gienmgZprüsident zu Potsdam den AufslckitSbedörden bekannt Hiebt,haben die Minister des Innern, der geistlichen und Medizinal-An-gelegenheiten, der öffentlichen Arbeiten und für Handel und Gemerbemit Rücksicht darauf, daß über den Bau, die Einrichtung rc. derbezeich-»eteu Anstalt für das gesammte Staatsgebiet noch keinemaßgebenden Vorschriften bestehen, welche„den heute geltendenGrundsätzen der öffentlichen Gesundheitspflegegenügend Rechnung tragen", nach Anhörung derwissenschastlichell Deputation für das Medizinalwesen nebst Ber-tretern der Aerztekammer diejenigen Vorschriften, die für denBau ic. jener Anstalten maßgebend sein sollen, in einem Entwurfzu einer Polizeiverordnung zusammenstellen lassen und angeordnet,daß letztere»ach Zustimmung des Provinzialraths baldigst zurEinführung komme» soll. Der Erlaß dieser Polizeiverordnung,welche sich thunlichst an de» erwähnten Entwurf anschließe»soll, steht bereits nahe bevor.— Um zur Auswanderung nach Brasilienanznreizen. waren vor einiger Zeit in der ländlichen Um-gebung von Potsdam mehrere brasilianische Zeitungen,so namentlich aus Curiliba, aufgeraucht, welche die Zustände inBrasilien in den glänzendsten Farben schilderten und besondersden deutschen Landarbeitern unter Hinweis auf die Fruchtbarkeitdes Landes bei geringer Mühe goldene Berge versprachen. DieSumpfluft und die Sonnengluth, die dem Nordeuropäer in denmeisten Gegenden Brasiliens die Arbeit im Freien unmöglichmacht, haben die biederen Betrüger zu erwähnen vergessen.—— Der altkatholische Bischof Reinkens ist amt. Januar, abends gegen U Uhr gestorben. Er war alsTbeologie-Professor in Breslau thätig, als das l870er Konzilihn gegen das geplante Unfehlbarkeitsdogma in die Schrankenfüdrle. Nachdem bereits 1870 eine, allerdings erfolglos verlaufeneDisziplinaruntersuchung wegen einer Schrift über das Papstlhumgegen ihn angestrengt war, unterzeichnete Reinkeus amL6. August die bekannte Döllinger'sche Erklärung gegen dasVatikanische ikonzil, ein Schritt, der am 20. November 1870 seineSuspension und das Verbot, Vorlesungen zu halten, zur Folgehatte. 1873 wurde er dann von den Telegirten der Alt-katholiken des Reiches zum Bischof erwählt, als welcher er seinenWohnsitz in Bonn nahm. Seitdem die altkatholische Bewegungdem Stillleben verfiel, wurde auch Reinkens' Name in derOeffentlichkeit kaum noch genannt. Die staatliche Begünstigunghat dem AltlatholiziSmus die Lebenskraft geraubt.—— Der München er Soldaten-Exzeß und dasVerhalten des Wachoffiziers hat selbst bei Offizieren Anstoß ge-fundin. Den„Münchener Neuesten Nachrichten" wird ausOsfizierskreisen geschrieben:„Nachdem die Affäre in der Sylvesternacht bereits dieOeffentlichkeit im weitesten Maße beschäftigt, dürfte imInteresse des weiteren guten Zusammenlebens zwischen Zivilund Militär zur Beruhigung der erregten Gemmher die Fest-stellung am Platze sein, baß man in militärischen Kreise» dasVorkommniß auf das allertiesste bedauert und daß die Meinung in Osfizierskreisen weil davon entfernt ist, dem Borgehendes betreffenden Offiziers Recht zu geben. Die Anordnungendie der Offizier in der Sache getroffen, erfahren die u n g e-schminkteste Mißbilligung seitens der Kaiueraden wieder Vorgesetzten."Oesterreich.Prag, 8. Januar. Falls die Deutschen die von den Jung-rzechen vorgeschlagenen Beschlüsse für alle Landtagskommissionennicht annehmen sollten, wollen die letzteren die Deutschen biS aufsäußerste bekämpfen.—Schweiz.Zürich, L.Januar.(Eig. Ber.) Gemeiydewahlenin Bern. Denn die unangenehme» Wirkungen eines gegeneinen anderen gerichteten Manövers dessen Urheber selbst treffen,so pflegt man in der Schweiz zu sagen: Ter Schuß ist hintenhinausgegangen. Das haben nun am 1ö. Dezember bei denGkmenidewahlen in Bern auch die dortigen Freisinnigen erfahren und darüber ist ein Therl von ihnen recht bös». Als dieStimmberechtigten der Stadl Bern sich für die Proportionalwahlder Stadtverordneten ausgesprochen hallen, mußten die herrschenden Freisinnigen gern oder ungern sich an die Einführung d-S„Proporzes" machen. Das neue Gemeindereglewent arbeitete der damalige Sladtpräsident Müller,jetzt Bundesrath, aus und er scheint dabei be-strebt gewesen zu sein, durch einige Eigenthümlichkeiten die Dingefür die Freisinnigen günstiger als für die anderen Parteien zrgestalten. So wurde die Bestimmung aufgenommen, daß alljährlich 20 Mitglieder auszutreten und dafür ebenso viel« Neuwählen stattzufinden haben; die Gesammterneuerung des Stadt-rathes findet demnach nicht statt. Ferner wird bestimmt, daßWaS nützt es, wenn diese genreartige Geschäftebehandlung imeinzelnen Züge tragischer, selbst grausiger Kraft aufweist, fo imdritten Akt. wenn«ine Mutter mit ihrem Sohn erscheint, einemjener unglücklichen Kitzinger Bürger, die der schreckliche MarkgrafKasimir blenden ließ— in der Eesammtheit fehlt der hinreißendegroße Fluß der Begebenheiten.Erst da auf dem Grund der Historie sich ein tragisches Einzelschicksal abhebt und Florian Geyer, ein getreuer Volksdiener, wieHagen in der Sage ein getreuer Herrendicner war.mitsehenden Auaenini Verderben geht, wird das Drama von poetischer Feierlichkeiterfüllt. Hier wären vom Theater herab ähnlich schwermüihigdüstere Stimmungen zu erreichen gewesen, wie in Hebbel'sNibelungen, da Krinihild ihr Rachewerk vollendet, hätte die Dar-stellung im Deutschen Theater sich nicht ins Kleinliche zersplittert.Gerhart Hauptmann hat Jahre hindurch sich mit dem„FlorianGeyer beschäftigt. Ihn mochte zunächst die Massenbewegung, diesozial« Bauerntragödie gereizt haben. Im Verlause aber wurdeihm der Heroismus des unglücklichen Geyer lieb und lieber. DieGestalt isolirte sich für ihn immer mehr und mehr. Wie ein naiverHeld von Glück und Höhe durch Neid und Erbärmlichkeit derMenschenkreatur. durch Tücke und Verrath zum tiefsten Elendsinken kann, beschäftigte ihn immer lebhafter, und so gleicht der„Florian Geyer" einem Bauwerk, dessen Fundament nicht imEinklang steht mit den Obergeschossen. Der Plan der sozialenBauerntragödie wurde beiseite geschoben und an ihrer Slelleüberwuchert daS Drama vom Heroen Geyer. So wird„FlorianGeyer" brüchig im Kern. Entweder zum einen oder zum andernhätte Hauptmann sich entschließen müssen. Entweder hätte erdarlhun können, wie eine in sich gerecht« Bewegung zu tragischemEnde führt, weil sie vor der Zeit gediehen, mit unklarenGefühlsmomenten und mystischen Vorstellungen überlastet,von unreifem Menschenmateriale angefaßt wird, oder er hätteseine Kraft auf das tragische Heroengeschick Geyer's konzentrirenkö nen. Dadurch, daß er beides zusammenzufassen gedachte,zersiel sein Drama.Weil er den höchsten Einsatz wagte, wird Hauptmann vielgeschmäht und gelästert, von Frommen und Unfrommen. Sogarseine Wahrheitsliebe wird zum Laster. Weil der Götz im„FlorianGeyer" nicht der legendäre, biderb-dentsch-mittelalterlictie GötzGoethe'S ist, weil der Berlickinger in der Beleuchtung erscheint,in die ihn die modern kritisch-historische Forschung gerückt hat:alS schlauer Rechner, doppelzüngiger Finanzer und falscherBauernsreund, so wird Haupimann zum niederträchtigenBilderstürmer gestempelt. Weil Luther, der nach den Worte»Karlstadt's im Stücke bald süß, bald saner»n reden wußte,vorgeworfen wird, daß er mit seinen Reden und Schriftengegen die Schwarmgeister und Bauern beweise, daß er die Zeit-läuft«, die inneren sozialen Gründe der Bauernerhebung nichtverstand, so sind die Orthodoxen empört. Es wäre überflüssig.dieser Gemeinschaft gegenüber Gerhardt Hauptmann verlheidigenzu wollen.jede Partei auf ihre Liste so viele Namen nehmen muß, alsStadl, äthe zu wählen sind und daß diese Listen der Stadlianzleieingereicht werden müssen; außerdem darf jeder Kandidat nurauf einer Liste stehen. Den Wählern wird aber das Reckt gelassen,Kandidaten aus allen eingereichten Listen auszusuchen.— Die3Listenvereiniglen aus sich folgende Stimmenzahlen: die sozialdemokratischeS3VS1, die freisinnige 39 907 und die konservative 28 642;Vertreter erhielten die Sozialdemokraten 7, die Freisinnigen 9und die Konservativen 8. Von den 9 gewählten Freisinnigenlallen aber noch 2, Dr. Sourbeck, der Führer der schweizerischenEisenbahn-Arbeitcr und-Angestellten, sowie Advokat Sechslerweg und der Sozialdemokratie zu, fo daß diese eigentlich 9 Ver-treter erhält und somit das beste Geschäft gemacht hat.Darüber ist nun ein Theil der Freistnnigen so wild, daß siein einer Versammlung beschlossen haben, wegen angeblich vor-gekommener Kniffe die Kassation der Wahlen zu verlangenund ferner eine Jnitialivbewegung zur Wiederabschaffungder Proportionalwahl ins Werk zu setzen. Jndeßwird diesen Plänen der Rache in Bern selbst nicht vielBedeutung beigelegt. Dieselben Leute, welche von der Gerechtig-keil des Proporzes so in Harnisch gebracht wurden, sind sehrzufrieden mit der Vergewaltigung der Sozialdemokratie durchdaS Mehrheitssystem bei den Gemeinderaths-(Magistrats-)Wahlen. Von den 9 Gemeinderälhcn ist nur einer, GustavMüller, Vertreter der Sozialdemokratie, dagegen sind 8 Freisinnigeund 2 Konservative. Würde auch diese Behörde nach dem Pro-pvrz gewählt, so hätten die Sozialdemokraten 3, die Freisinnigen 4und die Konservativen 2 Vertreter. Hoffentlich kommt es in bäldeauch hier zur Proporlionalwahl.Die Züricher Polizei wird nachgerade berüchtigt.Während rn B e r n die brutalen und provozirenden Revolverjüngst von den Polizisten beiseite gelegt wurden, scheint dieZüricher Polizei mit dem verkürzten Schießprügel förmlichesSpiel zu treiben. Denn nichts anderes als frivoles Spiel ist dieThat, welche ein junger Polizeirekrut Landert in der Nachtauf den ersten WeihnachlS- Feiertag verübte, indem er ohnedringende Veranlassung in eine Wirtyschaft hineinschoß und denZimmermann B e n h e I d aus Schleswig- Holstein mit einemSchuß in die Etirne tödtete. Benheld war an dem voran--gegangenen Streit mehrerer seiner Kollegen mit der Polizei gar-nicht bethetligt; er hinterläßt eine junge Wittwe mit drei klemenKindern. An der gestern erfolgten Beerdigung betheiligten sich dieMitglieder des Zimmerer-FachvereinS, sowie anderweitig« organi-firte Arbeiter. Genosse Seidel hielt die Grabrede, in der ereine Reorganisation der Polizei forderte, damit derartige Ungli ckssälle nicht mehr vorkommen können.— PolizeihauptmannFischer, der wegen widerreckitlicher Gefangcnhaltuna ver-haftet worden, ist gegen Kantion auf freien Fuß gesetzt. Infolgedieses Regierungtbeschlusses hat der Staatsanwalt Fehr, welcherder Urheber der Verhastung ist, dcmissionirt. Es wird eriählt, daßFehr und Flscher in erbitterter persönlicher Feindschaft zuelnander stehen.Bern, 8. Januar. Der Bundesrath hat die Regierung desKantons Neuenburg znr Berichterstattung über die angeblicheEntführung der abessynischen Prinzen aufge-fordert.~Belgien.— Drei amtliche nationale Sprachen glebt eSin Belgien: die französische, die vlämische und die deutscheSprache. An der Südostgrenze des Landes sind 40 000 Belgieransässig, deren Muttersprache das Deutsche ist, die meist nurdeutsch verstehen. Wie wir der„Vossischen Zeitung" entnehmen,sind die luxemburgischen beiden Bezirke Arlon und Messang durchund durch deutsch, und Arlon, die Hauptstadt des belgischen Luxem-bürg, ist«ine deutsche Stadt. Eine zweite deutsche Gruppe bildendie an der preußischen Grenze liegenden elf Gemeinden derProvinz Lüttich, unter denen Motzen. Baelcn, Membach undWelckewaedt die bedeutendsten sind. Die in Aubel in deutscherSprache erscheinende„Fliegende Taube" ist hier stark verbreitet.Da der belgische Staat die Gleichberechtigung der deutschen Be-völkerung und Sprache in nicht ausreichender Weise anerkennt,so hat sich jetzt in Arlon unter dem Borsitze des Prokislors derGeschichte an der Lütlicher Universität Kurth ein detit scherVer« in gebildet, der die deutsche Sprache in Belgien hebenund ihre volle Gleichberechtigung durchsetzen will. Insbesonderesoll der belgische Staat nur deutsch verstehende Beamte in diesenBezirken anstellen.Frankreich.— Ueber Leo Frankel's Befinden haben wir leiderungünstige Nachrichten erhalten. Die Lungenentzündung schien.dank sorgsanier Pflege und gescdickter ärztlicher Behandlung,überwunden, als plötzlich im Hals ein Geschwür hervortrat,das eine sofortige Operation notbwendig machte. Der KrankeMit dem Siege der Bauern beginnt, mit ihrer Vernichtungendet das Drama. Nach dem Siege von Weinsberg ist derSchreck in Fürsten und Ritter gefahren. Die Einung mehrtsich, die Bürgerschaften schließen sich ihr an, und Flugblätterund Bauernartikel rebellischen Jnbalts finden die Herren.wenn sie morgens ausstehen, selbst in ihren Hosensäcken.Gelehrte und Humanisten haben sich der Bewegung sympathischangeschlossen und Florian Geyer, der Held der schwarzen Fahne.wird in Sang und Lied gefeiert. Die Revolution ist nach da-maligen, im einzelnen mit poetischer Freiheit erfaßten Zeit-begriffen zu verstehen. Soziale Forderungen, wie Abschaffungdes Brauches, daß die Herren„Eigenleute" haben dürfen, sindmit refonnatorisch-religiösen Begriffen verquickt. Florian Geyer,aus der Höhe seiner Macht und Volkslhümlichkeit, spricht von einemneuen Barbarossa, dem er die Wege bereiten wolle.einem evangelischen Volkskaiser, den die Stämme teutscherNation zu wählen hätten, nicht Fürsten und königlichefaffen. Dieser neue Barbarossa werde die Tochter des. leichen dem Armen geben. Zwietracht der Führer, von denenjeder einzelne sich zum obersten Leiter, zum Banernkönig berufenfühlt, Neid gegen den Gegner, der von dem Enthusiasmus derVolksseele getragen, nach„neuen Inseln" steuert, und endlichVerrath bringen das große Werk zu Falle. Unglückspost reihtsich an UngluckSpost und im vierten Akt, einer wehmüthigenElegie, die vor dem grausen Ende erklingt, bringt der sterbendeTellermann, der wackerste Kamerad Geyer'S, fein guter Genius.die Kunde von Götzen's Doppelspiel. Ein Spielmannsingt ein Liedel, daS an Geyer's Macht erinnertund im Innersten ergriffen schluchzt Geyer auf undgedenkt, wessen er sich vermaß. Nun gilt's für ihn noch«inen letzten Strauß, und dann geht es zum Sterben. Hie hatdie Mähr ein End'.<Selten ist mir die übliche Schreiberei über das Theater lächerlicher vorgekommen, als jetzt, da ich zum Schluß noch die be-kannten Zensuren über die Darsteller verfassen soll. Haupt-mann's groß« Kunst, fein und scharf zu individualisiren, machtleicht aus der Episodenfigur eines zuchtlosen Landsknechts, einesalten Inden völlig deutliche Cdarakterbildnisse; und übersechzig Gestalten läßt der Dicbter auftreten. Wie sollda unser Thealer, an Tagesgefchäfligkeit gewöhnt, häufig imlieben Schlendrian drin, mitkommen? Dazu wußte mancherSchauspieler sich nicht mit der archaistischen(alterthümelnden)Sprache, die Hauptmann vorschrieb, zu dehelfen; und endlichliebt es keinen Geyer selbst im Deutschen Theater. Daß ibnderr Reicher spielte, war ein Nothbehelf. Er, der so vortreffliche�haratterstudicn aus der Welt der Lebemänner oder auch derchlichten, philiströs angehauchten Bürgergesellschaft schaffen kann,hat nun einmal nicht das Heldenmaß für die ausrechten Männervon Eisen, für die Starken im Geist und im Willen.�Ipb».wurde in» Hospital geschafft und die Operation dortglücklich vollzogen. Der Zustand unseres Freunde? und Mrt«arbeiterS ist jedoch noch immer nicht so, daß jede Gefahr aus-geschlossen Genossen giebt sich die lebhaftesteTheilnahme für unseren braven Freund kund, der 1871 alsMitglied der Pariser Kommune, in weicherer dasArbeitsamt verwaltete, das Prinzip der internationalen Soli-darilät so kühn und ehrenvoll vertreten hat.—— Am Grabe Blanqui'S fand gestern— Sonntag—eine Demonstration statt. Es kam dabei zu einem Handgemengemit der Polizei, welche das Entfalten einer rothen Fahne ausdem Friedhof Pöre Lachaise nicht dulden wollte. Nach Ent»fernung der Fahne verlief alles ruhig. Die Sozialisten habensich beschwerend an die Regierung gewandt.—— AuS Madagaskar wieder schlimme Nachrichten.Unter den Howas(Eingeborenen) ist ein„Aufstand" ausgebrochen.Die Zahl der Rebellen wird auf 4000 veranschlagt; jedensallssind es genug, um den„Siegern" erhebliche Verlegenheiten zubereiten.—Rußland.— Reformen. In den russischen Regierungskreisenscheint gegenwärtig ein liberaler Wind zu wehen. Es ist dasvor allem ersichtlich aus der Ernennung des verdienstvollenProfessors des Kriminalrechts Nekljndow, welcher in der letztenZeit die Stelle des Gehilfen des Sekretärs des Staatsrathesbekleidete, zum Gehilfen des Ministers des Innern. Außerdembringen die russischen Zeitungen die angenehme Mittheilung.daß die Kommission für Revision des Kriminal-Gesetzbuchesbeschlossen hat, die Befugnisse, welche das Gesetz vomJahre 1839 den adeligen Landeshauptleuten gegenüber der bäuer-lichen Bevölkerung eingeräumt hat. einzuschränken. Es soll inS»besondere der Mißbrauch, welcher von diesen Beamten mit demRechte, die Bauern für Nichterfüllung der gesetzlichen Forde-r»ngen der Behörden ohne formelle Verhandlung zu einer Hastbis aus 3 Tage oder zu einer Geldstrafe bis aus 12 M. zu ver-urtheilen, verübt worden ist, selbst in den höchsten Regierungs-kreisen große Unzufriedenheit hervorgerufen haben.Die Energie, mit welcher der von Ärefser auS Petersburgausgewiesene ehemalige Polizeibeamte Keller die Beschwerdegegen seine Ausweisung durch verschiedene Instanzen durch-führte, bis schließlich der Staatsrath die Ausweisung rückgängigmachte(siehe die Nr. 2S1 des„Vorwärts"), wird nun eine Reformdes Ausweisnngsrechtcs der Generalgouverneure, Gouverneureund Stadthaupileute zur Folge haben. Auf Antrag des Ministersdes Innern hat der Kaiser diesen dem Auftrag gegeben, den Entwurfeiner Reform der Gesetz« über die administrative Ausweisung aus-zuarbeiten. Bevor aber diese Gesetze abgeändert werden, wirdden Generalgouverneuren, Gouverneuren und Stadthauptleutenuntersagt, die von ihnen geplante Ausweisung aus dem ihnenuntergeordneten Gebiete auszuführen, bevor sie von dem Ministerdes Innern bestätigt wird; und zwar soll diese Bestätigung er-folgen nach Berathung der Angelegenheit in einer Kommission.welche unter dem Vorsitz des Gehilfen des Ministers des Inner»(für das Polizeiwesen) aus zwei Vertretern dieses Ministerium?und zwei Vertretern des Justizministers besteht. Gegen denAusweisungsbeschluß dürfen die von ihm Betroffenen sich an denSenat beschwerdeführend wenden.Das eine Reform des gesammten GesängnißwesenS Rußlandsgeplant ist, kann man aus der gleichzeitig vom Kaiser an-geordneten Ueberführung der Hauptverwaltung der Gefängnisseaus dem Ministerium deS Innern in daS Justizministeriumersehen.Türkei.Konstantinopel, 8. Januar. Der Minister des AuswärtigenTewfik- Pascha theilte den Botschaftern mit, daß mit derFührung der Unterhandlungen wegen Unterwerfung der Auf-ständischen in Zeitun unter Vernnttelung von Delegirten desKonsularkorpS in Aleppo seitens der türkischen Regierung derDivistonsgeneral Edhem-Pascha und der Gouverneur Abdul Vehab»Pascha betraut seien und daß dieselben beauftragt wurden, dieMission der Konsularvertreter mit allen Mitteln zu unter-stützen.In der im Vilajet Smyrna gelegenen HafenstadtTscheschme mit 4000 muhamedanischen und 1000 griechischenEinwohnern wurde ein Anschlag gegen die christliche Bevölkerungentdeckt und durch rechtzeitiges Einschreiten des Wali Kiamil-Pascha verhindert. Weitere Gerüchte von Ausschreitungen inBeirut blieben bisher unbestätigt.Kuba.— Vom AufstandSgebiete wird auS Madrid ge«meldet: Es bestätigt sich. daß in den Provinzen vonHavanna und Pinar del Rio der Belagerungszustanderklärt wurde. Marschall Martine, Campos telegraphirte, daßdie von den Rebellen zerstörten Eisenbahnlinien wieder her-gestellt seien. Die Insurgenten werden in der Umgebung vonMatanzas und Havanna von acht Kolonnen spanischerTruppen verfolgt. Sie vermeiden jede Begegnung und sind,um sich zu decken und die Spanier zu beunruhigen, von Kund-schaflern umgeben. Offiziellen Nachrichten zufolge ist die Lageder Rebellen durchaus ungünstig.AuS New-Dork liegt folgendes Telegramm vor: Nach einerDepesche aus Havannah hat die Hauptmacht der Aufständischenunter Gomez und Maceo gestern Batabano, südlich vontavannah. passirt und ist in Pinario angekommen; mehrereörfer wurden von ihr in Brand gesteckt. Abtheilungender Aufständischen unter Nunez Burmudez standen gestern inder Nähe von Managua, zwöls Meilen von Havannah. TausendLonalisten greifen in Havannah zu den Waffen; an allen vor-theUhasten Punkten der Stadt werden Kanonen aufgefahren.Eine Volksversammlung, wie Leipzig sie wohl»ochnicht gesehen hat, war die am S. Januar in dem VorortStötteritz abgehaltene, wo Liebknecht vor IS 000 Personenüber das Attentat sprach, das die sächsischen Re»attionäre aller bürgerlichen Parteren gegendas jetzige Landtags-Wahlrecht planen. DieRede Liebknecht's wurde mit stürmischem Jubel aufgenommenuud die Rieseuversammlung faßte— trotz Gegenprobe ein-stimmig— eine Resolution, die auf die Gegner vermuthlichnickt ohne dauernden Eindruck bleiben wird, so sehr man auchsonst gerade in den Kreisen der herrschenden Klaffen Sachsensdie Aeußerungen des arbeitenden Volkes Hochmüthtg zu ignorirenpflegt. Den ausführlichen Bericht über die Versammlung findenunsere Leser an anderer Stelle der heutigen Nummer desVorwärts".GewrrbegerichtS- Wahlen in Wiirzbnrg. Tclegraphischwird uns gemeldet, daß die Gewerbegerichts-Wahlen in Würz-bürg mit einem glänzenden Sieg der sozialdemo»kratischen Liste gegenüber der von den vereinigten evange-tischen und katholischen Arbeitervereinen aufgestellten geendethaben.Von der Agitation. In der letzten Hälfte dieses Monatswird Genosse Dr. Quarck im Auftrage der thüringischen Agitations-kommission eine Reihe von Borträgen in Thüringen hallen.Todtcnliste der Partei. In Halber st adt starb in derNeujahrsnacht der Schneider A u g u st Zacharias, derbereits Mitglied des allgemeinen deutschen Arbeitervereins warund sich später, besonders unter dem Sozialistengesetz, alsExpedient der„Halberstädter Freien Presse" als arbeits- undopferwilliger Genosse bewährt hat.