Der Ruckflug von Toulon . Morgen früh aber nur mit vier Motoren. Am Dienstag abend traf in einem Waggon, der einem Extra- zug angehängt war, ein neuer Motor und sonstiges Er- >' a tz m a t e r i a l von der Zeppelinwerst in Friedrichshafen auf dem Bahnhof in Toulon ein und wurde eine Stunde später mit einem Personenzug nach dem Bahnhof Cuers weitergeleitet. Auf dem Luftschiffhofen herrscht reger Betrieb. Die Techniker sind mit der Znstandsehung des Zeppelins beschSsligt. Am Mittwoch sollen die neuen Molaren in der Ruhestellung geprüft werden. An- schließend wird eine Probefahrt vorgenommen. Der stellver- '»etende Kommandant des„Graf Zeppelin" hatte Dienstag abend -«it dem Fregattenkapitän T r u c y. dem Luftfchiffkommandanten *tra 3. Marinebezirks, und mit dem Korvettenkapitän chamon, dem Flughasenkommandanten von Pierreseu. eine längere Aussprache, die sich auf die Startcinzelheiten des Zeppelins bezog. Wenn alles gut geht, soll der Start Donnerstag in der Frühe um vier Uhr stattfinden. Nach einer chavas-Meldung aus Cuers wird das Luftschiff„Graf Zeppelin " auf seiner Fahrt nach Friedrichshafen außer den bereits gestern gemeldeten vier französischen Passagieren noch sieben Marineoffiziere und M a r i n e i n g e n i e u r e aus Einladung Dr Eckencrs mitnehmen. Unter ihnen befindet sich auch der Korvettenkapitän Hamon, der Befehlshaber des Kriegs- Marineflugplatzes Cuers-Pierrefeu.
Vagabunden-Kongreß.
„Hoheit hatten befohlen."
„Einen Kongreß haben wir, eine Zeitung haben wir, gesell- schastSfähig sind wir geworden, jetzt fehl« uns nur nochGeld!"
Der Menschenfresserprozeß von Kaschau Die Vernehmung der angeklagten Zigeuner. K a s ch a u, 22. Mai. Im Menschenfresserprozeh gegen die Z i» grüner von Kaschau , über den wir einen ausführ- lichen' Vorbericht brachten, wurde am Dienstag nach Verlesung der umfangreichen Anklageschrift mit dem Verhör der An geklagten begonnen. Der erste Angeklagte Alexander F i l t e verneinte die Frage des Präsidenien, ob er den ermordeten Direktor des Konsumvereins in Stosz, I m l i n g, gekannt habe. Sein jüngerer Bruder Julius Iä n o hingegen sagte aus, daß Alexander wohl dabei gewesen sei. als man Jmling im Walde um eine Zigarette gebeten habe, ihn dann rückwärts gepackt und der Angeklagte R i b a r ihn mit der Axt er- Ichlagen habe. Jano fügte hinzu, daß sie den Mann zunächst für tot gehalten hätten, obgleich er noch gelebt habe. Erst später hätten sie ihm den Todesstoß oersetzt. Von dem geraubten Betrag babe er 12 Kronen erhallen. Paul R i b a r erklärte ebenfalls, den Ermordeten weder gekannt noch ihn erschlagen zu haben. Als Julius Jano dennoch an seiner Aussage festhält, Ribar hätte Jmling erschlagen, springt dieser auf ihn zu und versucht, ihn zu würgen. Erst der anwesende Polizeibeamte mußte die beiden Ange- klagten auseinanderbringen. Der vierte Angeklag'e, Rudolf Ribar, leugnet ebenfalls jedwede Beteiligung an dem Raubmord. Er be- schuldigte sich jedoch während seiner Verteidigung selbst, ohne es zu wollen, als er angab, an dem betreffenden Tage gar nicht im Walde bei Stosz gewesen zu sein, sondern aus einer anderen Straße einen Bettler getroffen zu haben. Der Vorsitzende, der hier sofort ein- hakt, versetzt den Angeklagten in sichtliche Verlegenheit und zwingt ihn schließlich dazu, ein G e st ä n d n i s über diese neue Tat abzu- legen, die eigentlich gar nicht unter Anklage steht. Rudolf Ribar gab zu. daß der Bettler mit einem hieb niedergeschlagen worden sei. Man habe aber In seinen Taschen nur ein Stück Brot gefunden. Den Leichnam habe man zerstückelt und die kleinen Stückchen während des Weitermarsches in den C h a u ss e e g r a b e n ge- warfen. Alle anderen Angeklagten bestritten die Beteiligung an diesem Mord. Der Bruder Rudolf Ribars gab an, nur an dem Mord Ruszynaks teilgenommen zu haben. Man habe dort glatte Arbeit verrichtet. Ruszynak sei in einigen Minuten tot gewesen. Die Kasse hätte einen größeren Geldbetrag ent- ballen. Auf die Frage des Vorsitzenden an die Brüder Ribar, ob sie Gott nicht fürchteten, antwortete der jüngste, er kenne ihn nicht, da er noch nicht mit ihm gesprochen habe. Auch der nächste Angeklagte, der tbjährige Julius S z i s a r, bestritt jede Teilnahme an den Morden und erklärte ebenso wie die anderen, daß sie vor den Gendarmen nur gestanden hätte, weil man ihn blutig geschlagen habe. Am Schluß, des Verhörs stellte ein Verteidiger den Antrag, einen Gerichtspsychiater der Verhandlung beiwohnen zu lassen, da die Angeklagten nicht normal sein könnten, weil sie. was bewiesen sei. Menschenfleisch gegessen hätten. Das G-eicht wird am Mittwoch über den Antrag beschließen. Da» surchtbare Explosionsunglück lm Arsenal von Sofia , dem 30 Menschen zum Opfer fielen, hatte jetzt sein Nachspiel. DI- an- geklagten Offiziere wurden von dem Militärgericht fr-ig«. sprachen. Ihre Schuld an der Katastrophe war angeblich nicht »ochzuweisen. Di« sozialistische Presse greift diesen Freispruch erbittert an: er bedeute eine Verhöhnung der hingemordcten Arbeiter und Arbeiterinnen und deren Hinterbliebenen.
Die allzu willfährige Devotion des unentwegten Untertanen oor einem hochfürstlichen Tllel braucht nicht immer, wie im Falle Domela und anderen, zu einer Blamage für das ewiggestrige Spießertum auszuschlagen. Es ist auch schon anders herum ge- kommen, und die Hoheiten waren die Blamierten. Zumal in jenen Zeiten, da sie wirklich noch etwas zu befehlen hatten, aber sich häufig nicht sorgfällig genug überlegten, was sie zu befehlen ge- ruhten. Darüber gibt es eine ergötzliche Geschichte, die keineswegs er- funden, sondern dokumentarisch belegt ist. Die„Akten" befinden sich im Hausarchiv der ehemals großherzoglichen Familie eines norddeutschen Kleinstaates. Sie bestehen aus einigen Protokollen, einem Brief, zwei Telegrammen, einem blaugedeckten Schulschreib- hest und verschiedenen Kostenrechnungen, die die stattliche Höhe von 50 000 Mark erreichen und gewissermaßen die Begleitmusik zu dem „F a l.l H e ch t" bilden. Wer war dieser Hecht? Seines Zeichens ein forscher Kammer. diener im großherzoglichen Schlösse, der seinen Dienst brav und redlich versehen hatte, bis— nun ja, bis er eines Tages die aller- höchst« Aufmerksamkeit der beiden jugendlichen Prinzessinnen erregte, mll denen das großherzogliche Haus gesegnet war. Die beiden ullrablaublütigen jungen Damen faßten, wie das ja schon öfter oor- gekommen ist, eine große Zuneigung zu dem jungen, strammen Lakaien, so daß sie schließlich seine Dienste intensiver in Anspruch nahmen, als es üblich ist. Lange konnte dieses dreieckige Idyll zwischen hoch und niedrig natürlich nicht dauern. Die Angelegenheit wurde ruchbar, und ein Riesenkrach erschütterte die Grundvesten des hochfürstlichen Hauses. Die folgenden hochnotpeinlichen Verhöre der Prinzessinnen erfolgten im engsten Familienkreise, und über die Ergebnisse wird besser ge- schwiegen. Das Ermittlungsverfahren gegen den Kammermops wurde von einer Art heimlichen Gerichts geführt und brachte aller- Hand erbauliche Dinge ans Licht. Im übrigen beschränkte sich der Herr Hecht in seiner Verteidigung auf die stereotype Erklärung: „Ich konnte ja nicht anders! Ich befand mich in einer Zwangslage! Hoheiten hatten befohlen...1 Die Folgen des Skandals waren verschiedene. Die beiden Prin- zessinnen verschwanden in neue, weit entfernt liegend« Vaterländer, die ihre Millionenmitgiften ihnen erschlossen. Und dem Kammer- diener Hecht wurde durch eine Ehrengabe von 30 000 Mark der Mund gestopft. Damit war der„Fall Hecht" aber keineswegs erledigt: er fand zwei Jahre später noch ein groteskes Nachspiel, in welchem Herr Hecht wiederum ein« aktive Rolle spielle. Im Besitze seines wohlerworbenen Reichtums war der ehemalige Lakai nach Berlin gegangen und machte dort in der Alexandrinen-
straße eine Kneipe auf, die er„Zum lustigen Hecht" taufte. Da? Lokal fand guten Zuspruch, da Herr Hecht so amüsant von dem Leben an deutschen Fllrstenhöfen zu erzählen wußte. Leider aber verstand Herr Hecht nicht zu wirtschaften. Er entdeckte seine Leidenschaft für Rennwetten und andere noble Passionen, für die sein Verdienst nicht ausreichte. Und siehe da. eines Tages war sein Kapital aufgezehrt, und er stand wieder mit leeren Händen da. Aber Herr Hecht verzweifelte nicht. Eines Tages setzte er sich hin und verfaßte ein längeres Schreiben an jenes Hosmarschallamt, das ihm bereits einmal unter die Arme gegriffen hatte. Er er- wähnte kurz seine mißlich« Lage, und daß er den Plan gesaßt habe, nach Amerika auszuwandern. Die Mittel dazu habe er bereits in Aussicht, denn ein großer Verlag habe ihm 1S000 Mark geboten. wenn er seine Erinnerungen aufschreiben und oerösfentlichen wolle. Er, Hecht, habe noch nicht endgültig zugesagt, aber er habe sich be- reits an die Arbeit gemacht usw. Diesen Wink mit dem Zaunpsahl sandte Herr Hecht ab und wartete auf Antwort. Eine Anzeige wegen versuchter Erpresiung fürchtete er wenig, den er wußte, wie empfindlich hochstehende Herr- schaften gegen drohende Skandale sind. Und richtig, nach«inigen Tagen empfing er ein Telegramm:„Erwerben Manuskript für 20 000 gegen Verpflichtung, Europa zu verlassen." Hecht tat einen Freudensprung und drahtete zurück:„Einverstanden. Veranlaßt um- gehend alles Nötige." Und noch ein paar Tag« später erschien ein Bevollmächtigter in Berlin , der von Herrn Hecht ein versiegeltes Paket mit der Handschrist seiner Erinnerungen empfing und ihm dafür 20 000 Mark in bar auszahlle. Gleichzellig überreichte er ihm auch eine Fahrkarte nach New Park für den nächsten fälligen Dampfer und wich ihm nicht von der Seite, bis Herr Hecht auf dem Wasser schwamm. Die Rolle des Kammerdieners Hecht in der intimen Geschichte jenes Fürstenhauses war damit ausgespielt. Sein Manuskript aber besitzt den Ruhm, das höchste Honorar eingebracht zu haben, das jemals für ein schriftstellerisches Werk bezahlt worden ist. Es ist ein gewöhnliches Groschenheft mit blauem Deckel, in welchem etwa drei Seiten mit Bleistift beschrieben sind,— 200 Worte! Herr Hecht hat also pro Wort 100 Mark Honorar erhalten, und das soll ihm ein- mal ein deutscher Schriftsteller nachmachen! Von den beiden Prinzessinnen, die Herrn Hecht mit so verführe- rischen Befehlen traktiert hatten, hat man in der Oeffentlichkeit erst wieder gehört, als sie vor einiger Zeit mit unverschämten Abfin- dungs- und Aufwertungsklagen ihrem ehemaligen Vaterlande zu Leibe rückten, mit denen sie möglicherweise Glück haben können. Denn in Deutschland hat die Phrase„Hoheit haben befohlen" ja leider immer noch nicht ihre Geltung verloren. Es befehlen noch immer viel zu viel« Hoheiten bei uns zulande. Beter Bolter.
Verdächtig— nicht verdächtig. Beim Fall Hu ß mann wurde seinerzeit, unter Hinweis auf die niannigfaltigen Ausdeutungen, die Hußmonns Verhallen bei den verschiedenen Sachverständigen und Zeugen gesunden hatte, die Frage aufgeworfen, wie ein Mörder sich denn nun eigentlich zu verhalten habe: zeig« er sich erschüttert über den Tod seines Freundes, so werde er gemeiner Heuchelei geziehen, bewahre er seelische Haltung, so gelte das als Beweis seiner Gemütsverrohung. suche er den Vater des Getöteten auf, so heiße es, er wolle von dem Verdacht ablenken, suche er ihn nicht auf, so heiße es, er wage es nicht, ihm unter die Augen zu treten... Jetzt ist in Insterburg der Dujardin- Prozeß in der Wiederwufnahmeinstanz verhandelt worden, und wieder hat das Verhalten der beiden Verdächtigen«ine große Rott« bei der Ab- wägung der Schuldmoment« gespielt.„Verdächtig", hat Staats- anwaltschaftsrat Priese gesagt,„ist die Tatsache, daß Frau I a q u e t. nachdem das Haus alarmiert war, nicht mehr ins Schlaf- zimmer zur Leiche ihres Mannes gegangen ist...." Verdächtig— aber auch wieder gerade nicht verdächtig, und der Staatsanwalt hat fortgefahren'„Allerdings soll man dabei nicht übersehen, daß Schmerz oder Furcht sie zurückgehalten hoben können." Ferner führte er in seinem Plaidoyer aus:„Verdächtig ist es, daß Frau Iaquet auf der Flucht nicht sofort, sondern erst in der Küche ge- schrien hat." Verdächtig— aber auch wieder nicht verdächtig, denn „man könne freilich auch annehmen, daß sie erst nach Sekunden die.Sprache wiedergefunden habe." Bei einigen anderen Gelegen- hellen hat es Staatsanwalt Priese nicht unternommen, seine psycho- logische Deduktion von der Kehrseite zu betrachten. Daß Frau Iaquet- Hölzner sich selbst den Schuß in die Hand beigebracht habe, häll er für unwahrscheinlich, denn man könne nicht annehmen. daß, wenn sie ihren Mann vorher gemordet hätte, sie einer so raschen seelischen Umstellung sähig gewesen sei. Daß die Mordwaffe hinter dem Ofen verborgen war, scheint ihm ebenfalls ein Beweis für ihre Unschuld zu sein, denn:„im andern Fall würde sie den Revolver aus dem Fenster geworfen haben." Bei Dujardin hält es der Staatsanwalt für belastend, daß der vermeintliche Mörder von ihm nicht verfolgt worden ist, und serner. daß er geweint hat, als der Arzt kam. Aber auch diese Momente können zwanglos gegenteilig gedeutet werden. Warum soll ein schuldloser Dujardin nicht davon absehen, in die Finsternis zu eilen. gar: warum soll er nicht ehrliche Tränen über den Tod des Haus- Herrn vergießen können? Warum würde für eine schuldige Frau Iaquet eine„seelisch- Umstellung" dazu gehört haben, sich nach der Tat in die Hand zu schießen-- und warum sollte ein« solche seelische Unistellung nicht möglich sein? Worum soll eine schuldige Frau Iaquet, vielleicht in fraulicher Torheit, vielleicht in fraulicher Ueberschlauheit(jene sollen denken, Ich denke, sie denken...), viel- leicht, um den Verdacht auf Dujardin zu lenken, den Revolver nicht hinter den Ofen gesteckt haben? Psychologie ist eine schöne Sache. Aber vom Uebel ist jene Vulgärpsychologie, die, nach dem Stil veralteter Romane, sich die komplizierten Vorgänge der Seele nicht ohne die eindeutigen physiologischen Begleiterscheinungen des Errötens und Erbleichens, des Stommelns und Erzittern? vorstellen kann. Man kann deuten, wie der Staatsanwalt deutete— aber man kann auch umgekehrt deuten: das ist Iaquet wie Hof«. H. B. Schulausgaben moderner Autoren. Im Verlag S. Fischer, Berlin , wird Anfang Mai eine Sammlung von Schriften moderner Autoren herausgegeben, die in Zusammenarbeit mit dem preußi- schen Kultusministerium für den Gebrauch in den Schulen bestimmt ist. Es sind Erzählungen von Hermann Hesse und Jakob Wasser- mann, verschiedene Aufsätze von Thomas Mann und ein« Anzahl Essays von Hugo von Hofmannsthal , Oskar Loerke und Moritz Heymann , letztere unter dem Titel-„Dichtung von Dichtern gesehen". Das Bestreben, die Schuljugend auch mll der wertvollen modernen Literatur bekanntzumachen, bestand in den Schriftsteller-Verbänden schon lang«.
„Riss und Raff, die Krauenhelden." il.-T. Kurfürstendamm. Endlich einmal etwas anderes, handelt doch dieser Film von Frauenhelden, ohne uns durch die üble Gesellschaftsmaskerade lästig zu fallen. Im Gegenteil, sein ganzer Inhalt ist ein Loblied aus eine intime Männerfeindschaft, die jeden Augenblick durch eine Hand- feste Keilerei besiegelt wird. Dabei wird Etappenleben, Generals- rühm, Bergkraxelei, Duell. Liebe, eigentlich alles, was sich sonst ge- wisser Wertschätzung erfreut, auf das allerlustigste parodiert. Die Hauptursache des durchschlagenden Erfolges ist, daß olle Darsteller ganz famose Spottvögel sind. Wallace Beery und Raymond H a t t o n, Riff und Raff, haben Visagen, die unvergeß- lich bleiben ob ihrer Dämlichkeit. Der Regisseur Ralph C e d e r ist durch und durch burschikos, und er darf es sich erlauben, so zu sein. Auf jeden Fall bringt er es fertig, daß die Zuschauer sich Tränen lachen. Im Beiprogramm läuft ein interessanter Film„Physika- tische Spielereien". Er frischt unsere Schulweishell auf, macht uns mll Neuheiten, so den Messungen und Aufzeichnungen von Tönen bekannt, und weist zugleich die physikalischen Gesetze nach in den einfachen, allbekannten Spielen der Kinder. e. b. Ein„Mllionenangeboi". Titania-palast . Kann ein Mann, der bei einer Schiffskatastroph« verletzt wurde und dadurch das Gedächtnis an das Vorleben verlor, seine Erinne- rungen durch eine Operation wiederbekommen? Dieser Film bejaht die Frage: er führt uns die Operation sogar vor. Aber glücklicher- weise macht der Operierte von seinem wiedergewonnenen Gedächtnis keinen Gebrauch und stört nicht das ganze Eheglück seines Operateurs und seiner früheren Frau, die ihn für tot hielt, al» sie mit ihrem Iugendgeliebten die Eh« einging. Der andere Mann, ein großer Geldmann, hatte sie von ihrer Mutter, einer verarmten Luxusdame, für ein« Million bar gekauft, aber sie hatte den Ungeliebten in der Brautnacht auf seiner Segeljacht abgewiesen. Alles andere besorgt der rechtzeitig einsetzende Schisfsuntergang. Diesen vollendeten Hintertreppenroman vermag auch die Regie von K e r t c s z nicht schmackhaft zu machen. Es gibt ein paar ironische Lichter auf hie Gesellschaft des Luxus und des Geldes, aber sonst schwimmt alles in breitem Behagen an der Ausmalung des Lasters wie der Tugend. Alle Figuren sind unmöglich wie die Handlung, und auch Dolores C o st e l l o, die verkaufte Braut, vermag nur teilweise zu inter - cssieren. Ein guter Kulturfilm(Tiermütter mit ihren Jungen) und L. M. Lommels ulkige Rundfunknummer mußten für das Hauptprogramm entschädigen._ r. Oer park von Muökau bedroht. Der Park von Muskau in der Oberlausitz , die weltberühmte Schöpfung des Fürsten Pückler, ist nicht nur das großartigste Denk- mal der deutschen Gartenkunst, sondern auch das Werk einer einzig- artigen Persönlichkeit. Um so beunruhigender ist die Mitteilung, daß diese höchste Leistung einer rein deutschen Naturgestaltung in- folg« der Auflösung der Gutsbezirke schwer bedroht ist. Wie im neuesten Heft der vom preußischen Finanzministerium heraus- gegebenen Zeitschrift„Denkmalspflege und Denkmalsschutz" mitgeteilt wird, soll sich die Stadt Muskau , deren Gebiet der Park einverleibt wird, bereits dazu rüsten, mitten in dieser wundervollen Schöpfung eine große Kläranlage zu bauen, und weitere einschneidende Maß- nahmen sind zu befürchten.„Derartige Eingriffe in den schönsten Part nicht nur Deutschlands , sondern Europas , wäre nicht wieder gut zu machen." bemerkt dazu die Zeitschrift.„Es wäre vollständig unfaßlich, wenn nicht eine Verschandelung des Parks mit allen zu Gebote stehenden Mitteln verhindert würde. Hoffentlich geling' noch ein gerechter Ausgleich der in diesem Fall widerstreitenden wirtschaftlichen und ideellen Interessen."
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