesicht eine aufwärts gerichtete Hallung zeigt. Das Dorwärtsneigen beim Gehen und große Schritte bedeuten Ehrgeiz doch ohne fei« erforderliche Energie. Die leicht« Lebensauf. fassung des Optimisten äußert sich im leichten Gang. Etwas wiegend, mit symmetrisch ausgerichteten Fußspitzen und leichter, seitlich ge- neigter Kopshaltung schreitet der Liebenswürdige, Ehrliche. Autrich tig«. Den gleichen Gang, jedoch mft bewegungslosen Schultern und norgeneigtem Kopf haben die Arbeitsamen und Unbeugsamen. Andere dagegen sinken beim Gehe» stark ins Knie; sie schwanken gleichsam ans- und abwärts. Leute mit diesen Vertikahühmankungen mache»
den Eindruck des Gebeugten und Beladenen. Es ist«her eine geistige Schwerfälligkeit als Lässigkeit, die in diese Vertikalschwankungen noch eine gewisse Grazie hineinprägt.' Achulich schreitet der Pessimist, doch erheblich langsamer im Tempo. Seine Hallung ist in sich ge­sunken, und die Hände bleiben ziemlich regungslos beim Gehen. Den Borsichtigen erkennt man am bedächtig-miftnerksamen Schreften. Er bewegt sich gleichmäßig und langsam, mit nach der Erde gerichtetem Blick und weicht dem Entgegenkommenden schon, van weitem aus. Das Gegenteil beobachtet man am Eigensinnigen. der auf der Straße nur notgedrungen ausbiegt und. falls er oben- drein streitsüchtig und herausfordernd ist, sich mit Vorliebe am Vordrand« des Bürgersteiges bewegt. Nicht so der Grübler. Dieser ineiitt, sich möglichst an die Häuser halten zu müsten, um seinen Ge- danken geschützter nachhängen zu können. Auch feige Naturen be- Vorzügen die Nähe der Häuserfront, ebenso jene, deren Gewissen nicht ganz frei ist, um, im Falle der Gefahr, sich nur noch einer Seite yprteidigen zu müsten. Erdwärts geneigte Kopf- und Körperhaltung verrät Verheim- llchungstrieb. Der hierbei wahrnehmbar« geräuschlos-sanfte Gang hat einen lauernden Charakter. Hüte dich vor Menschen, die beim Schreften mit der ganzen Golste schleichend über den Boden schlurfen: «s sind hinterlistige Duckmäuser. Anders steht es mit Menschen, die beim Gehen die Fußspitzen einwärts setzen: sie sind gutmütig. wenn auch nicht übermäßig klug. Menschen, die anderen zulieb« däii eigenen WiLen ausgeben, ihre Ansichten modifizieren, de» Schritt, wechseln und. die Schrilttitagen und-Zeiten den anderen an zupasten suchen, sind höfliche, gesellige, wenn auch nicht sehr willens/ starke Naturen, doch von Ordnungsliebe und Disziplin erfüllt. Un­schwer erkennt man«ms der Straße den Abergläubischen mft seinem leicht hüpfenden Gang und dem krampflzasten Bestreben, beim Gehen etwa das Berühren der Pflastersteine zu vermeiden, und dem angst- lichen Darumbekümmertsein, ob er mit dem rechten oder linken Fuß ans Ziel gelangt ist. Solche oder ähnliche lächerliche Rücksichten be- herrschen ihn beim.Handeln, denn er mißt ihnen große Bedeutung bei. Es sei noch festgestellt, daß oberflächliche Frauen einen hüpfenden Gang haben; daß der Spötter die Ellenbogen an den Körper gepreßt, den Kopf seillich neigend, mit hochgezogener Schulter, die eine Hana meist leichthin in der Hosentasche, di« Knöchel etwas aiieinaiider- reibeita, feine Straße zieht, oder daß Menschen, die Treppenstufen springend nehmen, gewöhnlich hitzige, ungeduldige Naturen sind. und. endlich, daß neugierige und vertrauensselige Menschen ihre Weg- genossen im Gespräch konsequent rechts- oder linksseitig vom Wege drängen. Diese neue Seite der Charakterkunde dürfte eine Ergänzung znr Phrenologie, Physiognomik, Chiromantie und Graphologie liefern. Doch um dies« Einzelbeobachtungen zu allgemeiner wissenschaftlicher Charakterkunde verwerten zu können, bedarf es noch genauerer. systematischerer Untersuchungen. Jedoch dürfte wohl schon aus dem Dargelegten hervorgehen, daß die menschliche Gangart keineswegs etwas Zufälliges ist. Die Menschen möchten sich gern so vorteilhaft wie möglich geben, sie strengen sich jedoch vergeblich an: einem inneren Zwang gehorchend, müsten sie sich zeigen, wie sie sind. Nikolas Aranyosi.
Winterschlaf in den Tropen Tiere, fei« einen Winterschlaf halten, gibt«s keineswegs nur in feen Ländern der kalten unfe gemäßigten Zone der Erde, son- dern auch in den Trope». Allerdings bilden sie dort Auzuohmeii, da sich die tropischen Tiere den Unbilden kühlerer Witterung an allgemeinen gut. anpassen und da es dort eben überhaupt nicht in unserem Sinne winterlich kalt wird. Als regelrechte Winter- schläfer hat man nun die in Chile   und Argentinien   einheimischen Beutelratte» festgestellt. Diese Tiere tragen ihren Namen übrig ms zu Unrecht, da sie keine Ratten, sondern richtige Beuteltiere sind. Wie der Zoolog« Profestor Krieg neuerdings beobachtet hat. besitzen sie die Eigenschaft, in Zeiten reichlich« Ernährung viel Fett cm- zusetzen, da» besonders im Schwanz aufgespeichert wird, der bei gutgenährten Beutelratten schließlich dick und wulstig wird. Kommt die kalte Jahreszeit, so gehen die Beutelratten, die Nachttier« sind, nicht mehr aus Nahrungssuche aus. sondern verfallen in einen Win­terschlaf, in dessen Verlauf ihr Körper ebenso wie bei unseren Winterschläfern das aufgespeichert» Fett vollständig aufzehrt. An einer in einem Käfig gefangen gehaltenen Beutelratte beobach- tet« z. B. der Forscher Bruch in La Plate, daß sie. als der Winter nahte, ihr Nest immer seltener verließ unfe zuletzt fest schlief. Das Tier zeigte dieselben Erscheinungen wi« unsere Winterschläfer: ez lag steif und abgemagert mft geöffneter Schnauze und heraus- hängender Zunge da und ließ keinen Atemzug wahrnehmen. Die Beutelratte kommt sowohl im mittleren Ehil« wie auch in Peru  . Bolwien und Argentinien  »or. Man trifft die Tierchen auch in der Nähe menschlicher Wohnungen au. so bei Valparaiso  , wo sie sich gern b, den Gärten aufhalten,