Sonnabend, 29. Juni 1929
OrriDmiD ShSJaul�ata.ätt Ibwürü
Dostojewskis ewige Freundin Was das Tagebuch der Sluslowa verrät/ Von Dr. Alfred Hackel
5m„Spiet er* von Dostojewski finden wir folgendes Ve- denmnis des Helden der Erzählung Alexey Jwanowitjch über sein Gefühl zu Polina:„Und ich stellte mir noch einmal die Frage: Liebe ich sie denn? Und wieder konnte ich darauf keine Antwort finden, d. h. wieder, zum lüll Mal sagte ich mir, dag ich sie Haffe. Ja, ich haßte sie. Es gab Momente(und zwar immer am Ende unserer Gespräche), wo ich inein halbes Leben hergegeben Härte, um sie zu erwürgen. Und trotzdem, bei allein, was mir heilig ist, hätte sie mir in der Tat gesagt: stürzen Sie hinunter(von der Höhe eines beliebigen Berges), ich wäre sofort hinabgestürzt und sogar mit Freude.* Aus fast allen Romanen von Dostojewski tritt die faszinierende Gestalt einer Frau hervor, die von einer glutvollen Leidenschost besessen ist, die mit Freuden bereit ist, für ihre Liebe alles zu opfern, die aber gleichzeitig eine infernalische Lust verspürt, den Mann, den sie liebt, zu quälen, ja, zu vernichten, einer Frau, die in ihrer ab- gründigen Haß-Liebe keine Kompromisse kennt, vor keinen Kon- jequenzen zurückschreckt. Heute wissen wir, daß diesen Schöpfungen Dostojewski , ein per. sönliches Erlebnis zugrunde liegt— seine Liebe zu Apolinaria Prokofievno Ssuslowa, daß diese Frau der Prototyp der Dunja in„Schuld und Sühne *, Aglaja im.Ldiot*, Lisa Drozdowa in den..Dänronen*, Kotherina Ivanovna in den„Brüdern Karo- mosofs* gewesen ist. Das eben in Rußland erschienene Tagebuch der Ssustowa (A. Ssuslowa. Die Jahre der Nahe zu Dostojewski , Moskau 1928) liefert einen wertvollen Beitrag zu ihrer Charakteristik und erlaubt uns, das Geheimnis dieser komplizierten Frauenseele zu enträtseln. Ssuslowa war die Tochter eines Leibeigenen des Grafen Schere» metjev, der sich aus eigener Kraft freikaufle und im Geburtsjahr seiner Tochter(1839) sich zu einem Fabrikbesitzer in Jvano Posne- senk herausgearbeitet hatte. Seine Tochter verläßt in früher Jugend das väterliche Haus und geht nach Petersburg , um zu studieren. Dies geschah in der zweiten Hälfte der 50er Jahre. Es war die Zeit, als die russische intellektuelle Jugend sich mit Begeisterung den positivistischen und materialistischen Ideen hingab. Aktive Betätigung, Mitwirken on der politischen und sozialen Berbesserung des Lebens war die Losung des Tage». Theoretisieren und Philosophieren war ebenso verpönt wie jeglicher Gefühlsüberschwang. lieber die Petersburger Jahre der Ssuslowa besitzen wir nur wenig authentisches Material. Wir wissen nur, daß sie Studentin wurde und sich auch literarisch betätigte. Einige ihrer Novellen wurden in den damals führenden Zeitschriften„Prem ja* und ,.E p o ch e" veröffentlicht und haben wohl die Aufmerksamkeit des eoen aus der Verbannung zurückgekehrten Dichters auf sich gelenkt. lind im Jahre 1862 mochte der 40jährige Dichter die Bekanntschaft des 2?jährigen schönen Mädchens, d'e sich alsbald in ein intimes Verhältnis verwandeln sollte. Dieses Verhältnis gestaltete sich schwül und ieidenschatUich.— Wir wisien nur weniges von ihren Be- Ziehungen, doch zeigen die späteren Eintragungen im Tagebuch der Ssuslowa, auch einige Aeußerungen in ihren Briefen an Dostojewski , daß sie in ihrer Liebe Enttäuschungen erlitten und Schweres erlebt hatte. Sie schreibt:„Ich hasse ihn einfach. Er hat mich so furchtbar leiden lasten.* Und ein anderes Mal:„Wenn ich bedenke, was ich vor zwei Jahren gewesen bin, so fange ich an, vostoiewsN zu hasten. Er hat in mir zuerst den Glauben getötet.*„Du bitiest mich, nicht zu schreiben, daß ich bei dem Gedanken an meine Liebe zu Dir ertäte. Das habe ich auch nie geschrieben. Meiner Liebe brauche ich mich nicht zu schämen— die war schön und groß. Aber'ch schäme mich unserer früheren Beziehungen, doch das kann für Dich nichts Neues fein, denn nie habe ich dies vor Dir verheimlicht. Wie oft wollte ich unsere Beziehungen vor meiner Abreise nach dem Aus- land abbrechen. Ich sehe jetzt. Du hast dos nie begreifen können. Unsere Dezichungen waren für Dich annehinbar, Du benahmst Dich, wie es einem ernsten, vielbeschäftigten Manne geziemt, der auch zu genießen nicht verabscheut, nur einfach aus dem Grunde, weil irgend- ein großer Doktor oder Philosoph behauptet hat, daß man sich ein- mal im Monat betrinken soll.*— Im Sommer 1863 reist Ssuslowa nach Pari» ab. Es war vereinbart, daß Dostojewski ihr noch- kommen sollte und daß das Paar von dort nach Italien reise. Es vergingen wenige Monate, da lernte das junge Mädchen den spanischen Arzt Salvador kennen, einen jungen, schönen, selbstbewußten Draufgänger, der es im Sturm eroberte. Hemmungslos gab sich Ssuslowa dieser Leidenschaft hin, ihr Blut fand Befriedigung in der Liebe zu dem schönen, gottlob so problem- losen und primitiven Mann. Wie weit entrück) waren die quälenden Grübeleien, die erniedrigenden Seelenanoiysen der Petersburger Tage! Ihr Glück währte nur wenige Wochen— bald spürte sie, daß Salvador sie nicht mehr liebe, si« kaum je geliebt habe. Da kündigt Dostojewski sein Kommen an. Sie schreibt ihm:„Du kommst ein bißchen zu spät. Einmal sagtest Du. ich könne mein Herz nicht schnell verschenken. Ich habe es verschenkt, auf ersten Anruf, ohne Kampf, ohne Zuversicht, fast ohne Hoffnung, daß ich geliebt werde. Wie recht hatte ich. Dir böse zu sein, wenn Du mich bewundertest. Denk nicht, daß ich mir Borwürfe mache: ich meine nur. daß Du mich nicht kanntest, ja ich selber kannte mich nicht. Leb' wohl, Lieberl* Der Brief erreichte Dostojewski nicht mehr. Als er ahnungslos zu ihr kommt, tritt sie ihm mst den Worten entgegen: „Ich dachte Du kämest nicht!* „Warum nicht?* „Well e» zu spät istl* Er bittet sie auf sein Zimmer zu kommen und ihm alles zu er- klären. Im Tagebuch der Ssuslowa finden wir eine Beschreibung der nun folgenden Szene-.Den ganzen Weg schwiegen wir. Ich sah ihn nicht an. Hin und wieder schrie er zum Kutscher mit heiserer verzweifelter Stimme:„vite, vite!* Auch er sah mich nicht an. hielt meine Hand, drückte sie hin und wieder und machte krampfhaste Bewegungen.* Als wir sein Zimmer betraten, fiel er vor mir nieder, umarmte meine Knie, schrie laut weinend:„Ich habe dich verloren, ich wußte es!' Bald beruhigte er sich und fing mich auszufragen an:„Vielleicht ist er schon, jung, berückend, doch nie wirst du ein solches Herz finden, wie mein».* Gr drmgt m sie. will nähere» über ihren Geliebten hören, will
wissen, ob sie glücklich sei.— Nein, glücklich sei sie nicht.— Wie ist das möglich. Du liebst und bist nicht glücklich?—(fr liebt mich nicht! Da schlägt er ihr vor, Paris zu verlassen, sie werden zusammen n a ch I t a l i e n reisen, er wolle ihr ein Bruder sein. Als Ssuslowa weuige Tage später die Gewißheit erlangt, daß Salvador sie ver- lassen hat, entschließt sie sich, Dostojewskis Drängen nachzugeben, und mit ihm nach Italien zu reisen. Diese Reife gestaltet sich für beide zu einem Martyrium. Ihre Leideiischast zu Salvador ist noch nicht überwunden. Dostojewski wird es ober säst unmöglich, an der Seite der geliebten Frau di« angenommene Rolle des „Bruders*, de» leidenschaftslosen Ritters Toggenburg zu spielen. Sie quält ihn, entsacht seine Leidenschaft, und entzieht sich ihm immer wieder. Sie haben die Rollen getauscht. Früher war si« es, die zu ihm aufblickt« und enttäuscht war, daß er„der ernste, vielbeschäftigt« Mann* sich ihr nicht ganz hingab, jetzt stößt sie seine .Zudringlichkeit* ab, während er olles geben möchte, um sie wieder zu gewinnen. Nach siebenwöchiger Reise trennen sie sich— Dostojewski kehrt nach Rußland zurück. Auf der Heimreise macht Dostojewski Station in Wiesbaden und verspielt dort sein ganze» Geld im Ronlettespiel. Er fleht seine Freundin um Hilfe an, diese versetzt ihre golden« Uhr und hllst ihm aus. Sie ist inzwischen nach Poris zurückgekehrt. Ihr Leben ist von jetzt ab ein« Kette von Enttäuschungen:„Ich fühle, wie ich in einem unsauberen Sumpf versinke, ich spüre keinen Enthusiasmus mehr.* Ihr Tagebuch ist angefüllt mit kleinen»Ich- tigen Erlebnissen mit Männern, die ihre Bekanntschaft suchen, ihr nachstellen. Sie fühlt sich verbrannt, öde, sieht kein Lebensziel, ist der Derzweislung. dem Selbstmord nahe. In dieser Zeit fallen die bitteren Worte über Dostojewski ,„den sie haßt, weil er ihren Glauben zerstört hat*. Ein« Erlösung erhofft sie von einer produktiven Tätigkeit, einem Wirken im kleinen Kreis, in der Provinz, weitab vom seelentötenden Trubel der Weltstadt. Sie
fand die Kraft, sich aufzurossen. Ihre Tagebuch bricht mit dem Jahre 1865 ab. In diesem Jahr kehrt sie nach Rußland zurück. Dostojewski wirbt um ihre Hand. Sie lacht ihn aus. Dostojewski sagt ihr:„Du kannst«s mir nicht verzeihen, daß Du Dich einmal mir hingegeben host. Darum rächst Du Dich.*—„Wenn Du je heiratest, so wirst Du am dritten Tag Deinen Man» hassen und ihm daoonlausen.* Material über ihr weiteres Leben bergen— die Polizei- alten. Man erfährt au» ihnen, daß sie im Jahre 1868 in einem Provinznest Rußlands ein« Schul « eröffnete, nachdem sie an der Moskauer Universität ihr Examen gemacht hotte. Di« Polizei hatte ein Auge auf sie, weil«s bekannt war, daß sie im Ausland mit Emigranten oerkehrt hatte. Es wurde ein geheimes Ermittlung?- verfahren eingeleitet, und es erwies sich bald, daß sie zu den illoyalen Elementen zu zählen sei. Denn„erstens trage sie blaue- Brillen. zweiten» habe sie ihre Haare kurz geschoren. Außerdem gehe das Gerücht, daß sie in ihren Anschauungen zu frei sei und ni« die Kirche besuche*. Die Schule wurde dann auch bald geschlossen. Die Beziehungen zu Dostojewski hatten sich gelockert, waren aber nicht endgültig abgebrochen. Bis zum Jahre 1867 läßt sich ihr Brief- Wechsel verfolgen. Dostojewski hatte inzwischen geheiratet und seine Frau Anna Grigorsewna erwähnt in ihrem Tagebuch diesen Briefwechsel, wobei sich in ihren Worten eine starke Eifersucht ausprägt. Daß drese nicht ganz unbegründet mar, zeigt ein Brief von Dostojewski vom April 1867, also zwei Monate nach seiner Eheschließung. Die faszinierend« Frau hat noch im Leben eines anderen be- deutenden russischen Schriststellers eine entscheidende Rolle gespielt. In ihrem 37. Lebensjahr mochte sie die Bekanntschaft des 17jährigen R o s a n o f, der si« sieben Jahre später heiratet«. Auch diese Per- bindung war nicht von longer Dauer, sie verließ ihren Mann. Vor zehn Jahren starb sie in Rußland .
Kulturarbeit und Grammophon
Wochen« ndkursus der Arbeiterjugend. Großer Schlaframn für die Burschen in einer Jugendherberge. Um 6 Uhr fängt der Tag an— mit einer„Morgenandacht*. Während die Jungs noch in ihren Betten liegen, singt der prachtvolle Meinckesche Chor „Brüder, zur Sonne zur Freiheit": dann spielt das Philharmonie- Orchester unter der Leitung von Furtwängler deu 1. Satz der 5. Sinfonie von Beethoven : dann singt Caruso»in italienisches Lied, in dem man strahlende Lebensfreude und glühende Sonne spürt(die Sonne wird sonst an den trüben Tagen leider gänzlich vermißt) und schließlich unter den mächtigen Tönen der von einem Bläserorchester gespielten„Warschawianka* stehen alle auf. Bon einer solchen Morgenandocht bleibt jedem etwas für den ganzen Tag, vielleicht auch weit über diesen einen hinaus.... Von 8 Uhr bis Mittag dauert der Kursus: Arbsitsgemeinschost über die inter - nationale Arbeiterbewegung. Die übrige Zeit wird der Rast und dem Spiel gewidmet. Und wiederum Musik, sehr viel Musik. Das Orchester spielt wiederhost unter der Leitung von B o d o n s k y die Ouvertüre zur„Zauberslöte* und unter B l e ch die„Coriolan-Ouver- türe* von Beethoven : Wanda Landows ka spielt auf dem Spinett Händel und Mozart, Casals und Cortot spielen die Va- riationen von Beethoven . Maria Ioogün singt Arien aus der „Zauberslöte*, der Philharmonie-Chor unter der Leitung von Siegsried Och« deutsche Volkslieder, die Donkosoken und Schal- japin singen russische Lieder, Caruso, Gigli, Gogorza italienische, Caruso noch einige Opernarien dazu. Natürlich sind die„Songs* aus der„Dreigroschenoper* auch dabei. Der Leser hat gewiß schon erraten, daß man keinen Sonderzug brauchte, um alle diese Chöre, Orchester und Solisten zu befördern, sondern«inen Elektrolakofferap parat, einen Schall- plattenkosfer und die entsprechenden Platten dazu. Ich habe hier einen von den Versuchen geschildert, deren Zweck u. o. war, die Frage zu prüfen, ob nicht das Grammophon bei unseren Deranstal- tungen und in unserer Kulturarbeit mehr Verwendung finden kann, als es bis jetzt der Fall ist. Jetzt hat die Grammophontechnik schon solch« Höh« erreicht, daß durch das Grammophon«ine wirNich erst- tlasiige Musik auch denjenigen vermittelt werden kann, di« nicht imstande sind, den Genuß dieser Musik in philharmonischen oder sonstigen Konzerten zu bezahlen. Die Aufnahme de» B-Dur- Trio von Schubert, gospiest von Casals , Cortot und Thibaut, ist z. B. ein« wirklich hervorragende Leistung. Als ich zum ersten- mal die Platten dieses Trios gehört habe, ohne zunächst zu wissen, von wem e» gespielt wird, habe ich schon nach den ersten Tönen unwillkürlich gerufen:„Das ist Casals , so kann nur Cosal» spielen!* Das war für mich selbst ein entscheidender Beweis dafür, daß jetzt durch das Grammophon, wie das Werk selbst im ganzen seinen musikalischen InHast behält, so auch die persönlichen Eigenschaften des ausführenden Künstlers mit allen Feinheiten unverfälscht und wirkungsvoll wiederaegeben werden können. Ich Hab« dann Ge- legenheit gehabt zu beobachten, wie die Vorführung des genannten Trio» in einem Arbeiterkurs wirkte. Einer der Zuhörer hat den allgemeinen Eindruck mit den Worten zusammengefaßt:„Wir dachten bi» jetzt, daß die Kammermusik etwas furchtbar Lang- weilige» ist, jetzt wissen wir, daß sie wunderschön sein kann* Ich weiß, daß«s auch eine andere Einstellung zu der Frage gibt, die etwa folgendermaßen lautet: Lasten wir die Leute ihre Freude daran haben, was ihnen immer zugänglich ist. Wer«rst- klastige große Kunst nicht kennt, der hat auch kein Bedürfnis nach ihr, der Hot an den minderwertigen Surrogaten den gleichen Genuß wie die kultivierten Kenner an den erstklastigen Originalen. Diese Einstellung ist m. E. vollkommen falsch. Vor allem übersieht sie, welches die Funktion der Kunst in unserem Leben sein kann (ich sage nicht: ist), namentlich was die Musik im Sinne der Schaffung einer bestimmten geistigen Atmosphäre, der Veredelung der Gefühle und des Willens bieten kann. Falsch ist es auch, daß man eine besondere, vielleicht langjährige Vorbereitung braucht, i um«rstklastig« Kunst genießen, ja überhaupt vollwertige von minder, j
wertiger Kunst unterscheiden zu können. Eine theoretisch« Prüfung dieser Frage wäre hier nicht am Platze. Ich habe abes aus Erfahrungen die Ueberzeugung gewonnen, daß unsere Arbeiter das Gefühl für die formell« Schönheit, sowie namentlich für die Größe und menschliche Tiefe in der Kunst in genügendem Ausmaße besitzen, um eine wirklich groß« Kunst„verstehen* zu können— vielleicht sogar bester, als die Mehrzahl der Besucher unserer besten Konzerte und Museen. Ich war einmal in Florenz mit einem jungen Schlosser zusammen, der früher von der Malerei so gut wie gar keine Ahnung hatte. Wir waren in der Kirche Santa Eroce. Ich habe meinem Begleiter keine Andeutung gemacht, keinen leisesten Wink gegeben, er blieb aber von selbst längere Zeit vor den Fresken von G i o t t o stehen. Ich sah, wie mächtig er ergriffen war. Dann fragte er mich:„Wie heißt dieser Maler? Er muß ein ganz großer Maler gewesen sein.* Ein junger Berliner Prolet Hot sofort den Giotto „entdeckt*, den Generationen von raffinierten Kennern übersahen, weil sie für seine monumentale Kunst und unerschöpfliche Tiefe kein Verständnis hatten. Ich möchte hier nach keine endgültigen Schlußfolgerungen ziehen, sonder» zunächst von einigen mir bekannten Versuchen er- zählen. Noch einer dieser Versuche soll hier nicht unerwähnt bleiben. Es wurde bei einer Gruppe der I u n g s o z i o l i st e n(in Neu- kölln) ein musikalischer Abend mit Grammophon ver- »»staltet: von Bach zu Beechvven. Ich gebe das Programm dieses Abends wieder. Zoh. Seb. Vach: Ich rust zu Dir. Herr Jesu) Philadelphia- Ehrist........ 5 Sinionie-Orchester „ Prelude Es-TOoll... Dirigent: S'okewskl „ Konzert für 2 Violinen.. Fritz Kreisler und Efrem, ZImballst Händel: Largo aus„Terres*...... Maria Olszewska „ Harmonischer Schmied.,,,. wanda Oandowska aus dem Spinet 5 oh. Christ. Vach : Sinfonie. ,,»»» Mengelberg m d Kon» zertgebouw-Orchester haydn : Trio in G-Dur Casals, Corlol und Thibaut Mozart t Laudate Dominum...».. Ursula van Diemen mit dem Chor und Orchester. Dirigent Stegfried Och» „ Rondo»IIa Turka.»»»». wanda Landowska auf dem Spinell » Arie aus„Don Giovanni *: »Du kennst den Verräter*.. Krida Leider » Ouvertüre zur Zauberslöte*.. Dirigent: (ipegen Zettmangels weggelassen) Arthur Vodan»ky Veelhaven; 7 Variationen über eine Arie au, der.Zauber'löte* für Cello und Klavier....... Casals und Corlol . Coriölan-Ouvsrtüre..... Orchester der Berliner Staaisoper Dirigent: Leo Llech Ich weiß, was man gegen dieses Programm einwenden kann. Es war vor allem viel zu umfangreich. Es wird bester sein, einige Werk« zwei- oder dreimal vorspielen zu lasten. Das war aber«in Versuch, durch welchen man auch die Aufnahmefähigkeit der Zu- Hörer für die klastische Musik prüfen wollte. Die Ergebnist« waren auch in dieser wie in jeder anderen Hmsicht sehr günstig. Noch einmal: vorläufig keine endgültigen Schlußfolgerungen. Für mich ist die wichtigste Frage schon gelöst: ich weiß, daß man di« schönste Musik den breiteren Kreisen zugänglich machen kann— mit Hilfe einer planmäßigen organisatorischen Arbeit. Es müssen aber noch weitere Versuche gemacht werden. Dann werben wir neu« Formen für unser« Kulturarbeit finden, sowie hoffentlich die Möglichkell— wollen wir das einmal offen aussprechen—, ein ziemlich trostlose» Bild unserer„gemütlichen*,„bunten* oder „heiteren* Wende entschiede« zu bessern.». t—r.