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Französische Von Bernh Die Amerikaner sind als erste auf den Gedanken gekommen, den Krieg in ihre Filmgefchästspolitik einzustellen. Sie taten es mit gewohnter Routine und in richtiger Spekulation auf die Größe eines Ereignisses, das jeden Menschen bewegt. Gleich ihr erster großer Kriegsfilm,Die große Parade", hatte einen durchschlagenden Er- folg. Man kann ruhig sagen, daß erst durch den Film die Literatur mach wurde und sich des Krieges als Darftellungsobjekt bemächtigte. Auch in Deutschland gelangte man zu einer filmischen Darstellung des Krieges; mit amtlichen Aufnahmen, die während des Krieges gemacht wurden, stellte die Ufa zwei Weltkriegsfilme her. Ueber Wert oder Unwert läßt sich streiten. Es ist damals bemängelt worden, daß die deutschen Weltkriegssilme zu subjektiv gesehen waren und allzuviel verniedlichendes Beiwerk enthielten. Aber wir können beruhigt sein, auch in Frankreich hat man in dieser Richtung viel gesündigt. Es gibt zwei französische Kriegsfilme, die der Tiefe des Erleb- msse» gerecht wurden und die auch in ihren, sicher beabsichtigten Nebenwirkungen durchaus anzuerkennen find. Der eine Film ist Berdun", der in Paris acht Monate hintereinander in einem Kino lief und immer sein Publikum fand. Der andere Film ist in Deutschland , weniger bekanntgeworden, und doch ist er der gewal- tigere. Das war der Film der französischen Kriegsbeschädigten. Diese unglücklichen Opfer des Weltkrieges sind in einer Organisation zusammengeschlossen, die den treffenden Namenl�ueules cassöcs" führt. Das Wort ist schwer zu übersetzen, am besten ist noch: zer- fetzte Schnauzen, zerhauene Visage, oder meinetwegen in Lite­ratur-Hochdeutsch: die Gesichtsbeschädigten. Diese Organisation brauchte Geld und stellte, um ihre Bereinskasse zu füllen, mit amt- licher Unterstützung einen Film zusanrmen, der bei seiner Auf- führung in Paris geradezu erschütternd wirkt«. Hier hatte kein tapsiger Regisseur eine Spielhandlung hinzugedichtet und die be- rühmte Liebe hineingemischt. Nein, die Leute, denen der Krieg am eigenen Körper Wunden schlug, hatten in den amtlichen Filmstreifen wie in dem Buch ihres Lebens geblättert und gaben einzelne Seiten preis. Nicht die großen heroischen, die allgemein packenden, sondern die einfachen, grausamen, nüchternen, nervenzerrüttenden die wahren. Der Film beginnt mit einem Bild, auf dem der Vorsitzende der Kriegsbeschädigtenorganisation, jetzt im schlichten Zivil, eine Rede hält, die der Filmstreifen kurz wiedergibt. Diese Rede heißt unge- fähr so:Verehrte Anwesende, die amtliche Rente reicht nicht aus. Wir gehen betteln! Sehen Sie den Film an, der die Leiden der Frontsoldaten zeigt, und überlegen Sie dann, ob wir nicht wirklich einen gerechteren Dank oerdient hoben. Daß Sie uns hier be- suchen, dafür danken wir Ihnen. Veranlassen Sie auch ihre Ver- wandtschaft und Freunde, hierher zu kommen. Damit ist uns schon ein wenig geholfen." Und während noch für einen kurzen Moment das zerhackte Gesicht des Vortragenden auf der üsinewand erscheint, verschleiert

Kriegsfilme.

sich das Bild, ein neues erscheint, und wir sehen das Infanterie- regiment 379 in die Feuerlini« marschieren. Grau und müde trotten sie dahin, bepackt mit Munition, Stacheldraht und Ma- schinengewehren. Kein Lied, kein Scherz: müde Zerrissenheit auf allen Gesichtern. Die jüngeren Soldaten schauen ins Objektiv. Es wird kein Lächeln mehr, sie sind abgestunipst, fliegenmatt, jeder Freude bar,Leichen auf Urlaub". Der Zug schwillt an, durch Granattrichter geht's, über lehmige Felder: die Füße kleben im Modder. Da, auf einmal wildes Auseinanderflitzen, Fliegeralarm brüllen die Sirenen, wimmern die Gongs, schlagen die' Glocken. Das Feld ist leer, sie hocken in Trichtern: nur der Mann am Kurbelkasten muß ausholten und dreht weiter, bis der Film auf einmal jäh abreißt. Auf der Leinwand erscheint«in kleiner Text: Verehrte Anwesend«, seien Sie nicht böse, daß der Film so plötzlich abriß, der Operateur hat soeben zwei Kopfschüsse bekommen!" Und die Menge im Saal liest es, einige Frauen schluchzen auf und weinen. Man führt sie hinaus. Und weiter rollt das schreckliche Dokument. Wir sehen die Artilleristen bei ihrem nervenzermür- bcnden Feuerkampf, wir sehen Pionier« bei der täglichen Klein- arbeit, Bomben abwerfende Flieger, zersägte Obstbäume, zerstörte Häuser. Und das alles ohne Pathos, ohne Ruhm- und Sieggeschrei. Noch einmal erhebt sich der Film zu tragischer Größe, als deutsche Gefangene eingebracht werden. Wir sehen unsere Landsleute in der ersten Gefangencnsanimelstelle hinter der Front, wie sie mit fran- zöstschem Weißbrot versorgt werden. Gierig schlagen ihre dörr- gcmüsegewohnten Zähne in den entbehrten Leckerbissen. Das einzige Lächeln in diesem Film haben deutsche Kriegsgefangene auf den Gesichtern. Sie sind der Hölle entronnen. Fast zwei Stunden lang ziehen die Bilder an uns vorüber, und zu Ehren des französischen Publikums muß man sagen, daß es sich wunderbar benimmt. Als ein deutsches Flugzeug abge- schössen wird, verslicht jemand zu klatschen. Aber die Umsitzmden verbieten es ihm. Er schweigt. Der Film schließt mit einem Text- streifen, auf dem die«infachen Worte stehen:Verehrte Anwesende, wir danken Ihnen noch einmal für ihr Erscheinen. Arbeiten wir daran, daß solche Schrecknisse, wie die oben gesehenen, in Zukunft unmöglich werden." Und als allerletztes Bild erscheint wieder der Vortragsredner mit seiner zersetzten Visage: er spricht, man sieht seinen Mund sich bewegen. Langsam blendet die Kamera ab. Und welche grandiosen Gelegenheiten haben die Franzosen bei der Darstellung des Krieges ungenutzt vorübergehen lassen. Sind doch, militärisch-technisch gesprochen, auf ihrer Seite die größeren Episoden geschehen. Man denke an die großartige Autobeschlag- nähme im September 1914, die Paris das Leben rettete. Welch ein Sujet für den Film! Oder: der Waffenstillstand. Daß die Franzosen dies« heroisierenden Szenen nicht gebracht haben, ist ihnen hoch anzurechnen. Sie haben den Krieg nackt und wahr dargestellt. Die Friedensfreunde der ganzen Welt danken es ihnen.

Verlogenheit. Zwei Musterbeispiele aus derDeutschen Zeitung*. Es ist merkwürdig, wie gerade diejenigen Kreise, die sich selbst für Blüte und Ausbund allen Deutschtums erklären, in der Oeffentlichkeit immer wieder durch ein ganz besonderes Maß von verschlagener Unehrlichkeit ausfallen. Wären diese Herrschaften wirklich so sehr Repräsentanten des Deutschtums, wie sie es zum Glück nicht sind, so müßt« der unbefangene Beobachter ge- hässige Verlogenheit für die Grundeigenschaft des deutscheck Nationalcharakters halten. DieDeutsche Zeitung" liefert uns in einer Nummer gleich zwei aufeinanderfolgende Beispiele. Die erste Notiz derDeutschen Zeitung" tobt darüber, daß der Kommunist Karl Schultz, der den Iungstahlhelmer Kleier erschoß,

Seimlspräfidenl ßrülstter. Der sozialdemokratische Regierungspräsident von Merseburg , Walther Grützner , ist zum Senatspräsidcnten beim Preußischen Ober- Verwaltungsgericht ernannt worden. Grützner wurde am 27. De- zember 1923 vom französischen Kriegsgericht in Düsseldorf zu 20 Iahren Zuchthaus und anschließender zwanzigjähriger Aus- Weisung aus den besetzten Gebieten verurtellt. Die französische Regierung hat ihn bisher nicht amnestiert.

nur" fünf Jahre Gefängnis erhielt. Wir zitieren aus dem Schimpf- erguß: Das ist nun die Sühne für einen glatten, ruchlosen Mord, den Zeugenaussagen einwandfrei bewiesen haben. Es genügt diesem Urteil, das Urteil im Schmelzer-Prozeß(Arensdorf) gegenüber zu halten, um das zweierlei Recht in dieser freien Republik und die Schutzlosigkcit der nationalen Kreise wieder einmal schlagend zu beweisen.... Wiegt in der Republik das Leben eines Stohlhelmers weniger als dos Leben eines Reichsbannermannes? Oder ist denpolitischen Kindern" «in Freibrief für Mordtaten an Nationali st en ausgestellt? Wird nur dos Leben des Republikaners geschützt. Das olles würde sich ja mit den Aufhänge-Drohungen der Sozialdemokraten decken. Lassen wir ruhig alles beiseite, was diese Notiz über die Person des Psychopathen und früheren Rechtsradikalen Schultz abfichllich verschweigt, sprechen wir nicht davon, daß beide Urteile gegen Schultz wie gegen Schmelzer von unabhängigen G e- richten gefällt wurden, in denen fast mit Sicherheit die Mehrzahl der Richter als rechtsstehend betrachtet werden kann, nun halten wir uns an die eine u n u m st ö ß l i ch e Tassache: die hier tob- süchtig der Ungerechtigkeit und der einseitigen Härte gegen rechts geziehene Republik hat durch A m n e st i e die gegen Schmelzer jun. erkannte Zuchthausstrafe von fünf Jahren auf zweieinhalb Zahr Gefängnis herobgemiiderl! In Wirklichkeit steht also die Partie folgendermaßen: Schmelzer für Tötung zweier und schwere Ver- mundung vierer Menschen 214 Zahre Gefängnis, Schultz wegen Tötung eines Menschen S Zahre Gefängnis. Ist da» einFrei- bries für Mordtaten an N a t i o n a l i st e n"?! Die zweite Notiz betitelt sichEs wird doch gehenkt" und bezieht sich auf die Karikatur unserer Mittwochnummer. Di«Deutsche Zeitung" schildert ihren Lesern von den zwei Hälften der Karikatur nur die rechte Bildhälfte, wo vor dem erschrockenen National- sozialisten ein Arbeiter mit einem Strick auftaucht. Daß diese Gestalt erst erschienen ist aus den Ruf des NationalsozialistenAn die Laterne!"(linke Bildhälfte) wird geflissentlich den Lesern der Deutschen Zeitung" unterschlagen. Eben das aber gab unserer Zeichnung erst den ganz klaren Sinn, daß nämlich die be- kannten Worte Grzesinskis nur die Antwort auf die Provokationen der Nazis, der Reventlow und S t r a s s e r im Reichstag dar» stellen. DieDeutsche Zeitung" aber erzählt� ihren Lesern unter Fälschung unserer Darstellung, daß wir das Hängen bereits bildlich propagierten! Wer die berühmte deutsche Ehrlichkeit sucht, der findet sie über- oll nur nicht in deutschnationalen Zeitungen!

Die fünfzigjährige Veichsfrrnckerei. Jubiläumsausstellung im altenHerrenhause*. Aus Anlaß des fünfzigjährigen� Bestehens der R e i ch s» druckerei fand heute vormittag im ehemaligen Herrenhaufe eine Gedenkfeier statt, mit der eine Ausstellung ausgewählter Druckerzeugnisse verbunden war. Der Reichspräsident hat der Reichsdruckcrei einen Erlaß zugehen lassen, in dem er ihr seinen Glückwunsch und seine An- erkennung für ihre Heroorragenden Leistungen ausspricht. Reichspostmkister Dr. S ch ä tz c l, dem die Reichsdruckerei unter- sieht, schloß sich diesem Glückwunsch zugleich namens der Reichs- regierung an. Er stellte mit besonderer Anerkennung sest, daß es der Reichsdruckerei in der verflossenen Zeit gelungen ist, ihrer wich- tigen Aufgabe gerecht zu werden. Besonders erkannt« er die Leistungen des Personals an. das sich auch in den schwersten Zeiten in allen seinen Gruppen als pflichttreu gegenüber dem deutschen Volke erwiesen habe. Allen Angehörigen der Reichsdruckerei sprach er für ihre Leistungen, namentlich für das gedechliche Zusammenarbeiten, seinen Dank aus. Zum Schlüsse gab der Relchspostminister der durch die Ersah- rungen eines Holben Jahrhunderts berechtigten Zuversicht Ausdruck, daß die Reichsdruckcrei auch fernerhin auf dem ihr zugewiesenen wich- tigen, verantwortungsvollen Gebiet ein« Musteranstalt und«ine ver- läßliche Stütze des Reiches bleiben werde.

Revolution bei Gterns"von W. Braun Lustspielhaus Dos Lustspielhaus wird hundstäglich von Wilhelm Broun mit einer Familienkomödie beliefert. Wir gewinnen so einen tiefen und erfreulichen Einblick in die Familien Stern und Schalem, deren Mitglieder als Börsenmakler, Konfektionäre, Pleitemacher und Lieb- Haber eine durchaus interessante Note in das Berliner Gesellschasts- leben bringen. In Brauns Komödie kommt das nicht so ohne weiteres zum Ausdruck, weil der feinsinnige Dramatiker den Mauscheldialekt und die auf Gänsegrieben begründet« Lebensweis- heit der betreffenden Familien offenbar nur oberflächlich kennt. Immerhin ist dem verehrten Verfasser bekannt geworden, daß man sich in diesen Kreisen etwas kompliziert verheiratet. Das heißt: man fragt nämlich zuerst nach der Mitgift und dann erst nach dem Herzen. Ein gewisser Herr Schalem und ein Fräulein Stern, die das System umdrehen wollen, geraten in rührende Seelenkämpfe. Nach drei Komödienakten wird alles schön, und man verlobt sich. Obwohl dieser Freudenfluß erst nach sehr zähen, um nicht zu sagen ledernen Ereignissen zu genießen ist> waren die hochwillkommenen Sommer- gaste und auch die stets beifallsbereiten Premierenfreiberger sehr zufrieden, schon vor 10 Uhr das Lustspielhaus verlassen zu dürfen. dl. H.

Berlin , wie es weint und lacht." Die 25. Aufführung te derVolksbühne*. Hypermoderne Menschen und die sogenannte geistig« Elite werden die Sache vielleicht mit einem Achselzucken abtun als nicht mehr zeitgemäß. DasVolk" ober liebt trotzdem seine Lokalposse. Und es hat ein Recht dazu: denn sie ist mitten aus dem Volk« geboren. K a l i f ch schreibt seine Szenen nicht um des bloßen Vergnügens willen, sondern bemühlt sich um soziale Problem«. Mitten durch da» Lachen der begüterten Spießbürger schneidet das Weinen der Armen. Die sich aber trstzalledem nie unterkriegen lassen und sich am urgesunden Mutterwitz hochrichten. Kalisch setzt sich außerdem ernsthaft mit einer Menschenklass« auseinander, deren Vertreter man bisher auf den Bühnen nur als urkomische Typen oder durchtriebene Spitzbuben begegnete: die Klasse der Dienstboten. Kalisch sucht in ihnen den Menschen, der doppelt leidet, doppelt unterdrückt ist, weil er dauernd unterHerrschaft" steht und am wenigsten Freiheit hat. Die Besetzung ist die der Premiere: Allen voran das Ehepaar Hans Waßmani« und der Agnes Straub . Sehr gut ferner Victor de Kowa als gutmütiger Berliner Frechdachs und Ilse Bäerwald als leidendes Dienstmädchen. Der Beifall war premicrenhaft warm. W. J.

Kommt Weichert nach Berlin ? Wie verlautet, verhandelt der Intendant Prof. Ießner mit Richard Weichert , dem jetzt ausscheidenden Frankfurter Intendanten, um diesen als Regisseur für das Staat-theater in Berlin zu ge- winnen. Es wurde bereits ein« grundsätzliche Einigung erzielt, doch steht noch nicht fest, ob Weichert ständig nach Berlin kommt oder aber nur für eine Reihe von Gastspielen verpflichtet wird.

Seevsuagen an» vessauer Bauhaus. Das Dessauer Baubaus soll durch eine neue Abteilung für Pbolograpbie erweitert werden. Wie WeslheimZ Kunstblatt» meldet, wird Peterhans die neue Abteilung leiten. Ferner sind mehrere Künstler für die BauabteUung neu berufen worden: aus Berlin der Nrch'tsll Ludwig Hilbertheimer, aus Wien Brenner.

Eine repräsentative Galerie." Zu dem Aufsatz unseres Kunstkritikers unter dieser Spitzmarke wird uns geschrieben: Nach ihrer Wiedereröffnung hat die Lildirissammlung der Nationalgalerie imAbend"(Nr. 296 vom 27. Juni) eine sehr günstige Beurteilung gefunden. Weniger gut haben in dem Bericht die anderen vom Schmkelbau beherbergten Institute abgeschnitten. Das meteorologische Institut, ein«politische Akademie" sind zwar an sich, wie freundlichst zugegeben wird,nützliche und vortreffliche Organisationen", siegehören aber nicht in dieses Museumsgebaude", also raus damit. Mit Vertaub: diesesMuseumsgebaude" hat auch in früheren Zeiten kein Museum, sondern die Bauakademie enthalten, also eine Lehranstalt. Einer Lehranstalt dient das schöne Haus auch jetzt wieder als Unterkunst, jenerpolitischen Akademie", der Deutschen Hochschule für Politik nämlich. Man darf wohl sagen, daß diese». in ganz Deutschland einzigartige Institut dem Schinkelbau«inen neuen Charakter gegeben hat, was von der Bildnissammlung nur in weit geringcrem Maß« behauptet werden kann, denn von ihrer Existenz ahnen wohl die wenigsten Berliner etwas. ' Es fei betont, daß der Hochschule für ihr« ausgezeichnet« Ent- wicklung nicht zuletzt auch ihre überaus günstige zentrale Lag« zu- gut« gekommen ist. Eine Verlegung in eines der Schlösser(?) in oderum" Berlin würde«inen schweren Schlag für den Hochschul - betrieb bedeuten, aber auch für die Hörerschaft, die stch zu einem erheblichen Teile aus den der Partei nahestehenden Volksschichten rekrutiert. Auch für die Hochschule ist die Raumsrage wichtig allerdings braucht sie Räume nicht für Bilder, fondern für lebende Menschen. Diesen ihre Bildungsstätte zu nehmen, nur um dis ohnehin nicht gerade über Massenandrang klagenden Museen noch um eins zu ver- mehren, wäre ein wahrer Schildbürgerstreich. Wenn schon die Raumfrage gelöst werden soll, so läge es bedeutend näher, ein Minioturmufeum mit spärlichster Besucherzahl auf einem der Schlösserin oder um Verlin" unterzubringen und dadurch einer lebensvollen und aufstrebenden Anstalt zur erwünschten Ausdehnung zu oerhelfen. Mßglückie türkische Schristreform. Man kann wohl ein Pferd ins Wasser bringen, aber man kann es nicht zum Trinken zwingen." Die Wahrheit dieses Wortes wird erneut durch einen Artikel bestätigt, den Pakoub Bey, ein Freund Mustapha Kemal Paschas, kürzlich in einem türkischen Blatt ver- öffentlichte. Seine Ausführungen gipfeln in der Erklärung, daß wenn die türkische Regierung sich nicht uiwerzüglich zu nencrgischen Maßnahmen entschließe, die erzwungene Aenderung des türkischen Alphabets als Fehlschlag betrachtet werden müsse, der nur dazu ge- führt habe, das geistige Niveau der Nationen auf einen �Tiefstand herabzudrücken, wie er selbst in den finstersten Zeiten der Geschichte nicht verzeichnet worden sei". Kadri Bey, der der Nationalverfamm- lung von Angora angehört, macht bei der Gelegenheit sensationelle Angaben über den Rückgang der türtischen Publizistik, seit diese ge- zwungen wurde, mit lateinischen Schriftzeichen zu drucken. Die n, eisten der zehn in Konstantinopel erscheinenden Wochen- und Monatsschriften haben ihr Erscheinen einstellen müssen, und die bessergestellten haben neun Zehntel ihrer Abonnenten eingebüßt. Nicht so schlimm steht es um die Tageszeitungen, immerhin haben auch diese im Durchschnitt die Hälfte ihrer Leser verloren. Auch die in lateinischer Schrift gedruckten Bücher finden nur wenig Leser. Kadri Bey fordert die Regierung dringend auf, den notleidenden Verlegern zu Hilf« zu kommen, und macht daneben den naiven Vor» schlag, durch Anzeigen und Reklamen den Vnchoerkauf zu beleben