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Mittwoch �7. April �929

Unterhaltung unö ÄUissen

Werner Stichler: S)l6 cl df

Der Umstrickung der Technik ganz entrückt liegt Venedig immer nach auf seinen Inseln zwischen Lagune und Meer. In die äußersten Ausläufer der Sladt nur wagt sich, schüchtern pustend, auf weilen- langem Damm durchs Wasser getragen, die Eisenbahn hinein. Nie traten Pscrdehuse hier die Gassen; nie, nie durchtobte sie eroberungs- lüstern ein Automobil. Nie wird darum Venedig , wie so manche andere hochberühmte Siedlung des benachbarten Festlandes, zu einer nach Gummi und Benzin dünstenden, ewig von ausgewühlten Staub- wölken erhitzten Garage werden. Jmnzer noch triumphiert hier das flüssige Element. Ebbe und Flut und das lautlose Schiff, aus den Gassen, Plätzen und hochgebuckelten Brücken aber: der Mensch. Venedig , das ist die Stadt der Menschen, vielleicht die einzige, die letzte, die ihnen noch allein gehört. Der Venezianer lebt durchaus auf seinen Straßen, die nirgends eine Trennung in Fahrdannn und Gehsteig nötig haben: von der einen Hauswand vielmehr bis zur andern hinüber reichen die breiten, weißgrauen Steinplatten der Pflasterung Ueber st« hin nun dies unendliche Schlürfen, Wandern, Trappeln von tausend Sohlen, verstärkt durch das Echo der Gasienenge, das ist der herrschende Grundton des venezianischen Straßenlärms, durch- schnitten und zeitweis« überdeckt nur von den Lauten der mensch- lichen Stimme. Eben aber weil sie hier so allein sind, weil kein Peitschenknall, kein Motorschnattern, kein« Trambahnklingel sie jemals übertönt, wachsen die venezianischen Stimmen zu so wunderbarer Rundung, Stärke und Fülle. Wenn es dem Venezianer eben ein- fällt, sie zu erproben(er mag«in gai� armer Mensch sein, ein Holzkohlenträger, ein Schreiber aus einem Advokatenbureau oder ein Bube, der mit schwarzgetränkten Händen am Gemüsemarkt Tomaten mopst), plötzlich im Gehen beginnt er laut zu singen. Nicht aber etwa, daß er leicht und gedankenlos vor sich hinträllerte, nein, er singt mit voller Kraft der Lunge: er orgelt, er trompetet mit allem schuldigen Ernst irgendeine geliebte Arie; er wiegt sich in chren Modulationen, schwelgt in ihrem lang hingesponnenen Tremolo. und braucht nicht zu fürchten, daß ihm irgendein« AutoHupe wüst dazwischen fährt. Ihm gehört noch seine Stadt. Und ebenso wie seine Stimme sind auch seine Glieder frei. Nichts weiß er von der steten geduckten Sprungbereitschast aller seiner großstädtischen Zeltgenosicn, von ihrer Feigheit vor dem Aus- trumpfen der brausenden Motore. Darum ist er ober auch alles eher, als etwa ein verträumter Dergangenheitsschwärmer Roman­tische Gefühle überläßt er dem Fremden, dem es möglich ist, Ver- j

gleiche zu ziehen. Der Venezianer selbst indessen stapst breitbeinig und selbstbewußt durch sein« Stadt. Bis in die tiefste Nacht hinein sind die Läden geössnet; und die vielen kleinen Kneipen und Bars, wo an dampfsprühenden Riesenmaschinen weißjockige Kellner teuf- lisch starken Kasse« bereiten, hoben überhaupt keine Türen. Weit nach Mitternacht erst schließen die Theater und entlasten ein« melodiös angeregte, freudig summende und singende Menge in dos Gassengewirr. Der Begriff der Nachtruh« und darum auch der der nächtlichen Ruhestörung sckeint in Venedig nahezu unbekannt. So weicht auch von dem Fremden hier endlich der tyrannische Druck der europäischen Maschinerie, worin schließlich wohl dos ganze Geheimnis der seltsamen Anziehungskraft Venedigs besteht: der Fremde kommt plötzlich wieder zur Besinnung, kehrt zu sich selbst zurück. Er fühll sich zuerst ergriffen und gerührt, dann aber ge> kräftigt, erHoll, nicht mehr nur Schraube in einer gleichgülligen Mechanik, sondern ein Mensch! Nirgends sonst in Europa hat man so wie hier das Gefühl, der Zell entsprungen zu sein und dennoch nichts an Lebendigkell verloren zu haben. Dies ist es, was dem Fremden Venedig so kostbar macht, nicht nur, wie er vermeint, die sichtbare Herrlichkell der Stadt. Soll man auch von chr noch einmal, zun» zehntausendundersten Mal«, zu sprechen beginnen? Von den Palästen am Großen Kanal, den silbergrauen, den rosavioletten, den bloßgrünen und denen im melancholischen Rot herbst- lichen Weinlaubs, mll gemeißelten Fensterumrahmungen, so hell und zart wie Spktzenkrägelchen verwöhnter Kinder? Von der majestätischen Welle und dem noblen Takt des Markusplatzes und der Piazzetta, die allein schon genügen, um diese italienisch« Pro- vinzhauptstadt himmelhoch über dos hinauszuheben, was sonst in allen Sprachen dem WortProvinz" anhaftet? Von der Einzigkeit dieser paar reich durchäderten Flecken Erde im Meer mll chren sich türmenden, einander stützenden, durcheinander verfalteten, inein- ander hineingrei'enden. aneinander emporkletternden Häusern? Von dem unglaubhaften, überirdischen Schweben dieser ganzen Architektur zwischen opalenem Wasser und dem ein wenig heller nur schattierten Opal des Himmels? Ueber all diesem drängt ja doch(wie ein über seinen Rahmen herausquellendes. Fleisch und Blut gewordenes Blld) das Volk, der Mensch dieser Stadt, ungebrochen, heller und frei. Und darum end- lich geht auch der Fremde, wenn er der Stadt den Rücken kehren muß, gesenkten Kopfes fast wie in ein« Sklaverei zurück.

grock: Dss Geheimnis meines Erfolges

Neuen Ideen und Tricks gegenüber bin ich sehr mißtrauisch. und wenn mir mein Partner etwas von einer Idee zuflüstert, frage ich zunächst:Tut es weh?" Ein Artist muß Einfälle bekommen, wie ein gewöhnlicher Sterblicher zufällig Geld auf der Straße findet. Nur häufiger. Ein Trick ist nicht in beschaulicher Ruheauszudenken", sondern er kommt von selbst, fast immer bei der Arbeit, auf der Bühne. Oft werden mir gewissermaßenpatentierte" Tricks angeboten, durchaus nicht aus Edelmut, aber ich lehne immer sofort ab. Es kann fein, daß dies oder jenes brauchbar ist, doch was soll ich damit anfangen? Ich glaube auch, daß der Trick eines anderen mir nicht in Fleisch und Blut übergehen kann. Meine tricks habe ich stets dem Zufall, der bekanntlich der beste Helfer ist. zu verdanken. Ich erinnere mich solch einesZu- falls". Es war vor 20 Iahren. Ich war damals noch am Zirkus, in Madrid . Mein Flügel wurde dort alle Abende auf«ine Estrade in der Manege gestellt. Das ging recht gut. Eines Abends jedoch hatte sich mein Klaviersessel zwischen Fußboden und Podium ein- geklemmt. Es sah toll aus, well die hinteren Sesselbein« tiefer als die vorderen standen. Ich zog und zog, nur nicht den Stuhl heraus.(Die Leute lachten, weil sie dachten, das alles gehöredazu".) Die Sache wurde mir stchließlich peinlich was sollte Ich tun? Ich dachte: kommt der Prophet nicht zum Berg, muß eben der Berg zum Propheten kommen. Ergo krämpelte ich die Aermel hoch und versucht«, den schweren Flügel zum leichten Stuhl zu schieben. Es ging und mein Publikum schrie vor Lachen! Und als ich auf dem tiefen Stuhl vor meinem Flügel saß, der durch die eingesunkenen.Hinterfüße" meines Sessels viel zu hoch für mich war, ließ ich meine Hände die Tastaturerklettern". Das wurde belacht und von mir beibehalten. Dem Flügel habe ich übrigens viel zu danken, oder bester gesagt seinen Tücken. Einst spiele Ich nichtpahnend, da fällt mir der Deckel auf die Finger, ich bekomme Angst vor Wiederholungen und den Einfall, meine Hand nach jeder Not« zurückzuziehen. Man freut sich, wenn eine Gefahr plötzlich gefahrlos wird; das Publikum auch. Einst konnte ich den Deckel nicht wieder festmachen, ich lehnte ihn daher gegen den Flügel und setztezufällig" meinen Zylinder darauf. Der vertrug die schiefen« Ebene nicht und kam, wie so mancher Mensch, auf ihr ins Rutschen. Kann ich weniger als mein Zylinder? Ich rutschte ihm nach sogar bis zum heutigen Tag«. Die Tücken dieses Objekts hätten meine harmlosen improvi- sierten Rodelpartien beinah« unterbrochen. In Wien hatte ich«inst einen gräßlichen Partner, noch heute kann ich mich icher ihn ärgern. Wir hatten uns eines Abends vor unserem Auftritt hinter der Szene mächtig verkracht. Als wir danneinträchtig" nebeneinander, aber mit höchst gemischtem Gefühl auf der Bühne standen, benutzte mein Partner die Gelegenheit, mir eins auszuwischen. Bei unserem

komischen: Disput rief er irgendeine Gemeinheit über mich in« Publikum. Ich kochte vor Wut, mußt« nicht, was ich tat. utch packt« den nächstliegenden Gegenstand: den Flügeldeckel. Mein Partner sah, daß es Ernst wurde, und flüchtete über die Bühne; ich mit drohend geschwungenem Klaoierdeckel, ihm nach. Das Publikum brüllte, niemand hiell es für Ernst. Ein Wut- onsall hatte mich auf einen neuen Trick gebracht. Und wieder lachte mein Publikum, als ich einst im Wintergarten durch den Stuhlsitz fiel, was ich ebenfalls einem Zufall zu danken habe. Ich könnte noch viel erzählen, wie ich zu meinen Trick» und den damit verbundenen Erfolgen gekommen bin. Mit meiner Miniaturgeige wußte ich eine Zeit lang nichts anzufangen, bis ich sie hilflos und winzig eines Tages in einem Riesenkoffer fand, in den sie irgendwer hineingeworfen hatte. So schleppe ich sie seitdem im Koffer auf die Bühne. Ganz zufällig kam ich zu einem Abgangstrick. Ich verdanke chn der Drehbühne des Londoner Colosteums. Nach meinem Austritt ging ich mit hochgeschlagenem Rockkragen«INd heruytergezogener Perücke über die Bühne, als plötzlich der Bobhang wieder aufging. Ich rannte natürlich von der Bühne, aber die Bühne rannte mit. Wir rannten beide, was wir konnten. Ich kam doch nicht vom Fleck. Und weil das wie alles anscheinend zum Programm gehörte, schrie das Publikum und ich wiederhole auf jeder Drehbühne(beim Darietö sind sie sehr selten) meinen Dauerlauf. Daß es meistens auf den Raum, in dem man arbeitet, ankommt, beweist unser Durchfall bei unserem Debüt ini Berliner Wintergarten Anno 1911. Unsere NummerGrock and Antonet" war einfach eine Katastrophe. Unser Direktor kündigte uns am ersten Tage, und wir konnten es ihm nicht einmal übelnehmen. Er hatte recht, denn was bisher in der Manege gewirkt hotte, lies sich auf der Varietäbühne einfach tot. Das Publikum beteiligte sich mtt schrecklichem Ernst an unserer Begräbnisfeier. Antonet und ich waren uns einig, daß wir umlernen müßten; nach acht Tagen eifriger Beobachtung unseres Publikums und Er- probung und Durcharbeitung unserer Tricks umarmte uns der Direktor und zog die Kündigung zurück. So begann meine Variettlaufbahn. « Früher, als ich noch einfach Adrian Wettach hieß, schwänzte ich schon als Schuljunge im Berner Oberland die Schulz wenn ein Wanderzirkus bei uns einzog. Die Iugenderlebniste in diesen Zirkussen waren ausschlaggebend für mich Mtt IS Iahren war ich Klavierspieler in Kaffeehäusern, ohne ein« Note zu kennen, dann wurde ich beim Vetter des ungarischen Ministerpräsidenten, Gras Bethlen, in Siebenbürgen Hauslehrer, war Seiltänzer. Jongleur, Klavierstimmer, vierter Mann, nicht beim Skat, sondern beim Wanderquartett, Musikverleger und endete als Clown. Und das bin ich heute noch.

Stenni Xehmann: jUtSSwllH Meisels hat kürzlich m einer Plauderei imVorwärts" Berthold Auerbach erwähnt und gesagt, daß sich aus dessen Namen keine rechten Witze machen ließen. Im alten Berlin hatte man den Namen des Dichters der Schwarzwälder Dorfgeschichten aber ab- gewandelt in.Bauerbach", st'mem Sohn, der angeblich als junger Anwalt auf Klienten lauert«, die nicht kamen, hieß.Lauerbach". seine Tochter, die lange unoerheiratet war.Dauerbach" und seine Gattin, übrigens zu Unrecht, war als.Schauerbach" bezeichnet jvoiden. Sie war nämlich sehr freundlich und hat mir einmal, als

ich Auerbach in der Hohenzollernstratze besuchte, den Teller so mit Kuchen vom Geburtstagstische des Dichters vollgehäuft, daß ich seinem ständigen freundlichen Nötigen gegenüberEssen Sie doch, lieb' Kind, essen Sie!" in Verzweiflung geriet, wie ich den an mich gestellten Appetitansprüchen genügen sollte. Aüerbach war bekannt wegen kleiner harmloser Eitelkeiten. Traf er spielende Kinder bei seinen Spaziergängen im Tiergarten, so plauderte er mtt ihnen und sagt« dann:Nun gehe nach Hause, mein Kind, und sage, Berthold Auerbach hat mir dir gesprochen." Macht« der recht Witzige einen Scherz, über den man lachte, so erklärte er großzügig:Diesen Scherz schenkt Ihnen Berthold Auerbach ." Auerbach gehörte zu den sogenannten»kleinen großen Leuten".

Beilage des Vorwärts

die in Berlin populär waren, wie vor allem Menzel, diekleine Exzellenz", Windthorst, dieschwarze Perle von Meppen "(seinem Wahlkreise), und auch wohl der Musikkritiker desBertiner Tage- blatts", Heinrich Ehrlich . Ehrlich war der damals berühmteste Musikpädagoge, der Hauptschüler und Fortsetzer des Werks von Tousig. Jeder nennenswerte Pianist mußte bei ihm mindestens einige Stunden gehabt haben. Er selbst spielte nicht mehr ösfent- lich, nachdem es ihm geschehen war, daß bei einem von ihm veran- stalteten Musikabend, der sich wohl über das Uebliche ausdehnte, das Publikum teilweise die Flucht ergriff und ein Kritiker das Wort prägte:Ehrlich währt am längsten." Sein Hund hatte anscheinend mehr Freude an seinem übrigens sehr feinen und schönen Spiel. Er legte sich, wenn Ehrlich spielte, unter das Klavier und gab durch Schwanzwedeln Zeichen des Beifalls. Setzt« sich jedoch einer der Schüler an das Klavier, so begann der Hund unweigerlich bei den ersten Tönen bereits jämmerlich zu heulen und muhte aus dem Zimmer gejagt werden. Es dürste das auf einer Dressurbosheit des witzigen Mannes beruht haben. Schärfer als er waren im Witz die als Kritiker besonders ge- fürchteten Paul Lindau und Oskar Blumenthal , dem man den Namen desblutigen Oskar" verliehen hatte Blumenthal und Lindau standen auf gespanntem Fuß miteinander. In einer Gesell- schaft gab Lindau ein Rätsel auf:Das erste duftig, das zweit« lustig, das ganze schuftig." Als Lösung dachte erBlumenthal". Dieser, schnell gefaßt, gab die ebenso mögliche LösungLindau ". Lindau lernte ich kennen auf einem der alten Berliner Pressebälle, die im Zentralhotel in der Friedrichstraße stattfanden. Man erhielt alsDamenfpende" ein kleines Album mit faksimilierten Aussprüchen von Berliner Schriftstellern. Die meisten bemühten sich bei dieser Gelegenheit Geist zu blitzen. Lindau schrieb In eines dieser Heftchen, das ich noch besitze.Mir fällt merkwürdig oft nichts ein." Ein Schwager des bekannten Bankiers Bleichröder war der Bankier Julius Guttentag. der einer Breslauer Familie entstammt«, die sich nicht durch äußer« Reize auszeichnet«. Als bei einem seier- lichen Empfang in Breslau dem damaligen Kronprinzen, dem späteren Kaiser Friedrich nacheinander eine Zahl von Mitgliedern dieser Familie vorgestellt wurde, soll er zu seinem Adjutanten halb vernehmlich gesagt haben:Nichts ist schwerer zu ertragen, als«ige Reihe von Guttentagen." Noch in die Reihe dieser Namensscherze gehört der, den man auf Bismarck einmal machte. Bismarcks best- gehaßter parlamentarischer Gegner war bekanntlich Eugen Richter . Bismarck pflegte später jedesmal den Saal zu verlassen, wenn Richter eine seiner Etatreden begann. Als Bismarck einmal außer- halb Berlins besonders diktatorisch aufgetteten war und keinen Widerstand aufkommen ließ, rief man ihm zu:Es gibt noch Richter in Berlin, " ein« Wiederholung des bekannten Wortes des Mlllldrs von Sanssouci gegen Friedrich II. , als dieser ihm widerrechtlich die Mühle nehmen wollte. Das Wort des Müllers bezog sich auf die vom König«- unabhängigen Richter des Berliner Kammergerichts. In die Reihe der in Berlin bekannten Persönlichkeiten au? Finanz- kreisen gehörte vor allem der Bankier Landau , der Bankier der Stadt Berlin - war.-<Sr war«in Selfmademan, der sich durch etgewi Kraft emporgearbeitet hatte. Ihm passierten manchmal Ent- gleisungen, die viel belächelt wurden. Seine Tochter war sehr musikalisch.' So würde bei seinen Gesellschaften viel iNufl, ziert.- Es war damals in Berlin Mode, zu solchen Gelegenheiten nomhafte Künstler, scheinbar als Gäste, tatsächlich gegen Honorar,.zum Musizieren zu gewinnen. Landau wollte besonders wertvolle M.üsik haben und man riet ihm zu einem bekonnten Streichquartett. Das war natürlich sehr kostspielig, er erwartete daher ein besonders großes Orchester und sagte, als die Künstler kamen, enttäuscht:Nur vier Mann! Wo bleiben die anderen?" Als sie mit einem Adagio begannen, soll er gesagt haben:Natürlich, wenn man sie auf Zett nimmt, spielen sie langsam." Es darf bezweifest werden, ob all« diese und äbnlich« Geschichten wahr waren, denn Landau war ein sehr kluger Mann, aber ihm wurde stder solcher Schetz angehängt wie in Breslau dem DcrlagsbuchhäMer Schottiänder. Landaus eigener Sohn erzählte mit Vorliebe die gleichen Geschichlen von Schottlönder, was uns manchmal erschwerte, die Fastung zu de- wahren. In dem kleinen Alt-Berlin wurden alle Scherze schnell Gemeingut, sie gingen von Mund zu Mund, ebenso wie die Gastenhauer.

iPilmraufch Zur Erzeugung rauschähnlicher Zustände werden nicht nur Alkoholika benutzt, sondern die verschiedenartigsten Pflanzenstosfe müssen dazu dienen, den primitiveren Menschen in bessere Stim- mung zu oersetzen. Recht merkwürdig ist zweifellos der Pilzrausch, der bei den Eingeborenen in Nordasiien offenbor sehr beliebt ist. Um ihn zu erzielen, werden 8 bis 19 Fliegenpilze oder ihr Absud genommen. Das im Fliegenpilz enthaltene Gift(Muscarin) erhöht zunächst die Temperatur etwas, was für die im Norden lebenden Völker sicher recht angenehm ist; dann folgen Zustände größter Heiterkeit; schließlich wird. der Rausch etwas unangenehmer, denn es treten Zuckungen und Delirien auf. Recht merkwürdig ist, daß die Nordasiaten durch das Gift anscheinend überhaupt nicht geschä- digt werden. Dielleicht haben sie sich schon seit vielen Generationen daran gewöhnt. Die Art des Gebrauches ist verschieden: Tschuktschen und Korjäken führen Pilzstücke in Rindendosen mit sih und kauen gelegentlich an den Stücken; Korjäken und Kamtschatalen kochen den Fliegenpilz mit Früchten zusammen und trinken den Absud' oder vermischen ihn mit Beerensäften. Werden diese Säfte in geringer Menge genommen, dann treten Wirkungen ein, die sich denen gerin- gen Alkoholgenustes vergleichen lassen. Am meisten wird die Er- höhung der Tatenlust hervorgehoben. Uebermäßiger Genuß führt zu Raserei, die von Medizinmännern für bestimmte Zwecke absichtlich auf diese Weise herbeigeführt wird.

wie alt ist das Zifferblatt? Di« Erfindung und Anordnung des üblichen Zifferblattes unserer Uhren geht zurück auf das uralte Volk der Summerer, die im 4. und 3. Jahrtausend v. Chr. in diesem Lande zwischen Tigris und Euphrat in Babylon und südlich davon ansässig waren. Sie stellten bereits astronomische Beobachtungen an und bildeten das kreisrunde Zifferblatt dem scheinbaren Kresse nach, in dem die Sonne jährlich die Erde umläuft. Die Zwötfteilung des Blattes kam daher, daß der Mond zwölfmal eine Drehung voll- zieht, bis die Sonn« nach Verlauf eines Jahres, also von 12 Mo- naten, wieder die alte Stellung der Erde gegenüber erreicht. Der klein« Zeiger ist der Sonnenzeiger, der große der Mond.zeiger. der zwölsmal um das Zifferblatt läuft, während der klei» es einmal umschreibt Die Instrumente der Sumerer bei ihren Beobachtungen waren äußerst einfach. Sie bestanden vornehmlich in einem Zirkel und einem Lineal. Der Zirkel wurde hergestellt aus einer um einen Pflock gefchtunoenen Schnur. Auf die Sumerer soll auch die Er- findung der Bilderschrift zurückgehen, aus der dann die Keilschrift entstand. Sie schrieben zunächst von rechts nach links.