Der Abend
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Spätausgabe des„ Vorwärts"
10 Pt.
Nr. 163
B 81 46. Jahrgang.
Anzeigen eis: Die einspaltige Nonpareillezeile 80 Vf., Reklamezeile 5 M. Ermäßigungen nach Tarif. Postscheckkonto: Vorwärts- Verlag G. m. b. H., Berlin Nr. 37 536. Fernforecher: Dönhoff 292 bis 297
Der gekürzte Haushalt.
Das Kabinett stimmt zu.- Beträchtliche Senkung des Wehretats.
Das Reichsfabineft frat am Sonntag unter dem Vorsitz des wieder genejenen Reichskanzlers zu seiner ersten Sihung nach Ostern zufammen. Es beschäftigte sich mit den Vorschlägen, die von den Finanzjachverständigen der Sozialdemokratie, des Zentrums, der Volkspartei, der Demokraten und der Bayerischen Boltspartei gemeinsam vereinbart waren. Das Reichskabinett beichloß nach eingehender Prüfung im Hinblid auf die gesamtpolitischen Notwendigkeiten, besonders die rasche Erledigung des Etats, unter Zurückstellung seiner Bedenken auf den Boden dieser Vorschläge des Großkraftwerkes Finten heerd ein schwerer Unfall. Die Am Sonntag vormittag ereignete fich im Braunkohlenbergbau Direktion des Werkes hatte Auftrag zum Bau eines Wasserder Grubenbahn hindurchführen sollte. Als der Stollen fich unter abflußgrabens erteilt, der unter einem Bahndamm der Bahn befand, brachen die Erdmaffen plötzlich zusammen und begruben 5 Urbeiter unter sich. Ein Arbeiter konnte gerettet wetden; die anderen vier wurden nur noch als Ceichen geborgen. Der Stollen stürzte infolge der Erschütterung ein, die der vorbeifahrende D- 3ug Breslau - Berlin verursachte.
zu treten.
Der vom Rabinett vorgelegte Etat wird, soweit der Fehlbetrag von 380 Millionen in Betracht kommt, in dreierlei Weise abgeändert. Es werden
1. 179 Millionen Ersparniffe vorgenommen.
2. 71 Millionen automafijche Mehreinnahmen eingesetzt. 3. Dadurch der Bedarf an neuen Steuern auf 130 Millionen herabgedrückt.
Die Ersparnisse verteilen sich u. a. auf folgende Streichungen: fächlichen Ausgaben 11 Millionen, Reichstag 500 000, Reichstanzlei 300 000, Auswärtiges Amt 3,1 Millionen, Reichsministerium des Innern 4 Millionen, Reichswirtschaftsministerium 2,8 Millionen, Reichsarbeitsministerium 21 Millionen, Reichswehrministerium 27,4 Millionen, Reichsverkehrsministerium 50,3 Millionen, Versorgung und Ruhegehälter 25 Millionen, Reichsschuld 6 Millionen, Reichsfinanzministerium 6,7 Millionen, Allgemeine Finanzverwaltung 5,5 Millionen und Kriegslasten 4,5 Millionen.
Bei den Ersparnissen im Wehrministerium entfällt zwar der größere Teil auf die Reichs marine mit rund 20 Millionen und nur der kleinere Teil auf die Reichswehr mit etwa 7,5 Millionen. Zu dieser Summe aber treten die allge= meinen Ersparniffe bei den sachlichen Ausgaben hinzu. Auf das Wehrministerium entfallen davon rund 4,5 Millionen. Die Streichungen im Wehretat erreichen deshalb den Betrag von 32 Millionen. Rechnet man hinzu, daß die Reichsregierung und der Reichsrat mehr als 29 Millionen an den militärischen Ausgaben erspart haben,
fo friff gegenüber dem Reichswehretat 1928 eine Gesamtersparnis von 61 Millionen ein. Der Reichswehretat sinkt infolgedessen von 726,5 Millionen im Jahre 1928 auf 665 millionen im Jahre 1929.
Bei den Abstrichen am Etat des Reichsarbeits= ministeriums handelt es sich, abgesehen von einer Einsparung von anderthalb Millionen Zinsen für die Flüchtlingsfürsorge, die rein rechnerisch ist, nur um eine Einsparung bei der produttiven Erwerbslojenfürsorge. Da neben der angeforderten Summe von rund 55 Millionen für 1929 noch ein Rest von 40 Millionen aus dem Jahre 1928 zur Verfügung steht, so sollen 20 Millionen eingespart werden. Eine Kürzung der Leistungen an den einzelnen Erwerbslosen ist damit nicht verbunden.
Alle übrigen Streichungen am Sozialetat, die vom Hansa- Bund in Höhe von 266 Millionen verlangt wurden, find restlos abgeschlagen.
Auch die Rürzung bei den Rapitalabfindungen der Bersorgungsrentner von 25 Millionen schädigt keine Ansprüche einzelner Kriegsbeschädigter. Sehr erheblich sind die Einsparungen beim Reichs vertehrsministerium. Ein großer Teil der Ersparnisse rund 20 Millionen entfällt hierauf die Kürzung der Zuschüsse
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für den Luftverkehr und die Luftindustrie. Der Rest der Ersparnisse, rund 30 Millionen, wird dadurch erzielt, daß noch nicht in Angriff genommene Bauten hinausgeschoben und bereits begonnene gestreckt werden.
Durch diese Ersparnisse wird der Fehlbetrag vermindert von 380 auf 201 Millionen. Diese 201 Millionen werden gedeckt durch 71 millionen automatisch fließende Mehrein. nahmen und 130 Millionen neue Steuern. Die auto matisch fließenden Mehreinnahmen verteilen sich auf eine Million Patentgebühren, 35 Millionen Mehranfaz bei der Tabafsteuer und 35 Millionen Mehreinnahme aus der Post. Weder die Mehreinnahme aus der Bost noch die Mehreinnahme aus der Tabaksteuer hat irgend eine neue Belastung zur Folge. Die 130 Millionen neue Steuern
werden erwartet aus
40 Millionen neue Vermögenssteuern und 90 Millionen aus dem Branntweinmonopol.
Bei der Vermögenssteuer handelt es sich um nach zahlung aus dem Jahre 1926, die jetzt zur Erhebung fommen soll. Von den Worthegung auf der 2, Seite)
Das Unglüd fcheint einer gründlichen Untersuchung zu be dürfen. Der Einsturz eines Stollens unter einem Bahndamm iſt
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Göz von Berlichingen: ein Ruhm ist aus! 3ch hab einmal was aus dem Fenster gerufen, aber der Pilsudski redet und schreibt ganze Bedürfnisanstalten!!"
doch nur dann möglich, wenn die Arbeit nicht unter den nötigen Borsichtsmaßregeln( widerstandsfähige Versteifungen usw.) vorgenommen wurde. Und wie erklärt sich die Arbeit, am Sonntag? kattowih, 8. April.
Am Sonnabend ereignete fich auf dem HildebrandtSchacht bei Neidorf im kattowiger Revier ein schweres Unglüd. Ein Pfeiler der 600- Meterjohle ging zu Bruch. Sieben Bergleute, darunter ein Steiger, wurden verschüttet. Nach zweistündiger Bergungsarbeit fonnte ein Berg mann in schwerverletztem Zustande geborgen werden. Troh fort. gesetzter Rettungsversuche fonnten erst gestern abend drei weitere Bergleute, davon einer schwer, die beiden anderen leichter verletzt zutage gefördert werden. Die übrigen drei Berschütteten find bis jetzt noch nicht befreit worden, da die Rettungsarbeiten infolge beständiger Einsturzgefahr erschwert sind. Zwei der Eingeschloffenen geben noch klopfzeichen, während der dritte verstummt ist.
Zwei Gasarbeiter getötet.
Rosenberg( Oberschlesien ), 8. April. In der Städtischen Gasanstalt sind bei Ausführung von Aus besserungen in einem Schacht, der an den Gasbehälter an
grenzt, zwei Arbeiter durch die Einwirkungen ausströmenden Gases den Schacht gewagt. Der hinzugerufene Betriebsleiter, der verunglückt. Die Arbeiter hatten sich ohne Gasmasten in die Arbeiter zu retten versuchte, blieb, trotzdem er sich durch eine Gasmaste geschützt hatte, ebenfalls besinnungslos liegen. Feuerwehr und Sanitätspersonal bargen die Verunglückten. Die Bemühungen, die beiden Arbeiter ins Leben zurückzurufen, blieben erfolglos. Der Betriebsleiter wurde mit schweren Vergiftungserscheinungen in das Hospital geschafft.
Bombenattentat auf den Gouverneur von New York . Der Gouverneur von New York , Roosevelt , wäre um ein Haar einem raffiniert angelegten Attentat zum Opfer gefallen: nur einem Zufall war es zu danken, daß der Anschlag entdeckt wurde.
Im New Yorker Hauptpost amt wurde eine Dynamitbombe entdeckt, die in eine Konfitürenschachtel verpackt und an Gouverneur Roosevelt adressiert war. Ein Bostbeamter bemerkte durch Zufall eine Entzündungskapsel und riß die Lunte entzwei.
Sonnabend nacht wurde weiter das Wohnhaus des Schwiegersohnes von Roosevelt in dem Städtchen Tarrytown durch Brand stiftung eingeäschert. Das Haus einer Schwester des Gouverneurs, einer Frau Dall, ist gleichfalls durch Brand zerstört worden. Die Polizei hat eine Untersuchung eingeleitet, um festzustellen, ob zwischen der Auffindung der Höllenmaschine, die für Roosevelt be stimmt war, und den Bränden ein Zusammenhang besteht. Man, ist der Ansicht, daß es sich um den Rache atteiner Verbrecher bande handelt.
Der Gouverneur ist ein Sohn des verstorbenen Präsidenten der Bereinigten Staaten von Nordamerita, Theodore Roosevelt .
Strafantrag gegen Langkopp.
Ein Jahr, drei Monate Gefängnis.
Der Farmer Langkopp hat milde Richter gefunden. Der Erste Staatsanwalt Köhler, der heute vormittag im Attentatsprozeß seinen Strafantrag begründete, hat für Langkopp wegen räuberischer Erpressung 1 Jahr 2 Monate Gefängnis, wegen Nötigung 1 Monat und wegen Waffenbesih 2 Wochen Gefängnis beantragt. Er bat, diese Strafen zusammenznziehen auf 1 Jahr 3 Monate Gefängnis. Gegen Coof beantragte der Staatsanwalt Freisprechung. Zu Beginn der heutigen Berhandlung wurden noch zmei Leumunds zeugen für Langtopp und Loof gehört, unb zwar für Langtopp fein früherer Kompagniechef Markgraf und für Loof der Landrichter Kleffel, ein Jugendfreund von Loof. Beide gaben den Angeklagten ein gutes Zeugnis; Landrichter Kleffel be tonte, daß er bei beiden Angeklagten festgestellt habe, daß fie gegen jede Behörde voreingenommen seien.
Wie steht's im Reichsbahnbetrieb?
Der Gesamtvorstand des Einheitsverbandes hat am gestrigen Sonntag unter Hinzuziehung sämtlicher Bezirksleiter erneut getagt. Die Konferenz hat sich den ganzen Tag über ausschließlich mit der gegenwärtigen Cage beschäftigt.
Es herrschte über die bisher vom Borstand unternommenen Schritte vollständige Einmütigkeit. Insbesondere wurde begrüßt, daß die Spikenorganisationen bereits über die verschärfte Situation informiert find.
Bon allen Bezirksleitern wurde betont, daß die Stimmung in den Bezirken sehr erregt ist. Doch wurde wiederum von allen Rednern versichert, daß die Disziplin der Funktionäre und Mitglieder sehr gut ist.
Jufolgedeffen ist mit wilden Streits nicht zu rechnen. Bon den meisten Bezirksleitern wurde jedoch zum Ausdrud gebracht, daß diese Bewegung unter allen Umständen zum Erfolg führen müsse, ob mit oder ohne Kampf.