Beilage
Mittwoch, 24. April 1929
Der Abend
Spatausgabe des
Vorwäre
Ich schlage vor...
Sozialistische Auswandererfürsorge?
Wir erhalten eine Zuschrift, in der die Sozialdemokratische Partei aufgefordert wird, geeignete Schritte zu unternehmen ,,, um auswandernde Arbeiter zu schüßen, nach Möglichkeit ihnen die Wege im Auslande zu ebnen und für die Erhaltung ihrer sozialistischen Weltauffassung im Rahmen zulässiger Einwirkung zu sorgen". In der Zuschrift heißt es weiter:
Bum besseren Berständnis der Sachlage mögen folgende aus der Bragis der Auswandererberatung stammenden Erläuterungen dienen.
Reben fleineren behördlich zugelassenen Beratungsstellen für Sonderzwecke( Frauen, Berufe usw.), Arbeitsgemeinschaften für Siedlungs- und Wanderungswesen, kommen als Gegner der sozialdemofratischen Weltanschauung hauptsächlich drei Organisationen in Betracht, da das deutsche Auslandsinstitut in Stuttgart verhältnismäßig neutral erscheint. Diese rein tirchlichen Organisatio. nen sind:
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1. Der fatholische St.- Raphaels- Berein in Hamburg .
2. Der Verband für Evangelische Auswandererfürsorge, Berlin ( bestehend aus den Auswanderermissionen in Hamburg und Bremen sowie aus dem bis vor kurzem in Wigenhausen an der Werra in engster Gemeinschaft mit der ultra- rechts eingestellten dortigen Kolorialschule ansässig gewesenem, jezt in Berlin befindlichem Evange:
lischen Hauptverein für deutsche Ansiedler und Auswanderer).
3. Der legtgenannte Evangelische Hauptverein für Deutsche Ansiedler und Auswanderer, Berlin , mit 42 Zweigstellen in Deutschland . Der St. Raphaels- Berein gibt ein fleines Blättchen Die Getreuen", der Evangelische Hauptverein eine Monatsschrift Der deutsche Auswanderer" heraus.( In Danzig erscheint noch eine Bentschrift ,, Der Auswanderer".)
Richtlinien erhalten alle Beratungsstellen von der amtlichen Reichsstelle für das Auswanderungswesen, Berlin , der auch regelmäßig Berichte zu liefern sind. Die Reichsstelle, die selber das aus amtlichen und privaten Quellen gespeiste ,, Nachrichtenblatt" herausgibt, unterhält Zweigstellen in einigen Großstädten, erteilt selber aber keine Auskünfte. Der Leiter der Reichsstelle ist Geheimrat Hintrager, ein alter Südwestafrikaner.
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Da die Auswandererberatung der genannten Organisationen mündlich oder schriftlich völlig fostenfrei erfolgt, durch Pressenotizen in bürgerlichen und nichtbürgerlichen Blättern weitestgehende Reklame erhält, wird sie auch von Personen in Anspruch genommen, deren Zugehörigkeit zur SPD. außer Zweifel steht. Außerdem beftehen Abmachungen mit Landratsämtern usw., nach denen diese den Beratungsstellen die Anschriften folcher Personen mitteilen, die bei der Polizei Pässe ins Ausland erhalten haben. Beide Kate Päſſe gorien bisher noch nicht in Kontakt mit der Beratungsstelle geerhalten mejene Personen und solche, die beraten worden sind eine Postkarte zur Anmeldung bei der Auswanderermission in Hamburg oder Bremen . Dort werden Auswanderer auf den Bahnhöfen erwartet, in Hotels oder Heime gebracht, so daß sie bis zur Abfahrt, der natürlich ein Gottesdienst vorausgeht, unter bürgerlich- firchlichem Einfluß stehen. Bedenkt man, daß viele Auswanderer beim Berlassen der Heimat sich in einem leicht beeinflußbaren Zustande befinden, so ist es zu verstehen, wenn sie im Ausland die ihnen aufgedrängten Empfehlungen an Geistliche usw. benußen und schließlich dauernd in der Einflußsphäre bürgerlich- firchlicher Kreise bleiben.
Diese Verhältnisse sind die gleichen in fast allen Ländern, am stärksten ausgeprägt aber dort, wo einzelne, verstreut liegende deutsche Siedlungen mit ihren Kirchengemeinden in halbentwickelten Ländern den Auswanderern die einzige Anschlußmöglichkeit bieten, wie in Südamerika , Australien , Südafrika . Aber auch in Nordamerika sind, diese kirchlichen Einflüsse bemerkbar, am stärksten in Kanada , wo das dortige Lutheran Immigration Board, das auch Vertretungen in Deutschland unterhält, ganz ungeniert mit den Eisenbahn- und Dampfschiffgesellschaften Hand in Hand arbeitet und nach alaubhaften Berichten 7 Dollar für jeden Einwonderer erhält." Die Zuschrift weist weiter auf den schädlichen Einfluß jener fattsam bekannten monarchistischen und erzreaktionären deutschsprachigen Auslandspresse hin, deren Tätigkeit schon öfter gebrandmarkt werden mußte, und fährt dann fort:
,, Schließlich sei noch erwähnt, daß die zusammenhaltenden monarchistisch gesinnten Kreise des Auslands deutschtums die neudeutsche" Einwanderung verwünschen und durch wirtschaftliche Maßnahmen zu unterbinden suchen. Biele offene und geheime Beziehungen verknüpfen das reaktionäre Deutschland mit Gleichgesinnten im Ausland. Diese Auslandskreise unterstützen alle nichtsozialistischen Bestrebungen und auch den Kampf gegen die Republik mit Geld, da sie meist wirtschaftlich unabhängig find. Die Heimat liefert ihnen dafür für Office und Farm garantiert schwarzweißrot gefärbten Nachwuchs. Als klassisches Beispiel diene die Kolonialschule in Wizenhausen.
Was kann die Sozialdemokratische Bartei Deutschlands tun. um Abhilfe zu schaffen? 1. Mit Sitz in Berlin wäre zunächst von der Partei aus eine Beratungsstelle zu schaffen, die mit Hilfe der Parteiorgani fation ganz Deutschland umfaßte.
2. Gewinnung von Vertrauensleuten im Auslande durch die internationalen Beziehungen der Partei.( Eventuelle Zu sammenarbeit mit den vorhandenen Auslandsabteilungen des Reichsbanners.)
3. Um dem Einfluß der deutschen Auslandspreffe entgegen. guarbeiten, müßte der Auswanderer über das politische Geschehen in der Heimat auf dem laufenden erhalten werden. Warum nicht eine Auslandsausgabe des„ Vorwärts", damit nicht Ber: liner Tageblatt", Münchener Neueste Nachrichten", Frankfurter Zeitung , Hamburger Fremdenblatt" und die Scherl- Bresse gelesen werden müssen?"
4. Angliederung einer Art von Rolonialschule an den landwirtschaftlichen Umschulungsbetrieb der deutschen Arbeiterzentrale in Fliegerhorst bei Frankfurt a. d. D.
Anregungen und Klagen
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wanderer", vom Evangelischen Hauptverein herausgegeben, hat nur| Hier tenni man feinen Achtstundentag. Unermüdlich den ganzen 500 Abonnenten, da nichts für die Zeitschrift getan wird.
Die unter 1, 2 und 5 genannten Maßnahmen, die das Mindest maß einer sozialistischen Auswandererfürsorge darstellen, fönnen aus bescheidensten, wenig Kosten verursachenden Anfängen aufgebaut werden."
Freie Bahn?!
Geld und Schule.
Zum Kapitel Schulgeld" wird uns geschrieben:
Warum, so muß ich fragen, wird das schöne Wort„ Freie Bahn dem Tüchtigen" nicht in die Tat umgefeßt? Warum paẞt man nicht die Staffelung des Schulgeldes nach dem Arbeitseinfommen, die schon so lange besteht, der in3mischen eingetretenen Teuerung an? Da tönnte doch die Sozialdemokratie auch ein gutes Wort einlegen. Wie ist es dem Arbeiter möglich, fein Rind auf Grund seiner Begabung in die höhere Schule zu schicken, wenn er nur etwas mehr als die 2500 M. Gesamtbruttoeinkommen hat und Schulgeld bezahlen soll? Oder wie kann ein Veter, der sein Kind schon etliche Jahre in der höheren Schule hatte und jetzt, da sein Einkommen etwas mehr als 2500 M. ausmacht, auf einmal Schulgeld bezahlen? Wird das Glück der Kinder nicht mit Füßen getreten, wenn man sie im letzten oder vorlegten Jahr aus der Schule nehmen muß, weil man nicht imstande ist, leben vernichtet? das Schulgeld zu bezahlen? Wird da nicht manches junge Menschen
Bielleicht könnte man die Schulgeldermäßigung so regeln: Bei einem Gesamtbruttoeinkommen unter 3300 m. frei, von 3300 bis 4000 m. 8,50 m. usw., von 5000 m. bis zum Endgehalt der Gruppe la einschließlich( zurzeit 14 994 m.) wie bisher und über dieses hinaus volles Schulgeld. Ich finde, wer dieses letzte Gehalt bezieht, fann auch volles Schulgeld bezahlen. manchem Arbeiter und Angestellten die Möglichkeit gegeben, jein Kind in die höhere Schule zu schicken und manchem Minderbemit= telten stände der Weg offen, Lehrer an der höheren Schule zu merden, damit man nicht mit der Ausrede kommt, es ist fein Nachwuchs da, wenn man sich über die reaktionären Lehrer unterhält.
Es wäre dann
Tüchtige, seriöse Herren...
Oder Agentenelend.
Einen Einblick in das Agentendasein bot bereits der Artikel des Borwärts"„ Ein Tag Werbedame“. Als weiterer Beitrag möge
eine Zuschrift folgen:
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Wenn wir den Annoncenteil einer Tageszeitung zur Hand nehmen, dann fallen uns eine Unmenge vieljagender Inse rate ins Auge; 3. B. Tüchtige seriöse Herren, gewandt im Umgang mit der einschlägigen Kundschaft..." oder: Bis 1000,- m. fönnen Sie monatlich verdienen durch den Vertrieb von..." oder ,, Die Verkaufsorganisation eines Weltunternehmens sucht zum Vertrieb ihres Weltschlagers Herren, die über wirkliche Verkaufsqualitäten verfügen, für den Besuch der Privatkundschaft."
Sehen wir uns einmal solch eine Weltorganisation aus der Nähe an. Ein kleines Bureau im fünften Stock, knapp zu finden. Gleich im Entree eine junge Dame und dann dahinter das Bureau des„ Direktors" oder„ Personalchefs".
Nachdem der Stellungsuchende sein ganzes Ich diesem Herrn offenbart hat, wird ihm salbungsvoll flar gemacht:
Wir zahlen Ihnen 15 Pro3. Der Artikel ist leicht verkäuflich, und durch unser Zahlungssystem ist jeder Käufer. Die Provision steht Ihnen, nachdem der Kunde abgenommen und die erste Rate gezahlt hat, sofort zu. Sagen wir einmal: ein Verkäufer wie Sie muß jeden Tag zwei Aufträge machen, das ist dann für Sie ein Verdienst von 30 M. Es kommen natürlich auch Tage, an denen drei und vier Aufträge getätigt werden. Also, mein lieber Herr X., holen Sie sich morgen früh das Muster und dann Halsund Genidbrud)."
,, Bestatten eine Frage noch, Herr Direktor. Was zahlen Sie an Tagesspesen?"
Was, Tagesspesen auch noch bei 15 Proz.?" Herr Direktor ist empört. Wollen Sie noch mehr verdienen, als ich Ihnen vorge rechnet habe? Ueberlegen Sie einmal, Herr X, wo sollen wir da hinkommen! Sie werben mir morgen recht geben müssen." Herr Direktor lächelt schon wieder. und beim Gehen hört man gerade noch:
Ein warmer Händedruck,
Fräulein, der nächste Herr bitte." Einige Firmen haben ihre eigenen Bertaufsschulen, in denen der Vertreter in einem acht bis vierzehntägigen Kurfis technische Details des Artikels erlernt. Mit einer zu bewundernden Impertinenz bekommt man unterbreitet, daß dieser Kursus natürlich tostenlos ist und für die Firma dazu dient, eiren Einblick zu gewinnen, ob der Vertreter auch befähigt sein wird, den Artikel zu vertreiben, die Einstellung sei davon natürlich abhängig. Also müssen 14 Tage ohne jegliche Bergütung geopfert werden, um zu ciner Position zu gelangen. Und der zu verkaufende Artikel? Meistenteils Staubsauger, Schnellwagen, Nähmaschinen, Wasch maschinen, Kofferapparate, Radio oder zum Schluß Versicherungen. Immer Objekte, deren Anschaffung 100 m. und steigend erfordern. Dem Bertreter erwachsen täglich Kosten, die ihm nicht vergütet werden. Andererseits ist es natürlich sehr schwer, bei der augenblicklichen Wirtschaftslage schnell, wenn über haupt, Interessenten zu finden. Nur einige der Firmen zahlen den Bertretern Atontozahlungen der Provisionen oder sogenannte Ri messen. Dadurch liefert fich der Agent vollkommen der Firma aus; denn diese kann im Falle eines Debets den Betrag gerichtlich einklagen. Das Endresultat ist dann: Wochen amsonst ge arbeitet und Schulden dazu. Die Firma hat sich aber durch diese lebende, unbezahlte Propaganda" in der breiten Maffe gut eingeführt. meistens die Aermiten
Die Opfer derartiger Unternehmen
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5. Herausgabe einer Auswandererzeitschrift oder eines Breffedienstes. Die einzige Beitschrift Der deutsche Aus der Armen- richten sich für diese Parasiten der Wirtschaft zugrunde.
Tag von Tür zu Tür auf den Beinen. Hier gibt es feine tarifliche Arbeitsregelung, feine Urlaubszeit. Ist der Agent 35 Jahre alt, dann ist er schon für diesen Beruf untauglich. Was fümmert es den Unternehmer? Ein Inserat bringt ja Hunderte neuer Arbeitskräfte! Wäre es nicht an der Zeit, auch hier durch Tarife die foziale Lage dieser Kopfarbeiter zu bessern und der Ausbeutung dieser gewissen. losen Unternehmerwirtschaft Einhalt zu bieten?"
Someit die Zuschrift.
Gewerbe-, handels- und sozialrechtlich find diese Arbeitnehmer vogelfrei. Das ergibt sich aus folgender Stelle des Vertragsformu lars einer als solide geltenden Firma:
,, Es besteht kein Zweifel, daß Sie in feinem Ange stellten verhältnis zu uns stehen, daß hierdurch viel. mehr ein Agentenabtommen( Vermittlungsagent) ge schlossen wird im Sinne des§ 84 des Handelsgefegbuches, wobei die Versteuerung Ihres Einkommens Ihnen obliegt und wodurch eine Zugehörigkeit zu den gefeßlichen Versicherungseinrichtungen nicht bedingt wird.'
Der Vorbehalt ist an sich einwandfrei, wenn es sich tatsächlich um eine reelle freie Agententätigkeit handelt, bei der der Agent halbwegs sein Auskommen findet. Und es kommt weniger darauf an, wie der Vertrag abgefaßt ist, als vielmehr darauf,
welcher Art die Tätigkeit des Agenten ist.
In einer fürzlich gefällten Entscheidung eines Berliner Arbeitsgerichts wurde zwar gegen zwei Waschmaschinen- Gesellschaften. entschieden, daß ihre Werbedamen taufmännische Ange. stellte seien, weil ihnen die Hauptmerkmale des Agenten: Dis pofitions. und Vorführungsfreiheit fehlten, aber an dem allgemeinen Sachverhalt kann auch diese Entscheidung nichts ändern, wie die betreffenden Gesellschaften selbst recht drastisch vor Augen führten, indem fie einfach neue Verträge auf einer Basis schlossen, die die Feststellung des Arbeitsgerichts unwirksam machte. Es wäre an der Zeit, die arbeitsrechtliche Stellung des Provisionsreisenden gefeßlich zu regeln.
Eine Zuschrift aus Oberbayern .
Einer, der.. Lassen wir ihn selbst sprechen: Ich war lange Jahre in Luzern ( Schweiz ) als Schriftführer der Holzarbeitergewert schaft tätig. Bon 1902 bis 1904 diente ich beim Pionierbataillon 14 in Kehl( Baden ), von 1904 bis 1907 bei der Schutztruppe in DeutschSüdwest- Afrika . Bon 1908 bis 1914 war ich wieder in der Schweiz 19 ais Werkmeister tätig. Am 2. August 1914 rüdte ich wieder zu den Bionieren ein und war während des ganzen Krieges an der Westfront, führte 1918 ein Bataillon in die Heimat und fam 1919 an die Schweizer Grenze, die dann für uns gesperrt war. Ohne Arbeit, ohne Heimat bin ich dann in das Freiwilligen- Bataillon 4( Freiburg ) eingetreten und half dann Ipäter mit die Reichswehr gründen, wo ich dann 1921 ausgeschieden bin, aus politischen Gründen. Ich habe als einfacher Pionier an gefangen und bin als Leutnant a. D. entlassen worden, hatte somit Einsicht in den ganzen Dienstbetrieb, des äußeren sowie des inneren." Dieser Leutnant a. D. schreibt uns:
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,, Um eine Truppe zu erhalten, welche als zuverlässig zu be trachten wäre, ist es vor allem notwendig, daß die Rekrutierung anders gestaltet wird. Es müßten zur bestimmten Zeit Aushebungen für die Reichswehr ( gilt auch für die grüne Bolizei) stattfinden und nur die sogenannten Ausbil dungs Bataillone dürfen zur festgesetzten Zeit Leute ein stellen. Zu diesen Einstellungen stellt die Reichsregierung einen 3 uperlässigen Beamten ab, der die Zeugnisse usm. prüft bzw. zurückbehält, bis der untersuchende Arzt festgestellt hat, ob tauglich oder nicht, dann kann fein Einfluß auf seine politische Gesinnung ausgeübt werden. Dann haben die eingestellten Leute eine Probezeit zu bestehen und da läßt sich der Charakter der Menschen feststellen, ob tauglich oder nicht.
Es ist auch eine Bestimmung vorhanden, wonach aus dem Mannschaftsstande Offiziere befördert werden können. Es ist für einen Unteroffizier sehr schwer, Offizier zu werden, und wenn er noch so tüchtig ist, denn die Herren wollen unter sich sein. Ih habe selbst an solchen Prüfungen teilgenommen und sehr oft beobachtet, daß dem- Unteroffizier aus dem Mannschaftsstande( also nicht Fähnrich). ganz andere Fragen gestellt wurden und außerdem fann man jede Frage anders denten.
Auch hier wäre es sehr notwendig, daß ein Reichsbeamter an solchen Fragen und Prüfungen teilnimmt, der dann ohne Wissen, ob das nun Fähnrich oder Unteroffizier, nur nach Können urteilt und nicht nach Abstammung. Dies dürfte auch bei der Schutzpolizei zutreffen.
Ich lebe nun seit acht Jahren hier in Oberbayern und ver folge mit offenen Augen die Borgänge hier. Zurzeit Schlagwort: Bauernnot". Es geht hier um das Ganze und wenn der Ar beiter seine Augen nicht offen hält, so fommt er unter die Räder. Die Bauern flagen über Arbeiternot, sie bekommen feine Arbeiter und ihre eigenen Söhne und Töchter gehen in die Stadt, um dort mehr zu verdienen. Wer soll ihnen denn die Arbeit machen? Der Bauer soll seine Leute anständig bezahlen und anständig behandeln, so bleiben seine eigenen daheim. Wenn man heute Reichs wehr und grüne Bolizei auflöst, so sind hier in Bayern bestimmt 80. Prog. Bauernföhne, die daheim den Knecht nicht machen wollten.
Zurzeit beziehen Bauernföhne Bauernföhne Arbeitslosenunter. stügung. In den Erntezeiten helfen sie daheim und nachher gehen sie zum Holzmachen in den Wald, bringen eben so viele Wochen zusammen, daß es reicht zur Arbeitslosenunterstützung und dann fann man sehr oft hören, die in Berlin sollen mur zahlen, hoffentlich geht die Regierung zugrunde usw.
Nun noch eines: Warum werden folche hohen: Pensionen be zahlt. und zwar an Leute, die die Regierung in Grund und Boden rerfluchen und die größten Feinde der Sozialdemokratie sind? Hier find unzählige penfionierte Offiziere, die fast durchweg neben ihrer Pension noch einen Verdienst haben. Warum wird hier nicht gefpart?"