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Nr. 37 46. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Die Anstaltskirche als Tribunal.

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L. R. Zuchthaus Sonnenburg, 22. Jantar. Ein eigenartiges Gerichtsschauspiel: die Anstaltskirche als Tri­bunal, Gefängnisbeamte als Angeflagte, Gefangene als Zeugen. Das heißt die tommen erst vorläufig folgten in monotoner Reihe die Gefängnisbeamten: ein Stück Drillichstoff, eine Hose, eine Zeitbahn, ein Mantel, ein Tornister, ein Baar Schuhe uim, manchmal mehrere Stüd das ist alles, was sie in der einen oder anderen Beise aus den Altverwertungsbeständen der Firma Schwarzschild u. Co. fich angeeignet haben sollen. Lächerliche Bagatellen! Demgegenüber stehen 36, 30, 25, 20, 15 usw. Jahre tadellosen Dienstes. In dieser Gegenüberstellung liegt die ganze Tragit diefes außerordentlichen Prozesses.

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Man mußte aber die Gefängnisbeamten auf die Anklagebant setzen, um nicht den Anschein entstehen zu lassen, als decke man Ber­brechen von Beamten, die berufen sind, Frevler gegen die Gesell schaft zum rechtmäßigen Denten und Handeln zurückzuführen. Das erforderte die höhere Gerechtigkeit. Nach dem Bibelspruch an der Band der Anstaltskirche: Selig sind, die da hungern und bürsten nach der Gerechtigkeit, denn fie follen fatt werden.

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Durch die dicht nerhängten Fenster der Kirche die Ge­fangenen sollen am Hineinschauen verhindert merden bringt fein Sonnenstrahl des wundervollen Wintertages. Es ist aber, als höre man ein Rauschen und Raumen von Zuchthausstimmen. Unsichtbar mohnen der Verhandlung die 400 Infassen der Anstalt bei. Es gibt fein anderes Gesprächsthema in Sonnenburg als den Brozeß. Dies meltabgelegene Städtchen mit seinen 4000 Einwohnern ohne Waijer leitung und Kanalisation hat endlich durch das ihm so verleidete Zuchthaus seine Sensation. Und es gibt selbstverständlich auch im Zuchthaus kein anderes Gesprächsthema als die Gerichtsverhand lung. Leicht macht man es den Gefangenen gerade nicht; die Zeitun gen erhalten sie geschwärzt, die Berichte sind ausgemerzt; von den Beamten ist nichts zu erfahren die Vertraulichkeit zwischen Ge­fangenen und Bachtmeistern hat aufgehört. Jezt tämpfen diese um das Bertrauen der ihnen Anvertrauten. Erst wenn die Gefangenen als Zeugen an die Reihe tommen, wird das Interesse und die Neu­gier des Zuchthauses vollauf befriedigt werden. Wer mollte es verhindern, daß selbst die in ihren Einzelzellen noch so isolierten Zeugen Mittel und Bege finden, sich ihren Mitgefangenen verständ­lich zu machen. Es ist nicht anzunehmen, daß die Aussagen der Gefangenen fich glatt abmideln. Schon der Prozeß gegen die Sonnenburger Schupobeamten, der am Donnerstag zu Ende geht, nerlief nicht ganz reibungslos; ein Lebenslänglicher verweigerte feine Aussage. Sollte man ihm gegenüber etwa das Zeugnis zwangsverfahren anwenden? Derfelbe Gefangene fungiert aber auch in diesem Prozeß als 3euge.

Besondere Schmierigkeiten dürften die Gefangenen machen, die feinerzeit aus Sonnenburg verlegt wurden und jetzt zurüdtrans. portiert sind. Einer von diesen ist bereits am Sonnabend auffällig gemefen

Die Situation ist auch sonst äußerst unerquidlich. Beamte, von Gefangenen schwerer Bergehen bezichtigt, üben noch heute im Zucht haus ihren Dienst aus. So glauben die Gefangenen sich nicht selten von den Beamten benachteiligt, felbst wenn es nicht der Fall ist. Und diese, die ja schließlich auch nur Menschen sind, find vielleicht frog ihrer besten Absichten nicht immer so objektiv, wie sie es viel­leicht sein möchten. Auch fehlt ihnen die Sicherheit des Auftretens, die für einen Beamten, der mit diesen Menschen zu tun hat, er­

forderlich ist. Er läuft immer Gefahr, daß ihm von irgendeiner Seite an den Kopf geworfen wird: was hast du mir hier zu sagen, Du bist ja nicht besser als ich. Das soll schon vorgekommen sein. Andererseits ist damit zu rechnen, daß mehr als ein Gefangener den Rudzug antritt; wozu soll er auch seine Lage im 3uchthaus ver­schlimmern? Im Kampfe gegen die Beamten sind die Gefangenen Die Unterlegenen.

Der Prozeß mag ausfallen, wie er will. Das Peinliche wird bleiben. Wichtiger als das aber ist es, daß es überhaupt zu der Verhandlung fommen konnte. Humaner Strafvollzug ist hier mit Lotterwirtschaft verwechselt worden. Die Feinde des ersteren werden sich freuen. Die Lehre, die neben

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Der Aufruhr der

Schiefen Calm

Roman einer Revolution. Von Gerhart Herrmann Mostar Wagner ging nicht auf die Bühne, sondern, der Weifung Kügelgens folgend, gleich zur Hofloge hinauf. Seine Ge­danken überholten noch seine haftigen Schritte, seine Augen sahen durch die Foyerfenster furz und doch deutlich die liebenswürdigen Häuschen der winzigen Residenz, seine heißen Hände strichen im Vorübereilen über den fühlen Samt der Wände: hierher griff gewiß nicht die Fauft der Zeit, die er mit hatte entfetten helfen und die ihn nun zu erstiden drohte, hier fonnte er zwei, drei Jahre lang Diener eines etwas schwachsinnigen, aber gutartigen Herrn sein, bis die Tyrannen gestürzt waren und es feine Diener mehr gab, hier fonnte er gewiß der neuen Freiheit das Festspiel schreiben vor der engen Tür zur Hofloge blieb er auf atmend stehen, gab sich, die große Schleife zurechtrüdend und fich streckend, noch einmal die Gewißheit vor sich selbst, den Scharmügeln von außen nur entflohen zu sein, um mahr haft von innen fämpfen zu können bann trat er ein.

Bor ihm stand ein blaffer, schmaler Mensch neben einer großen, herbschönen Frau. Kügelgen tam, machte eine Hand­bewegung, um den Blick des Blaffen auf Wagner zu lenken, ihn vorzustellen. Zwei weißlich- blaue Augen fahen auf den leinen, frummen Kapellmeister, meiteten sich in jähem Ent jezzen der Herzog schrie leise auf, schlug die Hände vors Gesicht, taumelte zurüd, fiel-- man ſprang hinzu, stügte thn

Kügelgen schob Wagner schnell hinaus. Kommen Sie morgen schnell ins Schloß, um sich Bescheid zu holen," sagte er hastig. Seine Durchlaucht haben einen Ohnmachtsanfall erlitten. Es dürfte nichts auf sich haben."

2. Die frante Stirn.

Obgleich den brei Bertretern des Bernburger Handwerks bedeutet worden mar, daß Audienzen nur nach vorheriger

manchem anderen aus dem Ganzen zu ziehen ist, wäre die: Poli­tische und kriminelle Beamte dürfen nicht in einer Anstalt gehalten werden. Das sollte man sich für alle Zukunft merten.

Auf dem Anstaltshof herrschte Wildwest. In die unglaublichen Bustände im Zuchthaus Sonnenburg wurde im Lauf der weiteren Berhandlung noch schärfer hineingeleuchtet. Sehr anschaulich schil­derte sie der Oberwachtmeister Dargel, der 36 Dienst­jahre hinter sich hat. Wenn die Beamten in die Arbeitssäle tamen, wurden sie mit Rot Front"- und Heil Moskau Rufen begrüßt. In den Sommermonaten, als sehr vielen Gefange­nen Sonnenbäder erlaubt worden waren, habe

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auf dem Anftaltshof ein richtiges Zigeunerleben mit Wildwest­zuständen geherrscht. Böllig unbefleidet seien die Gefangenen in den Hof ge­kommen und hätten sich dort auf ihren Decken niedergelassen, eine Flasche mit Selterwasser als Erfrischung neben sich. Dabei seien regelmäßig Gruppen gebildet worden, und zwar die Rechtsstehen den, die Kommunisten" und schließlich die kriminellen Ber brecher", und zwischen diesen drei Gruppen sei es dann regelmäßig zu Hin und Herrufen und schließlich auch zu Lätlichkeiten ge kommen, bei denen sich bersonders der berüchtigte Mörder Steinbod ausgezeichnet habe. Wiederholt feien rechtsstehende Gefangene blutig geschlagen worden. Auf alle Beschwerden habe Direttor Lüdecke nur erflärt: Basjo11 ich machen. Ich be fomme von oben auch teine Unterstügung. Wenn ich mal einschreite, dann wird es von oben wieder ridgängig gemacht." Als der Angeklagte Dargel sich auch darüber beschwerte, daß der Beauftragte des Strafvollzugsamts, Staatsanwaltschaftsrat Dr. Knobloch, bei der Untersuchung sich ge weigert habe den Widerruf von Belastungszeugen protokollieren zu lassen, fam es zu längeren Auseinandersetzungen zwischen Rechts­anwalt Dr. Themal und Staatsanwaltschaftsrat Knobloch.

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Zur Erörterung tam im Berlauf der Bernehmungen auch noch, daß die Gefangenen es sehr geschickt verstanden haben, die Beamten der Anstalt untereinander aufzuhehen. Da die Beamten selbst mußten, daß unter den Sträflingen eine schwarze Liste fursierte, erzählten die Gefangenen zum Beispiel dem einen Beamten, daß jein Name auf ausdrücklichen Wunsch eines anderen Beamten auf diese Liste gesezt morden sei, auch wenn tatsächlich an dieser Be­hauptung fein wahres Bort wahr. Im Berlauf des Nachmittags wurde dann in

die Beweisaufnahme

eingetreten und zunächst der Beauftragte des Strafvollzugsamtes, Staatsanwaltschaftsrat Knobloch, als Sachverständiger und Seuge vernommen. Er äußerte sich zunächst allgemein über die Einrichtung des Altverwertungsbetriebes in Sonnenburg. Die Heeresverwaltung habe gebrauchtes Heeresgut an Abnehmer verkauft, die sich verpflichtet hatten, alle Arbeiten zur Ausbesserung der Gegenstände in den Strafanstalten machen zu laffen. Anfang 1928 begann dann in Sonnenburg die Verarbeitung dieser Bestände, für die die Firma den Werkmeister Grafunder anstellte. Bereits im April 1928 feien dann völlig unerwartet jo riesenhafte neue Transporte von der Reichswehr eingetroffen, daß die zur Verfügung gestellten Räume nicht ausreichten und ein fürchterliches Durcheinander herrschte. Es entwickelten sich schließlich große Unzuträglichkeiten.

burg stürzte sich die Zivilbevölkerung auf die Wagen, um möglichst Schon beim Ausladen der Waggons auf dem Bahnhof Sonnen­viel zu ergattern. Ebenso wurden Bekleidungsgegenstände von den Wagen bei ihrer Fahrt durch die Stadt heruntergezogen. Besonders tam der Oberwachtmeister Raumann mit seiner Trägerkolonne, zu der auch Paasch und Grüning gehörten, mit der 3ivil bevölkerung in Berührung. Die Bezahlung für die verkauften Bekleidungsstüde erfolgte entweder in altem Material oder auch mit Geld, das von den Angehörigen der Gefangenen an die Zivil: bevölkerung in Sonnenburg abgeschickt wurde. Die Beamtenschaft der Anstalt durfte zu bestimmten Sägen Sachen verkaufen, aber auf Wunsch der Firma wurde im April 1928 eine Bertaufssperre verhängt, und deshalb haben sich wohl die Beamten später viele Bekleidungsgegenstände inoffiziell besorgen wollen, mas sich in der Anstalt allgemein herumgesprochen hatte. Hinzu tam, daß wohl noch

Anmeldung gewährt werden könnten, daß zudem der Herr Justizminister von Braun seit langem ertranft und der Herr Ministerpräsident von Kersten nicht zugegen, sondern mit Ihrer Durchlaucht der Herzogin und fast allen Herren des Hofes zur Fuchsjagd geritten sei die drei hatten sich nicht abmeisen lassen, hatten in einem bei Hofe bisher ungewohnten Ton erklärt, daß ihnen an den Herren Ministern heute nichts gelegen sei, und hatten Seine Durchlaucht unbedingt persön lich sprechen wollen, um ihn über die Beschlüsse der gestrigen Bürgerversammlung zu unterrichten. Und obgleich fie in ihren schlechtsigenden, schwarzen Bratenröden eher fomisch als tapfer aussahen, waren sie nicht gewantt und nicht ge­wichen und hatten solange mit ihren breiten derben Stimmen parliert, bis Alexander Carl endlich selbst aufmerksam ge­worden war und angeordnet hatte, daß man sie zu ihm führe. Ich verstehe gar nicht, warum man mich hier absperrt. Ich rede sehr gern mit solchen Leuten!" hatte er Kügelgen auf deffen Borstellung geantwortet und mit seiner harmlojen Auffassung schien er zunächst rechtzubehalten.

Denn als die drei, der Schmied Illmer, der Böttcher Kniephacke, der Seiler Menge, in dem durch schwere, matt­gelbe Borhänge start verdunkelten Zimmer des Herzogs ftanden und Alexander Carl lässig von seinem französischen Buche ,,, Paul et Virginie", aufblidte, santen ihnen doch die fimplen Herzen in die langen, feierlichen Enden der Braten röde, die dadurch so schmer wurden, daß die groben Hände fortgefeßt lintisch daran zupften. Und Kügelgen, der sie hin eingeleitet hatte, fegte sich stumm in eine dunkle Ede und bildete auch keinen Ausgleich zwischen der Morgensonne auf dem Schloßhof und der franten Dämmerung dieses Zimmers. Guten Tag," sagte Werander Carl

Ju'n Dach oo," antwortete Jumer als einziger. Da ein furzes Schweigen entstand. glaubte er sich und die anderen porstellen zu müssen. Mein Name is Jumer, Friedrich Jumer, ich bin Schmiedemeister in. Bärnborch

Jumer? Jumer?" Der Herzog legte die schmale Hand auf die Stirn; Stiru und Hand verschwammen in einer Fläche, so weiß und zart maren beide. Haben Sie nicht einen Berwandten, der Chordirektor an meinem Gymnasium ist?"

,, Das is mein Bruder," stotterte der Schmied verlegen. In seinem langsam denfenden Hirn stieg zum erstenmal die Angst auf, daß er dem studierten Bruder, der fast noch mehr fein heimlicher Stolz als seine Liebe mar, durch sein Auf­treten bei Hofe etwa schaden könnte; aus diesem Konflikt

Mittwoch, 23. Januar 1929

Grafunder, der bei dem zweiten Transport völlig den Kopf verloren hatte und wegen der Unterschlagungen fürchtete, zur Rechen­schaft gezogen zu werden, wohl im trüben gefischt hatte. Grafunder, der wohl auch selbst im trüben gefischt haben muß, wird wohl die Gefangenen angestiftet haben, sich an die Beamten heranzumachen, damit er auf diese Art und Weise das Aufsichtspersonal in seine and bekam und zum Schweigen verpflichtete. Was die Disziplin in der Strafanstalt betrifft, so lagen die Verhältnisse hier im argen. Direktor Lüde de hat, das muß zugegeben werden, die Beamten­schaft nicht genügend geftüßt. Es sind Disziplinlojigteiten eingetreten, mie sie hier von den Beamten richtig geschildert worden sind. Als ich Mitte August 1928 hier her kami, fand ich noch

die wüstesten Bilder, wie ich sie noch in feiner anderen Anstalt gefehen hatte.

Rechtsanwalt Dr. Themal: Die Gefangenen haben auch Posttollis mit Kleidungsstüden im Gewicht Don mehr als einem Zentner nach Hause geschickt. Es hatte sich ein reger Postdienst entwickelt. Staatsanwaltschaftsrat Dr. Knobloch betonte meiter, daß die Staatsanwaltschaft bereits Mitte Juni 1928 Ermittlungen in Sonnenburg eingeleitet habe, und zwar auf Grund von Vernehmungsprotokollen, die dem Direktor Lü­decke von der Schußpolizei in Kottbus zugegangen waren. Diret. tor Lüdecke habe dann bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet, habe aber das Strafvollzugs­amt nicht benachrichtigt. Bielmehr habe das Strafvollzugsamt erst im Juli 1928 eine Be­schmerde der Gefangenen über den Schwarz­childschen Betrieb erhalten und habe daraufhin selbständige Ermittlungen vornehmen lassen. Staatsanwaltschaftsrat Knobloch fand, als er seine Tätigkeit in Sonnenburg im August aufnahm, bereits Kriminalbeamte in der Anstalt vor, die in der Maske von Werfmeistern auftraten und schließlich den Werkmeister Grafunder überführten. Ueber die Frage der Glaubwürdigkeit fam es zwischen dem Sachverständigen und der Berteidigung zu längeren Auseinander­jegungen. Rechtsanwalt Dr. Themal bemängelte dann auch, daß während der ganzen Dauer der Voruntersuchung die Gefangenen nicht getrennt worden seien, sie seien vielmehr in den Arbeitssälen zusammengeblieben und hätten sich so über ihre Aussage unter­einander verständigen können. Auch jetzt zur Vorführung zu diesem Prozeß lägen diese Elemente Zelle an Zelle nebeneinander und fönnten sich, wie man durch eigene Inaugenscheinnahme an Ort und Stelle mit Leichtigkeit feststellen könne, über ihre Aussage vor Gericht verständigen.

Die Verhandlung wurde auf heute früh 9 Uhr vertagt.

Zusammenbruch einer Berliner Bank.

Für drei Millionen Mart Wechsel gefälscht?

Schwere Beschuldigungen werden gegen das Bankhaus G. Löwenberg& Co., Unter den Linden 42, er­hoben. Bon ausländischen Banten wurde gegen dieses Unter­nehmen 2 n 3 eige erstattet mit der Begründung, daß für etwa 300 000 Mart Wechsel gefälscht seien. Im Auftrage der Staatsanwaltschaft hat die Kriminalpolizei seit einigen Tagen Ermittlungen angestellt. Die Firma wurde im Jahre 1848 gegründet und gehört mit zu den ältesten Berlins . Allmählich verdunkelte sich aber der Ruf der Firma. Vor etwa drei Jahren trat der frühere Inhaber zurück und das der Schlüterstraße 37 zu Charlottenburg . Er wurde in der Ge­Institut ging über in die Hände eines Dr. Isaak Lewin aus schäftsführung unterſtüßt von Leonhard Rappeport, der in der Brandenburgischen Straße 1 wohnte. Dr. Lewin ist im Jahre 1887 in Kiem geboren und besitzt amerikanisches Bürgerrecht. Rappeport ist 1895 in Mostau geboren, also russischer Nationalität. Er bekleidete bei der Bant den Posten eines Prokuristen, soll aber auch als Mitinhaber gegolten haben. Am vergangenen Freitag wurde er von der Kriminalpolizei gehört. Er bestreitet entschieden das Vorliegen einer Wechselfälschung. Die Wechsel seien nur pro­longiert worden, um zwischenkredite zu erhalten. Tatsächlich sind einige Wechsel dieser Serie von der Firma bereits eingelöst worden. Nach Auskunft von Angehörigen soll sich Rappeport zurzeit in einem

fam er sobald nicht heraus, so daß er vorerst verdattert schwieg.

Alexander Carl , ohne Ahnung von seinem diplomatischen Erfolg, wollte aufmuntern: Nun?"

Der Seiler Menge nahm sich zusammen. Er wollte eine ausführliche Darlegung beginnen. Ja, also, Durchlaucht

Die blaffe Stirn des Herzogs zog sich in schmerzliche Falten, die schmalen Hände hoben sich abwehrend, die hohe Stimme schlug über, weinte fast: Man soll mich doch nicht Durchlaucht nennen! Ich habe es doch so oft gejagt! Meine Herren Bettern in Cöthen ung Dessau haben das so gewollt, aber deshalb muß doch ich mich nicht Durchlaucht nennen lassen! Meinen Bater hat man Hoheit genannt warum foll ich keine Hoheit sein!"

Der Seiter und die beiden anderen, die Alexander Carls Stedenpferd für einen Ausdruck jeiner Bescheidenheit hielten, schwiegen verblüfft und sympathisch berührt. Kügelgen machte in seiner Ede, hinter des Herzogs Rücken , eine verschwommen abmahnende Bewegung.

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Durchlaucht," fuhr der Fürst ruhiger fort ,,, was ist das auch für ein Titel! Hoheit, das verstehe ich, das fommt von hoch, aber Durchlaucht versteht Ihr das Wort?" ,, Nein, Durchl Hoheit," bestätigte Menge wahr heitsgemäßt, während Kügelgen in seiner Ede feststellte, daß die Worte des Herzogs für einen Unbefangenen oft etwas von der Ausdrucsart weiser Shakespearescher Narren haben müßten.

Nun, es ist gut," erklärte Alexander Carl versöhnt. Jest beschloß der Böttcher Kniephade, die Sachlage in wohlgefegter Rede darzustellen. Also, da han mir gestern in'n Bittoriapart anne Bürgerversammlund jehatt

Jm Bittoriapart? War ich da nicht seinerzeit zur Weihe der Männerchorfahire?"

Jamoll, Durchlaucht!"

Hoheit!" verbesserte Menge ängstlich. Rügelgen grinste. ber Kniephace ließ sich nicht mehr aus dem Konzept bringen. ,, un da han mir uns also besprochen immer die- immer die na-immer die Borkommnisse in Frankfurt un Berlin un jo-" ,, Aber um Gottes millen!" rief der Herzog erschrect. Ihr wollt doch nicht etwa Barrikaden hier bauen?! Der Herr von Kersten würde ja

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,, Nee, nee!" beruhigte Menge breit grinsend. Ammer mohär denne, Hoheit! Wir un Barrikaden bauen! Nee, nee, das tun mir niche!" ( Fortsetzung folgt.)