Der Abend
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Wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, ist heute um 11 Uhr vormittags der Staatsvertrag zivischen dem Freistaat Preußen und der römischen Kurie bom preußischen Ministerpräsidenten Dr. Braun und dem päpstlichen Nuntius Pacelli unterzeichnet worden. Dem Unterzeichnungsakt wohnten ferner die Staatsminister Dr. Beder und Dr. Höpter Aschoff bei. Außerdem waren anwesend der Staatssekretär im Staatsministerium Dr. Weismann, der Staatssekretär im Kultusministerium Dr. Lammers, Ministerialdirektor Dr. Trendelen. burg, Nuntiaturrat Aloys Dentoz und P. Eduard Gehrmann
.
Durch die Unterzeichnung ist der vereinbarte Vertragstert unveränderlich gemacht; er bedarf jedoch noch der Zustimmung des Preußischen Landtages , um in Kraft treten zu können.
Eine Viertelstunde nach der Unterzeichnung haben die be
Die Unterzeichner des Vertrages.
Nuntius Pacelli
Das Amt für Luftfahrt und Verkehr
Stegerwald vertritt sein Ministerium
Der Reichstag berät heute den Bertehrsetat. Der Ausschuß verlangt in Entschließungen die Unterbringung von Kinder transporten in D- 3ugwagen, eine Uebersicht über die Auftragsvergebungen der Reichsbahn und die Einstellung aller 3ahlungen an den Nürburgring.
Berichterstatter ist Abg. Dr. Qua a tz( Dnatl.). Wiederholt unterbricht ihn Abg. Keil( Soz.) mit der Mahnung, als Bericht erstatter nicht zu polemisieren, sondern objektiv zu reden.
Reichsverkehrsminister Stegerwald:
Heute nachmittag werden Besprechungen mit dem Präsidenten Schacht über das Pariser Konferenzergebnis stattfinden. Erst nach ihrem Abschluß werden wir genau übersehen fönnen, wie sich die Berhältnisse bei der Reichsbahn gestalten werden. Das öffentliche Berkehrswesen in Deutschland ist ein Spiegelbild des Leer laufs, den wir in unserem allgemeinen Wirtschaftsleben finden. Gegenwärtig arbeiten neben- und teilweise gegeneinander Reichs bahn, Reichspost. Wasserstraße, Kraftwagenverkehr, Luftverkehr, Schnellbahnen, Gaswerke, Elektrizitäts- Ueberlandzentralen,
Einer Tariferhöhung steht die Reichsregierung in der gegenwärtigen Stunde ablehnend gegenüber.( Beifall.) Erst muß abgewartet werden, was im einzelnen aus dem Tarif herausgeholt wird. Für den Fall, daß die Pariser Vorschläge Wirklichkeit werden, wird der Ausgleichsbetrag von 500 millionen für die Reichsbahn frei werden. Die weitere Entwicklung hängt ab von der Möglichkeit, Anleihen zu bekommen. Solche Anleihen würden in erster Linie dazu dienen, die in Angriff genommenen Betriebsbauten zu vollenden. An den
Kanals ist vielleicht rein wirtschaftspolitisch im Augenblick nicht geboten, aber es fragt sich, ob wir solche Gesichtspunkte allein ausschlaggebend sein lassen sollen. Die Entwicklung unserer Seehäfen zwingt uns zum Ausbau der Seezufahrtsstraßen. Ueber eine Erweiterung der Seewarte schweben Verhandlungen. Mir ift es nicht eingefallen, im Zusammenhang mit den Abstrichen on den Mitteln für die Luftfahrt zu polemisieren. Es ist aber richtig, daß bei uns die Berichte des Rechnungshoses erst nach einigen Jahren fertig sind im Gegensatz zu Amerika .
In anderen Staaten wird die Fortentwicklung des Luftverkehrs aus dem Heeresetat finanziert. Das ist uns verboten. Wir sind zu Reichszuschüssen genötigt, weil niemand aus Privatmitteln fo foftfpielige Experimente machen wird. Wir werden uns weiter bemühen, mit möglichst geringen Mitteln das denkbar Größte zu erreichen. Im Kraftverkehrswesen hat sich eine gewaltige Steigerung entwickelt. Heute entfällt: auf jeden sechzigsten Deutschen ein KraftStraßenneßes und zur Anpassung an diese Entwicklung eingereicht. wagen. Ich habe den Ländern eine Vorlage zum Ausbau des Der deutschen Verkehrspolitik stehen in den nächsten Jahren große Aufgaben bevor. Ich hoffe, schon in den nächsten Monaten ein Programm für die allernächsten konkreten Angelegenheiten vorlegen Abg. Hünlich( Soz.)
zu können.
spricht über die 3ersplitterung der Verwaltung des Verkehrswesens, das heute den verschiedenen Ministerien untersteht. Er begrüßt die Erklärung des Ministers gegen eine Tariferhöhung der Reichsbahn. Schließlich befaßt sich Abg. Hünlich mit der Luftfahrt. Seine kritischen Ausführungen darüber werden wir noch ausführlicher wiedergeben.
Der Arbeitsplan des Reichstags.
Bau neuer Bahnen aus eigenen Mitteln fonnte bisher nicht herangetreten werden. Bei dem weiteren Ausbau der elektrischen Vollbahnen werden wir vor allem die volle Ausnutzung der bayerischen Wasserträfte versuchen. Der Ausbau unserer Wasserstraßen wird erschwert durch den Geld mangel. In erster Linie müssen die begonnenen Bauten vollendet werden. Als einheitliches Wert betrachten wir den Mittellandkanal, den Rhein- Main- Donau- Kanal , die Neckarkanalisation und die Regulierung der Oder. Hierbei darf nicht ein Wirtschaftsgebiet auf Kosten der anderen bevorzugt werden. Für die Regulierung des Oberrheins haben wir mit der Schweiz bereits eine Verständigung erzielt. Da Frankreich seine Mitwirkung Ministerpräsident Braun zugesagt hat, wird schon im nächsten Jahre mit den Arbeiten be gonnen werden können. Der Ausbau des Dortmund Emstages am 28. Juni.
teiligten preußischen Minister den Vertretern der Presse eingehende Auskünfte über den Vertrag gegeben, dessen Wortlaut auch gleich Deutschland , wo sie althergebracht ist, während in den anderen Län
Der Aeltestenrat des Reichstags beschloß in seiner Sitzung am Freitag, die Etatberatung möglichst am 25. Juni abzuschließen. Am 15. und 17. Juni soll der Wehretat zur Verhandlung gelangen, am 18. und 19. Juni der Etat des Reichsfinanzminifteriums and der allgemeinen Finanzverwaltung. Für die zweite Hälfte der Woche ist in Aussicht genommen die Debatte über das Auswärtige Amt und die besetzten Gebiete. Die dritte Lesung des Etats würde dann am 24. und 25. Juni stattfinden. Man rechnet allgemein mit einer Beendigung der Tagungen des Reichs
zeitig ausgehändigt wurde. Der Inhalt des Bertrages dern die Bischöfe einfach von Rom ernannt werden. Das Urteil gegen die Versöhnler
stimmt vollkommen mit den Mitteilungen überein, die mir vorgestern daraus veröffentlicht haben. Es sei nur noch hinzugefügt, daß die preußische Regierung den Vertragsabschluß mit der Notwendigkeit begründet, die vor hundert Jahren festgelegten Beziehungen zwischen Preußen und Rom den seither erfolgten Beränderungen auf verschiedenen Gebieten anzupassen. Das gilt einmal für die Ab grenzung der Kirchenprovinzen, nämlich der Bistümer. Es unterstanden verschiedene Teile Preußens in firchenrechtlich fatho= licher Beziehung noch dem Erzbischof von Freiburg- Baden. Das ist nun geändert. Das Anwachsen der katholischen Bevölkerung, das natürlich mit dem Anwachsen der Gesamtbevölkerung zusammenhängt, läßt die Errichtung einer Anzahl neuer Bistümer angebracht erscheinen, so auch für Berlin , wo vor hundert Jahren nur einige zehntausend Katholiken waren, heute jedoch eine halbe Million.
Auch die finanziellen Beziehungen sollten der Verschiebung des Geldwertes angepaßt werden, was durch die Erhöhung des Staatsbeitrages um 400 000 Mart vor einigen Jahren noch nicht ausreichend geschehen war. Wie schon bekannt, beträgt jedoch die Mehrbelastung des Staates nur 1,4 millionen. Ausdrücklich wird hervorgehoben, daß nicht von einem kontordatgesprochen merben fann, weil nicht die Gesamtheit der Beziehungen zwischen Staat und Kirche geregelt wird. So bleiben die Schule, die Pfarrer. besoldung u. a. m. von dem Vertrag ausgenommen, und es sind auch teinerlei Rebenabmachungen darüber getroffen. Die Begrün. dung des Vertragsabschlusses weist mehrfach auf die Reichsverfassung hin, die den Kirchen volle Selbständigkeit in der Regelung ihrer Angelegenheiten zusagt; hiernach habe Preußen nur gesucht und erreicht, daß Höchst maß von Einfluß auf diese Rege, Iung zu erlangen. Aus unserer Veröffentlichung ist schon bekannt, welche zusagen Preußen nach dieser Richtung erhalten hat, befonders für die Bischofswahl Diese besteht überhaupt nur noch in
Auf eine Frage, warum Preußen überhaupt diesen Vertrag schließt und nicht die Sache einfach als Gefeßgeber ordnet, antwortete die Staatsregierung, daß man die rechtsverbindlichen Abmachungen von 1821 nicht einfach beiseite setzen fonnte, sondern sie der neuen Rechtslage, die durch die Reichsverfassung geschaffen ist anpassen mußte.
Die Möglichkeit einer Kündigung ist in dem Vertrag nicht erwähnt. Da er nicht mit dem Papst als Souverän, sondern mit dem Oberhaupt einer Kirche geschlossen ist, bedarf er nach der Ueberzeugung der Staatsregierung nicht der Zustimmung des Reiches, die für Berträge deutscher Länder mit auswärtigen Staaten erforderlich sein würde. Der Vertrag ist der Reichsregierung mitgeteilt worden.
Diftatur im eigenen Haus..
Bertnirschung der Deutschnationalen .
Um morgigen Sonnabend fritt die oberste Parteitörperschaft der Deutschnationalen zur Beratung von törperschaft der Deutschnationalen zur Beratung von Anträgen über die Machterweiterung des parteivorfihenden auch gegenüber der Reichstagsfraktion zufammen. Hugenberg foll zum Papst gemacht und Westarp herabgedrüdt werden. Die deutschnationale Reichstagsfraktion wird heute nachmittag 6 Uhr zu diesen Plänen Stellung nehmen. Biel wird fie dagegen nicht machen können. Denn wie einmal im alten Deutschland ein Parteiführer in ähnlicher Situation gejagt hat: Hunde find wir ja doch!"
Thälmann hält sein Schlußwort.
In der heutigen Vormittagssigung des kommunistischen Parteitags ist endlich das Urteil gegen die Versöhnler gesprochen wor den. Es lautet auf Unterwerfung unter Thälmann oder Hinauswurf. Zuerst versuchte noch Eberlein, der zu den Gründern der Kommunistischen Partei gehört, die Stimmung für sich und seine versöhnlerischen Freunde zu retten. Er sagte, daß die Auffassung falsch sei, als ob die Kriegsgefahr gegen Rußland die Hauptgefahr für die Arbeiterklasse sei. Aber man müsse verlangen, daß mehr und bessere Propaganda für Rußland gemacht werde. Man fönne eine zunehmende Passivität in den Be trieben in dieser Hinsicht beobachten. Diese Verbeugung vor Rußland nüßte ihm aber nichts, denn schon stand Schneller auf, um den Versöhnlern sozusagen die Maske vom Gesicht zu reißen". Er verlangte, daß mit ihnen jetzt endlich Schluß gemacht werden soll.
Dann kam Thälmann zu seinem Schlußwort. Den größten Teil seiner Ausführungen widmete er den fezerischen Anschauungen der Versöhnler, die dem Parteitag ein umfangreiches Dokument eingereicht hatten. Besonders hat es ihm ein Ausspruch Ernst Meyers angetan, wonach die Kommunistische Partei am 1. Mai völlig verjegt habe. Thälmann betonte demgegenüber, daß nicht nur am Bedding und in Neukölln Barrikaden errichtet worden seien, sondern man habe Barrikaden schon am Vormittag des 1. Mai auch in anderen Stadtteilen Berlins , so am Schlesischen Bahnhof und in der aufgeflammt, die der Polizei große Mühe gemacht hätten. Das Friedenstraße angetroffen. Ueberall feien Barrikadentämpfe scien allerdings erst Reime für die Zukunft. Aber die Kommunistische Partei habe einen Sieg errungen, als sie die Massen abhielt, den Kampf in der jezigen Situation weiterzuführen. Das
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