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Nr. 224» 46. Jahrgang
3. Beilage des Vorwärts
Donnerstag, 46. Mai 4 929
Die Michsanleihe beschlossen. Auch die Branntweinfieuervorlage angenommen.
Der Reichstag   beriet am Mittwoch in zweiter Lesung dos Slnleihegesetz samt Ermächtigung zur Veräußerung der 4(10 Mit- Iwnen Reichsbank-Vorzugsaktien: die Originolaktien und damit das Stimmrecht bleiben im Besitz des Reiches. Die Anleiheverzinsung wird das Reich g Proz. kosten, nämlich 7 Proz. Zinsen und 2 Proz. Kosten und Steueraussall insolge der Steuersreiheit, die sich jedoch nicht auf die Körperschasts-, Erbschafts  - und Schenkungssteuer erstreckt. Berichterstatter ist Abg. Dr. Bernhard(Dem.). Er teilt mit, daß die Regierung im Ausschuß die baldige Vorlegung einer Reform der Arbeitslosenversicherung sowie der Reichsfinanz- Wirtschaft zugesagt hat.. Abg. Dr. Bang(Dnat.): Die Vorlage ist dos Berzweiflungs- Produkt einer ratlos gewordenen Finanzwirtschaft, die unausgesetzt anUltimoschwierigkeiten- leidet. Ist denn diese Finanzlage nicht katastrophal? Auf Paris   hoffen, heißt die Zukunft unseres Volkes preisgeben.(Zustimmung rechts.) Die Steuerfreiheit gewähren, ist des Reiches unwürdig. Es fehle nur, daß ein Ausniser die Leute beranlocke, indem«r die kapitalistisch-sozialistische Mißgeburt oder das illegitime Kind der Kameradschaftsehe des cherrn chilferding und Goldschmidt anpreist.(Große Heiterkeit.) Sie machen sich mit diesem Geschenk für die reichsten Leute salonfähig bei Mr. Morgan. Ihr Marxismus   erweist sich als Liebedienerei für das Graßkapital. Unsere" Wirtschaft ist in einer Dauerkrise infolge der Reparations- und der marxistischen   Innenpolitik. Geben Sie uns Wirtschaftsfreiheit. Sie versilbern und vermöbeln eine Existenz- grundlagc des deutschen Volkes nach der anderen.(Abg. Wels (So.;.): Sie leben doch van dieser Politik als Groß- Pensionär!) Herr Wels, Sie werden mit dieser Vorlage den Dammbruch des marxistischen   Systems nicht verstopfen können. Auch Dr. Stresemann hat' gerufen:Los vom marxistischen   System der Valksnerclendung!"(Stürmischer Beifall rechts.) Abg. Dr. Cremer(D. Vp.): Mit der zusammenhanglosen Red« Dr. Bonos kann man sich nicht auseinandersetzen. Wann und wo hat Stresemann so gesprochen? Die Wirtschast wird durch nichts mehr gefährdet, als durch die Redereien über bevorstehende Kata- ftrophen.(Zustimmung der Mehrheit.   Rufe: Hugenberg und Bang!) Wir haben unsere Bedenken gegen die Vorlag« erst zurückgestellt, als im Ausschuß die Unmöglichkeit dargetan wurde, einen anderen weg zu gehen. Wir verlangen aber, daß eine solche Rotmaßnahme nicht wiederholt wird.(Zurufe rechts.) Haben Sie schon vergessen, daß von den !W> Millionen Anleiheermöchtigung 675 Millionen mit Ihrer Zu. stimmung beschlossen worden sind? Wir stimmen der Vorlage zu unker der Voraussetzung, daß ihr eine Finanzreform folgt, die neben weiterer Einschränkung der Ausgaben eine Entlastung der Wirtschaft von den übermäßigen Abgaben bringt. Die Steuer- sreiheit ist eine Systemwidrigkeit, die auf möglichst kurze Zeit be- schränkt werden muß.(Beifall der Mehrheit.) Neichsfittanzmiitister Dr. Hilferding: Der Redner der größten bürgerlichen Partei hat bchr in einer Weise gesprochen, von der ich nur hoffe, daß. sie nicht für spätere Zeit unerfreuliche Folgen für den Kredit des Reiches haben möge! Im Ausschuß haben die deutsch  - nationalen Führer Westarp und Hergt ganz anders gesprochen: sie haben Fragen gestellt, die Antworten zum Teil unbefriedigend ge- funden, aber sie haben nicht angekündigt, daß sie die Vorlage als unannehmbar ansehen. Wenn Sie jetzt die Vorlag« ablehnen, nach- dem Sie im Ausschuß Ihre Haltung von meiner Darlegung des kommenden Finanzprogramms abhängig gemacht haben, so sagen Sic damit, daß Sie kein Vertrauen zum Finanzminister hoben. Einen anderen Weg haben Sie aber nicht vorschlagen können. Dann Ist es aber unverantwortlich, diesen Weg als dos Schlimmste an die Wand zu malen und den Kredit des Reiches aufs schwerste zu erschüttern.(Geschrei rechts.) Verstehen Sie den linterschied zwischen ordentlichem und außerordentlichem Etat nicht, oder tun Sie nur so? Herr Bang hat von verantwortungslos und vorschnell gemachten Ausgaben gesprochen. Wer hat denn diese Ausgaben gemacht? Als die jetzige Regierung ihr Amt antrat, am l. Juli 1928, war der Kasienbedars 1975 Millionen. Wer hat also vorschnell Ausgaben gemacht?(Hört! hört! links.) Der Haupt- posten war dos Defizt im außerordentlichen Etat, das Ihre(nach rechts) Regierung durch die BSschließung Ihres Arbeitsbeschasfungs- Programms ohne genügende Deckung geschaffen hat. Als die er- wartete Deckung nicht eintrat und als der Etat bereits stark an- gespannt war, hat Zhre Regierung mit einem Federstrich die Zolleinnahmen um 150 willonen heraufgesetzt und die letzten Reserven aus dem(Etat herausgerissen. Dann aber behauptet man hier, wir hätten finanzielle Mißwirtschast getrieben, während wir eine solche Erbschaft von Ihnen übernahmen mußten.(Lebhafte Zustimmung der Mehrheit.)
Sie wissen, daß die weitere Verschlechterung im wesentlichen aus dem einzigen Faktum des außerordentlichen strengen und langen F r o st e s und der dadurch gesteigerten und verlängerten Arbeits- l o s i g k« i t entstanden ist.(Dröhnendes Gelächter rechts!) Das Reich mußte 399 499 Millionen mehr zur Arbeits- losenversicherung zuschießen, und zwar auf Grund eines Gesetzes, das unter Ihrer Regierung eingeführt worden ist.(Hört! hört! links.) Wollten Sie die Verantwortung dafür übernehmen, daß die Regierung entgegen dem Gesetz in diesem langen und schweren Winter die Zahlung der Arbeitslosenunterstützung eingestellt hätte? Wollten Sie die politische Verantwortung dafür übernehmen? (Verlegenes Schweigen, dann einzelne Rufe rechts: Davon ist ja keine Rede!) Dann aber haben Sie kein Recht, Vor- würfe zu erheben, weil diese Beträge ausgezahlt worden sind.(Sehr richtig! bei der Mehrheit.) Es wird immer behauptet, daß wir in eine fürchterliche Finanz- katastrophe hineingehen. Das G e g e n t e i l ist der Fall. Wir haben das 699-Millionen-Defizit des ordentlichen Etats gedeckt, im wesent- lichen ohne neue Steuern, sondern durch Ersparnisse. wo sind in Ihrer Regierungszeil Ausgaben gesenkt worden? Sie haben es nicht getan! Sie empfehlen uns Einstellung j>er Reparationszahlungen. Warum haben Sie dos nicht getan? Sie haben die Annahme der Dawes- Gesetze mit Zweidrittelmehrheit ermöglicht, weil Sie die Verant- wvrtung für das Scheitern nicht übernehmen wollten. Jetzt kommen Sie als Opposition mit solchen billigen Rezepten. Wir haben unsere
Finanzpolitik auch nicht in der Hoffnung auf ein günstiges Ergebnis der Pariser Verhandlungen gemacht. Der Etat ist balanciert, wie auch die Pariser Verhandlungen ausgehen mögen. Unwahr ist es. daß ich die Sachverständigen beeinflussen wollte, sie haben volle Freiheit und brauchen auf unsere Finanzpolitik in keiner Weise Rücksicht zu nehmen. Die Sanierung der Finanzen muß kommen. Dazu ist die jetzige Vorlage der erste, vielleicht schwere, aber not- wendige Schritt, und wir werden Sie dann auffordern, weitere Schritte mit uns zu tun. Es ist der Weg, der zum Ziel führt. (Lebhafter Beifall der Mehrheit.) Abg. Dr. Reubauer(Kmnm.) behauptet, daß diese Vorlag« die Kapitulation der Sozialdemokratie vor dem Großkapital auch für das kommende Finonzprogramm bedeute, denn dieses wolle die sozialen Ausgaben auf das Stärkste einschränken. Abg. Heinig(Goz.): Der gewaltig« Unterschied zwischen den Reden der Deutschnwtio- nalen im Ausschuß und der des Herrn Bang ist kein Zufall. Herr Bang ist nicht durch frei« Wahl geküchrt, sondern durch Herrn Hugenberg in den Reichstag bugsiert worden. Das wird be> stätigt in einem Brief, den Graf Westarp an den damaligen Vor- fitzenden der Deutschnationalen Volkspartei   in Sachsen   gerichtet hat. der wegen dieses Parteifkandals sein Amt niedergelegt hatte. Hergt hat im Ausschuß durchaus sachlich gesprochen. Sie haben nicht den Mut, Herr Hergt(Abg. Hergt springt auf und ruft:Sie fluid ja närrisch!"), Ihre gestrigen sachlichen Ausführungen heute zu t, Herrn 2"
wiederholen. Sie sind gezwungen,
Bang hier reden zu lassen,
tRichtfeU im 3)ie fäundesfchule in S&ernau. Am Mittwoch hat der Bundes- vorstand des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes   mit einer schlichten Feier das Richtfest feiner Bundesschule in Bernau  begangen. Wenn der Bau seiner Bestimmung übergeben werden wird. werden seine Einrichtungen und die gesamten Anlagen noch imponieren- der und eindrucksvoller fein. Aber auch heute schon, wo die Bundes- schule erst im Rohbau fertig ist, macht sie einen in ihrer Sachlichkeit, Schönheit und Größe überwältige);-' den Eindrücke'" Mitten im herrlichen Bernauer Forst liegend, auf einem 22 Mar- gen großen Terrain, das die Stadt Bernau   gratis dem ADGB  . über- lassen hat, soll die Bundesschule neue Kämpfer für die freien Gewerkschaften her- anziehen. Das Gebäude selbst wirkt gerade durch seine Schlichtheit, und der Erbauer, Hannes Meyer  , der Leiter des Dessauer   Bauhauses, hat es meisterlich verstanden, zwi- schen Landschaft und Architektur eine symphonische Einheit herzustellen. Die Bundesschule wird außer dem Lehrpersonal, das in fünf Eigsnhäusern untergebracht sein wird, 129 Schülern Raum geben. Außerdem sind die nötigen Verpflegungs- und Ausenthaltsräume und die Untcrkilnftsräume für das Verwaltungsperfonal und für Gastlehrer vorgesehen. Es versteht sich von selbst, daß die modernsten hygienischen Einrichtungen vorgesehen' sind Und daß reichlich für Luft und Licht gesorgt ist.' Turnhalle und Turnplätze im Freien, ein Schwimmbad mit Strand am kleinen See,-in« Lausbahn und viele andere Ein- richtungen sind vorgesehen, um den Hörern auch in körperlicher Beziehung den Aufenthalt angenehm und nutzbringend zu machen. lieber die Schönheit der gesamten Anlagen wird noch zu sprechen sein, wenn die Bundesschule eingeweiht wird. Man
hofft, daß dies noch in diesem Herbst möglich sein wird. Nach den kernigen Worten des Poliers, aus denen die Freude an dem Werk herausklang und der mit Stolz darauf hinwies, daß. bei dem Bau sich keinerlei ernster Unfall zugetragen hat, erinnerte L e i p a r t in seiner Dankes- und Begrüßungsrede daran, wie es früher mit dem Bildungswesen in den Gewerkschaften ausgesehen hat. Vor. 42 Iahren habe er für den Fachverein der Drechsler i» Haniburg bereits eine Schul« errichtet. Das war ein Lesezimmer in emer Kneipe, wo drei Zeitungen auflagen und einige Bücher zu lesen waren. Dieser Vergleich zeigt den Weg, den die frei« Gewerkschaften zurückgelegt haben und berechtigt uns zu stolz« Hoffnungen.
1 Frohe Pfingsten und frohe Gesichter durch SALAMANDER DAS ERZEUGNIS DER 6ROSSTEN DEUTSCHEN SCHUHFABRIK. Lind däju die passenden Strumpfe