Llm die Einheit der Republik . Zur Problematik der ZieichSreform. Di« Veratunz i>«r Ausschüsse der Länderkonferenz über die Gutachten zur R-ichsreform ist von der Oesfentlichtett nicht stark beachtet worden. Don einer lebendigen Anteilnahm« des Volkes war nicht viel zu verspüren. Das liegt nicht zum wenigsten an den Vor- schlagen der Gutachter selbst. Man hat versucht, die mittlere Linie zu finden, um sie als Cndlösung zu präsentieren. Diez Streben hat zu kunstvollen Konstruktionen geführt, deren Kompliziertheit nicht gerade geeignet ist, innere Anteilnahme zu wecken. Di« politischen Widerstäirde gegen den Einheitsstaat sind kunstvoll gegeneinander ausgewogen worden, aber die große einheitlich« Linie ist verloren- gegangen. In großen Dingen ist es falsch, das Kompromiß von vornherein zu suchen. Di« politischen Widerstände gegen den Einheitsstaat dürfen nicht die Grundlinien des Neuordnungsplans bestimmen, sie müssen vielmehr überwunden werden. Nur im Kampf gegen diese Widerstände lassen sich die psychologischen Voraussetzungen für die wirkliche großzügige Reichsreform schaffen. Das komplizierte tunst. volle Gebilde der Gutachten läßt die überwältigende Mehrheit des Voltes kalt. Die auf den Einheitsstaat abzielend« Reichsreform muß ober von einer überwältigenden Mehrheit getragen werden, dazu gehört systematische ideelle Vorbereitung. Dieser Aufgab« kommt eine kleine Schrift nach, die Johannes Müller, Redakteur am Soz. Presse- dienst, unter dem Titel„Um die Einheit der Republik " im Dietz-Verlag veröffentlicht hat. Müller untersucht die Entstehung der heutigen Länderverfassung in Weimar , die Angriffe von Partiku- laristen und Separatisten auf die Einheit der deutschen Republik, er zeigt die Groteske der deutschen Kleinstaaterei wie die Wider- stände gegen die Einheitsrepublik in den politischen Parteien. Er kommt zu folgender Schlußfolgerung: „Es müßt« Aufgabe aller deutschen Republikaner fein, sich auf den einen wichtigen Punkt zu tonzentrieren, den Zusammenschluß der deutschen Republik anzustreben. Es handelt sich hier um eines der politischen Ziele, für die es sich lohnt, alle Kraft zu konzentrieren. Man sollte hier der Forderung Ferdinand Lassalles Rechnung tragen, der da meint, daß in einem bestimmten Zeitpunkt und für bestimmte Aufgaben Hle Kraft an einem Punkt konzentriert werden muß, wenn das Ziel erreicht werden soll. Dieses Ziel ist die Einheitsrepublik! Man muß sich darüber klar sein, daß die Einheitsrepublik den Deutschen nicht von heute auf morgen als Morgengabe überreicht werden kann, sondern alle müssen den Mllen zum Zusammenschluß finden und müssen ihn auch in der Tat zum Ausdruck bringen. DieEinheit muh erkämpft werdenl Die ganze Arbeit, die von Verwaltungsbeamten zur Frag« des Einheitsstaates geleistet wird, ist zwar sehr nützlich und nötig, man muß aber davon überzeugt sein, daß die Neugliederung des Reiches weniger«ine Frage der Arbeit von Derwaltungsbeamten sein kann, sie ist vielmehr ein« Frage der praktischen Politik. Daher ist es dringend nötig, daß sich das gesamte Volk in jeder Beziehung für die Frage der Einheitsrepublik interessiert. Es ist sehr wohl möglich, daß das Ziel der deutschen Einheit auch bei den Wahlen früher oder später«ine entscheidende Roll« spielt. Alle Gutachten und Denkschriften, die über das Problem ob- gegeben werden, können nur Beiträge dazu sein, die Einheit der Republik vorzubereiten. Die praktische Herbeiführung d-r Einheitsrepublik lizgt zweifellos b« jenen Massen, die sich seit 1Sl8 rückhaltlos zur Republik und zur Demokratie bekannt haben." Damit zeigt die lesenswert« Schrift das Hauptproblem: dl« Mobilisierung de» Interesses der breiten Volksmossen zum Kampf um die Einheitsrepublik. Vom Gruf zum Osaf. Die Militärorganisation der Hatentreuzler. Die Nationalsozialisten legen in letzter Zeit in allen Teilen Deutschland »«in« außergewöhnliche Ak- t i o i t 2 t an den Tag. Geld spielt bei ihnen keine Rolle. An- scheinend haben sie neue Geldgeber gesunden, die nach dem lata- strophalen Niedergang der deutschnationalen Reaktion unter Hugen- bcrgs Führung ihre einzige Hoffnung noch auf Hitler setzen. Die Nationalsozialistische Partei ist auch heute noch rein militaristisch aufgebaut. Ihre niederste Einheit ist ein« aus 10 bis 13 Mann bestehende„Gruppe", drei Gruppen bilden einen „Trupp", zwei Truppen einen„Swrm", mehrere Sturn««in« „Standorte", zwei Standarten einen„Gausturm", zwei Gaustünne eine„Brigade ". Die Brigaden unterstehen unmittelbar dem „obersten Führer", Hauptmann a. D. Pfeffer-München. Die Führerbe Zeichnungen werden wie folgt abgekürzt: Gruppenführer— Gruf, Truppensührer— Truf, Sturmführer— Stuf. Standartenführer= Sias. Gausturmführer— Baustaf, Bri- gadeführer=- Brigaf, oberster Führer— Osaf. Di- Abzeichen sind folgende: Der einfache„Mann" trägt auf dem linken Spiegel die Nummer des Sturms, dem er angehört. Der Gruppenführer trägt auf dem rechten Spiegel einen silbernen Stern, der Truppenführer zwei, der Sturmführer drei, der Standarten- führ« vier Stern«. Außerdem ist der linke Spiegel des Standarten- führers mit der Standartennmnmer versehen: beide Spiegel sind mit einer silbernen Schnur«ingesaßt. Spielleute und Sanitäter tragen die gleiche Nummer. Außerdem tragen die Semitäter weiß« Ann- binden(statt der roten) mit Hakenkreuz. Der Gauswrmfsihrer Hot mit silberner Schnur eingefaßt« Spiegel im silbernen Eühenloub. Der Brigadesührer trägt an der Mütze noch ein« silbern« Schnur. Wo kein Geist ist, müssen Dekorationen helfen!
Siaaisrat und Ltmgemeindungsgeseh. Kirchturmtzpolitiker dringen aus Einspruch. Im Preußischen Staatsrat sind sehr viele telegrophifch« Ersuchen eingegangen, gegen das vom Landtag verabschiedete Gesetz über die kommunal« Neugestaltung im rheinisch-westfälischen Industriegebiet Einspruch einzulegen. Bekanntlich waren seinerzeit starke Bedenken gegen das Gesetz bei den Stoatsratsberatungen zum Ausdruck gebracht worden. Die Frist für dl« Cinlcgung des Einspruches läuft am?4. Juli ab. Wenn bis dahin ein Einspruch nicht eingelegt ist. so wird das Gesetz in der preußischen Gesetzsammlung verkündet werden können. Erst wenn das geschehen ist, wird auch der Staatsgerichtshof die bei ihm eingereichten Klagen wegen Der- letzung der preußischen Verfassung entscheiden können. Die Frage, ob vom Staatsrat gegen das P all i z«i t o st e n- gefetz Einspruch eingelegt werden wird, ist gleichfalls noch nicht entschieden. Zwei Mitglieder des Ausschusses oder zehn Mitglieder des Staatsrates müßten einen entsprechenden Antrag stellen. Bis- her soll nur von einem Ausschußmitglied ein solcher Antrag einge- bracht worden sein. Auch hier läuft dl- Einspruchsfrist mit dem 24. SuL ad._...-
Im Kernen Osten.
Sie Uniformen habe« in de« letzte« Jahrzehnte« sich stark verändert. Aber sonst..
Paris . 16. Juli. sEigenbericht.j Poiucarä hat a« Dienstag»ach L�tSgiger Dauer seine große Rede über die Reparationen und die interalliierten Schulden beendet. Im Verlauf der seiner Red« folgenden Abstimmungen über die Ver» tagnngsantrage stellte der französische Ministerpräsident die Vertrauensfrage. In namentlicher Abstimmung wurde der Vertagnngsantrag des Rechts- radikalen Dubais mit 304 gegen 239 Stimmen abgelehnt. Poincares Schlußausführungen galten ausschließlich dem Poung-Plan. Amerika trage«in« moralisch« Mitverantwortung an dem Plan, da sein« Sachverständigen an der Pariser Konferenz hervorragenden Anteil gehabt hätten. Frankreich sehe in dem Poung-Plan vor allem den Vorteil, daß er seine Schulden deck« und ihm 43 Milliarden Franken für die Wiederaufbaukosten zurück- erstatte. Allerdings müsse die Ratifizierung unverändert ohne jede Vcrjchkechiermig zuungunsten Frankreichs erfolgen. Schließlich nnijs« der Plan bis zum End« durchgeführt werden. „Aber S t r e s« m o n n hat setzt schon gesägt, daß er nur 1k> I a h r e lang dauern werde", rief der reaktionär« Abgeordnete G o y vor- witzig dazwischen.„Ich weiß dos auch"— erwidert« Poin- rar« kurz und trocken—„aber Ttresemann hat mittlerweile dementiert". In«in wesentlich hitzigeres Wortgefecht geriet dann Poincare mitHerriot. Herriot wagt« zu behaupten, daß der von Poincare so laut gerühmte Vorteil der im Poung-Plan herge- stellten Verbindung zwischen Reparationen und interalliierten Schulden nicht sehr groß sei. Deutschland könne nämlich sein« Zah- langen unterbrechen, Frankreich dagegen nicht. Gegenüber den Ein- wänden Herriots gab Poincare stch den Anschein, als hätte er Herriot dahin verstanden, daß der Doung-Plan abgelehnt werden müsse. Schließlich richtet« Poincare nochmal, einen flammenden Appell an das Parlament, die Ratifizierung im Interesse des Friedens vorzunehmen. Vor der Abstimmung über den Antrag Dubais , der Me- deraufnahme der Schuldenverhandlungen forderte, erklärt« der Führer der Reaktion M a r i n. daß er sich diesmal mit den Sozia- listen einig fühle, die genau wie er die Annullierung aller Kriegs. schulden forderten. Der sozialistische Abgeordnet« Vincent Auriol gab ihm jedoch zu verstehen, daß dies« Annullierung deshalb nicht erreicht werden könnte, weil Frankreich eine zu reaktionäre Außenpolitik betrieben Hab«. Poincare stellte schließlich die Vertrauensfrage, denn was Dubais und Marin verlangten, sei nichts anderes als die Wiederholung der ganzen Geschichte der letzten zehn Nachkriegsjahr«. In namentlicher Abstimmung wurde der Ver- tagungsantrag abgelehnt. Hierauf wurde«ine R« s o l u t i o n des Abgeordneten Frank- lin Bouillon zur Debatte gestellt, sie lautet«: Frankreich kann sich nicht der Gefahr einer Wlösung des Dawes-Planes durch den fgoung-Plan aussetzen, bevor es nicht weiß, ob ihn a l l« interessierten Mächte loyal annehmen und aus sühren werden. Der Verfallstag vom 1. August wird also durch ine Tatsache, daß über die Annahm« de, Young-Plan» noch verhandell werden muß ipso lecto hinausgeschoben. Franklin- Bouillon erklärte in Begründung seine» Antrag«»: E» handelt sich darum, für die lang« Zeit von 62 Iahren all« denkboren Garantien zu suchen. Es ist ober sehr töricht, den Abgeordneten zu erklären, wir wollen ein Papier unterschreiben, wonach wir alles bezahlen müssen, ohne zu wissen, ob wir selbst unser« Schulden einkassieren können. Seit zehn Jahren haben die französischen Unterhändler sich innner auf den Standpunkt gestellt, daß Deutsch - land bezahlen wird, gegen diese Politik wende ich mich Erst vor einigen Iahren ist der D a w e s- P l a n unterzeichnet worden, und trotzdem ist schon sin September 1S28 Parker Gilbert erschienen und hat die französische Regierung um Abänderung gebeten. Heut« erklärt man, daß wir bezahlen können, weil wir durch den Poung- Plan sichergestellt seien. Gerade weil dieser Poung-Plan ein« neu« Tatsache bildet, forder« ich eine nochm aligeBerhandlung über die Kriegsschulden. Zlubenmillifier Lrland trat dem Nerfossungantrag Frankfin-Bouillon» aufs entschiedenst« entgegen. Cr erinnerte an den gleichfalls auf die Ausführungen Franklin Bouillons hin kürzlich unternommen vergeblichen Versuch, bei Amerika ein« Verschiebung des Zahlungstennins zu erlangen. Wir haben, so erklärte Briond, nicht die materielle Genugtuung erholten, die wir suchten und auch ein moralischer Vorteil ist nicht zu sehen. Die Debatte wird um so pelnklcher. je liaget sie dauert. Der Krieg, der die Völker auf die Schlacht.
feider wirst, ist kein gutes Geschäft mehr. Sieger und Be- siegte hoben ihr volles Maß an Leiden. Es sst meine Pflicht, zu betonen, nehmen Sie die Lage so wie sie ist und nicht so, wie Sie möchten, daß sie sei. Man spricht von dem amerikanischen Abkommen, aber wir hoben auch ein Abkommen mit Großbritannien . Und sollten die Vereinigten Staaten uns allein die Klausel gewähren, die sie IS Staaten nicht gewährt haben, nur wejl wir unsere Ratifizierung verzögert haben? Mit großem Aufwand an Beredsamkeit erinnerte Briand an den Eintritt der Dereinigten Staaten in den Krieg. Er führte aus: Ich muß darauf hinweisen, daß ich die furchtbare Ehre hatte, an der Spitze der Regierung zu stehen, als die Vereinigten Staaten in den Krieg«intraten. Es waren die Tage von Verdun . Die Deutschen standen in den Vororten von Verdun . Ich erinnere daroi', damit man anderswo weiß,' daß es Augenblicke gibt, die die Fron- zosen nicht vergessen.(Longonholtender Beifall aus fast allen Bänken.) Ich will nicht, daß man in Zukunft, wenn die fürchterlichen Um- stände, die wir durchgemacht haben, von neuem unser Land heim- suchen sollten, ich will nicht, daß man dann, wenn Frankreich Hilse braucht, ihm sagen kann„wir wollen uns nichl wieder dem Un- dank aussetzen". Der Abgeordnet« Franklin Bouillon zag noch der Red« Briands seinen Vertagungsantrag mit der Begründung zurück. daß die Kanzmer bereits einen ähnlichen Antrag abgelehnt habe. Das gleich« tot der Abgeordnet« Delsol, der die Ratijizierung der 'Schuldenabtommen bi» zur Ratifizierung des Young-Plancs durch Deutschland ausschieben wollte. Dann ergriff Leo« Blum das Wort, um einen sozialistische« Antrag, der die Rati- fizierung der Schuldenabkommen nur im Zusammenhang mit einer wirklichen Friedenspolitik und der Rheinlandräumung zu begründen. Er sprach zu Beginn von Fehlern, die bei der Ausarbeitung de» verfoiller Vertrages gemacht worden seien und wandte sich dann gegen die Regierung mit folgenden Fragen: Sind Sie entschlossen, zu Wasser und zu Lande abzurüsten, den Frieden zu organisieren und den allgemeinen Schiedsgerichtspakt ohne Reserven anzunehmen. Werden Sie die Räumung des Rhein - lande» anerkennen, die die Folg« de, Noung-Plane» sein soll? Ohne Räumung de» Rheinlandes fei die Liquidierung des Kriege» unmöglich. Damit der Novng.Plan Wirklichkeil werde, müsse die Räumung v o l l z.o g e n werden. Er frage die Regierung weiter, ob sie die Räumung von der Ausführung des Voung-Plone« abhängig mache, wenn dies der Fall fei, wann glaube die Regierung, daß die Räumung vorgenommen werden könne? Blum gab der Meinung Zlusdruck, daß Frankreich räumen müsse, da es sonst kein Geld geliehen bekomme, denn dann würde eine ähnliche Lage wie bei der Ruhrbesetzung herausbeschworen werden. Frankreich dürfe die bevorstcheude Konferenz nicht durch die Weigerung, au» dem Rheinland herauszugehe«, auffliegen lassen, noch dürfe es länger im befehlen Gebiete bleiben.
Maßnahmen gegen Arbeiis!ofigkeii. London , 16. Juli(Eigenbericht). Der M mister für Arbeitsbeschaffung Thomas unterbreitet« dem Unterhaus am Dienstag ein« Vorlag«, durch die die Summ« von dOO Millionen für produktive Erwerbslosensür- sorge in den nächsten drei Iahren flüssig gemacht werden soll. Thomas bezeichnete seine Vorlog« als«ine M i nd« stf o rd«- rung. die lediglich ein Auftakt für Arbeiten größeren Stils bilden solle. Prof. Rinswanger gestorben. Der ehemalige Direktor der Jenaer Univcrsitätsnervenklinik, Prof. Dr. Otto Binswanger , ist in der Nacht auf Dienstag in Kreuzlingen bei Konstanz , wo er seit seinem im Oktober ISIS er- folgten Ausscheiden aus der Lehrtätigkeit seinen Wohnsitz hatte, ge- starben. Binswanger, der 1652 tn Münsterlingen in der Schweiz gebaren war, kam von der Anatomie zur Gehirnforschung und dann zu den Nerven» und Geisteskrankheiten. Er hat Jahrzehnte lang auf diesem Gebiet ein« führende Nolle gespielt.