Einzelbild herunterladen
 
  

BERLIN Donnerstag 28. Februar 1929

Der Abend

Erfdeinttäglich außer Sonntag& Zugleich Abendausgabe des Worwärts". Bezugspreis heide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Erpedition; Berlin SW68, Lindenstr.3

66

Spalausgabe des Vorwärts"

46. Jahrgang.

uzeigenpreis: Die einspaltige Nonpareillezcile 80 Vf., Reklamezeile 5 M. Ermäßigungen nach Tarif. Poßscheckouto: Vorwärts- Verlag G. m.b. H., Berlin Nr. 87536. Fernsprecher: Donhoff 292 bis 297

Beamte und Stahlhelmhaß.

Pflichten republikanischer Beamter.- Ein Keudell- Geheimprotokoll.

In der Donnerstagsibung des Ausschusses für den Reichshaus halt wurde neben der Erörterung einer Reihe von Beamten fragen auch die in der vorigen und vorvorigen Sitzung begonnene hochpolitife Debatte über den Stahlhelm und seine neuesten Kundgebungen fortgeführt.

Der sozialdemokratische Abg. Sollmann führte i. a. aus: Die deutschnationalen Angriffe auf den Reichsminister des Innern entheben uns der Pflicht, dem Herrn Minister für seine Amis­führung zu danken. Diese heftige deutschnationale Stritit ist für einen republikanischen Minister Dank genug. Benn wir von einer Republitonisierung der Berwaltung sprechen, denten wir nicht nur an Sozialdemokraten, sondern auch an andere Beamte mit republikanischer Ueberzeugung, allerdings nicht on rable Bernunftsrepublifoner. Die Erklärungen der Stahlhelmführer vor dem Herrn Reichspräsidenten zeugen von viel Borsicht, aber von wenig Ehrlichkeit hat sich doch Herr Düfterberg nach feinem Bußgang zum Reichspräsidenten foeben in Halle hinter die Haßbotschaft gestellt. Der berühmte Kaiser- Geburtstags- Artikel, der teine Entgleisung ist, sondern eine offizielle Kund­gebung der Stahlhelmführer spricht deutlich aus, daß der Stahl­helm noch heute den ehemaligen Kaiser als seinen Obersten Kriegs­herrn anerkennt. Es heißt ausdrüdlich, daß sich die Stahlhelmer von ihrer Treueverpflichtung zum Obersten Kriegsherrn nicht gelöst fühlen.

Die Republik wäre ohne jede Staatsmoral, wenn sie solche Auf­faffung bei den Beamten der Republik zuließe.

Zum Bollsbegehren des Stahlhelms, das mir immer noch erwarten, ist zu sagen, daß jeder Beamte das Recht hat, legal auf eine Alende­rung der Berfaffung hinzuwirken. Wie aber begründet der Stahlhelm fein Boltsbegehren? Er nennt die Berfassungs­parteien, also Sozialdemokraten, Demokraten, Zentruan, Banerische Bolfspartet innere eindgemalten". In einer offiziellen Rundgebung! Und das sollen sich die Berfassungsparteien. und die republikanischen Minister von den Beamten der Republif gefallen lassen? Das ist doch ganz unmöglich. An eine Besserung des Stahlhelms ift fchwer zu glauben. In seiner nach dem Besuch beim Reichspräsidenten gehaltenen Rede hat der Stahlhelmführer Düfterberg schon wieder die Erklärungen preis. gegeben, die er wenige Stunden vorher dem Herrn Reichspräsidenten abgegeben hat. Er sagte da, nach dem Bericht der Kreuz- Zettumg", der Stahlhelm tönne nicht dulden, daß rechtsstehende Bartelen mit Landesverratsparteien zufammenarbeiteten. Also der Führer einer Organisation, der tausende Beamte angehören, beschimpft die Partei, der der Kanzler des Deutschen Reiches und der deutsche Beamtenminister angehört, als Landesverratspartei! Der Stahlhelmführer trifft mit seiner Beschimpfung auch den Herrn Reichspräsidenten , der demnach den Führer einer Landesverratspartei zum Kanzler berufen hat. Das alles nach den Versprechungen, artig sein zu wollen. Diese neuesten Vorgänge werden den Herrn Minister zur Wachsamteit veranlassen. Wir haben das Vertrauen zu ihm, daß er der Mann ist, den die deutsche Beamtenschaft als Führer au republitanischer Staatsgesinnung braucht.

Reichsinnenminister Gevering

antwortete auf die deutschnationalen Angriffe und Zurufe u. a.: Das alte Regime habe, wie auch von deutschnationaler Seite anerkannt worden sei, Sünden bezüglich der Exklusivität des Beamtentörpers aufzuweisen. Er habe es als feine Aufgabe angesehen, nach der Umwälzung die bisher vollständig ausgeschlossenen Ber faffungsparteien mit heranzuziehen. Dabei wolle er er. nären, er schäße folche Beamten, die langsam und ehrlich zur Mit­arbeit sich durchgerungen haben, höher ein als solche, die urplöglich ihre republitanisches Herz entbedt haben. Welche Achtung, Graf Beftarp. hätten Sie noch einer Republif entgegenbringen tönnen, die& B. nach dem Kapp- Butsch nicht eine

Austehr unter den früheren Oberpräsidenten gehalten hätte. Die Frage bezüglich seiner persönlichen Stellung zum Banzerfreuzer beantwortet er dahin, daß er nach wie vor diesen Bau mit Bezug auf die jeßige Finanzlage für unzwedmäßig halte. Er werde mur amtieren, wenn er das Vertrauen seiner Bar­tel befige. Die Sozialdemokratie stellt ein Drittel des deutschen Boltes bar. Niemals aber werde er der Stlave feiner Partei werden Benn

unabhängig von Wünschen und Beschlüssen ihrer Fraktion gehalten| Breffe zugelassen. Aus dem Bericht der Bressestelle entnehmen wir, hätten, so hätte gerade Rendell das nicht tun dürfen.

Es sei ihm in seinem Ministerium ein Schriffstück zu Händen gekommen, das eine Art Protokoll darstelle über eine Zu­fammenkunft einer Reihe von deutschnationalen Reichstagsmit­gliedern( Hensel. Mumm, Berndt, Philipp u. a.) Das Proto­toll fel geführt von dem Oberregierungsrat Wallraf, den Herr v. Kendell sich neben seinem Bruder als persönlichen Adjutanten zugefeilt habe. Nach diesem Protokoll beschwerte sich herr Berudi u. a. über den Drud, den die preußische Regierung auf Beamte dahin ausübe, daß fie bei fefflichen Gelegenheiten nur

fprechen dürfen, wenn die Reichsflagge gezeigt werde.

Was würden die deutschnationalen Herren sagen, menn der­artiges non fozialdemokratischen Ministern gemacht worden mare? Was nun das fortgesezte Reden über den Bandesverrat angehe. so möchte er mit dem Abg. Sollmann den Grafen Bestarp doch bitten,

daß Düfterberg u. a. folgende erschütternde Weisheit vortrug: ,, Der Stahlhelm ist der Ueberzeugung, daß ein Zusammengehen mit dett Sozialdemokraten ummöglich ist." Sehr unangenehm ist ihm augen­scheinlich, daß die Deutsche Boltspartei vom Stahlhelm abgerüdt ist. Man habe ihm zum Borwurf gemacht, daß er den Streit mit ber Deutschen Boltspartei gesucht habe. Das sei nicht mahr. Er habe nur die Absicht gehabt, dieje Partei von der SPD. fernzu halten. Am meisten Rummer macht ihm die Saßbotschaft. hinter die er sich jetzt natürlich nicht gestellt haben will. Er habe die Haßbotschafter nur gedeckt, weil sie vorher erflärt hätten, fie liebten ihr Baterland mit heißem Herzen. Berständlich, daß dieser Generalpächter der Baterlandsliebe in seiner Sonntagsrede wieder einmal von Landesverratsparteien" sprach, die mit rechtsstehenden Barteien nicht zusammenarbeiten fönnten. Schweren Kummer hat Herrn Düfterberg die Frage bereitet, ob die Beamten trog des Drudes von oben dem Stahlhelm treu bleiben würden. Da bisher fein Drud non oben erfolgt ist, sind die Tapferen dem Stahlhelm natürlich treu geblieben, und Düfterberg hat am Sonntag Helden den Dant des Stahlhelms ausgesprochen. Gleich

Der olle ehrliche Hugenberg.ig hat er verfünbet, ber 1111ürber Mathaber hurdh

DN

VP

SW.

Der Deutsche ist an sich der chrlichfte Menfch."

( Bugenberg)

Benn ich mal ein Garn spinnen darf: Wie ich dem ollen Scherl seinen Lofal- Anzeiger abgeknöpft habe, das habe ich ohne jede Staatsbeihilfe ganz aus eigener Kraft fertiggebracht."

sich zu überlegen, welchen üblen Einbrud es in der Welt machen müffe, wenn die größte Bartet Deutschlands als eine Bartei der 2anbesperräter bezeichnet werde. Gerade die jenigen, die glauben, Gefahren vom Often her stets an die Band malen zu dürfen, sollten doch folche Ausführungen unterlassen.

Das Duster um Düfterberg. Fünf Tage für einen frisierten Bericht. Halle, 28. Februar.( Eigenbericht.)

einen nationalen Beamtenschuh bund einen Damm entgegens zusetzen".

Die 4,2 Millionen Stimmen zur Erfüllung der Boraussetzung der Bolfsabstimmung hofft Theodor Düfterberg auf alle Fälle zu bekommen. Auf die 21 Millionen verzichtet er gern, da die Trauben zu hoch hängen. Aber das fei auch nicht das Entscheidende. Der Boltsentscheid foll rur ,, der Gradmeffer der gefunden Kräfte im Bolte sein. Düsterberg bat also von den Kommunisten bereits einiges gelernt. Nun hätte man gern etwas von dem Ausgang seiner und Seldtes Unterredung mit dem Reichspräsidenten erfahren. Aber darüber lesen wir nur folgenden Say: Nach der Unterredung der Bundesführer mit dem Reichspräsidenten v. Hindenburg hat der Stahlhelm zu diesem unbegrenztes Vertrauen!" Zum Schluß hat Düsterberg erzählt, daß der Stahlhelm im Juli nach München gehen will, um dort für den großdeutschen Gedanken zu werben Man darf bei alledem nicht vergessen, daß die erwähnte Rede Düfterbergs unter Ausschluß der Deffentlichfeit gehalten morden ist, und daß die Stahlhelmpressestelle in Halle fünf Tage ge­braucht hat, um diesen frisierten Bericht der Deffent­lichkeit zu übergeben!

Friedrich Eberts Todestag.

3um vierten Male jährt sich heute der Tag, an dem der erste Präsident der deutschen Republit, Friedrich Ebert , von uns ging. Niederträchtige Berleumdungen der Deutschnationalen und ihrer Hilfstruppen hatten die letzten Wochen seines Lebens umdüstert. Das schymachvolle Urteil des Magdeburger Schöffengerichts, bei den er Schuß vor befonders frivolen. Angriffen gesucht hatte, öffnete schließlich auch manchem die Augen, der sonst den Einflüsterungen der Berleumder nicht ganz unzugänglich gewesen war.

Als Friedrich Eberts Tod befannt wurde, ging eine Welle ber Empörung über das ganze Band. Plötzlich mar allen llar geworden, welche starte Bersönlichkeit hier der deutschen Republik verloren­gegangen mar. Die Trauer um den Berluft erwies sich so start und so umfassend, daß den meuchierischen Schimpfbolden der Atem stockte. Erst jetzt läßt Hugenberg seine Pfeile wieder abschießen, aber sie verfehlen ihr Ziel. Denn heute weiß jeder, wer Friedrich Ebert war und was nach ihm nicht mehr ist. Das deutsche Bolt und besonders die deutsche Arbeiterschaft, der er sein Leben lang mit Hingabe feines Wissens und seiner Liebe diente, hat Anlaß, an feinem Todestage des zu früh Gestorbenen in Treue zu gebenten.

Das Reichsbanner Schwarz- Rot- Gob" veranstaltet heute abend eine Gedächtnistundgebung in der Stadthalle, Klosterstraße. Abg. Robert Schmidt wird die Gebenfrede halten. Im Rundfunk wird der Chefredakteur des ,, Borwaris", Abg. Stampfer, über den toten Führer der Republik und der Sozialdemokratie sprechen.

Rachbem am vergangenen Sonntag hier eine Führer. Ohrfeigen in der Lehrlingsquetsche.

tagung des Stahlhelm, Gau Halle, stattgefunden hat, ver­

geſtern Herr v. Keudell ihn provoziert habe daß er feine Pflichten öffentlicht bie Breffeftelle des Stahlheim heute einen fristerten Das Limburg - Schloß abgebrannt.

als Parteimann höher als die des Verfassungsministers stelle, und Damit hätte fagen wollen, daß deutschnationale Minister fich gänzlich

Bericht über die Rede, die Düfterberg dort gehalten hat. zu der Führertagung war nicht einmal die fogenannte nationale

Berichte 2 Seite.