tfleilage Mittwoch, 3. Juli 1929
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Der Geheimbund des Aaren Erinnerungen an den �ynigsberger Prozeh 1904/ Bon Wilhelm Paehel
Äm 12. Juli 1904 begann in Königsberg ein groher Pro- Zieh gegen neun deutsch « Sozialdemokraten. Es wurde ihnen zur Last gelegt, daß sie Hochverrat begangen und den Zaren beleidigt hätten. Dieser Prozeh erregte nach den eigenen Worten des Ersten Staatsanwalts nicht nur in Deutschland , sondern in ganz Europa das größte Aufsehen. Der Mann hatte recht. Das Gericht war belagert von Menschen. Eme beängstigende Fülle im Gerichtssaal. Vertreter der Reichsregiening.und des preußischen Staates sowie hochgestellte Herren der Justiz wohnten der Der- Handlung bei. Selbst der russische Minister für„Volksauftlärung" wohnte drei Tage lang den Verhandlungen bei, um den Eindruck mit nach Hause zu nehmen, daß unter keinen Umständen in den ruf- fischen Zeitungen auch nur ein Wort über diesen Prozeß geschrieben werden dürste. Was das Aufsehenerregende an diesem Prozeß war, war der Umstand, daß die Ange st eilten be st rast werden sol ten wegen Delikten, die zwar in Ruß- land, aber nicht in Deutschland strafbar waren. Und um einen solchen Prozeß gegen die Angeklagten zu führen, war es notwendig, daß der russische Staat selbst einen Strafantrag in Deutschland stelle» mußte. Dies war dadurch erreicht worden, daß die deutsche Regierung es fertig gebracht hatte, sich zu entwürdigen, die russische Regierung förmlich zu bitten, diesen Strafantrag zu stellen. Was dann ja auch sehr gern seitens Rußland geschah. Staatsanwalt und Regierung hatten ober einen besonderen Plan. Dieser Prozeß sollte nur die Einleitung zu einem großen vernichtenden Schlag gegen die deutsche Sozialdemokratie und den Parleivorstand sein. Es sollte nämlich der Nachweis geführt werden, daß die deutsche Sozialdemokratie in einem Geheimbund und unter Leitung oder mindestens unter Einverständnis ihres Vorstandes einen groß angelegten sozialdemokratischen Schriftenschmuggel nach Rußland betreibe, um dort die Revolution vorzubereiten, die natürlich nur mit der Ermordung des Zaren endigen konnte. Den Angeklagten wurde ciivc Anklageschrift von 220 Seiten Schreibmaschinenschrist in die Hand gegeben, worin der Nachweis geführt, wurde, welche schrecklichen Strafen sie zu gewärtigen hätten. Es war darin die Rede von Todesstrafe. Zuchthaus, Gefängnis. Festung und, wenn man gnädig mit ihnen verfuhr, dann kämen mindestens 4!� Jahre Gefängnis heraus. Auch das Gericht war vorsichtig zusammengeseßt und reichlich mit Hslssrichtenr versehen. Die Lei.tung lag in den Händen des Landgerichtsrats Schubert, eine« früheren Staatsonwalls aus Erfurt , der als großer Sozialistenfresscr bekannt war. Neben- dei bemerkt, ist dieser Mann 1915 als Hauptmann in Rußland ge- fallen. Die Verteidigung lag in den Händen der Genossen Haase, Heinemann, Karl Liebknecht und S ch w a r tz. Leider sind alle vier tot. Ebenso sind meines Wissens von den neun Angeklagten nur noch am Leben Otto Braun , der jetzige Mi- nisterprästüent, der Landtagsabgeordnete M e r t i n s und P a e tz e l. In welcher Weise der Schriftenschmuggel vor sich ging, wurde da- durch bewiesen, daß die revolutionäre Literatur aus der Schweiz oder England direkt nach Königsberg , Memel oder Tilsit ging und dann über die Grenze geschmuggelt wurde. Das Raffinierteste sei ober gewesen, daß der Angeklagte Paetzel in Berlin die Literatur kistenweise als Schuhwaren an den Schuhmachermeister Mertins in Tilsit geschickt habe. Verblüffend für Staatsanwalt und Richter war nun, daß die Angeklagten, soweit sie wirklich mit Schriftenschmuggel sich abgegeben hatten, dies nicht in Abrede stellten, sondern sogar die.Frech- Heit" besaßen, zu erklären, daß sie diese Tätigkeit für ihre Pflicht ols Sozialdemokraten gegenüber den russischen Parteigenossen hiel-
ten. Wenigstens erklärt« der Zweite Staatsanwalt Kasper dem Verteidiger Heinemovn, daß Paetzel schon wegen seiner Frechheit bestrast werden müßt«. Diesem Prozeß war eine erregte mehrtägige Reichstagsdebatte vorausgegangen. Der preußische Iustizminister Schönstedt und der Minister des Innern Hammer st ein hatten auf die Angriffe Bebels, Hasses und Grodnouers sich zu rechtfertigen versucht. Bebel hatte aber eine so flammende Anklagered« gegen das Vor- gehen der Regierung in dieser Angelegenheit gehalten, daß der an- geblich wegen Grippe krank liegende Reichskanzler B ü 1 o w zur Rettung des Ansehens der Regierung herbeieilte. Dieser aalglatte Diplomat kannte seine Pappenheimer ichd verstand e», in einer antisemitischen Red« sich die größten Heiterkeitserfolge und.Sehr richtig! rechts und in der Mitte" zu erringen. Cr sprach von den Schnorrern und Verschwörern und in der verächtlichsten Weise von den Herren Mandelstamm und Silberfarb, womit er seine antisemitische Verachtung den armen russischen Stu- denten beweisen wollte, die hier in Deutschland studierten. Zunächst log er die sozialistische Literatur und Bewegung in eine anarchistische und nihilistische um, um damit die großen Gefahren aufzuzeigen, in denen der. Spießbürger und der Kopitalist schweben und wodurch dos Vorgehen der Regierung gerechtfertigt werden sollte. Zunächst war ihm dies gelungen. Aber im Prozeß kam es anders, als es sich die herrschasten geträumt hatten. Unter den Bekannten von Karl Liebknecht war ein Russe, ein Pro- sestor Michael von Reußner, der alz Zeuge und Sachver- ständiger von der Verteidigung geladen und vor Gericht erschienen war. Der Umstand, daß dieser Zeuge ordentlicher Professor an der Universität in Tomsk und Petersburg und amtierender Richter in Warschau gewesen war, gab ihm eine große Bedeutung vor Gericht. Was ober einen besonders tiefen Eindruck auf das Richterkollegium und besonders auf den Staatsanwalt machte, war die Totsache, daß dieser simple Professor sogar Inhaber des St. Annen- ordens 3. Klaffe war. Und die deutschen Herren Richter und Staatsanwälte führten ja gerade diesen Prozeß mit solchem Eifer, um auch diese glänzenden Auszeichnungen zu erhalten, abgesehen von der Zn. Aussicht. stehenden Karriere!! Durch eine geschickt« Fragestellung der Verteidigung erzählte dieser Zeuge in schlichter und vornehmer Art über die„Rechtszustände" in Rohland. Air der Spitze Rußlands stände der vollständig ohnrmächtige Zar, um- geben von einem raffgierigen und brutalen Klüngel der Großen, der Rußland zu einem Herde der Korruption und zu unerträglichem Aufenthalt für jeden anständigen Menschen machte. Er erzählte von der vollständigen Rechtlosigkeit in Rußland , von dem Fehlen oller Rechtsgarantien, von der Willkürherrschaft und Bru- talität der unteren Beamten, von der furchtbaren Korniption, von den massenhaften Auspeitschungen der Bauern, der Studenten und Studentinnen, von dem Fehlen jeder politischen Be- wegungsfreiheit. Nicht einmal das Petitionsrecht hatte sein Volk, und an der Ilnlversität, an der er lehrte, seien Studenten und Stuben- tinnen ausgepeitscht worden, weil sie sich erlaubt hatten, zu petitionieren. Er schildert« ferner die Zensurverhältniss«: es gäbe in Rußland eine Hofzensur, eine Zensur durch das Ministerium, eine kirchliche Zen- sur und Polizeizenfur, so daß das gesamte Zeitungswesen und die Literatur überhaupt der Zensur unterständen.
Was dieser Zeuge und Sachverständige über Rußland sagte, war so erschütternd, so empörend, daß ein Schrei der Ent- rüstung nicht nur durch Deutschland , sondern, wie der Staats- onwolt sagte, durch ganz Europa ging. Einem solchen Lande mit solchen Zuständen gegenüber hatte sich die deutsche Regierung prostituiert, um ihre eigenen Landeskinder, die nach deutschen Gesetzen nichts verbrochen hatten, an den Galgen zu liefern! Was aber dem Faß den Boden ausschlug war die Tatsache, daß die von dem russischen Generalchonsulat gelieferten Uebersetzungen der ruf- fischen Ukase(dasselbe wie bei uns Erlaste) alle falsch über- setzt waren. Am Schlüsse des Prozesses war die Stimmung in der gesamten Presse und in der Oeffentlichkeit vollständig umgeschlagen. Eine solche Blamage für das Deutsche Reich hotte man doch nicht er- wartet. Und selbst die regierungsfrommsten Blätter hielten in ihrer Kritik mit den Vorwürfen gegen die Regiening nicht zurück. Nun hatte sich bewahrheitet, was im Reichstag von Bebel und Ge- nossen erklärt worden war, daß in Deutschland eine große russische Spihelorganisalion be- stand, die insbesondere die studierenden jungen Russen zu be- ckbachlen hatte. Dies« Spitzelorganisation erfreute sich der größten Mithilfe deutscher Behörden, wie Polizei, Post und Zollamt. Das wurde schlaglichtartig beleuchtet durch eine Anfrage des Vorsitzenden an Paetzel, wieviel Pakete revolutionärer Schriften er wohl vom Ausland an einem Tage erhalten haben könnte. Paetzel erklärte, daß er dies nicht wisse, sich auch nicht darum gekümmert habe, aber Post und Zollamt würden sicherlich die beste Auskunft geben können. Und er hatte sich nicht geirrt, denn es wurde prompt von der Post Zeit und auch die Stückzahl der eingegangenen Pakete angegeben! Wieder eine Frechheit von Paetzel! Jetzt«or der gesamten Oeffentlichkeit klar, was man in Ruß- land unter Recht und Gesetz verstand, und es war ferner klar, daß ein anständiger und geistig hochstehender Mensch in Rußland nicht zu leben vermochte und auf Aenderung dieser Zustände drängen mußte. Am besten hat dies Hans Delbrück in seinen„Jahr- büchern" beurteill. Cr schreibt: .... Du lieber Gotl, wie sehr, wie furchtbar ist alles be- stätigt worden, was ich damals gesagt habe und wie so gar nichts habe ich zu revozieren. Die moralische Niederlage, die die Regierung erlitten hat, ist geradezu betäubend: es lag mir in diesen vierzehn Tagen wie Blei in den Gliedern, wenn ich den„Vorwärts" gelesen hatte: und ich weiß von anderen, daß es ihnen ebenso ergangen ist.... Der entscheidende Punkt in dem Königsberger Prozeß ist, daß die Regierung von ihren Diplo- matenstuben und ihren Bureaus aus sich gewöhnt hat, Rußland als einen Kultur st aat anzusehen, was e r n i ch t ist... Das Ergebnis dieses mit einem so großen Aufwand an Kosten und Zeugen betriebenen Prozesses(zirka 40 000 M.) war, daß Otto Braun freigesprochen wurde, aber er hatte seine Strafe durch ein« mehrmonatige Untersuchungshaft vorweg bekommen. Paetzel und Mertins erhielten je 3 Monate Gefängnis und die anderen Angeklagten kamen mit 2 Monaten, einer mit drei Wochen und einer mit acht Wochen Gefängnis davon. Damit war die Blamage der deutschen Regierung und der Staatsanwaltschaft Königsberg bestegelt. Die russischen Parteigenossen von heute, denen diese Zeilen vielleicht zu Gesicht kommen, was unter dem„Zar" Stalin wohl kaum möglich sein dürfte, sie mögen entscheiden, was sich heute in Rußland gegenüber früher im Sinne der Frei- heit geändert hat.
Vom Wesen der Vildung Von Dr. H. Stern. Bildung ist von jeher neben Besitz und Geburt die stärkste Stütze der Macht in Staat und Gesellschaft gewesen.„Wissen ist Bildung. Bildung ist Macht!" war darum das Leitmotiv des Stre- bens für diejenigen, die nicht durch Geburt oder Besitz aus die Höhe des Daseins gehoben waren. Wissen ist Bildung! Damit scheint das W e s e n der Bildung ja klar und bestimmt gekennzeichnet zu sein. Aber es scheint nur so! Denn als das Schlagwort auskam, war der wahre Begriff der Bildung schon ensstellt und die Schule, die die Bildung zu pflegen berufen war, schon entartet. Den großen Denkern und Er- ziehern um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts, nicht zuletzt auch dem großen Volksmann und Begründer der Volkserziehung H e in r i ch Pe st a l o z z i, war Bildung nämlich nicht bloßes Wissen, sondern die Wirkung des Wissens äuf die Seele des Menschen, auf Geist und Gemüt. Gebildet erschien ihnen der Mensch, der sein Ge- dächtnis, seinen Verstand, sein Denken, seinen Geschmack an den Gegenständen des Wissens so geschult hatte, daß er zu freiem, un- befangenem Denken und Urteilen fähig war. der aber auch sein GeneÄ zu reiner, frsis? Menschlichkeit entwickelt hatte. Und solche Bildung glaubte Pestalozzi auch den untersten Volksschichten ver- Mitteln zu können. Wer diese Auffassung der Bildung blieb graue Theorie. Als im Verlaufe des 19. Jahrhunderts die Naturwissenschaften Und die Technik ihren gewaltigen Ausschwung nahmen, als Hon- del und Verkehr die Menschen der entserntesten Länder und Erd- teile einander nahebrachten, als die großen politischen Wsgoben auch den Letzten vor die Fragen der Geschichte stellten, da wuchsen die Bildungsaufgaben und die Bildungsstosse derart ins unge- messen«, daß ihre Durchdringung zur Unmöglichkeit wurde. Man blieb im äußeren Wissen stecken. Gebildet war der, der recht viel Wissen von allen möglichen Wissensgebieten in sich aufgenom- wen hatte. Die„allgemeine Bildung" war das neue Lied, dos man der Schule aufgepflanzt hatte. Gewiß war dos nicht so gedacht, daß man das alte hohe Ideal echter Geistes- und Gemütsbüdung
verleugnen wollte: aber in der Praxis war davon nicht mehr viel zu spüren. Nicht denkende, selbständig urteilende Menschen erzog man, sondern Gedächtnisathleten, und je mehr man von religiöser und vaterländischer Erziehung sprach, um so mehr er- schöpfte sich die„Gemütsbildung" im Einlernen von totem Ge- dächtniswerk. Wer dieser After- und Pseudobildung nicht teilhaftig wurde, also die große, breite Volksmasse, galt als ungebildet oder, was noch schlimmer war, als halbgebildet. Gewiß haben einsichtige, freie Geister diese Unnatur der Schule und ihres Bildungstreibens immer verdammt und ihren Zusammen- bruch vorausgesagt. Und wenn auch in den letzten Jahrzehnten vor dem Kriege schon hier und dort Einkehr und Umkehr der geisti- gen Führer zu erkennen war: im großen und ganzen blieb doch alles beim alten, bis das System an seiner Erfolglosigkeit zugrunde ging. Von zwei Seiten aus erfolgte die Zertrümmerung des alten Bildungsideols. Die Pädagogen mußten erkennen, daß die Jugend einerseits an der Masse der Bildungsftoffe ihre geistigen und körperlichen Kräfte vergeudete— ohne bleibendes Ergebnis, während andererseits die geistige Leistungsfähigkeit nach dem Urteil der Universitätslehrer, der wirtschaftlichen und politischen Führer zurückging, obwohl doch die Anforderungen in den Schulen dauernd zunahmen. Die Schüler erklärten: Was wir im Leben brauchen, lernen wir nicht, und was wir lernen, können wir nicht brauchen. Der zweit« Angriff erfolgte durch die Borkämpfer einer neuen, gesunden Gesellschaftsordnung. War das eines großen, selbstbewußten Volke» würdig, war das sozial« Ge- rechtigkeit, daß man ein« Bildung pflegte, die nur auf da« Wesen und die Bedürfnisse einer Schicht zugeschnitten war? Konnte man jemals zu einer Volksgemeinschaft kommen, wenn schon der Bil- dungsbegriff und damit die Schule das Volks in zwei Klassen, die Gebildeten und die Ungebildeten, schieden? So kamen und kommen wir endlich zu einer naturgemäßeren und sozialeren Auffassung vom Wesen der Bildung. Der Aber glaube an eine Allgemeinbildung in einem Dutzend ver- schieden gearteter Wissensgebiete schwindet immer mehr. Man braucht darum das Kind nicht mit dem Bad« auszuschütten. Gänz- lich unbeteiligt kann der moderne Mensch an keinem Wissensgebiet
vorübergehen: ober seine geistige Schulung soll und kann er sich an einem Wissensgebiet erwerben, und zwar an dem, das seiner Begabung und seinen Interessen liegt. So tritt die vertiefte Fach- bildung an Stelle eines oberflächlichen Bielwissens. Auf diesem Sondergebiet soll der Schüler aber sein Können zeigen und es zu einer verhältnismäßigen Beherrschung bringen. Zugleich soll er dabei seine geistige Leistungssähigkeit entwickeln. Das kann aber nur geschehen, wenn er suchend und forschend an die Dinge herantritt, anstatt daß ihm der Unterricht die fertigen Resultate vor- setzt. So wird aus der Lernschule die Arbeitsschule, aus dem Wissenden ein Könnender. Ansätze zu dieser Umbildung der Bildung sehen wir schon in allen Schulgattungen. Nun wird auch ein weiteres klar: Wenn diese neue Bildung von den Interessen und Begabungen des einzelnen abhängig ist, dann wird sie auch in engere Beziehung zu seiner Berufsarbeit treten. Dann aber kann es nicht mehr eine Bildung für olle geben: dann muß es soviel Bildungsformen geben, wie es Lebens- kreis« und Lebensaufgaben gibt. Die Bildung des Handarbei- ters wird eine andere fein als die des geistigen Arbeiters. die Bildung des Dörflers eine andere als die des Städter s. So verschieden ober auch diese Bildungsformen fein mögen, so einheitlich sind sie in ihrem Wesen. Denn„gebildet" wird man künftig ganz allgemein den nennen, der befähigt ist, die Aufgaben und Probleme seines Lebenskreifes, also auch seines Berufes, den- kend zu erfassen und denkend zu gestalten. Dahin kann es der Ar- beiter so gut bringen wie der Akademiker, der Bauer so gut wie der Kaufmann. Damit schwindet aber die überkommene Kluft zwischen Gebildeten und Ungebildeten. Ungebildet ist der, der seiner Aufgabe nicht gewachsen ist. sei er Professor oder Ackerknecht. Dies« neue Auffassung vom Wesen der Bildung ist im Vor- dringen begriffen, aber die Umstellung des Bildungswesens wird noch viele Schwierigkeiten zu überwinden haben. Auf dem besten Wege dazu ist man in der neuen Volksschule, die ihr Ziel erreichen wird, wenn die Bildungszeit ihrer Schüler bis in die Reifezeit verlängert wird und in einer zweckentsprechend organisier- ten Berufsschule ihre Fortsetzung findet. Denn nicht leichter, son- dern erheblich schwieriger ist die Bildungsarbeit, und vor allem die Volksbildungsorbeit, im Geiste der neuen Zeit geworden.