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BERLIN Dienstag 19. Februar 1929

Der Abend

Erfcheint täglich außer Sonntags. Sugle ch Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Erpedition; Berlin SW68, Lindenstr. 3

Spalausgabe des Vorwärts

10 Pf.

Nr. 84

B42 46. Jahrgang.

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Spur im großen Postdiebstahl.

Postwertzeichen und Steuermarken bei einem Fleischer entdeckt.

Burg, 19. Februar.

Bei dem Fleischer Schmiel wurden für etwa 1000 Mark Stenermarten und Postwertzeichen, die allem Anschein nach aus dem bekannten großen Einbruch in Berlin stammen, gefunden und be­schlagnahmt.

Schmiel und sein Buchhalter Langner wurden ver­haftet. Wie die Ermittelungen ergeben haben, kommen die beiden Verhafteten als unmittelbare Täter jedoch nicht in Frage. Da in Burg schon in verschiedenen Fällen bon privater Seite Marken zum Kauf angeboten worden find, ist ein Berliner Kriminalkommissar zu Ermittelun­gen hierher entsandt worden.

Neuer Aufstand in Mexiko .

Gegen Gil, für die Mönchsorden.

Megito, 19. Februar.

Unter Führung des ehemaligen mexikanischen Ge sandten in London , Valenzuela, ist ein Aufstand gegen den Präsidenten Gil ausgebrochen. Der Militärgouverneur Stantes Sonora, General Manzo, ist zu Valenzuela übergegangen. Beide erklären, sie beabsichtigen, den Präsidenten Gil zu stürzen, der nur der Wortführer des ehemaligen Präsidenten Calles sei, und die religiösen Orden wieder herzustellen. Ueber die Zahl der Aufständischen liegen verschiedene Angaben vor. Einmal wird ihre Stärke mit 10 000 Mann angegeben, die Regierung versichert, daß sie nur über 500 Mann verfügten.

New York , 19. Februar.

Der merikanische General Manzo, Gouverneur des Staates Sonora, und die Anhänger des Präsidentschaftskandidaten Balen­zuela sind in die Stadt Nogales an der Grenze mischen Arizona ( USA ) und Merito an der Spitze einer starten Truppenabteilung eingezogen. Die Aufständischen sollen etma 8000 Mann zählen. General Manzo habe die Absicht, sein Hauptquartier in der Hauptstadt des Staates Sonora, Herno Sillio, aufzu schlagen. Er habe bereits Bersuche unternommen, sich der Städte Sonora, Jalisco und Selaloa zu bemächtigen. General Agniro und etwa 20 andere Generäle feien zu ihm übergegangen. Die merikanische Regierung scheint die neuerdings ausgebrochene Revolte als sehr ernst zu betrachten, denn sie hat, wie aus Merifo berichtet wird, den Kriegsminister Amara mit dem Oberbefehl über die Bundestruppen betraut.

Artillerie fordert Amnestie. Sondersitzung der spanischen Regierung.

London , 19. Februar.

Wie von der franzöfifch- spanischen Grenze berichtet wird, find in Madrid weifer zwei hohe Offiziere verhaftet worden. Das Kabinett hat eine Sonderjigung abgehalten. Die Einberufung der Sigung ist auf Telegramme von Ar­tillerieoffizieren aus dem ganzen Cand zurüd­zuführen, in denen sie die Forderung ihrer Kameraden in Ciudad Real und Valencia nach einer allgemeinen politischen Amnestie unterstützten.

Ehemaliger Kammerpräsident verhaftet.

"

Der Petit Barifien" meldet fiber London aus Madrid , daß gestern der Polizeiinspektor eine Hausfuchung bei dem ehemaligen Rammerpräsidenten Miguel Billanueva vorgenommen hat. Cs fei eine Anzahl Datumente befchlagnahunt imb im Anschluß daran und bie Berhaftung Billanuevas angeordnet morden. Da Villa: nueva 78 Jahre alt ist, darf er unter Aufsicht von zwei Polizei. inspektoren in feiner Wohnung verbleiben.

Gaskatastrophe im Nachtasyl.

Elf Pariser Asyliften durch Gas getötet.

Warme Getränke für Autobusführer. Die in London für die unter der Kälte am stärksten Leidenden und für den reibungslosen Ablauf des Verkehrs am richtigsten Personen gesorgt wird.

Heute wieder 10 Grad Kälte.

Die Zunahme der Kälte im Nordosten ist nach einer Mitteilung des Wetterdienstes auf die zunehmende Aufheiterung und die damit verbundene stärkere Ausstrahlung zurückzuführen. Da die Aufheite. rung weitere Fortschritte macht, ist besonders im Gebiet 3 wischen Elbe und Oder mit einer weiteren Verschärfung der Kälte zu rechnen. Schneefälle sind vorläufig nicht mehr in Sicht. Jn Berlin wurden in der vergangenen Nacht in der Innen­stadt minus 11% Grad gemessen, in den Außenbezirken waren die Temperaturen stellenweise erheblich niedriger. Mittags 12 Uhr herrschten bei heiterem Himmel noch immer minus 10 Grad. Als niedrigste Temperatur werden für diese Nacht 22 Grad Kälte aus Ostpreußen gemeldet. In West­deutschland hat sich der Frost etwa in gleicher Stärte gehalten. Dort find jedoch Schneefälle niedergegangen, die aber nirgends bedeuten­deres Ausmaß erreicht haben. Auch in Frankreich und England herrscht nach wie vor Frostwetter.

Besserung der Kartoffelversorgung.

Mit dem etwas milderen Wetter der letzten Tage hat sich die Kartoffelversorgung Berlins zu sehends gebeffert, so daß die empfindlichste Knappheit im Augenblick als behoben gelten kann. Allein mit der Eisenbahn, sind am Sonntag und Montag in 51 Waggons 15000 3entner Kartoffeln angerollt worden, dazu kommen noch die Zufuhren mit Lastautos.. Ins= gesamt sind seit dem 14. Februar bis zum gestrigen Montag Abend mehr als 30 000 Zentner Kartoffeln nach Berlin transportiert wor­den, allerdings mit zum Teil erheblichen Frostschäden und zu erhöhten Preisen. Der starte Schneefall, der namentlich in der Priegnig und in der Gegend von Frankfurt a. d. D. in der Nacht vom Sonntag zum Montag eingetreten ist, hat in diesen Be­zirken die Kartoffelverladung etwas verzögert, weil zunächst die Zu­fahrtstraßen zu den Bahnhöfen für die Gespanne freigemacht werden mußten. Für den Fall, daß tein neuer empfindlicher Rückfall in das scharfe Frostwetter erfolgt, ist weiterhin mit einer stetigen Besserung der Lage auf dem Kartoffelmarkt zu rechnen.

Die Karl- May - Partei vor Gericht.

Das Urteil im Prozeß gegen die Rundfunkbanditen.

Im Prozeß gegen die Rundfunkbanditen verkündigte| Voraussetzungen genehmigt; gegen die Verordnungen des Staates das Gericht nach dreiviertelstündiger Beratung folgendes Urteil:

Wegen Freiheitsberaubung und Nötigung werden verurteilt: Dr. Frank zu vier Monaten Gefängnis, Peute und Scherlinsky zu je drei Monaten. Dr. Frank erhält außerdem wegen unbefugten Waffen­bejizes eine Geldstrafe von 20 Mark. Scherlinsky wird von dieser Anklage freigesprochen, weil ihm nicht nach gewiesen werden konnte, daß die Waffe keine Schein pistole gewesen sei.

In der Urteilsbegründung führte der Vorsitzende u. a. aus: Es muß den Angeklagten unbedingt zugute gehalten werden, daß sie sich bei ihrer Iat non politischen Motiven haben leiten lassen. Sie beabsichtigten nicht, den Schwarz persönlich zu treffen, sondern feine politische Partei. Trogdem haben sie ihn aber persönlich getroffen. Mag der politische Stampf noch so erbittert geführt werden, te persönliche Integrität des einzelnen muß aber geschütt bleiben.

Außerdem ist aber auch die Staatsautorität getroffen worden. Der Rundfunk ist das startste Mittel zur Beeinfluffung der öffent lichen Meinung. Der Staat hat ihn deshalb nur unter gewiffen

Mädchenmörder in Berlin verhaftet. Nacht in Paris zugetragen. In einem Nachtasyl wurden Die Entlastung der Halleschen Tores.

Ein furchtbares Unglüd hat sich in der vergangenen elf Personen durch Ausströmen von Gas, das auf einen Rohrbruch zurückzuführen ist, getötet.

Berichte 3. Seite

haben die Angeklagten verstoßen.

Eine Bewährungsfrist fonnte nicht zugebilligt werden, da die Angeklagten ja erklärt haben, daß fie zu jeder Zeit bereit wären, die Tat zu wiederholen. Der Haftbefehl gegen den Angeklagten Frant, der Ausländer ist, wird aufrechterhalten.

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Im Schöffengericht Neukölln ist heute großer Tag. Die Kommu nisten haben ihre Parteigänger in Waffen mobilisiert, damit sie die Rundfunkhelden bewundern. Der Andrang des Publikums ist dem­gemäß groß. Die Presse ist zahlreich vertreten.

Die Berhandlung beginnt mit einem fleinen Intermezzo. Rechts­anwalt Dr. Apel machte dem Gericht die Mitteilung, daß der Ange­flagte Dr. Frant gefesselt nach dem Gerichtsgebäude transportiert und im Gerichtsgebäude selbst in einer dunklen Belle untergebracht worden sei.

Die Bernehmung der Angeklagten zu Berson ergibt, daß Scher linity im Jahre 1899 geboren ist, und sieben Borstrafen hat, barunter im Jahre 1920 eine folche von einem Jahr fieben monaten Gefängnis wegen Rüdfalldiebstahls und im Jahre 1925 3 mei Jahre drei Monate 3uchthaus und drei Johre Ehrverlust. Berner Beute ist im Jahre 1905 ge­boren und Parteijekretär. Dr. Frant ist im Jahre 1891 in Wien geboren.

Der Eröffnungsbeschluß legt allen drei Angeklagten Frei­heitsberaubung und Bedrohung mit einem Ber brechen zur Last, Scherlinstn und Dr. Frant außerdem noch unbe­

fugten Baffenbefiz. Bar Eintritt in die verantwortliche Ber

nehmung der Angeflagten gibt der Borsigende eine furze Einleitung.

Er erinnert an den tommunistischen Bolksentscheid gegen den Banzer­

freuzer, das Berbot, den Rundfunt für politische Kundgebungen zu benutzen, und erwähnt den Munsch der Kommunisten, durch den