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"r.. Unterhaltung unö ÄVissen
Erik t. Ehvood:
S)as Merst des Weiften
Tawa-Tawa ist eine kleine Insel im Bismarck. Archipel. Sie zählt etwa zweihnnhcrt Einwohner, braune, herkulisch gebaut« Melanesen. Zweihundert Einwohner und ein Gespenst. Dieses Gespenst hieß einmal Lunuki und war ein kühner Taucher und Fischer, ein unerbittlicher Kopssöger, wie alle Männer seines Stammes. Jetzt ist es kein Mann mehr, hat keinen Namen mehr, ein namenloses Gespenst. Um die Mitternochtsstunde tappt es durch die menschenleeren Dorfgassen von Tawa-Tawa, zwei dünn« Beine, ein nackter Rumpf. aber kein Kops. Oder kann man diesen formlosen Klumpen Kops nennen? Diese Kugel ohne Augen, ohne Nase, ohne Ohren, ohne Lippen, dies« Kugel, aus der zwei Zahnreihen gräßlich blecken und die nur über dem Genick mit einem Büschel schwarzer Wollhaare bedeckt ist? Nein, ein Gespenst ist es, das da einherstolpert, die Arme hilflos ausgestreckt, heulend, röchelnd, dos van Hütte zu Hütte tastet und aus dem Unrat ein paar Brocken wühlt. Einmal, vor Iahren schon, wollte der Zauberer des Stammes diesen Kopfklumpen von seinem Körper trennen unr ihn als Tabu auf das Schädelbrett stellen. Aber da gurgelte das Gespenst:Noch nichtl Noch nicht! Erst das Herz des weißen Mannes!" Und so blieb es am Löben  . 4 Kuruki war einer der drei jungen Tawa-Tawa, die der fremd« weiße Mann als Diener gefordert hatte. Der fremde weiße Mann hieß Mellon, Mr. Hendryk Mellon, und es war nicht zu spaßen mit ihm. Eine große Piroge hatte ihn an Land gesetzt. Er tauscht« Perlen gegen Tabak und allerlei Hausrat ein und blieb ein halbes Jahr auf der Insel. Er hatte eine Hütt« aus Wellblech mitgebracht und sie am Strand, im Schatten der Pondanen und Kokospalmen ausstellen lassen. Zweimal hatten die Tawa-Tawa-Laute versucht, diese Hütte zu stürmen, einmal am hellen Morgen,«in andermal bei Nacht. Wer der Hund, den der fremde weiße Mann bei sich hatte, war wachsam und sein Gewehr räumt« fürchterlich unter ihnen aus. Die Weiber schleppten Feuerbränd« aus den Hütten und flochten kleine Vastzöpfe, die dann die Krieger an ihr« Pfeile steckten und Hinüberschossen. Es begann zu rauchen, es brannte lichterloh auf d�m Dach des Häuschens, aber das waren nur die Eukalyptus- blätter, die der fremde weiß« Mann daraufgelegt hatte, um sich vor der Sonne zu schützen. Als sie mit gellendem Schrei aus den Büschen brachen, schoß er sie zu Dutzenden nieder. Da ließen sie es sein und achteten jeden seiner Befehl«, auch wenn er unsinnig war. Nach dem zweiten Angriff bestellte er sie alle vor seine Hütte und erschien mit dem Gewehr in der Faust an dem schmalen Fenster. .Legt eure Waffen nieder!" befahl er. Keiner zögert«, denn mit dem fremden weißen Wann war nicht zu spaßen. Nur Kuruki verstand es. sein Grätenmesser blitzschnell unter dem Lendenschurz zu veibergen. Aber da trachte es schon aus der Hütte und pfiff an seinem Ohr vorbei und Kuruki warf da» Mesier fort. Der fremd« weiße Mann lachte wie ein Teufel. Er befahl, Feuer anzuzünden und die Dassen hinein zu werfen und sie ge- horchten. Er defahl ihnen ins Dorf zurückzukehren und sich nie-
mals ohne feine Erlaubnis bei dem Wellblechhöuschen blicken zu lasien. In Tawa-Tawa wurde es still. Nieinand durfte die Kriegs- pirogen besteigen, aber es wäre auch sinnlos gewesen, denn einen Mann ohne Waffen fürchtet kein Mensch und Tier. Ihre Feinde von den Nochbarinfeln kamen einmal, um ihnen die Köpfe abzu- schlagen. Aber der Blitz des fremden weiße» Mannes schützte sie, denn da» Köpfeabschlagen störte seine Geschäfte. Es blieb sehr still in Tawa-Tawa. Für sein Haus forderte Mr. Mellon drei Diener, darunter auch Kuruki. den er sich seit dem Borsall mit dem Grätenmesier gemerkt hatte. Kuricki kam und diente. Er schleppte Holz, reinigte die Pfannen des fremden weißen Mannes, wusch seine Wäsche. Er ruderte dos Boot, wenn sie fischen gingen, und prügelte sein« Stamm esge nossen, wenn der Herr es befahl. Des Nachts schlief er am Strand unter den Mangroven, denn der fremde weiße Mann litt ihn nicht in seiner Hütte und im Dorfe durste er sich nicht zeigen wegen der Peitschenhiebe, die er verteilen mußte. Der Zauberer hatte chn verflucht, ihn und die beiden anderen, die dem weißen Manne dienten. Trotz allem war Mr. Mellon mit Kuruki nie zufnobm. Bei der geringsten Nachlässigkeit, dem kleinsten Versehen hieb«runbarm- herzig auf ihn ein, trat ihn mit den Füßen, stieß ihn mit dem Kopf gegen die Wand. Kuruki wagte nickst, sich zu verteidigen, er fürchtete den Blitz in der Hand seines Herrn. Auch hatte dieser dem Häupt­ling gedroht, daß bei der geringsten Widersetzlichkeit die große Pirog« wiederkommen und den ganzen Stamm ausrotten werde, Männer, Weiber, Kinder, alles.Wir werden eure Hütten nieder- brennen!" schrie er.Wir werden eure Köpfe ins Meer werfen!" llnd der Häuptling hatte vor ihm zitternd auf den Knien gelegen, denn der fremde weiße Mann hielt den Blitz in der Hand. Die jungen Männer von Tawa-Tawa fischten tagaus tagein Perlen, wie Mr. Mellon es befohlen hatte. Ihm war kein« Bank zu tief, kein Hai zu gefährlich, er faß in seinem Boot und rauchte Pfeife. Er nahm fünf Taucher mit und fuhr mit ihnen nach dem kleinen Atoll gegen Sonnenaufgang. Dort mußten sie tauchen. Wer«ine Perlmuschel zu Tag förderte, erhielt«inen Ring Tabak Und vier Fuß Messingdraht. Zwei der jungen Männer hatten besonderes Glück, sie tauchten herrlich« Perlen herauf und Mr. Mellon belohnt« sie reichlich Da sprangen sie wieder hinunter, große Steins in den Händen, um sehr tief zu kommen. Plötzlich wirbelte das Wasser, schäumte rot auf.Der Hai! Der Hai!" riefen die anderen und schlugen mit den Rudern auf das Wasser. Der«ine Taucher kam hoch, schwamm heran und hielt sich keuchend am Bootsrand fest: der zweit« erschien nicht wieder. Mr. Mellon lachte und nahm das Eigentum des Verschwundenen wieder an sich. Dann gab er dem Geretteten«ine Maulschell« und nannte ihn«inen Feigling, well er seinen Kameraden nicht verteidigt hatte. Ohne Messer?" fragt« der Taucher. Aber«in Blick auf die Fäuste des weißen Mannes brachte ihn zum Schwelgen. (Schluß foJgt.)
8.8.3teimerdes: QüfihÖfe IH
Wenn es auch im Altertum bereits Gasthöfe gegeben hat. Unter- iunftsstätte» für Reisende, welche an dem betreffenden Ort keine Gastfreund« hatten, bei denen sie einkehren konnten, so standen sie doch aus einer sehr niedrigen Stufe und waren natürlich mit unseren hochentwickelten Hotels nicht zu vergleichen. Während wir vom Gasthauswesen im alten Aegypten   nur wenig wissen, sind wir über die Verhältnisse bei den Griechen und Römern ziemlich genau unterrichtet. Da die Angehörigen der gebildeten Stände meist bei guten Freunden wohnten, wenn sie sich in einer fremden Stadt aufhielten, so wurden die Gasthöfe,Fette Stuben", wie Horaz   sie spötlisch nennt, hauptsächlich von einfachen Leuten besucht. Das Gastwirtsgewerbe stand damals in schlechtem Ruf, seine Aueübung galt als keine besonders geachtete Tätigkeit, denn sie lag meist in den Händen entlassener Sklaven, die von ihren Herren gegen Zahlung einer Pacht die Erlaubnis dazu erhalten halten. Damals gab es in großen Handelsstädten, namentlich in Badeorten wie Bajä und Ostia  , verschwenderisch eingerichtete Unter- kunftchäuscr für Vornehme und Reiche. Ans Byzanz wird uns berichtet, daß die Einwohner ihre eigenen Wohnuirgen häufig an Fremde vermieteten. Bei öffentlichen Festen sorgten die Be- Hörden für Untertum't in Zelten, soweit die Fremden nicht selbst solck)« mitbrachten. An allen großen Landstraßen gab es Stationen zum Pferdewechseln, in denen man auch Nachtquartier bekommen konnte. Schon damals hatten diese Unterkunftsstätten besondere Be- Zeichnungen wie: Zum Adler, Hahn, Drachen, Apfel, Rad, Merkur  usw. Es sind sogar Gasthausrechnungen aus sener Zeit auf uns ge- kommen. Das größte Gebäude zur Aufnahme von Fremden wurde von den Theboner mährend de« Peloponesifchen Krieges neben dein Heratempel des zerstörten Platäa errichtet. Bei einer Größe von 200 Fuß im Quadrat enthielt es in mehreren Stock- werken mit Betten ausgestattete Räume. Die Gasthöfe im alten Gneckenland ließen häusig viel zu wünschen übrig, deshalb war Vorsicht bei der Wahl unbedingt geboten. In seiner Schrift über dt« Diätetik tut Plutarch   den Ausspruch, selbst, wenn der Wirt öfter freundlich gegrüßt habe, kehre man nicht in einem schlechten Gast- haus ein, wenn«in besseres daneben liege. Im alten römischen Reich stand das Gasthauswesen auf einer bedeutend höhere» Stufe der Entwicklung als in Griechenland  . Es gab damals schon zahlreiche gut eingerichtet», ausgezeichnet geleitete Gasthöfe, deren Wirt« eine behördliche Konzession haben mußten. Die Eigentümer waren meist wohlhabende Patrizier, die aus dem Herbergswesen oft hohe Einnahmen erzielten, wie die schwerreiche Familie der Horatier, denen Hunderts von Gasthöfen im ganzen Lande gehörte. Wie üppig diese manchmal eingerichtet waren, zeigen die Ausgrabungen in Pdmpeji. Unser« Altoorderen fanden zunächst an der Einrichtung der Gast- Höfe wenig Gefallen, da es ihnen verwerflich erschien, sich die Gast- freund schaft. die Taritu- als eine ihrer Haupttugenden preist, be-
zahlen zu lassen. Die ersten Uiüerkuustsstätten in Germanien   wur- den denn auch von Römern eingerichtet und Jahrhundert« lang, selbst als aus den römischen Heerlagern schon Städte geworden waren, betrieben fast nur Fremde die Bewirtschaftung der deutschen  Gasthöfe. Da sie sehr schlecht eingerichtet waren, sucht« nur das niedrige Volt sie auf, während die Gebildeten meist in Klöstern und Hospizen übernachteten, d!« sich auf Veranlassung Karle des Großen auf die Beherbcrbung und Bewirtung Fremder einstellten. Bereits im g. Jahrhundert gehört» zum Kloster St. Gallen   ein besonderes Unterkunftshaus für Reisende. Daß dort täglich Hunderte einge- kehrt sind, geht schon aus einem Bericht vom Jahre 872 hervor, dem zufolge in der Klosterbäckerei an jedem Tage lOOD Brote ge­backen wurden. Wegen der guten Verpflegung und der liebevollen Aufnahme standen namentlich die Hospize von St. Bernhard und St. Gotthard sowie die in Basel  , Bern  , Engelberg  , Schafshausen und Zürich   in hohem Ansehen. Verschiedene Gasthöfe und Herbergen lagen an den Landstraßen, welche von Deutschland   aus über die Alpen   nach Italien   führten. Sie genügten sedvch dem Bertehr nicht, waren gewöhnlich überfüllt und, was Speise und Trank anbelangt, selbst bescheidenen Ansprüchen nickst gewachsen. Viele Reisende brachten deshalb ihren Proviant entweder mit, oder sie bestellten ihren Bedarf lange vorher wie z. B. ein Bischof von Speyer  , der, als er im 9. Jahrhundert eine Romsahrt unternahm, in einem Gast- Hof in Bohlinoen für sich und sein Gefolge sechs Seidel Wein und dreißig Seidel Bier zurückstellen ließ. Die meisten Gasthöfe waren düstere, schmutzige, primitiv ausgestattete Lokale, durch Pergament- oder Tuchfenster notdürftig erhellt. Besondere Schlafräume gab es nur selten, man übernachtet« gewöhnlich in der rauchigen Schenk- sttlb« auf Bänken oder auf dem Fußboden und war dabei standig der Gefahr ausgesetzt, von diebischen Schlafgenossen, ja bisweile» vom Wirt selbst der Barschast beraubt zu werden. Der Ausenthalt in den Herbergen war überhaupt höchst unsicher und mit Gefahr für Leben und Eigentum verbunden, denn Uebersälle durch Räuber- gesindel gehörten keinesweaz zu den Sektenheitim. Sebr langsam besserten sich die Verhältnisse, sie ließen jedoch das ganze Mittelalter bmdurch noch viel zu wünschen übrig, obwohl die Bebörden die Pflichten der Wirte ihren Gästen gegenüber in zahlreichen Per- Ordnungen festgelegt hatten.?n Frankreich   mußt» seil dem Anfang des lo. Jahrhundert» fader Gastbofbesißer über die bei kbm«in- kehrenden Fremden»in» genaue Liste stlbren. Da die Wirt« trotz man Oschatter Leistungen ihre Gälte häufig zu überteuern versuchten, verfügen die Behörden vielfach die Anbrinaung pon Preistafeln in den Gaststuben. In einem Mandat des B'schms Julius von Würz­burg vom l. Dezember 1ö7K heißt es:Der Wirt soll sedem Gast sein« Zehrung von Stücken zu Stücken unterschiedlich rechnen, sol- gents auch über dieselbe.Gehrung eine», unterschiedlichen Zettel zu- zustellen schuld ia sein." Wer einen besonderen Schkafraum mit einem Bett beanspruchte, mußte dies häufig mit jemandem teilen, wobei
auf das Geschlecht keine Rücksicht genommen wurde. Meist waren jedoch überhaupt keine Bellen vorhanden, sondern höchstens un- saubere Strohbündel, reich belebt von allerlei Ungeziefer. Eine wenig einladende Beschreibung von den Gasthöfen jener Zeit besitzen wir aus der Feder des großen Humanisten Erasmus von Rotterdam  (1467 bis 1536). Bei der Ankunft, so sagt er, müsse man lange schreien, bis der Wirt erscheine, der die Aufnahme der Gäste als eine besondere Gnade betrachte. Sein Pferd müsse man selbst in den Stall führen. Tadele man etwas, so werde man be- deutet, ein andere« Gasthaus aufzusuchen. In der dichtgefüllten Gaststube müsse man sich umkleiden und die nassen Gewänder am Ofen aufhängen. Das Waschwasser sei schmutzig: aus das Essest müsse man stundenlang warten, bis alle Gäste beisammen seien, oft 86 bis 90 in einein Zimmer, wo sie ungeniert ihr« Toilette mochten. Der Ofen verbreite solche Hitze, das alles schwitze. Die Tischtücher feien grob wie Segeltuch, Teller und Löffel aus Holz, der Wein sauer, die Speisen aufgewärmt und spärlich zugemessen, der Käse übelriechend und voll Würmer, die Leinentücher ungewaschen: die Rechnung aber für alle gleich, ob sie viel oder wenig oerzehrten, und weh« dem, der sich über die seinige beschweren wollte. Erst gegen Ende des 18. Iahrhunders trat eine allgemeine Besserung der Verhältnisse im Gasthofswesen ein; allerdings gab es nur in größeren Städten wie Augsburg  , Nürnberg  , München  , Berlin  , Hamburg  , Leipzig   usw. wirklich gutausgestattete Hotels. Namentlich Leipzig   stand wegen seiner Unterkunftsstötten in hohem Ansehen. Berlin  , damals eine Stadt von etwa 180 000 Einwohnern, hall« neun Gasthöfe erster, elf zweiter und dreizehn dritter Klasse. Einen gewaltigen Aufschwung nahm das Gasthofswesen seit Einführung des Eisenbahn  - und Dampfschiffsverkehrs im 19. Jahr- hundert, seitdem hat es sich immer mehr entwickelt, bis es, unter starker Beeinflussung durch den neuzeitlichen Komfort Amerikas  , seine hsutige Vollendung erreichte.
Wcingarinar: Sfagegnutig iitll Prahms Der zweite Bend der Sebeneerinncrunoen de« großen Musikers wird iiemnäiilt Un Orell-glißli-Berlag. sillrich-L-ipzig. erscheinen, iius dem schon seit langem mit Spannung erwarteten Werke, das das Wirten und SLmpsen Wcingartners von der ersten Berliner Zeit bis mm Besinn setner Baseler Tätigkeit schUderi. können wir schon, icsit die nachfolgende Probe bringen. Als mir Richard Hellberger, der mich am Morgen des Konzert- tages von der Bahn abHolle, sagte:9bin gehen wir zu Vrahms," äußerte ich Zweifel, ob ihm der Besuch einesWagnerianers" will- kommen wäre. Hellbergers beruhigende Versicherung, daß Vrahms ganz parteilos wäre, ließ mich meine Bedenken überwinden, und so gingen wir hinüber nach dem allen, heute, wie so vieles Denkwürdige. abgerissenen' Haus« in der Karlsgasss. Brahms   empfing mich sehr freundlich, aber ein« Spitze schien er doch gegen mich im Herzen zu haben oder er wollte mich vielleicht auf die Probe stellen, denn als da» Gespräch auf das Abendprogramm kam. das nach seiner Sin- fonie den.Karneval Romain" von Berlioz   enthielt, sagte er plotzttch in ziemlich gereiztem Tone:Das erste Stück wird ja doch für die Katz' sein: erst bei Ihrem Berlioz werden die Leute aufwachen." Ich sühlle mich verletzt, verlor aber die Fassung nicht und erwiderte ganz ruhig:Die Ausführung wird jedenfalls in gleicher Weise für Brahms   und für Berlioz   sorgen." Diese Antwort schien ihm zu ge- fallen, denn er wurde wieder zutraulich und reichte mir, wie zum Zeichen einer stillen Abbill«, eine ungeheure, in Silberpapier ge- wickelte Zigarre, die ich sofort anzünden mußte, aber allerdings kaum bis zur Hälft« rauchen konnte. Auf grauen, gestrickten Strümpfen dahin schlürfend er halle keine Hausschuhe an, zeigte er mir sodann sein« reichhaltige Bibliothek, wamst der Besuch be- endet war. Dar Abend brachte uns einander näher. Seine Sinfonie war der größte Erfolg des Abends.Ich freue mich, wie sich mein Stück in Ihrem Kopfe gespiegelt hat," sagte er, als wir uns an feinem Stammtisch imRoten Igel" trafen. Dabei drückte er mir trästig die Hand. Er hatte sich erhoben, als ich eingetreten war und blieb stehen, bis ich mich gesetzt halle, was mir Hellberger als Zeichen be- sonderer Zufriedenhest deutete.So leicht steht er sonst nicht auf, wenn er einmal beim Bier sitzt: es muß ihm riesig gefallen haben," raunte er mir ins Ohr. Ich Halle den schwerkranken und von den Aerzlen bereits auf-- gcgriienen Anton Bruckner   besucht, der stn Lehnstuhl mst Atemnot kämpfte und nur noch mühsam sprach. Mit der Erzählung von Er- folgen seiner Werke in Deutschland  , soweit sie mir bekannt waren, tonnte ich ihm eine Freude bereiten. Als ich begann, Brahms   davon zu erzählen, stieß mich mein Nachbar warnend mit dem Fuße an. In Deutschland   wußte, man damals noch kaum etwas vom Wiener  Streit zwischen der Brahms  - und der Vruckner-Gemeinde, und ich Halle, nichts ahnend, an eine wunde Stelle gerührt. Brahms   hörte mir gelassen zu und sprach von Bruckner   mst Hochachtung, aber begreiflicherweise ohne Wärme. Für seinen leidenden Zustand fand er Worte warmer Teilnahme. Wer hätte ahnen können, daß die Schatten des Todes sich bald über den lebensfrohen Meister breiten sollten, der, ein Urbild von Kraft und Gesundheit, neben mir am Tische saß und sich an Küche und Keller sichiltch erfreute. Bei einem einfachen lallen Frühstück hiell er eine Rede, die auch jenes miederholl abgedruckt« Lob meiner Leitung seiner zweiten Sinfonie enthielt, das seicher einen stolzen Lichtpunkt in meiner Tätigkeit als Orchesterleiter bildet. Slur einmal noch sollte ich ihn zu jolzen bekomme». In einem Berliner   Restaurant, i» das ich abends öfter«inkehrte, begrüßte mich der Cellist Professor Hauhmann und bat mich, in das Neben- ztmmer zu kommen, wo meiner ein« Usberraschung wartete. Ich folgte ihm und stand Joachim und seinen Ouartetl genossen, Adolf Menzel   und Brahms   gegenüber. Es war gerade nicht besonders tief und bedeutend, was an diesem Abend gesprochen wurde, und ich kann mich nur an wenige Einzelheiten erinnern. Ueber der ganzen Unterhaltung aber, bei der ich mich mehr zuhörend als teilnehmend verhielt, herrscht« da» schön» Gleichgewicht bedeutender Naiuren, die über die Stürme de» Lebens berests hinaus waren. Wenn Menzel, Brahms   und Joachim sich gegenseitig Scherzworte zuriefen, kleine Hieb« austeilt«» oder Erinnerungen berührten, so schien, was der «ine sprgch, sich im anderen zu ergänzen, so daß die Unterhaltung einer KuppelwLldung von Gedanken glich, die von diesen drei pracht- vollen Eharaktertöpfen In fester und an» mt ig er Weise getragen wurde- Abermals schied Brahms   von mir mit einem herzlichen Auf Wiedersehen, hoffentlich in Wien  !" Als ich zum zweitenmal dorihinkam, wieder an der Spitze des Berliner   Philharmonischen Orchesters, lag Brahms   auf der Bahr«.