Morgenausgabe
Rr. 33
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Bidea
-46. Jahrgang
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Sonntag
20. Januar 1929
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32 oder 62 Jahre?
Die Dauer der Reparationszahlung.
Paris , 19. Januar. ( Eigenbericht.) Leon Blum untersucht im„ Populaire" den Stand. punkt der französischen Regierung zur Reparationsfrage. Er tommt zu der Schlußfolgerung, Frankreich habe nur die Wahl, sich zu bemühen, daß entweder die deutschen Reparationszahlungen von 32 auf 62 Jahre bei ent sprechender Verminderung der Annuitäten aus gedehnt würden, oder daß Amerika eine neue Herab. setung der französischen Schuld zulasse, die Frankreich die Zahlung innerhalb von ebenfalls 32 Jahren gestattet. Leon Blum betont dabei, daß man Deutschland sicherlich nicht leicht dazu bringen werde, daß es einer Verlänge rung der Reparationsfrist auf 62 Jahre zustimmt. Deshalb auch sei die Gläubigerstellung Frankreichs lange nicht so start, wie man in Paris aus diplomatischen Gründen glauben machen wolle.
Morgan und Young endgültig ernannt.
Paris , 19. Januar. ( Eigenbericht.) Die Reparationstommission ernannte am Sonnabend bie Amerikaner Pierpont Morgan und Owen Young zu mit gliedern der Sachverständigentommission Die Ernennung erfolgte, nachdem Morgan und Young die Annahme des ihnen angebotenen Amtes zu gefagt hatten.
Sachverständigenkonferenz im Februar.
Paris , 19. Januar. ( Eigenbericht.) Die erste Sihung der Sachverständigentom mission soll voraussichtlich am 9. Februar in Paris stattfinden. Da die Reichsregierung dem Wunsche Ausbruck gegeben hat, daß die Kommission nicht in den Räumen der Reparationskommission tagen werde, wird fie zu ihrer ersten Sigung im Gebäude der Bank von
Boftichedkonto: Berlin 37 536. Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten Wallstr. 65. Diskonto- Gesellschaft, Depofitentaffe Lindenstr. 8
Frankreich zusammentreten, wo kürzlich auch die Konfe- Flottendenkschrift eine Sensation zu machen verstand. Zwar renz der Notenbanken stattgefunden hat.
Staatssekretär Trendelenburg über die Ergebnisse
Die Wirtschaftskommission des Völkerbundes hat ihre 27 Tagung beendet. Der Borsigende Trendelenburg erklärte nach Abschluß der Tagung, daß diese Konferenz die im vorigen Jahre begonnenen Arbeiten günstig gefördert habe. Bezüge famer Bericht an den Bölkerbundsrat gelungen, der eine einheitliche lich der Auslegung der Meistbegünstigungsklausel sei ein gemeinFormulierung der Klausel enthält. Es stehe mur noch eine Einigung über die Anwendung bei Kollektivverträgen aus.
Die Einvernahme der Kohlenindustriellen betrachtet Trendelen burg ebenfalls als geglückt. Es sei schon an sich ein Erfolg, die bedeutendsten Leute der europäischen Kohlenwirtschaft um einen Tisch versammelt zu haben. Auf seiner nächsten Tagung im April hoffe der Wirtschaftsausschuß abschließend zur Kohlenfrage Stellung nehmen zu fönnen. In der Zuckerfrage seien die Berichte dreier bedeutender Firmen, darunter F. D. Licht, Magdeburg , behandelt worden. Ende März werde man weitere Sachverständige hören und später landwirtschaftliche Kenner über die Frage des Zuckers rübenbaues. Die Lösung der Buderfrage müsse darin bestehen, das Mißverhältnis zwischen Produktion und Konjumtion auszugleichen. Bur Frage der Kartelle babe die Wirt schaftstommission Berichte eines Deutschen , eines Franzosen und eines Amerifaners über die Kartellgesetzgebung in ihren Ländern bestellt. Man hoffe, auf einer für Ende b. J. geplanten Ronferenz ein international einheitliches Fremdenrecht zu schaffen. Die Unter fuchung über die Zusammenhänge zwischen Wirtschaft und Weltfriede wird fortgefeßt. Die Frage einer Kollektivzoll. regelung für 3ement mußte auf die nächste Tagung perlagt werden, da die von verschiedenen Regierungen erbetenen Auskünfte noch nicht alle eingelaufen find.
Aufstand an der Westgrenze.
Nach einer hierher gelangten meldung hat sich der Stamm der Suriquis an der Westgrenze von Afghanistan empört und alle afbganischen Beamten mit Ausnahme des Gouverneurs er
mordet
Der Stamm der Durani hat die Stadt Farah im westlichen Afghanistan eingenommen. Hier wird vermutet, daß der Aufstand diefes Stammes fich mehr gegen Amanullah und dessen befondere Politif als gegen die Zentralregierung im allgemeinen richtete. Reguläre Truppen sollen nach Farah unterwegs sein.
Amanullah zieht die Abdankung zurück!
Condon, 19. Januar. ( Eigenbericht.) Die anglo- indifche Radiostation in Peshawar hat am Freitag folgende Depesche des Erkönigs Amanullah verbreitet:
Infolge der gegebenen Verhältniffe und der Nachrichten von Unruhen unter den Aufständischen siehe ich meine Abdantung zurüd und fordere alle lonalen Afghanen- Bolfsstämme auf, sich unter meiner Fahne zu sammeln."
Condon, 19. Januar.
hängt. Besonders scharf werden die Häuser bewacht, in denen sich Ausländer aufhalten. Am Freitag hielt in Kabul König Habibullah eine Parade ab, wobei er in einer Ansprache an die Truppen betonte, daß der Kampf noch nicht abgeschlossen fei.
Warschau , 19. Januar. ( Eigenbericht.) Heute nachmittag hat der polnische Gesandte in Mostau, Bater, im Außentommiffariat die polnische Antwort auf die legte russische Note in der Frage des russischen Borschlages eines regionalen Kellogg Battes überreicht. Die Note stellt fest, daß im Augenblick der Ratifizierung des Pattes durch die Bereinigten Staaten und nach Fühlungnahme Bolens mit den ursprüng. lichen Signatarmächten die polnische Regierung jezt in der Lage ist, die Verhandlungen mit der Sowjetregierung über die Unterzeichnung des von Rußland vorgeschlagenen Battes aufzu. nehmen. Die polnische Regierung gibt in der Note ihrer großen Befriedigung darüber Ausdruck, daß die Sowjetregierung ohne jeglichen Borbehalt die Teilnahme Ruma niens in dem Batt afzeptiert. Bolen sei bereit, die Initiative Zu der Fluchi Inayatullahs wird noch berichtet, daß in dieser Richtung zu ergreifen, um Rumänien zu dem Beitritt zum Bevollmächtigte der Rebellen und des legten Königs gemeinschaftlich Batt zu veranlassen. In der Frage der Leilnahme der bal. den britischen Gesandten Sir Francois Humphyrs erfuchttischen Staaten an dem Batt, an dem der polnischen Regie hatten, zur Bermeidung weiteren Blutvergießens es dem abgedankten König zu ermöglichen, mit feiner Familie und feinem Gefolge die Stadt zu verlassen. Es wurden infolgedessen britische Flugzeuge angefordert, bie dann Inayatullah und fein Gefolge, dabei fieben Damen, der ehemalige Kriegsminister und zwei Brüder der Rönigin Surana nach Beschawar gebracht haben.
Habibullah ftabilisiert seine Herrschaft. Den letzten Melbungen aus Rabul zufolge ist die Königs. burg auf Grund einer frieblichen Bereinbarung den Truppen des neuen Herrschers Habibullah übergeben worden.
rung überaus gelegen ist, stellt die Note fest, daß diese Staaten ihre Bereitwilligkeit zu dem Beitritt bereits erklärt haben. Bolen legt weiterhin darauf Wert, daß die baltischen Staaten an dem Batt teilnehmen, unabhängig davon, ob sie den Kellogg- Batt bisher unterzeichnet haben oder nicht, zumal auch rechtlich insofern tein Unterschied zwischen diesen Staaten und Bolen besteht, als auch Bolen den Kellogg- Batt noch nicht ratifiziert habe. Der polnische Gesandte, so schließt die Note, sei beauftragt worden, die Ber Einige ausländische Gesandtschaften in Kabul erwägen ihre Abhandlungen über den Abschluß des Battes mit der Sowjet teife. Ueber die Stadt ist der Belagerungszustand der regierung aufzunehmen.
Belagerungszustand!
Herr Widham Steed, Herausgeber der Review of Reviews", hat seine Meisterschaft in der politischen Propaganda wieder einmal bewiesen, indem er aus der deutschen verrät die Dentschrift nichts über militärische Geheimnisse und Angriffsgedanken. Wohl aber spricht sie von der Möglichkeit, durch den Bau von vier neuen Schiffen die Ueberlegenheit Deutschlands in der Ostsee herzustellen und dadurch etwaige polnische Angriffsabsichten im Keime zu ersticken. Die Tatsache, daß der deutsche Wehrminister einen polnischen Angriff in seine Rechnung stellt, hat in Warschau und Paris einige Aufregung hervorgerufen. Aus der optimistischen Meinung aber, die Herr Groener über den Wert der geplanten Schiffe hegt, leitet man die Notwendigkeit her, die maritimen Gegenrüftungen zu verstärken.
politit, die er von seinem Vorgänger übernommen hat, mit Herr Groener hatte bei der Verteidigung der Flottender Auffassung fämpfen müssen, der Bau der geplanten Schiffe sei militärisch unzweckmäßig. In der Absicht, sie zu erschüttern. hat er ihr die Behauptung entgegengestellt, die geplante Flotte werde imftande sein, die Ostsee zu beherrschen. Diese Behauptung ist sehr gemagt: denn ganz abgesehen vom Streit der Marinefachleute, in den wir uns nicht einmischen wollen, liegt es auf der Hand, daß Deutsch land unter der Herrschaft der gegenwärtigen Vertragsbe= ſtimmungen eine auch nur örtliche Ueberlegenheit der Seerüstung niemals gewinnen fann. Denn menn Deutschland bauen tann, so können es die anderen erst recht. Deutschland fann es nur beschränkt, die anderen tönnen es unbeschränkt. Ein Rüstungswettstreit zwischen Deutschland und seinen Nachbarn gleicht dem Wettlauf zwischen einem Mann, der einen Strid an den Beinen hat, während die anderen ihre Füße ungehemmt gebrauchen fönnen. Darum wäre es von Deutschland geradezu unsinnig, die anderen zum Wettlauf herauszufordern.
Bon den vier Schiffen, die nach Groeners Hoffnung und nach polnisch- französischer Befürchtung Deutschlands Ueberlegenheit in der Ostsee herstellen sollen, befindet sich nun ge rade eines im Bau. Die anderen drei eriftieren nur als Proiekt, und es ist im höchsten Grade zweifelhaft, ob jemals ein Reichstag die Mittel für sie bewilligen wird. Wenn also Polen und Frankreich Gegenmaßnahmen für notwendig halten, so haben sie noch sehr viel Zeit. Man braucht feine Banzer aufs Wasser zu sehen gegen Panzer, die nur au dem Papier stehen.
Wer glaubt, daß der Frieden hundertprozentig gesichert ist, wird gegen jede Rüstung sein. Wer für Rüstungen irgendwelcher Art eintritt, bekennt damit, daß er an die unbedingte Sicherung des Friedens nicht glaubt. Anders als mit der Möglichkeit von Kriegsgefahren tann niemand die Aufrechterhaltung oder den Ausbau einer Wehrmacht begründen: fein Franzose, fein Pole und auch fein Deutscher .
Frankreich und Polen sind durch Völkerbundstatut und Locarnovertrag gesichert. Der Kellogg - Paft wird bald hinzutreten. Deutschland ist entwaffnet; jeine Bevölkerung be steht in ihrer großen Mehrheit aus leidenschaftlichen Gegnern des Krieges. Troßdem glauben Frankreich und Bolen nicht auf ungeheure Rüstungen und Grenzbefestigungen verzichten zu können. Was mag nun wohl ein französischer, ein polni scher Kriegsminister antworten, wenn man ihn fragt, ob die zum Fenster hinausgeworfen seien? Er wird selbstverständ für Rüstungszwecke ausgegebenen Milliarden nicht sinnlos lich von der Möglichkeit sprechen, daß es eines Tages doch wieder zu einem Kriege tommen tönne, denn sonst müßte er ja denen bedingungslos recht geben, die seine Vorlage befämpfen und ablehnen.
Herr Groener hat getan, was sie alle tun. Darum ist das nationalistische Entrüftungsgeschrei über seine Denkschrift eine bobdenlose Heuchelei. Etwas ganz anderes ist die sozialistische Kritit am System.
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Trotz Bölkerbund, Locarno , Kellogg , trog Friedensbeteuerung und Kriegsächtung fteden die Böller Europas poll Mißtrauen und rüsten gegeneinander. Es ist feineswegs fo, daß die Regierungen mit Rücksicht auf ein vielleicht immer noch vorhandenes legtes Risiko ein militärisches Minimalprogramm vertreten das wäre am Ende noch zu ver stehen, sondern in fast allen größeren Staaten geht die Tendenz zum Maximum dessen, was in den Grenzen der Boltstraft oder der Verträge überhaupt möglich ist. So ent steht ein unlösbarer Widerspruch zwischen den Berträgen zur Sicherung des Friebens und dann sind die Rüstungen sinnlos, oder aber die Rüstungen den Rüstungen. Entweder die Verträge haben Sinn, sind zweckmäßig und notwendig, dann sind die Verträge ohne Wert. Entweder werden die Verträge diesen Rüstungen ein Ende bereiten, oder die Rüstungen werden eines Tages die Berträge totschlagen, An einen nahen Krieg, der durchaus