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Beilage

Donnerstag, 25. April 1929

Studienfahrten

Bon Dr. Bernhard Schulz

1000 Berliner   Kinder vierzehn Tage auf Reisen- welche Schule bringt das fertig und welche macht es nach? Zum zweiten Male fahren in diesem Jahr sämtliche Klassen der Aufbauschule, der deut­ schen   Oberschule, des K.- Friedrich- Realgymnasiums, mehrere Klassen der Volksschule am Herzbergplatz zu Neukölln, welche unter der Leitung von Fritz Rarsen vereinigt sind, während der Schulzeit studien halber in alle Teile Deutschlands   und noch weiter. In den Jugendherbergen der Mark und im Fläming, in Lübeck  , Hamburg   und Bremen  , an der Ostsee   und auf Sylt  , im Harz  , in Thüringen  , in Schlesien  , am Main   und im Rheinland  , im Burgenland   und in Wien  , in Holland  , England und Frankreich  werden die Glieder einer großen Schule fein. Bierzehn Tage anderes Futter für die Lungen, vierzehn Tage mit Kameraden draußen, vierzehn Tage Welt statt Schulhaus, Forscher und Entdeckerleben, Ereignisse, Eindrücke, Abenteuer in starten Gestalten statt Groß­betrieb, attive Bewährung der ganzen Person statt Uebung partieller Funktionen!

Wie macht man das alles praktisch möglich? Was sagt die

Elternschaft, die Schule und ihre behördliche Aufsicht, die Deffent­Kichkeit dazu?

Der Abend

Shalausgabe des Vorwärts

Diskussion über die Prügelstrafe

Aus der Praxis der Elternbeiräte

So wie hier im allgemeinen- geschildert, sind viele solcher Er. örterungen über Prügelstrafe verlaufen und verlaufen noch ständig so. Ihre Wirkung: der Lehrkörper schränkt allenfalls die Prügel­strafe ein, ohne aber seine grundsägliche Auffassung einer Revision zu unterziehen. Elternbeirat und Elternschaft haben ihrem Herzen Luft gemacht. Für die Verbreitung neuer Erziehungsmethoden in Schule und Elternhaus ist so gut wie nichts gewonnen. Es geht aber auch anders!

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Es ist kein Zweifel, an vielen Schulen führen die Elternbeiräte| urplöglich, lang zurückgehalten, entlädt. Die so schön begonnene nur ein Schattendasein. Mit der Wahl und der darauffolgenden Versammlung endet in Krach. konstituierenden Sigung ist vielfach die Haupttätigkeit erschöpft. Gleichgültigkeit der Wähler, zu geringe Würdigung der hier zu leistenden mühevollen Kleinarbeit selbst bei Gesinnungsfreunden, nicht zuletzt Sabotage der Lehrerschaft laffen manches Elternbeirats­mitglied, zumal wenn es sich in der Minderheit gegenüber Christlich  unpolitischen befindet, die möglichst wenig Sizungen einberufen, vorzeitig die Flinte ins Korn werfen. Und doch gibt es da eine Fülle von Aufgaben und Möglichkeiten zur Wirksamkeit, wenn man mit 3ähigkeit die Sache richtig anpadt. Die Elternbeiräte können nur Hebel des Fortschritts sein, wie an vielen Schulen die Pragis erweist. Es sei für heute aus dieser Arbeit ein besonders schwieriges Kapitel herausgegriffen: die Pädagogit. Seit Jahren arbeiten äh die Vertreter der Liste Schulaufbau" für Verwirklichung Beseitigung der Prügelstrafe in Schule und Elternhaus!

ihrer Aktionsforderungen:

Herablegung der Klaffenfrequenzen auf min destens dreißig.

Wer die ersten Vorfämpfer unserer Schulerneuerung, die Landerziehungsheime und freien Schulgemeinden kennt, der weiß, daß Wanderfahrten von Schülergruppen dort von Ein gewisser Teilerfolg ist ihren Borstößen und ihrer Auf Anfang an gemacht wurden. Es waren dies aber mehr Ferie It­reisen als Schulereignisse. Eine Klasse unserer deutschen   Oberflärungsarbeit zu danken. Nachdem die Vertreter der chriftlichen" schule griff sie auf. Es wurde daraus die jährliche Studienfahrt der Erziehung im Landtag einen sozialdemokratischen Antrag auf Ab­gesamten Aufbauschule, die jetzt bereits zum dritten Male stattfindet, schaffung der Prügelstrafe in der Schule zum mindesten für Mädchen und Abc- Schüßen abgelehnt hatten, gab der Unterrichtsminister end. und seit dem vorigen Jahr ist auch das Realgymnafium und die Bolksschule beteiligt. Wie schon die Bezeichnung Studienfahrt" lich doch vor einem Jahre einen Erlaß heraus, der die körperliche sagt, änderte sich in dem Maße, wie die Unternehmung allgemein 3üchtigung von Mädchen oder Kindern im ersten und schuloffiziell wurde, auch ihr Charakter: sie wurde ein Be= standteil des erzieherischen und unterrichtlichen Programm s. Das Elementare: heraus aus Berlin  , wandern, sich tummeln und sich umsehen, wird natürlich nie verstummen, die Erlebnisse auf der Fahrt bleiben immer stärker als die Programme vorher, aber es würde einer großstädtischen Einrichtung, die für verschiedenste Schüler- und Lehrer eigenarten und Lebensalter wirt sam sein soll, es würde auch der Intensität und Straffheit, die die Schulung heute von den Heranwachsenden fordert, wenig entsprechen, diese Schulfahrt zur Vagantenepisode zu stempeln.

Für die Eltern ist die Studienfahrt natürlich zunächst eine Frage der Kosten und des Risiko s. Die vierzehntägige Fahrt toſtet zwischen 30 und 70, durchschnittlich etwa 45 bis 30 M., für das Aus land natürlich etwas mehr. Mit der Schülerschaft gemeinsam hat die Elternschaft des industriellen Neukölln, auch die fast ausnahms. los proletarische Elternschaft unserer Aufbauschule, trog bedrängtester Geldlage den Hauptanteil der Mittel für die Fahrt, die ihr im Inter  effe der Kinder wichtig schien, durch monatelanges Sparen auf gebracht. Die Stadt Berlin   und der Bezir! Neutölln haben Fahrtbeihilfen gewährt, für Auslandsfahrten und für die Führer noch besonders. Die sog. Erziehungsbeihilfen für bedürf tige Schüler find mit Einverständnis der Elternschaft ebenfalls 3. T. für diesen Zwed verwandt worden. Schüler und Lehrer sind kosten­los gegen Unfall auf der Fahrt versichert. Hochtouren, woran der Berliner   nach dem Unglücksfall vom vorigen Jahr mit Besorgnis denkt, dürfen nicht unternommen werden, Baden an der See foll nur gestattet sein, wenn ein geprüfter Schwimmlehrer mitgeht, für Klassen von Jungen und Mädchen wird stets auch eine Führerin bestellt, überhaupt werden bei großen Klassen und schwierigen Fahrten Hilfsführer mitgenommen. Eine Kartothef der von uns benutten Quartiere, meist Jugendherbergen, ist eingerichtet und ge= stattet uns, die Erfahrungen der ersten Jahre schon jetzt für die Unterkunft und Berpflegung zu benußen.

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Für die Schule und die Schulaufsichtsbehörde ist in dem Augen blic, wo die Studienfahrt zum Bestandteil des Unterrichts wird( fein Kind darf, außer aus ärztlichen Gründen, von der Fahrt aus= geschlossen bleiben), natürlich die Frage des unterrichtlichen Wertes entscheidend wichtig. Schon die primitivste Reise läuft nicht ohne Bereicherung der Kenntnisse und des Wissens ab. Wir versuchen mehr zu leisten. Die Fahrten ihr Termin ist turz vor oder nach den Pfingstferien werden im Unterricht von Ostern ab so genau als möglich vorbereitet. Ein Plan hierfür geht zugleich mit dem Gesuch um Genehmigung an das Provinzialichul­follegium. Deutsch, Geschichte, Erdkunde, d. h. die kulturkundlichen Hauptfächer, und Biologie find in allen Klaffen fast ausschließlich auf das Fahrtgebiet und das Fahrtziel eingestellt, aber auch andere Fächer, z. B. die Mathematik und, besonders bei Auslandsreisen, die neuern Fremdsprachen helfen bei der Vorbereitung. Es werden die einschlägigen Rarten studiert, Pläne gezeichnet, Routenaufnahmen geübt. Kosten berechnet, Wettertabellen eingerichtet, Darstellungen der Geschichte und Landeskunde besprochen, mundartliche Becbach tungen, Pflanzenbestimmungen vorbereitet, Bilder betrachtet und analysiert, literarische Werke jur Charakteristik der Landschaft ge lesen, statistische Materialien gesucht. Aus dieser Arbeit ergeben sich je nach dem Alter der Schüler mit größerer aber geringerer Genauigkeit und bindender Wirkung die Forschungsgebiete und Aufgaben des einzelnen oder einer Gruppe. Jeder einzelne ist auf diese Weise unmittelbar oder als Glieb einer Heineren Ein­heit am Gesamtertrag der Fahrt beteiligt. In Tage büchern, Abhandlungen über besondere Themen, Sammlungen von Zeichnungen, Photographien, Pflanzen, von Lofalnachrichten, in Bandkarten, Diagrammen, Reliefs wird dieser Gesamtertrag nieder­gelegt und in einer Ausstellung der gegenseitigen und der öffent lichen Kritik zugänglich gemacht.

Hier ist die Möglichkeit, daß die Ronzentration des Unterrichts, wie sie heute erstrebt wird, nicht papierner Lehr­plan bleibt und nicht zu hohler Allgemeinheit in Begriffen und Urteilen führt. Der tonkrete Gegenstand in Gestalt dieser unter richtlichen Reife verbindet ungezwungen die verschiedensten Tätig. feiten und Spezialgebiete. Noch mehr, das Schulleben wird, wie es die gründlichen Schulerneurer feit langem wollen, aus dem Gebiet des Wissens und des intellektuellen Trainings endlich zu einer Bragis geführt, wie sie auch die beste Arbeitsschulmethode in 6 Bormittagsstunden nicht vermitteln fann.

und zweiten Schuljahr verbietet.

Die Durchführung läßt vielfach noch zu wünschen übrig. Der am Sonntag im Borwärts" veröffentlichte Antrag der Berliner  sozialdemokratischen Stadtverordnetenfraktion ist ein neuer Vorstoß in der Richtung zur Berwirklichung unserer Forderungen. Es gilt, Schritt für Schritt die öffentliche Meinung zu gewinnen. Wir müffen uns für alle unsere Erziehungs und Kulturforderungen erst unsere Kulturöffentlichkeit schaffen, die noch im Werden ist. Einen Teil dieser Arbeit leisten die Elternbeiräte. Nun ein Blick in die Pragis.

I.

An einer Schule wird häufiger geprügelt. Der Stod ist hier noch Requisit in jedem Klassenschrank. In einem Fall, wo es | ,, berber  " zuging, wandten sich die empörten Eltern, die sich übrigens sonst nicht um Elternbeirat und Schule fümmern, an ein Eltern­beiratsmitglied. In der nächsten Sigung bringt dieses den Fall zur Sprache. Der in der Sigung anwesende Schulleiter erhebt Einspruch gegen die Besprechung und wünscht erst Rücksprache mit dem Kollegium. Acht Tage später: zweite Sigung des Eltern beirats. Nach einigem Hin und Her ist ein größerer Teil des Kol legiums erschienen. Der Elternbeirat bringt den Fall unter Hin weis auf die allgemeine Bedeutung erneut zur Sprache.

Die Lehrerin ist empört, daß man diesen Fall hier zur Sprache bringe, da sie doch ihr 3üchtigungsrecht nicht über schritten habe. Es sei schon sehr viel Entgegenkommen, daß sie über­haupt zur Sigung gekommen sei. Sie laffe nicht über sich Gericht halten.

Das Elternbeiratsmitglied erklärt, das liege ihm ganz fern, es handle sich um eine grundfäßliche Stellungnahme zur Prügelei".

II.

Im Elternbeirat: Auch an dieser Schule ist der Stock noch nicht verschwunden. Einige vorsichtige Hinweise haben nicht genügt. Der neue Ministererlaß gibt willkommenen Anknüpfungspunkt. Der Elternbeirat hat sich durch positive Mitarbeit schon so viel Vertrauen erworben, daß er sich schon an etwas ,, brenzliche" Fragen heranwagen tann. Man war sich einig, man wolle vor der Elternschaft die Frage der Prügelstrafe grundsäglich erörtern. Ein Teil des Kollegiums hat zwar größte Bedenken, stimmt aber schließlich doch zu. Die Gesamtelternversammlung wird einberufen mit dem Thema: Prügelstrafe in Schule und Haus. Als Referent ist ein bekannter Psychologe gewonnen. Durch die Kinder sind die Eltern schriftlich geladen. Das Haus ist gefüllt.

Der Referent zeigt klar die schädlichen Folgen der Prügelstrafe. Er schenkt beiden Teilen nichts, weder der Schule noch dem Der Vorsitzende, ein geschulter Gewerkschaftsfunktionär, Hause. eröffnete die Diskussion mit dem Hinweis, daß es sich heute um eine grundsätzliche Erörterung, nicht um Einzelfälle handle mit dem Ziel zu erreichen, daß hoffentlich auch in dieser Schule der Stock und damit die Einzelfälle bald gänzlich verschwinden. Sofort meldet sich ein Lehrer und stimmt zwar grundsäßlich dem Referenten zu, aber es sei doch nicht so einfach durchzuführen usw.

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Ein Bater, ganz radikal, bringt ein flein wenig politische Spannung hinein, betemmt sich als absoluter Gegner der Prügelstrafe. Der Lehrer darf den Jungen nicht hauen. Meinen Jungen haue ich selber."

Das hat einem Christlich   unpolitischen das Stichwort gegeben. Er verbreitet sich über die Zuchtlosigkeit der Jugend, Un­möglichkeit, auf Prügelstrafe zu verzichten. Im übrigen: schade um jeden Schlag, der vorbeigehe. Zum Schluß wird er biblisch: Wer fein Kind lieb hat, der züchtigt es!

Eine Mutter: Ein bißchen Prügel schadet nichts. Wir waren fünf Kinder und haben feste Dresche bekommen und wir sind alle groß und tüchtig geworden.

Jetzt bekommt die Diskussion aber eine andere Wendung durch einen jüngeren Lehrer. Er bekennt sich rückhaltlos zur Auffassung des Referenten in der Ablehnung der Prügelstrafe und erzählt nun aus feiner Bragis, wie schwer ihm die Durchführung feiner pädagogischen Anschauung in feffer Grundschulklasse gemacht wird durch Eltern, die ihre Kinder schlagen. Ja, Eltern fommen mit der Forderung: Herr Lehrer, hauen Sie doch meinen Jungen tüchtig. Sie sind viel zu gut." Nicht ohne Wirkung weist er darauf hin, wie sehr die Eltern ihre Kinder schädigen.

Jetzt kommt ein Vertreter des Schulaufbaues" zu Wort: Er weist dem Vater nach, wie ,, bürgerlich" er troß seines Radikalismus" denke mit der Proflamierung des Befizrechts am Kinde und daß auch dem Vater ebensowenig wie dem Lehrer ein­Die christlich­Recht zum Brügeln zugebilligt werden könne. unpolitische Jeremiade von der Zuchtlosigkeit der Jugend sei un berechtigt. Der Lehrerschaft muß in ihren Schwierigkeiten geholfen werden durch besondere Einrichtungen für schwer erziehbare Kinder und durch herabsezung der laffenfrequenz Denn hohe Klassenbesuchsziffern führen zur Verrohung der Schulzucht. Vor allem muß aber auch das Elternhaus versuchen, ohne Prügel auszukommen.

Im Kollegium nimmt man Anstoß an dieser Bezeichnung. Endeffett: das Kollegium verläßt gefchloffen die Sigung. Jetzt ist der gesamte Elternbeirat feinerseits empört und mill in einer Gesamtelternversammlung die Angelegenheit zur Sprache bringen. Der Lehrförper verweigert die Zustimmung unter Be­tufung auf die Sagungen, nach denen Gesamtelternverfamm lungen in Berbindung mit dem Lehrförper einberufen werden. Beschwerde bei der Schulaufsichtsbehörde. Kreisschulrat Der Referent setzt sich im Schlußwort noch einmal mit den greift vermittelnd ein. Nach drei Vierteljahren findet eine neue Eltern­beiratssigung statt. Man einigt sich auf Abhaltung einer Eltern- fonservativen Bertretern auseinander, und unter Beifall und Zu perfammlung mit anderem Thema, etwa Vorbereitung einer Dampfer: Stimmung kann der Borfizende ihm danken. Dank der geschickten fahrt, Schülerwanderungen, und hat ein volles Haus. Gegen Schluß Leitung ist die Versammlung zum guten Ende gediehen. Alles geht meldet sich noch ein Vater zum Wort und bringt einen Brügelfall angeregt nach Hause. Wieder ist Bresche in alte Ideologie ge­zur Sprache. Schon melden sich mehrere. Kollegium, Schulleiter schlagen und so ein Stück Kleinarbeit zur Verwirklichung unserer stehen ratlos der Erbitterung gegenüber, die sich auf einmal hier Forderung geleistet.

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machen, es finden sich nicht immer die geeigneten Führer, die Ber. einigung von Vorbereitung und Unterrichtsarbeit während und nach der Fahrt mißglückt noch zuweilen, der Gesamtkomplex Studienfahrt ordnet fich nicht immer gleich zwanglos in den Jahresplan einer Klaffe ein aber die sozialen Wirkungen einer solchen Fahrt Der Deutsche   lernt das Ausland und bleiben niemals ganz aus. junge Ausländer, der moderne Großstädter kleinere Städte und das Land, die Lebensart verschiedenster Stände und Berufe schon als junger Mensch tennen. Sozial entscheidend endlich sind die Kräfte, die sich bei immerhin vierzehntägiger Fahrt zu gemeinsamer Leistung in der Fahrtgruppe selbst auslösen. Die breite Deffentlichkeit, auch gewisse pädagogische und Elternfreise bellagen sich heute bisweilen darüber, daß die moderne Schule zwar in den jungen Menschen Kräfte wede und lockere, sie aber nicht zur Disziplin und Unterordnung, zur Schweigfamtett und Ausdauer führe. Hier ist die Gelegenheit. Was in theoretischen Unterricht, wenn man geistlosen Drill vermeiden will, nicht immer gefordert und geleistet werden fann, ergibt sich hier, als im Ernstfall, mit Notwendigkeit von selbst. Unausweichliche und unnachlaßbare For derungen nach Pünktlichkeit, Bereitschaft, gegenseitiger Hilfe und Rüdficht, Genügsamfeit rufen in hundert Situationen während der Fahrt den Sinn für Organisation und Gemeinschaftlichkeit auf.

Erziehung zur Minderwertigkeit

Bon Dr. Willy Blumenthal

So groß die persönlichen und unterrichtlichen Werte dieser Seit Alfred Adler  , der aus der psychoanalytischen Schule Studienfahrten find, so haben sie außerdem nach für die gesamte Deffentlichkeit ein fogtales 3ntereffe, und diefes ist der legte Siegmund Freuds hervorgegangen ist, wiffen wir, eine wie große Grund, warum wir hierdurch öffentlich auf sie hinweisen. Persön Rolle das Minderwertigkeitsgefühl für Entwicklung und Aufbau von licher und unterrichtlicher Nuzen fann unter Umständen in Frage Charakter und Seele des werdenden Menschen spielt. Dieses gestellt werden. Das Wetter fann hinderlich sein, die törperliche Minderwertigkeitsgefühl, meist entstanden aus dem hemmenden Be Berfaffung des einzelnen fann Unterfunft, Berpflegung, Marschwußtsein eines organischen Mangels( Organminderwertigkeit), deffen Leiftung wyrenb ber Fahrt vorübergehend zur Strapaze für ihn fich das Kind schämt, ist in den feltensten Fällen angeboren. Die

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Richard Schröter.

Bewußtmachung der Schwäche mit ihren schädlichen Folgen, mit ihrer Steigerung des Schamgefühls und dem mangelnden Selbst­vertrauen, wird vielmehr meist dem Kinde durch Sünden der Erziehung fünftlich beigebracht.

Schon vor der Schulzeit, im Schoß der engsten Familie, sezt diese schädliche Behandlungsweise ein. diese schädliche Behandlungsweise ein. Es wird an dem fleinen Wesen fortwährend herumgemäkelt, Forderungen werden gestellt, die es beim besten Willen noch nicht erfüllen kann, und reichlich feßt es schon Verbote. Verstärkt werden diese Einflüsse naturgemäß in der Schulzeit, wo es für das Kind gilt, feine Kräfte im Wettbewerb mit anderen zu erproben und sich in einer Gemeinschaft zu behaupten. Der psychologisch geschulte Lehrer unterscheidet auf den ersten Blick die durch Anlage und richtige häusliche Einwirkung noch ungebrochenen, noch zuversichtlich dreinschauenden Kinder von feitsgefühls nagt und die dann schnell zurückbleiben. Meist aber verschlimmert hier das Unverständnis liebloser Erzieher das Uebel. Da muß das scheinbar dumme und faule, in Wahrheit cft nur in feinem Selbstvertrauen gehemmte Kind immer wieder hören, daß es nichts fann und nichts weiß. Es erhält Rügen   und Tadel, die zu Hause ein verstärktes Eho finden und die schädlichen Einflüsse weiter verschlimmern. Oft genug gibt dann die einsetzende Prügel­strafe dem gemarterten Kinde den Rest.

den armen Seelen, in denen schon der Wurm des Minderwertig­

Hier liegt eine der Wurzeln der leider so häufigen Selb   ft. morde Jugendlicher. Darum ergeht die ernste Mahnung an alle, die mit der Jugend Umgang haben: Bemüht euch, die guten Anlagen, die ja in jedem Rinde schlummern, ans Licht zu ziehen, stärkt das Bertrauen, ermutigt durch Lob und Zureden und ver meidet wie die Best absprechende Ermahnungen, Tadel und andere Strafen. Sie nügen gar nichts und können unermeßlichen Schaden stiften, fie tönnen vor allem das gefährliche Minderwertigkeitsgefühl herausbilden, das für den später ja unerläßlichen Lebenstampf un­tauglich macht.