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BERLIN  Montag 24. Juni 1929

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290 144 46. Jahrgang.

Der Abend

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Paris   vor dem Reichstag  .

Westarp, Stresemann, Breitscheid  .

Die zweite Beratung des Haushalts des Auswärtigen Amts  | baren Wirkungen der Krise, mit der sie dem deutschen   Bolt angeb-| laffen, wenn man uns zumutef, irgendeine ständige Kommiffion noch wird heute vormittag um 10 Uhr fortgesetzt. Reichsaußenminister lich den Weg zur Freiheit zeigen wollen. Diese Krise würde führen im Rheinland   wirken zu lassen.( Lebh. Beifall.) Von deutsch­Dr. Stresemann ist pünktlich einige Minuten vor Sigungsbeginn zum Untergang des gesamten industriellen Mittelstandes. Die großen nationaler Seite wird gesagt, Deutschland   werde durch den erschienen. Vor Eintritt in die Tagesordnung teilt Präsident Löbe Konzerne würden die Krise überstehen, aber der Mittelstand in der Young- Plan die Mandatsniederlegung des sozialdemokratischen Abg. Krüger­eine englische oder französische   Kolonie. Merseburg   mit.

Zum Etat des Auswärtigen iſt von den Kommunisten ein Miß. Die Wahlen in Mecklenburg.  debt ganz Europa   in dejar, eine& logic benign

trauensantrag gegen den Reichsaußenminister Dr. Stresemann eingegangen.

Abg. Graf Weffarp( Dnatl.) weist darauf hin, daß der Reichstag fieben Monate hindurch nicht das Bedürfnis gehabt habe, zur Außenpolitik das Wort zu nehmen. Der Redner fragt den Reichs= fanzler, ob es richtig sei, daß sich das Kabinett von allen Kund­

gebungen und Maßnahmen aus Anlaß dieses Tages fernhalten und die Beteiligung amtlicher. Dienststellen und Bersönlichkeiten verbieten wolle.( Hört, hört! rechts.) Seine Partei erhebe feierlichen Einspruch gegen diejen erneuten Gewissenszwang. Die Entscheidung, so fährt der Redner fort, vor der wir jetzt stehen, überragt alle bisher in ähnlicher Lage gefaßten Beschlüsse, weil zum ersten Male eine Regelung zur Erörterung steht, die auf freier Zustimmung deutscher

Sachverständigen und der deutschen   Regierung beruhen soll. Frei willig soll sich Deutschland   bis 70 Jahre nach dem Kriegsende belasten. Die Erleichterungen dürfen nicht überschätzt werden, da sie mit einem viel zu teuren Preis für die Zukunft bezahlt werden. Das be jezte Gebiet hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß es feine vorzeitige Befreiung nicht durch Dauerbelastung des gesamten Baterlandes erkauft sehen wolle. Wir halter es für selbstverständ­

lich, daß diejenigen, die den Bariser Plan an sich für möglich halten, ihn unter gar keinen Umständen annehmen können, wenn nicht gleich zeitig die Räumung von Rhein   und Saar   binnen fürzester Frist und bedingungslos bindend zugesichert ist. Durch die Haltung der Sozialdemokratie wird es allerdings der deutschen   Regierung überaus erschwert, die Zustimmung zum Pariser   Plan überhaupt noch Don Bedingungen abhängig zu machen. Die Herren Breitscheid   und Hilferding   mit ihren Aeußerungen in Magdeburg  , Herr Keil mit seiner letzten Plenarrede und die demokratische Presse tragen eine schwere Berantwortung dafür, daß sich die französische   Haltung ver. steift.( Lebhafte Zustimmung rechts.) Der Redner begründet zum Schluß die Forderung auf amtlichen Ramps gegen die Kriegsschuld. lüge. Er legt einen Antrag vor, der die Regierung auffordert, den Widerruf des deutschen   Schuldbekenntnisses an die Spitze der Tributverhandlungen zu stellen.( Beifall rechts.)

Am Regierungstisch haben inzwischen neben dem Außenminister noch die Minister Dr. Curtius, Dr. Wirth, Dr. Hilfer ding. Severing und Dietrich Plaz genommen. Abg. Stoeder( Komm.) weist zur Geschäftsordnung darauf hin, daß die Stresemann- Rede durch Rundfunk übertragen werden joll.

Bräs. Löbe erwidert, eine Radioübertragung der Rede des Außenministers tonne nicht stattfinden mit Rücksicht auf den früheren Beschluß des Aeltestenrats, der die Uebertragung ein­

zelner Reden verbietet.

Als der Präsident dann dem Reichsaußenminister Dr. Strefe. mann das Wort erteilt, rufen die Nationalsozialisten: Pfui! Abzug! Fort mit Stresemann  !

Der Abg. Stöhr( Natsoz.) wird zur Ordnung gerufen. Reichsaußenminister Dr. Stresemann

betont, bei der Erörterung der Pariser   Verhandlungen sei der Kampf zwischen Regierung und Opposition nicht mit gleichen Waffen auszufämpfen. Die Opposition befindet sich dabei in viel günstigerer. Lage. Wir stehen noch vor den entscheidenden politischen Berhand­lungen. Niemals wird sich ein günstiges Arrangement treffen lassen, wenn der eine der beiden Teile gezwungen wird, vorher die Gesichts­punkte, von denen er sich leiten läßt, auf offenem Markt bekannt zugeben. Wir denken gar nicht an eine Ausschaltung des Parla­ments. Vor der endgültigen Entscheidung wird der Reichstag   dazu Stellung nehmen müssen.

Die Deutschnationalen haben seinerzeit durch ihre 48 Ja­Stimmen die Annahme der Dawes- Gesetze ermöglicht. Der deutschnationale Führer Hugenberg   hat damn 1926 in einer langen Serie von Artikeln über die Auszehrung Deutschlands  " die schleunige Revision des Dawes- Planes gefordert. Nun ist uns die Revision von der Gegenseite angeboten worden, und nun berlangt Herr Hugenberg  , wir hätten solche Revisionsverhandlungen ablehnen müffen. Hätten wir folche Berhandlungen abgelehnt, dann hätte die Gegenfeite uns nachsagen können, wir wollten nur durch finanzielle Manöver die Unhaltbarkeit des Dawes- Planes zeigen. Hugenberg  und die von ihm geführten Deutschnationalen sagen nicht, was bei Ablehnung des Young- Planes bleibt, sie sagen nichts über die furcht­

Letztes Ergebnis.

Schwerin  , 24. Juni.  ( Eigenbericht.) Bis 2 Uhr mittags stellte sich das Wahlbild folgen dermaßen dar: Sozialdemokraten 119555, Einheitsliste 138 597, Kommunisten 16 313, Volkswohl fahrt 7499, Demokraten 8885, Nationalsozialisten 12 705, Bauernpartei 7858 Stimmen.

Es fehlen bei dieser Aufstellung nur noch einige kleine Bezirke, die am Resultat nichts ändern.

( Weitere Nachrichten auf der 2. Seite.)

Wirtschaft würde den Mangel jeden kredits nicht aushalten. Der Erfolg dieser von Hugenberg   in Marburg   empfohlenen Krife als Weg zur Freiheit wäre der, daß den übermächtigen industriellen Konzernen nur noch abhängige Existenzen gegenüberständen. Wenn der Young- Plan abgelehnt wird, so bleibt doch immer noch der ungemilderte Dawes- plan   bestehen.

( Lebh. Zustimmung. Abg. Dr. Qua az( Dnat.) ruft: Das ist nicht wahr! Er bleibt nicht!" Dr. Quaaz verläßt dann mit den Worfen, Es lohnt nicht!" unter dem Gelächter der Mehrheit den Saal.) Es gibt natürlich fein Regierungsmitglied, das in dem Young- Plan etwas Ideales sähe und die Garantie für seine Durch führbarkeit übernehmen wollte. Es läßt sich doch aber nicht bestreiten, daß er

dem Dawes- Plan   gegenüber Erleichterungen bringt. Für die Annahme könnte natürlich nicht die Frage entscheidend sein, ob damit die gegenwärtigen Kassenschwierigkeiten des Reiches beseitigt werden. Wenn von deutschnationaler Seite gefagt wird, Rücksichten auf die Aufrechterhaltung der Koalition wären für uns bestimmend, so kann ich nur daran erinnern, daß es einmal eine Zeit gab, in der außenpolitische Entscheidungen bestimmt wurden von der Rücksicht zwar nicht auf eine bestehende Koalition, wohl aber auf die Erleichterung einer kommenden Koalition.( Gr. Heiter­teit.) Was die Räumungsfrage betrifft, so bin ich nicht in der age, hier über die in Madrid   gepflogenen Besprechungen etwas zu

erklären.

Es wäre das Ende solcher Besprechungen, wenn sie zum Gegen­stand von Erklärungen in den Parlamenten gemacht würden. Mit aller Bestimmtheit kann ich aber erklären, daß für die deutjaye Regierung die Annahme irgendeiner Versöhnungs- oder Ausgleichs­tommiffion nach erfolgter Räumung außerhalb jeder Diskussion steht.( Beifall.) Wir würden die ganze Verhandlung scheitern

Gefahr, kolonie derjenigen in gleicher Weise unter dem gelitten

haben. Die deutschnationalen Anträge gegen die Kriegsschuldlüge rennen offene Türen ein. Es gibt keinen, der die Lüge von der Alleinschuld Deutschlands   am Kriege im englischen oder französischen  Parlament aufstellen könnte, ohne den lebhaften Widerspruch seiner eigenen Landsleute zu finden. Von dieser Stelle aus ist immer wieder durch Redner aller Parteien

gegen die Kriegsschuldlüge

protestiert worden. Der erste Protest tam zufälligerweise von einem Sozialdemokraten. Warum wollen Sie( nach rechts) in einer Frage, in der mir alle einig sind, fortwährend die Parteien auseinander reißen? Warum wollen Sie als die Folge eines einzigen Vertrags­

paragraphen das hinſtellen, was die Folge eines verlorenen großen

Krieges ift. Caffen Sie uns doch den Kampf um die Befreiung

unseres Boltes mit moralischen Mitteln führen.( Lebh. Beifall

b. d. Regierungsparteien.)

Abg. Breitscheid  ( Soz.):

Zunächst einige Ausführungen über den Etat, der heute auf der

Tagesordnung steht. Wie alle anderen Etats, so steht auch dieser im

Zeichen der Ersparnisse, zu denen uns die gegenwärtige Fi­nanzlage des Reiches zwingt. Warum die Finanzen sich so entwickelt haben, ist bereits ausführlich erörtert worden. Wenn der Graf Westarp es so darstellt, daß die Sozialdemokratie eine Herabsetzung der Dawes- Lasten gewünscht habe, weil wir damit unsere partei­politischen Ziele fördern wollten, und wenn Herr Hugenberg etwas Aehnliches ausgeführt hat, so brauche ich nur zu erklären, daß wir in einem Moment, wo es sich darum handelt, die Lasten des Volkes zu erleichtern, nicht an unsere eigene Parteipolitik denken. Ein wesentlicher Punkt unserer Angriffe richtet sich gegen die deutsche Diplomatie im Auslande. An sehr vielen Stellen werden un­erträglich hohe Entschädigungen gezahlt. Wir erkennen an, daß im Auslande weitergehende Verpflichtungen zu erfüllen sind, und wir wollen auch nicht, daß die Diplomatie wieder zu einem Lurus beruf wird, der nur für Leute mit Vermögen offen steht. Man darf aber den Außenminister fragen, ob es notwendig war, daß für die deutsche   Delegation nach Madrid   41 Personen ausge= sucht wurden. Das Ansehen Deutschlands   hängt nicht von dem Glanz der Feste ab, die die deutsche   Delegation gibt. Wenn weiter in letzter Zeit soviel davon geredet wurde, daß eine Umbesetzung der deutschen   Botschaft in London   erfolgen müsse, so müssen wir darauf aufmerksam machen, daß sich zurzeit in London   eine Regie rung befindet, die auf Aeußerlichkeiten, feinen Wert legt. Das

Volkspark

Rehberge.

Der aus einer Sandwüste neu­geschaffene Volkspark Rehberge wurde am Sonnabend feierlich eingeweiht mit Ansprachen und turnerischen Spielen.