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Nr. 91 46. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Gefahren des Tauwetters..

Hochwasserwachtdienst.- Reichswehr und Schutzpolizei hilfsbereit.

Die Luftdruckverteilung zeigt seit Donnerstag eine weitere wesentliche Aenderung. Das Hochdruckgebiet, das dem ganzen Reich bisher strenge Käite gebracht hatte, ist weiter nach Süden aus gewichen. Gleichzeitig hat sich der starke Druckfall über Standinavien fortgesetzt.

Dadurch wird die Ausbildung siner Bestwind wetterlage über Norddeutschland begünstigt, die eine weitere Milderung in Aussicht stellt. Die Temperaturen dürften jedoch zunächst mur im nordwestlichen Küstengebiet über Rull steigen. Troß starter Zunahme der Bewölkung sind wesentliche Niederschläge nicht zu erwarten. Am tältesten ist noch der Süden. München meldet am Freitag früh 24 Grab, Wien 20 Grad unter Null, während in Norddeutschland die Frühtempe­raturen mur menig unter 10 Grad liegen. Mittelitalien berichtet über eine neue Kältewelle mit starkem Sturm, der besonders in Neapel großen Schaden anrichtete.

Aus Ostpreußen werden neue Schneefälle gemeldet. Eine Meldung aus Düsseldorf besagt, daß die Eisbarre in der Um gebung der Stadt durch Sprengungen beseitigt worden ist. Der Fluß führt jetzt starkes Treibeis. Es finden Verhandlungen statt, um an besonders wichtigen Puntten Bergungsstationen für gefährdete Schiffe einzurichten.

In Berlin setzte sich die Milderung des Wetters auch in den Vormittags- und Mittagsstunden des Freitag fort. Gegen 2 Uhr nachmittags stieg das Thermometer in der Innenstadt auf 1 Grad Wärme. Zum erstenmal nach faft zwei Monaten strengen Frostes ist damit der Gefrierpunkt überschritten.

Berlins Kampf gegen die Frostschäden.

Die außerordentlichen Witterungsverhältnisse haben die Berliner Städtischen Wasserwerte zu außerordentlichen Maß­nahmen veranlaßt

Straßenleitungen sind nur in den außenliegenden Ortsteilen eingefroren, da hier( z. B. in Lichtenberg und Reiniden Dorf) die Leitungen zu flach verlegt morden fund, bevor die Bes fieferung dieser Ortschaften durch die Baffermerte von Berlin über

nommen wurden.

Hausleitungen( Blei und Eisenrohrleitungen von 25 bis 45 Millimeter Durchmesser) find in Alt Berlin bisher über­haupt nicht eingefroren In den Außenbezirfen, ins. besondere in den Siedlungen in Lichtenberg , Spandau , Röpenid, Tegel , Bantow und Zehlendorf find von 43 000 Hausgleitungen ctwa 3000 eingefroren. Solange der tiefe Frost in der Erde ftedt, ist ein Auftauen dieser Leitungen unmöglich. Die Wassermerte haben daher für die Bersorgung der pon der Wasserzufuhr abge. schnittenen Wohnstätten einen regelmäßigen Berfor gungsdienst eingerichtet Es fahren Rolonnen mit Hydranten herum, bie an bestimmten Stellen und zu bestimmten Tageszeiten aufgeschraubt werden, und aus denen fich die in der Nahe Bohnenden Waffer in Eimern holen. An anderen Stellen wird das Wasser durch Sprengwagen, die die Bezirtsämter zur Verfügung gestellt haben, verteilt. Wieder an anderen Stellen find einige laufende 3apfstetten eingerichtet worden. Dieses System hat sich gut bewährt und die betroffenen Bewohner zu friedengestellt, da von ihnen anerkannt werden muß, daß nach Lage der Sache fich nichts anderes tun läßt.

einem Meter langen Eiszapfen befränzt. Bei eintretendem Tau­wetter find nun solche Eiszapfen eine große Gefahr für den Fußgänger, besonders für den, der die Angewohnheit befizt, an der Hauswand entlangzulaufen. Das nicht unerhebliche Gewicht dieser Eisgebilde ist wohl in der Lage, einen Menschen zu er schlagen oder ihn schwere Verlegungen beizubringen. Himunter also mit den Eiszapfen, und zwar so schnell wie möglich. Die Bolizei follte streng darauf sehen, daß im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung dieser Forderung Geltung verschafft wird.

30, Gasriecher" Kolonnen unterwegs.

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Das jetzt zu erwartende Taumwetter bringt Berlin auch eine Reihe neuer Gefahrenmomente, die eine verschärfte Ueberwachung der Gas- und Wasseranlagen in den Häusern und in den Straßen der Stadt notwendig machen. Sollte das Thermometer in den nächsten Tagen sich dauernd über Null halten oder plöglich start an­steigen, muß damit gerechnet werden, daß viele Wasserlei tungen, bie jetzt noch eingefroren find, plōglich auftauen, die Verhältnisse bei den Hauptleitungen für Gas und und daß dabei die Rohre gesprengt werden. Aehnlich liegen 23 affer, die unter dem Berliner Pflaster verlegt sind. Während Basserrohrbrüche sich schon nach furzer Zeit bemerkbar machen, be­steht jedoch die Gefahr, daß Gas, das aus etma geplagten Rohren ausströmt, sich einen Abzug durch die Hausmauern oder in die Kanalisationsschächte jucht, und daß so Ansammlungen von Leucht gas entstehen könnten, deren Entzündung durch irgendeinen Zufall an ähnlichen Katastrophen wie in London führen könnte. Die Städt. Baswerfe haben deshalb vorgesorgt und werden bereits am heutigen Sonnabend 30 Kolonnen entienden, die nach dem befannten System Gasrohrbrüde riechen" follen. Sollte eine sehr schnelle Er­wärmung in den nächsten Tagen eintreten, dürften die Kolonnen vermehrt werden. da ein allzu schnelles Auftauen die Gefahr von Rohrbrüchen vergrößert.

Maßnahmen gegen die Hochwaffergefahr.

Um der drohenden Eis- und Hochwassergefahr Flüffen zu begegnen, hat der preußische Landwirtschaftsminister an den großen Strömen und den übrigen hochwassergefährlichen Joeben die Regierungspräsidenten in einem Runderlaß ersucht, in ihrer Gigenschaft als Deighaufsichtsbehörden vorsorglich alle Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um bei drohender Gefahr einen wirksamen Deichschuß sicherzustellen. Der Minister meist hierbei auf die den Regierungspräsidenten durch§ 315 des Bajfergefeges gegebenen Machtmittel ausdrücklich hin und bringt die bevorstehenden Vorschriften zur Einrichtung des Hoch wasser und Eismachtdienst es an den Strömen erneut in Erinnerung. Angesichts der Bedeutung der Borschriften des Wasser gejezes gibt der Amtliche Preußische Bressedienst den§ 315 noch stehend im Wortlaut wieder:

Sonnabend. 23. Februar 1929

Kampf um Metropolis ".

Kannte Fritz Lang das Ur- Manuskript?

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Unter außerordentlich großem Andrange des Publitums begann am Freitag der Sühnetermin gegen Thea v. Harbou und die Ufa wegen der Beschuldigung des Metropolis "-Plagiats. Im Lauf der Verhandlung ergab sich ein bemerkenswerter Zwiespalt in den Aussagen der Klägerin und der Beklagten , um dessen Klärung wahr­scheinlich gefämpft werden wird: Hat der Regisseur Frizz Lang der Gatte Thea v. Harbous das Manuskript der Klägerin Frau aber glaubt nachweisen zu können, daß es Herrn Lang übergeben Döbbecke gekannt oder nicht? Herr Lang bestreitet es. Die Klägerin der zugibt, den Film Metropolis" gar nicht gesehen zu haben, morden ist. Der Vorsitzende des Gerichts, Amtsgerichtsrat Bücher, glaubt dennoch, einen Bergleich zwischen dem Film und dem Manu­fript der Frau Döbbecke ziehen zu dürfen, ein recht gewagtes Unternehmen.

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war die Klägerin Frau Döbbede unter Rechtsbeistand von Dr. Ebenso wie Thea v. Harbou mit ihrem Rechtsanwalt Dr. Hänsel Fren an Gerichtsstelle erschienen. Nach einer Auseinandersetzung der Rechtsanwälte der beiden Parteien bemerkte der Vorsitzende Amtsgerichtsrat Bücher, daß er das Filmmanuskript der Klägerin gelesen habe. Leider habe er den Metropolis " Film nicht gesehen, sondern den ihm vorliegenden Prospekt zum Film Stimmung herausgefunden habe, lediglich die Namensübereinstim studiert. Er müsse sagen, daß er daraus feine Spur von Ueberein­mung. Sodann äußerten sich auch die beiden anwesenden Gegnerinnen zu der Frage, wem von ihnen das Vorrecht um die Idee des Films zufomme. Auf die Aufforderung des Amtsgerichtsrats Bücher, zu erklären, worin das Plagiat bestehe, führte Frau Döbbecke aus, daß insbesondere die Zusammenarbeit von Herz, Hand und Hirn im Metropolis"-Film auf der Idee ihres Manuftriptes basiere. Ich wollte gerade das zeigen, was im Metropolis"-Film zum Ausdrud gelangt: daß zwischen der harten Hand des Arbeiters und dem Hirn der reichen Klassen nur das Herz der Mitt­ler sein fann. Ich hatte zwei Figuren aufgestellt: einen Major der Heilsarmee und ein Mädchen namens Agnes, In ,, Metropolis " find beide zu der Figur der Maria zusammengezogen worden Bei mir find Soldaten erwähnt, im Film heißt es: Soldaten der Ar­beit". Ich möchte fast behaupten, daß die ganze Handlung Bild für Bild von mir entnommen ist." Darauf er widerte Thea v. Harbou folgendes: Die Idee zu Metropolis " ist schon viele Jahre vor Beginn der Arbeit entstanden. Mein Mann der diesen Stoff behandelte. Als dann der stein- Berlag an mich ( der Regisseur Friz Lang) wollte immer schon einen Film drehen, berantrat und mich um einen Beitrag zu feiner Gerie spannender Romane bat, dachte ich an die Idee meines Mannes und fing den Entwurf an. Ich erkläre hier öffentlich, daß ich das Manuskript der Frau Döbbede nie gesehen und nie gelesen und auch nie in der Hand gehabt habe. Ich bedaure, daß ich nicht unter Eid fiche." Als hab, daß Direktor Bommer das Manuftript von Dr. Döbbecke, dem dann Rechtsonmalt Dr. Fren für Frau Döbbecke den Einwand er­Ehemanne der Klägerin, in Empfang genommen und es nach­weislich an Frig Lang weitergegeben habe, erklärte Thea v. Harbou mit Bestimmtheit, daß ihr nichts davon bekannt sei. Rechtsanwalt Dr. Hänsel gab darauf für den abwesenden Regiffeur Frig Bang die Erklärung ab, daß auch dieser das Manu­Bergleichsvorschlag des Borsigenden wurde von beiden Seiten ab­stript der Frau Döbbede nie gesehen habe. Ein gelehnt. Der Vorigende erklärte darauf den Sühnetermin für ge­fcheitert, fo daß das Verfahren feinen Fortgang nehmen wird. Sollte das Gericht zu der Ueberzeugung kommen, daß die Strafantragsfrist innegehalten ist, dann wird die Plagiatfrage dem­nächst in einer Hauptverhandlung zur gerichtlichen Ent­scheidung gelangen.

Das Rätsel um Pernetta.

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st ein Deich bet hotwaffer gefährdet, so müssen nach An­ordnung der Deichpolizeibehörde alle Bewohner der bedrohten und nötigenfalls auch der benachbarten Gegend zu den Schurzarbeiten unentgeltlich Hilfe leisten und die erforderlichen Arbeitsgeräte und Beförderungsmittel mit zur Stelle bringen. Die Deichpolizeibehörde fann die in einem solchen Falle nötigen Maßregeln sofort durch 3wangsmittel zur Ausführung bringen; sie ist befugt, die Berabfol gung der zur Abwehr der Gefahr dienlichen Baustoffe aller Art, wo jolche fich finden mögen, zu fordern, und diese müssen mit Borbehalt Besondere Sorgfalt ist den eingefrorenen Hydranten der Ausgleichung unter den Berpflichteten und der Erstat zugewendet worden. Bahlreiche Kolonnen mit Mujtauapparaten tung des Schadens von den Befizern verabfolgt werden. find ununterbrochen tätig, auch Dampfsprigen werden zum Auftauen 3um Erfaße des Schadens ist der Deichverband ver verwendet. Die Wasserwerke arbeiten hier Hand in hand mit derpflichtet. lleber die Höhe der Entschädigung beschließt im Streit In der Bernetta Affäre ist nach faft 13monatiger Dauer Feuerwehr. Zur Bewältigung dieser außergewöhnlichen Maßnahmen falle der Bezirksausschuß. Der Beschluß tann binnen drei Monaten worden. Der Untersuchungsrichter hat die Atten dem Generalstaats­Ende voriger Woche die Boruntersuchung abgeschlossen ist das Personal der Wasserwerfe ganz erheblich verstärkt nach der Bustellung im Rechtsweg angefochten werden." worden, obgleich Leute mit Fachkenntniffen bei der augenblicklichen, anwalt abgegeben zur Prüfung der Frage, ob auf Grund der vor­3m übrigen teilt der Preußische Breffedienst noch mit, daß berliegenden Indizien gegen Frau Bernetta und den Südfruchthändler außerordentlichen Inanspruchnahme nur schwer zu haben fund. Minister des Innern an die Regierungspräsidenten einen Erlaß Neue Maßnahmen werden beim Eintritt von Tauwetter richten wird, der sie auffordert, die nötigen Vorbereitungen ab Bleisner Anlage wegen gemeinschaftlichen Mor= erforderlich werden. Die Städtischen Wasserwerke find auf die dann schließend zu treffen, damit im Notfalle Schuhpolizei und des an Bernetta zu erheben ist. Vor 2 Jahren wurde der in Ber­zu treffenden Maßnahmen vorbereitet. lin lebende und mit einer Engländerin verheiratete italienische Süd­Reichswehr zur Verfügung stehen. Zwischen Reichsfruchtgroßhändler Ugo Bernetta in feiner Wohnung tot aufgefunden. regierung und preußischen Staatsregierung haben Neben der Leiche lag ein Abschiedsbrief und ein Revolver. Ru­bereits Besprechungen stattgefunden, um zu erreichen, daß die Reichs nächst wurde Selbstmord angenommen, später traten aber Ber­wehr bei eintretender Hochwassergefahr sich dem Wunsche der Bedachtsmomente gegen die Witwe und den Freund des Toten auf, pölferung und dem Ansuchen der preußischen Behörden um Hilfe daß fie Bernetta gewaltsam aus dem Wege geräumt hätten. Es Leistung nicht entzieht. erfolgte ihre Verhaftung.

Durch die wochenlange Kälte find fast alle Regengoffen zu gefroren, so daß das Schmelzwasser des auf den Dächern liegenben Schnees über den Rand der Dachrinnen lief und sofort wieber zu langen Ciszapfen gefror. Besonders solche Häuser, in denen Die Dampfheizung nahe unterm Dach liegt, find mit folden bis zu

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Der Aufruhr des

Achiefen Calm

Roman einer Revolution. Don Gerhart Herrmann Mostar

Aften in der Hand): Meine Herren, hier find die fehlenden Aften!( Große Erregung, Rufe: Wo? Herzeigen!) Abg. Dehlfe: Das ist unmöglich!

Abg. Schiele: Da fehen Sie, meine Herren: sie passen genau hinein!

Bräf.: Woher haben Sie die Atten, Herr Abg. Schiele? Abg. Schiele: Aus der Mappe des Abg. Dehlfe! ( Rufe der Empärimg und des Erstaunens im Bublikum.) 21bg. Dehlfe: Ich protestiere gegen diesen Diebstahl! Ich Abg. Schiele jedoch festhält.) bin bestohlen worden!( Er reißt an den Akten, die der

Dehlte!( Großer Lärm.) Eine Stimme: Sie haben sie ja zuerst gestohlen, Herr

www

Abg. v. Gloß: Eben das wollen wir auch tun, Herr Dehlte. In den Atten fehlen nämlich einige Seiten, und Braf.: Wenn nicht sofort Ruhe wird, lasse ich den Saal zwar diejenigen, melche die Aussagen der den Bergrat Zinden räumen! Herr Abg. Schiele, Ihr Benehmen war un besonders belastenden Zeugen enthielten. Sie find herausgehörig. Ich muß Sie aus dem Saale verweisen. geschnitten; wir haben die Löcher untersucht, wo es heraus jedoch die Atten betrifft, fo find es wirklich die fehlenden, geschnitten ist. Herr Dehlte. Sie gehören dem Staat und sind dem Bündel wieder einzufügen.( Bravo !)

M- B Bley: Dies ist unmöglich.

Abg. v. Gloß: Ich fordere diejenigen, welche es mit an gesehen haben, auf, es zu bezeugen; nämlich die Sh. Bfann fchmidt, Große und Schiele.

M- B. Blen: Ich erkläre, daß dies unmöglich ist.

Abg. Pfannschmidt: Es fehlen in den Aften acht odet neun Folia M- B. Bley: Das Ministerium hat teine Hand dabei im Spiele gehabt.

Präs.: Herr M- B. Bley! Es sind mir soeben die re­quirierten Atten vorgelegt worden. Es sind nicht nur die Löcher da, es fehlt auch der Zwirn!

( Lärm im Publicum. Der Abg. Schiele verläßt den Saal.) Abg. Dehlte: Wahrscheinlich waren es leere Blätter. Abg. v. Gloß: Das fann nicht gut sein, Herr Dehlte. Man bezieht sich einige Blätter weiter auf Zeugenaussagen, die ich nicht in den Akten gefunden habe.

Abg. v. Men: Es gibt hier nur einen, der an der Be­feitigung der fehlenden Bogen ein Intereffe haben tönnte. Abg. Dehlte: Ich bitte, mich gegen diese Berdächtigungen in Schuh zu nehmen, Herr Präsident!

Bräs.: Ihr Name ist ja gar nicht genannt worden. Abg. Schiele( tritt wieder herein und hat ein Bündel

Mas

Abg. Dehlle: Ich protestiere! Ich protestiere!( Stürzt hinaus. Lachen im Zuschauerraum.)

Abg Schiele: Ich gehe sofort, Herr Präsident. Aber vorher möchte ich den Herren noch einen Brief vorlesen, den ich ebenfalls in her Mappe des Abg. Dehlke gefunden habe. Bräj.: Geben Sie sofort den Brief her, Herr Abg. Schiele!

Rufe: Was für ein Brief? Bon mem? Lefen! Abg. Schiele: Bon Herrn Minister von Trofegt! Glode des Präsidenten. Rufe. Lejen! Sofort Besen! Abg. Schiele( den Präsidenten überschreiend): Der Brief ist hochverrat! Trosegt fordert den Abg. Dehlte auf, die Ab reise des Herzogs, die Trosegt selbst veranlaßt hat, dem Bar­lament als Flucht darzustellen! Dehlte soll das Gerücht vers breiten, daß die Deffauer anrüden, um uns zu offupieren! Dehlte foll für eine Regentschaft der Herzogin Stimmung

machen!

( Großer Lärm bei den Abgg. und im Publicum. M- B Bley ruft: Lügen, Lügen! Andere Rufe: Unerhört! Schweinerei! Hochverrat! Nieder mit Trofegt! Glode des Präsidenten).

Bräf.: Geben Sie den Brief her, Abg. Schiele und ver­laffen Sie sofort den Saal!

Abg. Schiele:( gibt dem Bräs. den Brief): Hier ist der Brief. Ich gehe jezt. Aber ich bitte zu bedenken, daß ich um der Wahrheit willen gestohlen habe, und um einen Schädling zu fassen!

Rufe: Er hat den Staat gerettet! Präs.: Gehen Sie!

( Abg. Schiele verläßt den Saal unter zahlreichen Hände­brüden.) Stimmen: Lesen Sie den Brief vor!

Präs.: Wir sind hier fein Gericht. Es ist ein Privatbrief. Ich werde Sorge tragen, daß er dem Abg. Dehlte ausge händigt wird.

Rufe: Der Staat ist in Gefahr! Vorlesen! fo! 2g. Rufen: Jawohl, mir glaubens auch fo! Abg. v. Gloß: Es ist ja nicht nötig. Wir glaubens auch

( Glode des Präsidenten. Der Abg. v. Gloß läßt einen 3ettel zur Unterschrift herumgehen und ergreift während deffen das Wort.)

Abg. v. Blog: Wer dem Gange unseres Landtages ge­folgt ist, dem fann es nicht einen Augenblid lang unflar ge­mejen sein, daß derselbe immer mit innigem Gefühle ge= sprochen hat, wo es die Person des Herzogs galt.( Sehr wahr) Bermöge dieses Gefühls für den Herzog ist ein Begenstand nicht zur Beratung gekommen. Er betrifft die Frage: in wie weit unser Herzog persönlich. d. h. factisch an der Regierung teilnehme?( 3wischenrufe: Bravo ! Endlich!)

Als das Ministerium Kersten aufgelöst war, trat ein neues ein: Trosegt, und dieser Herr wurde zu selbiger Zeit zum Staatsminister ernannt, als der Landiag eine Antlage gegen ihn beschloß! Weiter ist über diese Persönlichkeit nidyts zu sprechen. Aber nicht sein Bertreter, den er heute vorgeschoben hat, hat die Verfügung über die Akten, sondern Herr von Trosegt; nicht er hat also dem Abg. Dehlte den Diebstahl der Atten ermöglicht, sondern der Herr von Trosegt, der an Herrn Dehlte hochverräterische Briefe schreibt.( Bravo ! Lump! Glocke des Präsidenten). Läuten Sie nicht mehr. Herr Präsident, die Glocke einer neuen Zeit beginnt zu läuten! ( Bravo.) Herr von Trosegts hartes Regiment ist auch einzig und allein schuld an den gottlosen Umtrieben für eine Republik , die sich leider Gottes in der Stadt zu zeigen be­ginnen,( jehr wahr!) aber gottlob nicht so ausgedehnt sind, daß sie zu fürchten wären!( Na, nal)( Fortsetzung folgt.)