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BERLIN  Montag 25. Februar 1929

Der Abend

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Nr. 94

B 47 46. Jahrgang.

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Einigung in der Textilindustrie.

21 einstimmige Schiedssprüche.

In der Textilindustrie waren 65 000 Arbeiter und Arbeiterinnen ausgesperrt, teilweise infolge von Streifs, während die Aussperrung von weiteren 130 000 Arbeitnehmern drohte. Der Riesenkampf von nahezu 200 000 Arbeitern ist vermieden worden. In den Reihen der Unternehmer fiegte die Bernunft über die Scharfmacherei. So fam es denn zu einem Schiedsgericht zur Schlichtung der Differenzen. Nach fünftägigen Verhandlungen verkündete am Sonntag ber vom Reichsarbeitsminister bestellte Vorsitzende des Schiedsgerichts, Professor Brahn  , die 21 Schiedssprüche, die sämtlich ein stim mig gefällt wurden.

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Geheimbund gegen Deutschland  .

Französisch belgisches Militärbündnis.

Amsterdam  , 25. Februar.

Die Lohnerhöhungen bewegen sich zwischen zwei und fünf Pfennigen pro Stunde, während die Unternehmer vordem nicht nur jede Lohnerhöhung abgelehnt, sondern obendrein noch teilweise Lohnkürzungen angekündigt hatten. Die Lohnerhöhungen sind auf zwei und drei Etappen verteilt. Die Parteien kamen dahinlich nicht nachgeprüft werden kann, werden von fast der überein, daß dieselben drei unparteiischen Schiedsrichter bei öfter fich ergebenden Unklarheiten endgültig zu entscheiden haben. Ob eine Unflarheit vorliege, entscheidet der Vorsitzende des Schieds. gerichts. Damit ist der Rechtsweg ausgeschlossen.

Die neuen Tarifverträge, die mit der Verfündung der Schiedssprüche ohne weiteres in Kraft treten, haben eine sechs wöchige Ründigungsfrist anstatt der früheren monatlichen. Die Geltungsdauer der Tarife ist nicht einheitlich. Einige davon laufen noch in diesem Jahre, am 30. September, ab, andere am 30. September 1930 und wieder andere im Februar 1931.

Es ist erklärlich, daß die Erwartungen der Textilarbeiterschaft durch die Schiedssprüche nicht erfüllt sind. Sie sind unter starkem Drud zustande gekommen. Die Aussperrungen in Sachsen Thüringen und in der Lausitz wie die Streifts im nordhannoverschen Bezirk ließen erkennen, daß ein scharfer Kampf bevorstand, dessen Ausgang ungewiß war.

Die revolutionären" ,,, flassenbewußten" Unorganisierten find es auch hier, die noch in großer Zahl abseits stehen und so die Position der organisierten Textilarbeiter und arbeiterinnen unge­mein erschweren.

Selbstverständlich sind jetzt alle Kampfmaßnahmen sofort ein­

zustellen.

Der neue Kälteeinbruch.

Mittags 8 Grad Kälte.

Der neue kälteeinbruch aus dem Offen hat bei ziemlich heftigen Winden ein weiteres Sinten der Temperaturen zur Folge gehabt. Der größte Teil Europas   steht bereits wieder unter dem Einfluß des Kaltluftbereiches. In der vergangenen Nacht ging das Themometer auf minus 10 Grad herunter. Um 8 Uhr früh wurde die gleiche Temperatur gemessen; miffags wurden minus 8 Grad festgestellt. Ob diese neue Kältewelle von längerer Dauer fein wird, läßt sich bei der Unsicherheit der ganzen Wetterlage nicht vorausfagen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß noch stärkere Schnee­fälle niedergehen werden. Am tältesten war es in der ver­gangenen Nacht in Pommern   und Ostpreußen  . Steffin hatte minus 20 und Königsberg   minus 21 Grad Kälte.

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Frostschäden.

Daß die fangdauernde und starfe Kälte schwere Schäden für Bäume, Sträucher, Gemüse und Blumen gebracht hat, ist nach Erfahrungen, die namentlich 1912 gemacht wurden, als felbstverständlich anzusehen. Zum Teil ist der Schaden gleich sichtbar gewesen, soweit er sich an Gemüse und Blumen zeigte, die in Glas­fästen ader Glashäusern herangezogen wurden. Die milden Durch schnittswinter haben zu einer, den Betrieb verbilligenden leichten Bau und Heizart solcher Ueberwinterungshäuser geführt, die natür­lich bei 30 Grad nicht genügend erwärmt werden konnten. Da ist ungeheurer Schaden angerichtet worden und viele Gärtner find gezwungen, gewissermaßen von vorne mit der Arbeit anzufangen. Der Straßenhandel ruhte faft völlig, und die Ein­nahmen in all diesen Wintermonaten sind fast gleich Null anzu sehen, während Heizungskosten auf das Vielfache wuchsen. Da es in Holland   und an der Riviera ebenfalls trostlos aussicht, wird auf eine starke Einfuhr nicht zu rechnen sein, die Breise werden hoch bleiben. Die Versuche der Staats- und städtischen Berwaltungen, durch Kreditgewährungen zur Stärkung der deutschen  Gemüse und Blumen- Frühproduktion beizutragen, werden diesmal durch die strenge Kälte wirfungslos gemacht jein,

Das Utrechtsch Dagblad" in Utrecht   veröffentlicht den Wortlaut eines angeblich im Jahre 1920 in Brüssel   abgeschlossenen geheimen französisch- belgischen Militärabkommens sowie die Auslegungsbe. ftimmungen zu diesem Vertrage, wie sie im Sommer 1927 vom französischen   und belgischen Generalstab in einer gemeinsamen Sigung festgelegt worden sein sollen. Die Dokumente, deren Authentizität im Augenblick natür­gesamten holländischen Presse nachgedruckt. In einer Vorbemerkung zu seiner auffchenerregenden Veröffent lichung sagt das Utrechtich Dagblad", es habe mit dem Abdruck der durch Zufall erlangten Dokumente gewartet, bis es genügende Garantien für ihre Echtheit in die Hände bekommen habe. Es sehe voraus, daß der belgische Generalstab die Echtheit dieser für ihn so tom promittierenden Dokumente durch ein formelles Dementi in Zweifel ziehen lassen werde. Ein solches Dementi könnte die Ueberzeugung des Blattes von der Beweis­traft der Schriftstücke nicht erschüttern. Es sei sowohl ein Lebensinteresse Hollands  , auch liege es im Juteresse des internationalen Friedens, daß die Welt von dieser gefährlichen Bedrohung des Friedenszustandes Kenntnis nehme.

Das Abkommen hat dem genannten Blatt zufolge folgenden Wortlaut:

Artikel 1: Benn Frankreich   sich im Kriegszustande mit Deutschland   oder mit irgendeiner anderen Macht befindet, die auf irgendwelche beliebige Beise durch Deutschland   unterstützt wird, soll Belgien   feine gesamte verfügbare Macht Frankreich   zur Verfügung stellen. Wenn sich dagegen Belgien   im Kriegszustand mit Deutsch­ land   oder mit irgendeiner anderen Macht befindet, die auf irgend­welche beliebige Weise durch Deutschland   unterstüßt wird, soll Frant­reich feine gesamte verfügbare Macht Belgien   zur Verfügung stellen.

Artikel 2: Dieses Abkommen bezieht sich nicht allein auf die Rheingrenze. Es ist anwendbar auf jeden Angriff, an welcher Grenze er sich auch ereignen möge.

Artikel 3: Frankreich   und Belgien   mobilisieren augen­blidlich von sich aus, ohne daß vorher eine Berständigung hierüber zu erfolgen braucht, sobald eine andere Macht, die auf irgendeine beliebige Weise durch Deutschland   unterstützt wird, die Absicht zu mobilisieren erkennen läßt.

Artikel 4: Belgien   verpflichtet sich, ein Minimum von 600 000 Mann zu mobilisieren, die zur Hälfte aus attiven Truppen, zur anderen Hälfte aus Reservetruppen bestehen. Frankreich   ver pflichtet sich seinerseits, Belgien   mit einer Truppenmacht von min­destens 1 200 000 Mann zur Hilfe zu kommen ,, die auf belgisches Gebiet operieren und zur Hälfte aus aftiven, zur anderen Hälfte aus Refertruppen bestehen sollen.

Artikel 5: Die verfügbaren Truppen beider Länder werden gleichzeitig und in aller Eile eine träftige. Offensive be­ginnen, und zwar in der Weise, daß Deutschland   gleichzeitig ime Norden und im Süden der gemeinsamen Aufstellung fämpfen muß.

Artikel 6: Die Generalstäbe der beiden Heere werden jederzeit die zur Vorbereitung der hier oben verzeichneten Maß­regeln notwendige Berbindung aufrechterhalten. Das vorliegende Abkommen wird mindestens einmal jährlich der Gegenstand eines Meinungsaustausches zwischen den betreffenden Generalstäben sein.

Artikel 7: Dieses Abkommen wird geschlossen für einen Zeit­raum von 25 Jahren. Jede der beiden vertragschließenden Par­teien soll es mit einjähriger Frist fündigen fönnen. Artikel 8: Der Inhalt dieses Abkommens wird streng geheim gehalten werden.

Das Utrechter Tageblatt" ist die holländische Zeitung, die dem belgischen Flamenführer Boms   nahesteht und die Angliederung des flämischen Teiles Belgiens   an Holland   er= strebt, um ein Groß- Holland herzustellen. Die Veröffent­lichung ist gegen die Existenz des von den rivalisierenden Großmächten England, Frankreich   und Preußen vor dem­

Wie können Unfälle verhütet werden?

Aus Anlaß der Werbenoche gegen Unfälle wird eine Ausstellung veranstaltet, die Verhüllungs­maßnahmen aller Art zeigt. Unser Bild gibt einen Blick in einen der Säle dieser Ausstellung.