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<27««s. Jahrgang"1* ��6 �Ö�OVtöCll��©»nitflSent. 16. JSörj 1929 3)ämon ffierlln. Jlsylislen, Vagabunden und Arbeitslose in der Sladtrogtei, Vier Millionen Menschen, aus engem Raum geballt. Va- von vielleicht sechshunderltausend, die warme Wohnungen. warme Kleidung, beste Zlahrung und manche Genüsse haben. Die übrigen ober? Ewige Angst vor Entlassung und Arbeil». lostgteit. wütender verbissener Kamps um die nackte Existenz. Und'der Rest? Arbeitslosigkeit, Krankheit. Strohe, Asyl, Värmehalle, Bettel, kleiner Diebstahl, hier und dort ein ver- stehender Staatsanwalt, ein gütiger Richter. Aber was Hilst das? wieder Strohe, wieder Asyl, wärmehalle, Bettel. wieder rückfällig. Gefängnis, dann Zuchthaus  . Und da­zwischen: Berlin   hatte seht etwa 5000 Bälle und Festlichkeiten. Aus dem Presseball wurden 20011 neue Damentoilelten gezeigt. hier Wärme. Licht. Glanz, Freude, dort der Gasschlauch oder der Londwehrkanal. wir zeichnen zu grau? Run denn, drei kleine Ausschnitte aus dem kleinsten, dem fernsten, dem traurigsten Alltag. Menschen geheu vor unser« Augen sichtbar zugrunde, wer aber Hilst ihnen? Und wer Hilst denen, deren Leid nicht offenbar wird und mit ihrem kleinen Leben von der dunklen liefe gnadenlos verschlungen wird? I. Der Angeklagte, der dem Schnellrichter in der Berliner   Stadt- vogtci vorgeführt wird, ist ein noch junger Mensch, von Beruf Schlosser. Er ist Anfang vorigen Jahres nach Berlin   ge- kommen und hat gleich in einem bekannten Industriewerk Arbeit ge- sundcn. Im herbst wurde er mit vielen Arbeitskollegen entlasten. Seine Bemühungen, neue Arbeit zu finden, waren ohne Erfolg. Er ging stempeln". Di« Unterstützung, die er bezog, reichte knapp zum Lebe», sein Zimmer muhte er ausgeben. Er nächtigte im Freien, und als es kälter wurde, in Asylen. Dort ist er bereits vor 14 Togen ausgegriffen und dem Schnellrichter vorgeführt worden. Bon einer Bestrafung wunde Abstand genommen, ihm ober aus- gegeben, sich innerhalb von 14 Tagen ein Unterkommen zu besorgen. EineBerfügung, die leicht zu erlassen, für einen armen Teufel aber schwer auszuführen ist. Jetzt wird er wieder dem Schnellrichter vorgeführt. Sein« Papiere find in Ordnung, vorbestraft ist er ebenfalls nicht. Aber warum er in Berlin   bleibt und nicht nach Hause zurückgebt, begehrt der Staatsanwalt zu wissen. Nach Hause kann der Angeklagte nicht, denn er hat einen Stiefvater, der ihn nicht aus- nimmt. Er mühte auch in seiner Vaterstadt im Freien oder in Asylen nächtigen. Aber zunächst hat er überhaupt kein Fahrgeld, (ius Berlin   fortzukommen. Und dann hofst er immer noch, in dem grohen Berlin   eher Arbeit zu finden als in seiner kleinen Heimat- stodt. Siaatsarnvalt und Richter überlegen lange, was sie mit dem Verbrecher" anfangen sollen. Eine Bestrafung kann hier nichts ändern. Andererseits hat er sich natürlich gegen die Gesetze ver- gangen und das erfordert seine Sühne. Aber der Richter hat ge- nugend menschliches Verständnis, um das Berfahren einzustellen und den Angeklagten nach einer gutgemeinten, aber schwer zu befolgenden Belehrung mit einer Verwarnung zu entlassen. Er soll innerhalb von 14 Tagen sein« Adreste angeben. Der Angeklagte wird in zwei Wochen wieder hier stehen und dann wegen Vagabon  - dierens mit hast bestraft werden. Wenn er nicht etwa wegen eines Mundraubes angeklagt wird. Er wäre nicht der erste, der so auf die schiefe Bahn kommt. IT, Der Angeklagte ist von Beruf Schnitter. Jedes Jahr arbeitet er rm Sommer auf dem Lande, im Winter kommt er nach Berlin  und sucht sich hier durchzuschlagen. Dabei ist er vor zwei Iahren schon einmal im Asyl für Obdachlose, wo besondere Schnitterbaracken errichtet sind, aufgegriksen und wegenArbeitsscheu" mit einem Tag bestraft worden. Er ist alsovorbestraft": denn die Anklage wirst ihm letzt wieder Vagabo ndieren und Arbeitsscheu vor. Vor 14 Tagen wurde ihm aufgegeben, sich ein« Wohnung zu be- schassen und nicht Nacht für Nacht ins Asyl zu gehen, wo er aus Kosten der Stadt lebt. Selbstverständlich hat er noch keine Wohnung, »denn dazu müht« er Geld haben, und um Geld zu bekommen. braucht er Arbeit, und die ist heute, noch dazu für einen Land- arbeiter, in der Großstadt schwer zu finden. Der Angeklagte müßte sichumstellen" und andere Arbeit annehmen, meint der Staats- anwalt. Der Angeklagte stammt vom Land. Er kann aber nicht nach Hause zurück, denn sein Vater artieitet selb st als Tage- l ö h n e r und hatkaumsürsichzumSattejsen, kann also seinen Sohn nicht auch noch ernähren, zumal noch zwei schulpflichtige Töchter zu ernähren sind. Die Mutter ist tot. Der Staatsanwalt weih auch hier nicht recht, was er für ein« Strafe" beantragen soll. Er wendet sich an den Angeklagten: Warum haben Sie sich denn keine Wohnung beschafft?"Wovon denn?" fragt dieser. Und der Staatsanwalt kann nur erklären: Das kann ich Ihnen nicht sagen." Der Staatsanwalt beantragt gegen denVerbrecher" eine Haft- straf« von drei Tagen, das Gericht erkennt aus zwei Tag«. Das Ansehen des Staates ist gerettet. Und ein armer, hungriger Schnitter hat für zwei Tage warmes Esten und ein Dach über dem Kopf. III. Die Stadt muß Sie unterstützen, wenn Sie absolut kein« �kistenz mehr haben, zum Verhungern kommt hier keiner!" Diese schönen Worte richtet der Staatsanwalt an den Angeklagten, einen Mann von etwa 55 Jahren, derwegenBettelnsinder Stadt- vogtei eingeliefert und nun dem Schnellrichter vorgeführt wird. Aber die Stadt läßt doch Leute verhungern, wenn sie sich keine Existenz schaffen können. Der Angeklagte ist nach Berlin   gekommen, als er in seiner schlesischen Heimat keine Arbeit mehr finden konnte. Er hat dann einige Zeit, wie aus seinen Papieren hervorgeht, a l s Händler gearbeitet und Aushilfsstellen inn« gehabt, ist aber immer wieder nach kurzer Zeit entlassen worden, denn als Erinnerung an die Kriegszeit leidet er an Magen- g e s ch w ll r e n, die ihn in seiner Arbeitsfähigkeit behindern. Der Angeklagte macht einen vertrauenerweckenden und mich- ternen Eindruck. Aber er ist bereitseinschlägig" vorbestrast, denn man hat ihn schon einmal beim Betteln gefaßt und damals 10 Tage in Haft gesteckt. Jetzt muß die Straf« natürlich höher ausfallen, der Staatsanwalt beantragt 14 Tage Haft, und das Gericht erkennt demgemäß. Für das nächstemal wird außerdem noch Ueberweisung an das Arbeitshaus in Aussicht gestellt. Zum Verhungern kommt keiner in Berlin  . Er kann, wenn es nicht anders geht, betteln gehen. Aber er darf sich dabei nicht erwischen lassen._ 25 000 Dollar für einen neuen Ozeanflug. Der amerikanische   Oberst Easterwood hatte die Berliner  Presse zu sich geladen, um«in neues Preisausschreiben für einen Ozeanstug vorzulegen. Der Oberst, der aus Dallas   in Texas  gebürtig ist, will dem Flieger, der den ersten Fluavon Rom  nach Dallas   oder umgekehrt ausführt, 25 000 Dollar zahlen. Der Fliegernmzen Hot bereits in Rom   die Behörden für sein Unter- nehmen interessiert und will auch jetzt versuchen, deutsche Flieger für diesen Flug zu interessieren. Der Fwg kann vom 1. Juni ab ausgeführt wenden. Die einzige Bedingung ist, daß unterwegs nur einmal, und zwar auf dem amerikanischen Festland, gelandet werden darf, weil nämlich Dallas noch 1500 Kilometer von der amerikanischen Küste entfernt liegt. Di« ganze Flugroute ist ungefähr 6300 Meilen long. Der Flug kann mit einem Master- oder Londslugzeug ousaesührt werden. In der Lust ist das Tonken gestaltet. Der Oberst hat die 25000 Dollar bereits bei einer Bank deponiert, und es werden sich sicher genug Flieger finden, die wegen dieser Summe ihr Leben riskieren. Das gan�e ist Sportfexerei und schodeb dem Verkebrsslug mehr, als es ihm nutzen kann. Im übrigen ist es lächerlich, 25 000 Dollar, also etwas mehr als 100 000 M. als Preis für ein Unternehmen zur Verfügung zu stellen, das weit größere Mittel erfordert, als diese Suinme. Aus Gutmütigkeit. Kalscheid um eine Lenkstange. Aus Gutmütigkeit und aus Geschäftsrücksichten leistete!>«r Kaufmann B. in dem Prozeß gegen den Arbeiter K., den er selbst wegen Fahrraddiebstahls angezeigt hatte, zugunsten des Angeklagten einen Meineid. B-, der ein Fa h r r a dg e sch ä f t besitzt, und der wußte, daß in seiner Gegend ein Fahrrad vermißt wurde, wurde gegen K. miß- trauisch, als dieser eine Lenkstange bei ihm bestellte und zeigte ihn an. Daraufhin wurde dem K. nachgewiesen, daß er das Rad unter- schlagen hatte und wurde das Strasoerfahren gegen ihn eingeleitet. Vor der Gerichtsverhandlung beim Amtsgericht Lichtenberg   redete der Angeklagte dem Zeugen B zu, daß er ihn nicht hereinlegen sollte, und nichts von der bestellten Lenkstange erwähnen möchte. Das tat V. auch, da es ihm als Geschäftsmann schon leid tat, einen Kunden denunziert zu haben. Der betreffende Kriminalkommissar machte das Gericht auf das merkwürdige Verhalten des Zeugen aufmerksam, und bei der Gegenüberstellung bei einem anderen Termin mußte B. seine falsche Zlussage widerrufen. Der Ange- klagte imd der Zeuge wurden damals wegen Meineid und Anstiftung zuni Meineid im Gerichtssaal verhaftet. Nun erst sand gegen sie vor dem Schwurgericht III die Verhandlung statt. K.. der im eigenen Interesse den B. zur salschen Aussage verleitet hatte, wurde wegen Anstiftung zum Meineide zur Mindeststrafe von einem Jahre Zuchthaus verurteilt. B. wurde von den Sachverstän- digen als gewohnheitsmäßiger Trinker und geistesschwacher Mensch bezeichnet, der die Tragweite seiner Handlung nicht übersehen konnte. Er verteidigte sich auch damit, daß er vor dem damaligen Termin erheblich getrunken hätte. Das Schwurgericht verneinte das Vorliegen des§ 51, sprach aber den Angeklagten B. frei, da er aus Fahrlässigkeit gehandelt und die falsche Aussage recht- zeitig vor dem zuständigen Gericht widerrufen hat. Der Nerliner Haushalt. Seine endgültige Nalancierung. Der Haushaltsausschuß der Stadtverord- netenversammlung beendete am 15. März die zweite Le- sung des städtischen Haushalts. Die auf Grund der Nachträge des Magistrats und der Beschlüsse des Ausschusses hinzutretenden Sum- men haben eine Mehrausgab« von insgesamt rund 9,6 Mil- l i o n e n Mark ergeben. Di« Unsicherheit in der Erhöhung der der Stadt zustehenden Anteile an der Einkonunen- und Krastfahr- zeugsteuer ließen es dem Ausschuß geboten erscheinen, bei der Ein- rommensteuer 8 Millionen Mark abzusetzen. Dagegen hat er die erwartete Summ« bei der Kraftsahrzeugsteuer voll bei- behalten. Da die Stadt nach wie vor mit Sicherheit auf eine gerechtere Berücksichtigung, mindestens auf einem dieser Gebiete, rechnen zu dürfen glaubt, kann dann je nach Lage der Sache der endgültige Ausgleich vorgenommen werden. Mit dem Abstrich bei der Einkommensteuer erhöhte sich der noch zu deckend« Betrag auf 17,6 Millionen Mark. 2lus Grund des Steuereinkommens der Stadt in den letzte» Monaten und des Ueberblicks über das Auskommen im Jahre 1928 glaubt- der Haushaltsausschuß diese Summe decken zu können, indem er die geschätzte» Ansätze für das Aufkommen der einzelnen Steuern wie folgt erhöhte: Einkommensteuer um 4 Millionen Mark, Grunderwerbssteuer und Wertzuwachssteuer um je IM? Millionen Mark, Gewerbeertragssteuer um 7,6 Millionen Mark, Lahnsummen- steu«r um 3 Millionen Mark. Damit ist der Ausoleich des Haushalts hergestellt. Der Haushalt schließt i n E-i   n- nahmen und Ausgaben mit 113787 5 490 Mark. Der umlagcfähig« Steuerbetrag beträgt 201000 000 Mark. Zu seiner Deckung werden wie im Vorjahr erhoben: als Grund- st e u e r 200 Proz. Zuschlag zur staallichen Grundvermögenssteuer. als G e w e r b e st e u e r 425 Proz. des Grundbetrages nach dem Ertrage und 1000 Proz. des Grundbetrages nach der Lahnfumme. Von den Beruf sschulbeiträgen in Höhe von 50 Proz. sind 35,15 Proz. durch Ueberschllss« des Vorjahres gedeckt. Für die noch aufzubringenden 14,83 Proz. werden erhoben: 5 Proz. der Grund- betrüge der Gewerbeertragssteuer, 10 Proz. der Grundbctrüge der Lohnsummensteuer. Komm einet Revolulion. Von GecUarl Mcccmahh M-OsIaz Quatsch! Aber ich habe noch'ne Schachtel Streichhölzer dazu gekauft und ihn in der Mitte'n bißchen angebrannt. Dadurch gehen die Stöcke gleich durch." Der Junge schwieg, verblüfft und sympathisch berührt durch diese Tot der Solidarität, zugleich allerdings beängstigt durch dies weibliche Raffinement, dem er aber immerhin eine gewisse Achtung nicht versagen konnte. Er beschloß nun doch, sich zu entschuldigen. Die andern machens doch auch alle so mit Calm!" Die andern sind dumme Jungen?, die verstehn's nicht besser! Aber du bist nicht dumm, du bist der Erste in der Klasse, hat mir der dicke Fleischmann gesagt." Run ja..." gab er geschmeichelt zu. Dies war das erste Mädchen, das auf seine Leistungen in der Schule Wert legte. Die anderen sahen auf Körperkrast und Hübschheit, und da schnitt er schlecht ab. Er konnte sich nicht verhehlen, daß sie ihm gefiel. Er lenkte«in:Wenn ich natürlich ge- mußt hätte, daß er dein Großvater ist" Das hast du doch gewußt!" gab sie schnippisch zurück. Nu ja. Wer ich habe dich ja noch nicht gekannt!" Und Gerda wurde rot. Was ihr seiner Meinung nach gut stand, beide aber zu betretenem Schweigen veranlaßte. Du kommst also Ostern aufs Lehrerseminar nach Cöthen?" fragte sie endlich. ..Jawohl Die Aufnahmeprüfung brauche ich aar nicht zu machen. Well ich doch hier Erster in der Klass'e bin." Das mußte ihr doch imponieren! Dummer Protz! dachte sie. Und sagte böse:Und da machst du jetzt noch solche Sachen!" Er verteidigte sich.Aber die andern sagen doch, daß Hecker-Ealm daß dein Großvater an dem Tod der vier- Shn Bernburger schuld ist, die oben auf dem Friedhof ia r Eck« liegen!" Sie blieb stehen und stampfte mit dem Fuße auf.Das ist Quatscht" zischte sie. Er dacht«, daß blaue Augen und schwarzes Haar eigentlich sehr schön zusammen aussehen. Das ist ganz anders gewesen... aber ich kann dir das nicht so erzählen." Plötzlich wandte sie sich resolut um. Weißt du was? Wir sind hier gerade beim Hause vom alten Hampel, der ist Arbeiter bei uns. Der hat damals auch mit meinem Großvater �u tun gehabt, oder vielmehr feine Schwiegertochter, glaube ich. Der kann dir ganz genau sagen, wie das damals war. Wir gehen einfach hin." Wenn du meinst..." sagte er unentschlosien. Sie hatte schon die Tür zu dem kleinen Häuschen ge- öffnet, und er folgte. Der alte Hampel saß in einem Lehnstuhl am winzigen Fenster seines Stäbchens, dessen Wände fast ringsum mit Vogelkäfigen behängt waren, aus denen es gelb schimmerte und hell zwitscherte die Kanarienvögel waren Hampels Altersliebhaberei und zugleich sein Nebenverdienst geworden. Alle Falten seines guten, hakennasigen Greisengesichts lächel» ten, als Gerda ihren Wunsch vorbrachte: tief und eckig waren dies« Falten: sie ließen den asten Arbeitsmann erkennen, dem sich die Jahre mit Keilschrift in die harte Haut gegraben hatten nicht mit den sorgsamen Bleifederstrichen der Wohl- habenheit. Das vcn deinem Großvater will ich ihm nachher sagen." vertröstete der Alte, besten Augen noch immer den blauen, klugen Glanz hatten wie einst in jener Stunde vqr dem Ge- richtsrat Handt.Erst möchte ich eine alte Geschichte er- zählen, die du noch nicht kennst, Gerda." Herr Hampel weiß so schöne alte Geschichten!" klärte Gerda Alexander   auf. Sie kannte die kleinen Schliche des Alten. Also," begann Hampel und sah dabei immerfort seinen Kanarienvögeln zu,da flog mal der Engel durch die West. der die kleinen Kinder durch die Schornsteine zu werfen hat." Alexander lächelte überlegen. In der Schule«rzähll« man längst ganz andere Dinge über Kinderkriegen und so. Und ihm fegte man hier so was vor! Er sah Gerda gespannt lauschen und hielt sie nun doch für ein bißchen zurückgeblieben. Der Engel hatte diesmal zwei Kinder mit," erzählte Hampel trotz des Lächelns ruhig weiter.Das eine sollte er in ein Schloß werfen, es sollte«in Fürstensohn werden; darum halle es die Gabe, durch weises Regiment das Lo» der Menschen zu verbessern. Da« andere gehörte in eine Gaste zu armen Juden: das sollte ein Träumer werden, der Gedichte schreiben konnte und ähnliches" Alexander lauschte auf: er schrieb auch manchmal Ge- dichte. Der Engel, der die Kinder zu verteilen hat, ist aber be- kanntlich sehr kurzsichtig und irrt sich oft. Sonst sähe es nämlich ganz anders aus in der Welt. Also nun warf er aus Versehen den Fürstensohn in die Iudengaste und den Träumer ins Schloß. Beide wurden groß, und der im Schloß erbte«in Reich und war doch nicht zufrieden: denn er sollte regieren, was er nicht verstand, und durfte keine Gedichte machen und nicht träumen. Der andere in der Judengaste wollte alle Menschen glücklich machen und konnte es nicht, denn er hatte ja nichts zu sagen und war sehr arm. Und beide waren sehr unglücklich." Gerda stöhnte mitfühlend' auf denn sie würde doch jemanden heiraten müsten. der die Fabrik weiterführte, und wollt« doch so gern Scbauspielerin werden oder Sängerin. Es ging ihr wie dem Fürsten   im Märchen. Sie sah neidisch auf die Kanarienvögel. Da hielt es der Arme nun eines Tages nicht mehr aus und ging hinauf ins Schloß und sagt« zu dem Fürsten  :Sieh mal. wir sind beim Herunterwerfen verwechselt worden. Wollen wir nicht" Woher konnte er denn das wisten?" fragte Gerda miß- trauisch. Aber Alexander, der ganz Ohr war, hielt das für neben- sächlich.Er wußte es eben!" fertigte er sie ab, und Hampel erzählte weiter: wollen wir nicht tauschen?" fragte also der Arme. Und der Fürst war froh und sagte:Da hast du ganz recht mache du die Menschen glücklich und ich dichte und träume, dann ist's in Ordnung." .Komischer Fürst!" zweifelte Gerda. Ja, es war nun mal wirklich ein tomischer Fürst. Und nun wäre ja alles gut gewesen, wenn der Fürst nicht«inen Kanzler gehabt hätte. Der hörte, was die beiden berieten, und fürchtete, seine Stellung zu verlieren und dann verfolgt zu werden denn er hatte ein sehr strenges Regiment ge- führt. Darum ließ er den Armen, als er herauskam aus dem Schloß, ins Gefängnis werfen, ohne daß es der Fürst erfuhr. Und als die Leute dem Armen beistehen wollten, der sie doch glücklich machen wollte, ließ der Kanzler feine Soldaten auf die Menschen schießen, und viel« starben. (Fortsetzung folgt.)