Dienstag
16. Juli 1929
Unterhaltung und Wissen
Eisgefahr im Nordatlantik
Wiederum kommt aus dem hohen Norden die Kunde von| gierungsfahrzeuge ihre Heimathäfen an der nordamerikanischen umhertreibenden riesigen Eisbergen, diese furchtbare Gefahr jener Meeresbreiten, läßt in uns mit neuer Lebendigkeit die grauenvollen Bilder der„ Titanic " Ratastrophe emporsteigen, die das Schicksal so pieler mit dem gleichen Untergang bedrohter Fahrzeuge, ins Gigan tische gesteigert, uns vor Augen geführt hat, und erwedt in uns bie Frage nach den Abwehrmitteln und den bisherigen Erfolgen des Menschen im Kampf mit diesen Naturgewalten.
Die von der großen Inlandseisdecke Grönlands her der Küste zuströmenden Gletscher erreichen schließlich das Meer und stecken im Laufe der Jahre ihre Jungen" weiter und weiter in dasselbe hinein. Die Wellen höhlen die abwärts gerichtete Eisspitze aus, später drückt der Auftrieb des Wassers sie empor und bricht sie ab. Sie wird dann als Eisberg von der Labradorströmung in niedere Breiten transportiert, sobald Sturmwinde in der wärmeren Jahreszeit die südwärts gerichteten Eisdriften öffnen und die Treibkraft nach Süden ermöglichen. Diese gewaltigen Berge aus Firneis ragen nur zu einem Bruchteil, nämlich zu etwa einem Fünftel ihrer Größe, aus dem Wasser. Vier Fünftel schwimmen unter der Oberfläche des Meeres und bilden eine der schlimmsten Gefahren für die Schiff fahrt. Auf den Neufundlandbänken stranden die tiefer gehenden,
mit Moränenschutt beladenen Berge, sobald sie flachere Wasser er. reichen. Durch diesen, durch Jahrtausende fortgesezten Schutt- und Steintransport erflärt man das Entstehen jener Bänke.
Das Zusammenströmen des Labradorstroms und des warmen, von Süden heraufkommenden Golfstroms verursacht die gefürchteten Nebel dieser Gegend. Die großen Dampferlinien haben daher mehr Sicherheit gewährende Ruten vereinbart, um außerhalb der Eisgrenze zu bleiben. Sie wählen ben nördlichen oder südlichen Weg, je nach Jahreszeit und Eisgefahr. Seit 1912 ist auf den Bänken von den Vereinigten Staaten ein besonderer Eismeldedienst ein gerichtet, zu dem die Veranlassung das die ganze Welt erschütternde Unglück der ,, Titanic " war.
Der Riesendampfer der englischen White Star Linie ,, Titanic ", zu seiner Zeit das größte und schönste Schiff der Welt, ein Wunder wert an Technik und Ausstattung, stieß auf seiner ersten Ausfahrt von Europa im eben beschriebenen Gebiet mit einem Eisberg zu sammen. Der Unfall ereignete sich bei fast flarem Wetter auf 41,46 Grad Nordbreite und 50,14 Grad Westlänge am 15. April 1912 abends um 11 Uhr 40 min. An Bord befanden sich 2340 Personen, von denen nur 705 gerettet wurden. 1635 Menschen fanden in einer einzigen Nacht zusammen mit dem Riesenschiff ihr Grab im Atlantik. Die Welt forderte Rechenschaft. Fast ein Jahr tagte Der Untersuchungsausschuß in London . Im Anschluß daran trat am 12. November 1913 die erste sogenannte Titanic- Konferenz" zu sammen, um über Bestimmungen zum Schutze menschlichen Lebens auf See zu beraten. Die Notwendigkeit dieser Maßnahmen war durch das Titanic" Unglüd so flar bewiesen, daß man nicht erst auf die Ratifikation der Bestimmungen durch die in Frage fommenden Länder wartete, sondern ohne weiteres beschloß, den Bereinigten Staaten gegen nachträgliche Kostenerstattung die nötigen Schritte zur Erzielung größerer Sicherheit im Nordatlantik zu überlaffen. In Wirklichkeit tam es aber nicht zum Infrafttreten bes Uebereinkommens. Der Krieg trat dazwischen.
Mittlerweile hatte Amerita bereits die von ihm im Londoner Bertrag geforderten zwei Eispatrouillenschiffe in Dienst gestellt, die in regelmäßiger Fahrt die Neufundlandbänke nach dort treibenden Eisbergen absuchen sollten. Im März verlassen diese beiden Re
Küste und begeben sich ins Eisgebiet. Dort schaffen sie durch das Sammeln von drahtlosen Meldungen, die jeder Dampfer, der das Gebiet befährt und mit drahtloser Telegraphie ausgerüstet ist, alle vier Stunden abgeben soll, eine Uebersicht, wieviel und wieweit die schwimmenden Berge mit dem Labradorstrom nach Süden vordringen. Haben sie erst den Golfstrom erreicht, so ist es bald mit ihnen aus. In seinem warmen Wasser schmelzen sie rapide zusammen.
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Im Jahre 1929 nehmen die Küstenwachtschiffe„ Modoc " und Tampa " den Eisbeobachtungsdienst im Nordatlantit wahr. Ihre Beobachtungen werden außerdem von den amerikanischen Küstenstationen Washington , Boston, New York und Norfolk zu bestimmten Stunden wiederholt. Auch die kanadische Küstenstation Cape Race schickt täglich im Anschluß an ihre Wetternachrichten einen drahtlosen Eisbericht an alle Schiffe in Reichweite. Dazu hat die fanadische Regierung ein eigenes Eispatrouillenboot im St. Lorenzgolf fahren, um dort und in der Cabotstraße die Eisverhältnisse zu studieren. Auf allen diesen Stationen werden die von anderen Schiffen gesichteten Eisberge genau registriert und dann in einer Sammelmeldung mit Bofition und Drift allen bekanntgegeben. Abgesehen von den Eismeldungen verbreiten die Patrouillenboote Nachrichten über treibende Wracks oder andere Gefahren, die die Navigation bedrohen könnten. Ihre Tätigkeit besteht neben diesem Warndienſt in der Beseitigung der Hindernisse durch Sprengung. Gegen eins tönnen allerdings auch die Warnnachrichten nicht schützen. Das ist der heimtückische Feind des Seemanns, der aus dem Zusammentreffen der falten und warmen Meeresströmung entstehende Nebel, durch den die Dampferwege hindurchführen. Wie ein graues Leichentuch lagert er tagetang über diesen dichtbefahrenen Gewässern. Man beugt nach Möglichkeit etwaigen Zusammenstößen vor, indem die Schiffsleitung, abgesehen von den mit der Dampfpfeife gegebenen akustischen Signalen, in Ein- und Zweistundenabstand die Position des Schiffes, feinen Kurs und seine Fahrtgeschwindigkeit drahtlos an alle schickt. Ist nun auf dem entgegenkommenden Dampfer die Funt station dauernd besetzt, so hat der Kapitän bald die Gegenmeldung des zu passierenden Schiffes in Händen. Leider sind noch immer Frachtschiffe auf dem Ozean anzutreffen, die nur aushilfsweise oder in großen Zeitabständen ihre Funkstation in Betrieb halten.
In diesem Jahr, am 16. April, trat in London abermals eine sammen, die von allen schiffahrttreibenden Ländern mit Sachver Konferenz zur Sicherheit des menschlichen Lebens auf See" zu ständigen beschickt wurde. Sie hatte die im Jahre 1913 gefaßten Be schlüsse im wesentlichen den außerordentlichen Fortschritten auf dem Gebiet der Meteorologie und der drahtlosen Telegraphie anzupassen. Ferner hatte sie die Kostenverteilung für die Eistontrolle und die Beseitigung treibender Bracks auf die beteiligten Nationen neu zu regeln. In den Beschlüffen der diesjährigen Konferenz verlangte man die obligatorische Einführung von Funfanlagen auf allen Schiffen von über 1600 Tonnen Raumgehalt und die Einführung des Funkpeilers auf allen Baffagierschiffen von 5000 Tonnen Bruttogehalt und darüber.
Hoffentlich gelangt das Ergebnis dieser Beratungen zu einer be bingungslosen Annahme in den Parlamenten der betroffenen Länder, damit diese Bestimmungen nicht nur auf dem Papier ein unwirkliches Dasein führen. Vermehrte Sicherheit auf See wird sich im Nordatlantifverfehr in größeren Baffagierzahlen zeigen, die heute noch weit unter der vor dem Weltkriege erreichten Höhe liegen.
Frant Stolbt.
E. Molnar: Zwei Männer und zwei Frauen
( Dr. Lateiner und Dr. Mittelstand sind mit ihren Frauen in einem Kaffeehaus gewesen. Die Frauen haben Eis gegessen. Dann folgt ein fleiner Spaziergang auf dem Rorso. Die Frauen gehen voran, die Männer folgen.)
Wovon die Frauenfprechen. Weißt du schon, wo du heuer den Sommer verbringen wirft?"
Ich habe mich noch nicht endgültig entschieden." " Du wirst doch nicht zu Hause bleiben wollen?"
" Wo denkst du hin? Ich bin nur noch nicht im flaren, ob wir nach Neapel oder nach London fahren werden. Ich glaube in Neapel ist es ein wenig zu heiß. In London wieder werden die Theater geschlossen sein. Und du?"
„ Ich habe meinem Mann schon gesagt, daß ich auf Paris beftehe. Es war auch von der Schweiz die Rede, aber ich verabscheue die hohen, kahlen Berge. Meine Toiletten sind beinahe alle fertig. Weißt du, ich habe ein Abendkleid aus weißem Mouffeline, was soll ich dir sagen?... ein Gedicht... Dann ein zweites aus Crepe Georgette..."
" Hast du sie zu Hause machen lassen?"
" Was fällt dir ein... In einem Salon, in einem erft. Maffigen Salon. Du läßt zu Hause arbeiten?"
" Na hörst du! In zwei Salons werden meine Kleider angefertigt. Das eine ist aus Crepe Marocain und das vierte aus weißem Tuch, ganz gestickt."
„ Wenn du wüßtest, wie glücklich ich bin, wenn ich an die Abreise dente. Zwei Monate lang sieht mich Wien nicht." " Ich plane erst gegen Ende September nach Hause zu tommen,"
Und dein Personal?" Mein Personal lasse ich hier zurück. Es fommt wohl ein bißchen teuer, wenigstens geben sie aber auf die Wohnung acht." Ich nehme mein Stubenmädchen mit. Die Röchin schide ich aufs Land, weißt, sie ist fränflich, und ich will, daß sie bis zum Herbst terngefund ist."
Ich brauche kein Stubenmädchen. Mein Mann ist damit einverstanden, daß mich eine entfernte arme Berwandte von mir, ein hübsches Mädchen, begleitet. Ich werde fie gut brauchen fönnen."
" Sag, Liebste, tommst du morgen auf den Kobenzl?" " Es geht nicht. Ich bitte dich, ich habe schrecklich viel zu tun. Ich werde den ganzen Tag mit der Modiftin und meinem Schuh, macher verbringen müssen."
„ Schade, sonst hätte ich dich eingeladen, mit mir zu fahren." „ Ich danke dir, Teure. Ich habe für morgen schon ein Auto bestellt; ich werde wegen meiner Erledigungen den ganzen Tag unterwegs sein müssen."
Wovon zur gleichen 3eit die Männer sprechen.
ein
Also, ich bitte dich, das ist einfach nicht mehr auszuhalten, Meine Frau war gestern in Enzersdorf , und stelle dir vor, man hatte die Frechheit, für ein elendes Loch hundertfünfzig Schilling hatte die Frechheit, für ein elendes Loch hundertfünfzig Schilling zu verlangen. Für ein Zimmer was heißt, Zimmer! Loch, mit Küchenbenutzung für eineinhalb Monate." " Nun, und was wirst du tun?" ,, Noch warten."
-
„ Ich habe einen Verwandten auf dem Lande. Ein lieber Mensch, er sieht uns ganz gerne, nur hat es den einen Hafen, daß er fein Fremdenzimmer hat. Er sagte aber, man tönnte die Wasch füche umändern... wir mögen Betten, Kästen, Stühle, alles mitbringen und dann brauchen wir bloß für die Koft zu bezahlen." " Das nenne ich ein Glück. Und deine Frau? was sagt die dazu?"
ging es wohl schwer..." Jetzt beginnt sie sich schon in alles dreinzufinden. Anfangs
,, Ganz wie bei meiner Frau."
,, Sie sagt, wenn sie schon in ein Dorf fährt, will sie sich von dem ersparten Gelde( nicht schlecht, wie?) ein Sommertoftüm machen laffen. Sie hat eine Hausschneiderin, ein billiges Vergnügen, so habe ich es ihr denn bewilligt."
Meine Frau läßt ihr vorjähriges Kleid umarbeiten. Auch fie hat sich schon daran gewöhnt."
-
mer zum
Bloß davor habe ich Angst, daß unsere Wohnung leer bleibt. Die Köchin und das Stubenmädchen schicken wir fort Teufel tönnte das durchhalten? Ich werde mir selbst aufräumen, werde mir zu Hause einen Tee fochen, irgendwo in einer Austocherei zu Mittag effent und abends fahre ich hinaus nach Enzers dorf. Im Herbst beginnt dann die Jagd nach einem neuen Berfonal."
-
,, Genau so wie bei uns. Du, sage einmal, fönnte man die Sache nicht so lösen, daß du die Köchin behälft unsere focht unbarmherzig schlecht- ich aber das Stubenmädchen. So fönnten wir wenigstens gemeinsam zu Mittag essen und hätten jemand, der uns die Wohnung in Ordnung hält."
Eine glänzende Idee! Ich werde die Sache noch heute mit meiner Frau besprechen."
( Berechtigte Uebersehung von M. Mezei.)
Beilage
des Vorwärts
10. Appelt: Der Schulausflug
Nu, wie war dn ihrer Glara ihr Schulausflug?
Ach, gans scheen. Mier Mitter hatten scheene Underhaltung. Da gab's allerhand Neiigkeeten. Da war'n doch aus all'n StadtDerteln welche mit. Un jede wußte was andres. Awr mein Aerger hab' ch derwegen ooch gehabbt. Ich hadde doch mein' Alfongs mit, weil' ch' n nich alleene drheeme lassen wollte. Un der hat sich nu sein Schbaß machen woll'n un hat die Mädeln mit Sand geschmissen. Da hätten se bloß mal die andern Mitter heer'n soll'n, wie gefährlich die tun konnten. In de Dogen fennte der Sand gehn, hammse gesagt, un aus' n Haar'n friegten se' n wer weeß wie schwer wieder' raus. Das war filleicht ä bissel Deather. Was gloom se denn, was ich mich da habb offregen missen. Aw'r mier wurden bloß nachher underbrochen,' s war eegentlich schade, weil das mit meiner Glara ihr'n Kleed bassierte
Die hat sich wohl' s Kleed zerrissen?
Nee Aw'r in der Kneibe, wo mier war'n, da isse mal in Schtall gegang', un nu weeß ich ooch nicht, isse hingefallen oder hat le wo angetroffen, jedenfalls hatte se enn gans großen Fleck ins Kleed. Un der geht ooch nich wieder raus.
Brsuchen ses doch mal mit Bersil!
tewrlegen soll'n. Eh' mier das mit denn Schtift gemacht hamm. Da
Das hat nu teen Zweck mehr. Das hätten mier uns erscht hamm mier uns nämlich von den Leiten enn Fleckenschtift gähm
lassen, un da is die Schmiere erscht richt'g fest geworden. Wie Bech.
Un fnochenharte.
Wer weeß, was das fr e Schtist war?
Ae Warzenschtift! Awr das hamm mier ähm ersch hinterher
gelesen off denn Silwerbabier. Die Leite fagten nachher, so hätten solchen Draasch gehabbt wegen denn viel'n Gästen, un da hätten ſe ähm dn falschen erwischt... Ja, das sinn ähm solche Sachen. Ich gloowe, nächstes Jahr mach' ich nich wieder mit.
Da sinn se awr ooch nischt gebessert. Wer weeß, was da alles
baffiert.
- Das kann mier nachher egal sinn. Da fenn doch wenigstens die andern Mitter nich so de große Gusche hamm, daß' ch besser off meine Kinder offbaffen sollte. Un mit denn Fleck in denn Kleed, da braucht' ch mr ooch teene Robbzerbrechen zu machen. Da tschell ich mich einfach off den Schtandbunkt, daß dr Lehrer nicht genug off gebaßt hat, un da muß de Schule meiner Glara ä neies Kleed toofen.
-
Da wer'n se wohl fee Glid drmit hamm.
Das wer'n mier schon seh'n! Das wär doch gelacht! Zu was bezahl'n mier' n unser Schulgeld?
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Wie Tschechon schuf
,, Ich sterbe" Worte, die Tschechow in der Villa Friederite in Badenweiler am das waren die letzten deutsch gesprochenen 15. Juli 1904 zu seinem Arzt Dr. Schröter sprach, bevor er seinen Geist aufgab. Damals verließ eine der reinsten und edelsten Seelen nicht nur der russischen Dichtung, sondern der Weltliteratur überhaupt ihre sterbliche Hülle. Der Bierundvierzigjährige, den ein schleichendes Lungenteiden nach 20jähriger Krankheit allzu früh dahinraffte, ist nicht nur ein Erzähler von besonderen Gnaden gewesen, dessen kurze Geschichten in ihrer unvergleichlichen Mischung von Humor und Ironie, von Heiterfeit und Schwermut Meisterwerte ihrer Art bleiben werden, sondern er war auch ein unendlich gütiger Mensch, dem die tiefe Erkenntnis der menschlichen Schwächen und der irdischen Tragit die Hoffnung auf eine schönere Zukunft, den Glauben an das Gute nicht raubte. Gorki, der ihn in seinen Erinnerungen mit liebender Berehrung geschildert hat, sagt einmal: In Gegenwart von Anton Pawlowitsch empfand jeder Mensch unwillkürlich den Drang, einfacher, wahrhafter, mehr er selbst zu sein," und als das Biel feines Lebens bezeichnet er die Bekämpfung des Banalen und Alltäglichen, das er mit fo unnachahmlichem Scharfblick überall im Leben aufzufinden wußte.
Dieser Arzt, der von seinem Studium her eine naturwissen schaftlich fühle Betrachtung des Daseins besaß und sich zu einem der Marsten Beobachter der feinsten Züge entwickelte, wurde dadurch nicht zum Menschenverächter, sondern bis zu seinem Tode wuchs feine Seele immer reicher und schöner," wie Bunin von ihm gesagt hat, der uns aus seinen letzten Jahren berichtet: Tschechow träumte häufig laut vor sich hin: Ein Wanderer, ein Pilger zu werden oder sich in einem Kloster niederzulaffen, mitten im Walde, die Sommerabende auf einem Bäntchen vor dem Klostertor zu sitzen." So wohnte in dem Realisten ein Schwärmer und Seher, der die Meinen Dinge des Alltags durch einen Ewigkeitszug verflärte. Reiner hat so erbarmungslos wie er den Niedergang der altrussischen Kultur, den Sumpf in der Seele des tatenlosen, innerlich leeren russischen Menschen geschildert, aber die Hoffnung auf die Zukunft verlor er nie und glaubte, daß die Erde noch einmal zu einem blühenden Garten werden wird".
Jeden
Wenn man sich die Fülle der äußerlich banalen und doch so tieffinnigen Stoffe, das Gewimmel lebendig gewordener Personen in feinen Geschichten und Dramen vergegenwärtigt, dann steht man vor einer schier unbegreiflichen Fruchtbarkeit. Aber sein Leben war ein ewiges Beobachten, sein Schaffen ein beständiges Ernten aus der ungebeuren Mannigfaltigkeit, die fein Dichterblick erschaute. Er hat selbst auf die Bedeutung hingewiesen, die seine Notizbücher in seinem Schaffen haben. Seit frühester Jugend zeichnete er sich jede Kleinig feit auf, da er überall einen Stoff zur Gestaltung sah. Augenblid muß ich daran denten," schreibt er einmal ,,, daß eine unvollendete Novelle meiner harrt. Ich sehe eine Wolke, die einem Klavier ähnlich ist, und ich dente: das muß ich irgendwo erwähnen. Es riecht nach Blumen, schnell muß ich diesen Geruch festhalten. Jedes Wort, jede Bewegung muß ich in mein Notizbuch, diese lite rarische Schattammer, einsperren. Ich werde sie irgendwann einmal brauchen tönnen." Kurz vor seinem Tode zeigte er dem Kritifer für viele tausende Seiten. Fünf Jahre müßte ich ununterbrochen Garin seine Notizbücher und sagte dabei: Sehen Sie, hier ist Stoff von diesen Schäßen, aus denen er so Wundervolles zu gestalten mußte, arbeiten, wenn ich alles, was darin steht, verwerten wollte." Bieles blieb ungenugt, aber was der Zauberstab seines Genies zu einem neuen Leben erweckte, wird unsterblich bleiben.
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Die Bererbbarkeit der weißen Haarfarbe. Es ist bekannt, daß in einzelnen Familien das frühe Ergrauen der Haare sich vererbt, ähnlich wie die Farbe der Augen oder die Gestalt der Nase. Nun berichtet H. J. Hare in Cambridge von einer Familie, in der frühzeitig weißes Haar in fünf Generationen vortam. Im Alter von 17 oder 18 Jahren fing das Haar an grau zu werden und war bis 25 Jahre völlig meiß.