Der Abend
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Nr. 193
B 96 46. Jahrgang.
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Kopenhagen , 25. April. ( Eigenbericht.)
Der dänische Wahlkampf gestaltete sich zu einem großen Siege der Sozialdemokratie. Sie vergrößerte ihre Stimmenzahl im Vergleich zu den letzten Wahlen im Jahre 1926 um rund 96 000 auf 593 000 und eroberte damit 8 neue Mandate. Von den 149 Abgeordneten des Folkethings stellt die Sozialdemokratie nunmehr 61. Sie hat mit der bisher ebenfalls in der Opposition be findlichen radikalen Linken, die ihre 17 Mandate behauptete, in Zukunft die Mehrheit. Das bis jet noch amtierende Kabinett Madsen- Mygdal ist damit zum Rücktritt gezwungen, der bereits für heute erwartet wird. Voraussichtlich wird der König den Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei, Stauning, mit der Neu bildung der Regierung beauftragen.
Die Bauern- Linte, die bisher die Regierung führte, verlor 24 000 Stimmen und drei Mandate. Sie erhält mit einer Stimmenzahl von 402 000 statt bisher 46 nur noch 43 mandate. Den größten Berlust hat die zur militaristischen Aufrüftung neigende konser vallve Partel zu verzeichnen. Sie verlor von ihren im Jahre 1926 eroberten 275 000 Stimmen nicht weniger als 42 000 und verringerte ihre Mandatszahl um 5 auf 24. Der Rechtsverband brachte es auf 25 843 Stimmen und drei Mandate. Die deutsche
Minderheitspartei in Nordschleswig behauptet mit 9756 Stimmen ihren bisherigen Sih. Sie verlor 166 Stimmen. Eine geradezu fatastrophale Niederlage erlitten die Kommu. nisten. Sie erreichten auch diesmal nicht nur tein Mandat, sondern gingen in ihrer Stimmenzahl im Bergleich zu den letzten Reichstagswahlen vor 2½ Jahren um fast 45 Proz. zurüd. Bon den im Jahre 1926 erreichten 5700 Stimmen blieben ihnen nur noch 3100, obwohl sie mit Moskauer Geld in der gehässigsten Weise in allen Teilen des Landes gegen die Sozialdemokratie anzufämpfen
versuchten.
In Nordschleswig haben sämtliche Parteien Stimmen an die Sozialdemokraten abgegeben.
Der Führer der dänischen Sozialisten und voraussichtliche Minifterpräsident der neuen Regierung erklärte dem Korrefpondenten des„ Soz. Preffedienft" in Kopenhagen zu dem Ausgang des Wahl kampfes:„ Das Bolt hat ein Urteil gegen die bestehende Regierung abgegeben, und obwohl die Sozialdemokratie die absolute Mehrheit noch nicht erreichte, muß jetzt die Grundlage für eine demofratische Regierung geschaffen werden. In Zukunft muß die Fahne des Antimilitarismus als Symbol des Friedens über unser Land wehen."
Bootsunglück auf dem Müggelsee. 3wei Personen ertrunken.
Bei dem heute vormittag herrschenden Schnee. sturm und dem bewegten Wellengang auf dem Müggel. see fenterte ein mit fünf Personen besettes Ruderboot. Sämtliche Insassen stürzten ins Wasser. Ein Boot des Neichswasserschutes hatte das Kentern des Bootes bemerkt und fuhr mit voller Kraft sofort an die Unglücksstätte. Es gelang den Beamten, drei der Ruderer zu retten. während zwei bereits unterge. gangen waren.
Die Küstenfahrt des Zeppelin.
Barcelona - San Sebastian - Nizza .
Bon Bord des Zeppelin- Luftschiffes wird heute früh gemeldet: Rach etwas verlangsamter Nachtfahrt entlang der spanischen Küste, wurde um 4% Uhr in erster Morgendämmerung das lichterglänzende Barcelona erreicht. Die Passagiere, die noch friedlich schliefen, wurden sofort gewedt. Das Wetter war schön und ruhig. Der Kurs geht weiter auf Nizza .
Nach den in den ersten Morgenstunden beim Luftschiffbau in Friedrichshafen eingelaufenen Standortmeldungen von Bord des Graf Zeppelin " befand sich das Luftschiff um 4 Uhr turz vor Barcelona . Um 5 Uhr lief folgender Funtspruch en: Haben Barcelona perlaffen mit Kurs auf Nizza ."
Um 6 Uhr früh lief beim Luftschiffbau folgende Standortmeldung ein: Beppelin über San Sebastian mit Kurs auf Marseille ."
Zinserhöhung der Reichsbank.
Von 6% auf 7% Prozent.
Der Zentralausschuh der Reichsbank hat in seiner ausländischen Kapitals in der deutschen Wirtschaft und durch die heutigen Vormittagssigung beschlossen, den Reichsteigenden Devisenerforderniffe für Reparationszwede unterworfen bankdiskont von 6% auf 7% Proz. und den Lombard. ist. Die Reichsbank wird genötigt, der deutschen Wirtschaft ne u e 3insbelastungen in einer Zeit aufzuerlegen, in der die Wirt. 3insfuß von 7% auf 8½ Proz. zu erhöhen. schaft zu ihrer Belebung Zinsermäßigung brauchte.
Dieser Maßnahme murde vom Bizepräsidenten Drense folgende Begründung vorangeschickt:
Mit der Diskontermäßigung vom 11. Januar dieses Jahres hatte die Reichsbank geglaubt, der verminderten Aktivität der deutschen Wirtschaft entgegenkommen zu sollen. Es fonnte dabei in Kauf genommen werden, wenn die Berringerung des Zinsgefälles gegenüber dem Auslande angesichts der hohen lang und furzfristigen Auslandsverschuldung zu einem verminderten Zuftrom oder zu einem Abfließen furzfristigen Auslandskapitals und damit zu einer Sentung des Gold- und Devisenbestandes der Reichsbank führen würde. Die Gold- und Devisenentziehungen haben indessen die Er wartungen weit übertroffen, wozu nicht nur die AnSpannung an den wichtigen internationalen Geldmärkten, die fortIpannung an den wichtigen internationalen Geldmärkten, die fort. bestehende Bassivität des deutschen Außenhandels, die geringfügige Neuaufnahme lang- und furzfristiger Anleihen beitrugen, sondern vor allem auch die Devisenabflüsse zwangsläufiger Natur, der Zins und Tilgungsbedarf für die große Auslandsverschuldung und nicht zuletzt die Devisenzahlungen für Reparations zwecke, die mit der Steigerung der Dames- Annuität auf 2½ mil liarden Mark natürlich steigenden Devisenbedarf hervorrief( vom 1. September 1928 bis 31. März 1929 733 Millionen Mart gegen über 442 Millionen Mart im entsprechenden Zeitraum vorher). Es ist selbstverständlich, daß die Reichsbank versuchen muß, auch einer solchen Entwidlung gegenüber ohne Diskonterhöhung auszukommen, solange der Geld und Kreditbedarf der privaten Wirt schaft ein gewisses Maß nicht übersteigt; es ist aber bekannt, daß die gelegentlichen Spannungen des Geldmarktes während der legten Wochen ihre Ursache außer in Saisonerscheinungen großenteils in der bedauerlichen Kaffenlage des Reichs hatten.
Wenn das Reichsbankdirektorium fich nunmehr dennoch un gewöhnlicherweise in einer Zeit noch fortdauernder Wirtschafts. depression gezwungen sieht, den Diskontsag von 6% auf 7½ Proz. und den Lombardsatz von 7% auf 8% Proz. zu erhöhen, fo liegt der Grund dafür allein in der bezeichneten Verschlechte rung der Gold. und Devisenreserve. Es zeigt sich wieder einmal deutlich, welchem unnatürlichen Zwange die Diskont politik der Reichsbant durch die Notwendigkeit ber Berwendung
Die Kommentare, die die Barijer Bresse der Sigung des Transferausschusses widmet, versezen den Leser wieder in die Zeit der Ruhrbejegung zurüd. An Dr. Schacht, an der Reichs regierung, an dem ganzen deutschen Volk wird kein gutes Haar gelassen. Schacht treibe eine bewußt tatastrophale Politit, heißt es, er suche die Mart zu entwerten, um den Dames- Plan zu fabotieren. Er spielt mit dem Feuer, schreibt der Petit Pa rijen", er beschwöre die schlimmsten Ratastrophen herauf, Ratastrophen erklärt der Matin", die in Kürze selbst von den flügsten Politikern nicht mehr abgewendet werden fönnten. Sobald die Golddeckung der Reichsbank auf ein Minimum gesunken sei, schreibt das„ Echo de Paris", werde sich der Rückzug der ausländischen Kapitalien aus Deutschland beschleunigen und die Flucht der deutschen Kapitalien nach dem Auslande wieder beginnen. Aber, behaupt der Erelsior", auf Grund einer angeblichen Unterredung mit einem Deutschen , der der Sachverständigenkonferenz naheftehe, eine teilweise Marfentwertung schrecke Deutschland nicht, dadurch würde nur der erstidende Panzer der Stabilisierung gelockert, die Industriekrise behoben und der Export angetrieben. Die Arbeitslosigkeit verde dann von Deutschland auf Frankreich und Englano übergehen. Wieder
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einmal zeigt sich, so schreibt das Journal", daß die Deutschen un ehrliche Schuldner seien und unter feinen Umständen ihren Verpflichtungen nachtommen wollen.
Im übrigen glaubt die Pariser Presse anfündigen zu können, daß das Transferfomitee eine Erhöhung des Reichsbant. bistonts verlangen werde, aber, meint der Matin", vielleicht genüge diese Maßnahme schon nicht mehr, vielleicht werde man wirtlich die Dawes Bahlungen schon etwa in einem Monat ein. stellen müssen, Der Petit Baristen" weist auf die Aufnahme eines Banttredits von 1,4 Millionen Mart durch die Reichsbank hin
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Neubau der Berliner Schnellbahnhöfe
Die Arbeiten zur Verlängerung der Berliner Hochbahnhöfe, die für den Verkehr mit AchtWagen- Zügen jetzt umgebaut werden, werden bald beendigt sein. Unser Bild zeigt den Hochbahnhof Nollendorfplatz vor seiner Vollendung.
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