Nr. 335» 46. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Sonnabend, 20. Juli 4 929
„Me makellose Männer." Sagen die Verteidiger im Stinnes-Prozeß.
..Da» sind sie alle, all« makellose ZNänner." hörte man eine Woche long im großen Schwurgerichtssaal de» alten Kriminal- gerichlsgeböude» Moabit in allen Tonarten— vom Falsett hinunter bis zum Baß. Den Höhepunkt bildete aber der Heldenlenor de» Recht scmmalts Dr. Alsberg. Seine Stinnes-verteldigungsred« war rhetorisch-dialektisch eine Leistung, polemisch-taktisch ein klug berechnetet Schachzug oder ein vabanquespiel. Der Verteidiger wurde zum Angreiser: zum Ankläger gegen die Voruntersuchung. gegen den Sonderkommissar für Ablösung de, Altbesitze,, gegen Untersuchungsrichter. Staatsanwalt und Kriminatpolizei. Schade. daß ihm diese Chance geboten und das war sie, selbst der Staat». anmalt gestand das ein. Rechtsanwalt Dr. Alsberg wird den Unter. s'.chungsbehörden Dank gewußt haben: er wäre sonst um manchen Haupttrumps seiner Rede gekommen. Die Phalanx der Verteidiger wirkt« in ihrer Geschlossenheit geradezu überwältigend. Selbst Rechtsanwalt Münch, dessen Klient Bela Groß al» einziger umgefallen war. indem er standhaft bei seinem Schuldbekenntnis blieb, fiel nicht aus der Reihe. Bela Groß schuldig? Kein« Idee. Nie hatte er nur im entferntesten«ingestanden, etwa» Strafbares getan;u haben! stets ist von nichts anderem als von einem illegalem Oejchäft die Rede gewesen. Die Kollegen de» Rechtsanwalts Münch ließen sich selbst darauf nicht«in: ihre Klienten haben sich im Irrtum über die Legalität de» Geschäftes befunden. Mb alle stimmten nacheinander da»„Lied vom braven Mann' an. Die Verteidiger Schneids und der beiden Hirsch. Den Reigen der Verteidiger eröffnete nicht RA. Alsberg für Hugo Stinnes . den Hauptakteur in diesem Prozeh. Zuerst sollten die kleinen Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, damit dann der Hauptschlag gegen die Anklage geführt werden konnte. Recht«. anmalt Sonanini sprach für den Pariser Eugen Hirsch, der in der Gerichtsverhandlung nicht erschienen war. Da« Ganze deklamierte er mit fast gallischer Beredtsamkeit, gleich« einem Sturm im Glase Wasser, der nun schlafen gegangen sei. Das Verfahren stelle ein Konglomerat von Unerklärlichkeiten vor, und die Haupt- Verhandlung sei«in Tohuwabohu von Geständnissen und Widerrufen. Fest stehe In diesem Chaos bloß die Unschuld seines Mandanten. Die Rechtsanwälte Wygodzinski und Schachnow behaupteten das gleiche von dem Wiener Leo Hirsch , dem Mittelsmann zwischen Bela Groß, Eugen Hirsch und Rothmann. Und die Rechtsanwälte Dr. Sondack und Waldeck bestritten, daß im Sortieren der Kriegs- anleihestück««ine Beihilfe zum Betrüge gesehen werden könne. Was soll überhaupt dieser Prozeß? Da» Reich hat auf Grund der Anleihemeldungen 2 Milliarden mehr bezahlt. als überhaupt Altbesitz vorhanden war: 144 000 Aufwertung»- onmeldungen sind als falsch zurückgewiesen worden: 144 Ordnung?- strafen sind gegen deutsche Banken und Geldanstalten. 2g Ordnung?- strafen gegen Privatpersonen ergongen. Rur in drei Fällen ist Anklage erhoben worden, darunter gegen Stinnes. Rein, Schneid ist in vollem Umfange unschuldig. Oie Berteibigef der Herren v. Waldow und Nothmann. Je näher zur Hauptfigur, desto größer das Interesse für die Plädoyers. Für den RA. Dr. Ehlers ist Waldow in dieser Woabiter Schachpartie»ur der einfach« Bauer, der überwunden werden muß, damit dem König, d. h. Herrn Stinnes, das ent- scheidend« Matt geboten werden könne. Waldows, des ehemaligen Offiziers, einziger Wunsch war, sich im Hause Stinnes eine neu« Existenz zu begründen. Nie hat er etwas begangen, was mit seinem guten Namen als Offizier und Kqvfmann nicht pereinbar gewesen
wäre. Sein Umfall im Vorverfahren findet die einzige Erklärung in der seelischen Depreffion. Und Rothmann? Sein Verteidiger, Iustizrat Davidsohn, kennt die Familie seit 20 Iahren: sein Vater war Generaldirektor beim Groß-Koks, sein Onkel ist es noch heut« im Eisenstahl, und sein Bruder fft Kammergerichtsrat in Berlin . Er ist eines Betruges unfähig, er lebte gewissermaßen nur„im Schatten der Titanen", und der Prozeh hat das ungeheure Aussehen nur erregt, weil deutsche Beamte mit Ausländern paktiert haben und Stinnes Name mit der Parteien Haß und Gunst verbunden ist.— Damit war der Weg für Stinnes Verteidiger gebahnt. Rechtsanwalt Or. Alsberg spricht für Stinnes. Der fünft« Tag der Verteidigerplädoyers. Der Gerichtssaal ist noch der Frühstückspause überfüllt. Die Partettreihen sind„aus- oertauft", Amtsgerichtsprästdent und Generalstaatsanwalt höchst persönlich anwesend. Rechtsanwalt Alsberg erhält das Wort zu feinem Plädoyer. Cr fährt sofort das schwerste Geschütz auf. Was ist es, das diesem Prozeß besondere Gepräge verleiht? fragt der Ver- teidiger. Und antwortet: Daß man im Vorverfahren ein Ver- fahren angeweirdet hat, das durch kein Gesetz gerecht- fertigt werden kann, daß versucht worden fft, durch dieses Der- fahren die Hauptvechairdlung so umzudrehen, daß nicht von der Staatsanwaltschast den Angeklagten ihre Schuld bewiesen, sondern von ihnen verlangt wurde, daß sie gegenüber den ungesetzlich ge- trossenen Feststellungen des Vorverfahrens ihre Unschuld beweisen sollen. Weht sonst hie Justiz jeden fremden Eingriff ab, so hat sie sich in diesem Falle, weil es sich um Strafansprüche des Fiskus handelte, weitestgehend der Meinung eine» einzelnen Beamten, des Reichskommissars Heinzmann, unterworfen. So ist es zu Verstößen gekommen, die für die Resultate des Vorverfahrens von katastrophaler Bedeutung waren. Man hat von Ansang bis zu Ende an der Vorstellung festgehalten, daß gerade einem Manne mit so glanzvollem Namen ein Verbrechen, wie das ihm zur Last gelegte. zuzutrauen sei. Di« psychologische Erklärung dafür fand der Staats- anwaft in der antifislalischen Einstellung Hugo Stinne». Sieht man sich ober die dahinzielenden Argumente naher an, so bleibt von ihnen in Wirklichkeit nichts übrig. Ebenso unhaltbar das andere Argument: Stinnes hätte an ein« Begünstigung sranzösffcher Bürger nicht glauben dürfen. Hat aber der Aersailler Vertrog nicht solche Begünstigungen geschossen? Stinnes war auf den Vortrag seiner Vertrauensmänner angewiesen. Wor hier ein Geschäfte zustande gekommen, das sich später nicht al» einwandfrei erwiesen hat, so lag die Schuld nicht an der Bösgläuibigkeft dieser Vertrauensmänner, sondern an deren allzu schneller Entschiußfähig- teit. Der böse Bei st de» ganzen Verfahrens war aber Heinzmann. Dieser hatte wohl erkannt, daß es sich bloß um ein internationales Anleihegeschäft speckulativen Eharakter» handele und daß es Stinnes angetragen, nicht oder von ihm ein- geleitet worden sei: trotzdem versucht« er bei sämtlichen Behörden die Vorstellung zu erwecken, als ob Stinnes es gewesen sei. der die andern bäsglSubig in da» Geschäft hineingezogen habe. Durch Trick», die selbst«in moderner Dorispolizist perschmäht, hat er Wahrheit»- widrig« Ehrenerklärungen abgsg«b«n, Eugen Hirsch zu einer Stinne» belastenden Aussage gebracht und später unheilvoll die Vovunter- suchung in einer von der Strafprozeßordnung nicht vorgesehenen Roll« beeinflußt. Diese Voruntersuchung hat mit einer Abschaffung der Strafprozeßordnung begonnen. Sie kannte nur einen Grund- satz: zur Herbeiführung«ine« Geständnisses ist jedes Mittel erlaubt. Im Nebenzimmer bes Untersuchungsrichters war das Hauptquartier des Generalstabes ausgeschlagen. Von hier aus haben Staatsanwalt, Kriminalkommissar Rassow und Sonderkommissar Heinzmann einen wesentlichen Teil der Voruntersuchung direkt geleitet. Im ganzen tag Methode, deren Ziel es war, Waldow für die Erlangung des Ge-
ständmsses sturmreff zu machen. Die Staatsanwaltschaft würde es schwer haben, nur eine einzige Bestimmung über die Beweiserhebung in der Voruntersuchung zu nennen, die in diesem Verfahren nicht in gröblichster Weise verletzt worden wäre. Es war ein Verfahren wie im Mittelalter.— Stinnes gratulierte seinem Verteidiger zu dem Erfolg. War es mehr als ein rednerischer Erfolg? Alsberg spricht heut« weiter. Grausiger Selbstmord eines Arztes. Selbstverstümmelung und Gas. Auf eine entsetzliche Weise hat der 20 3ahre alte Dr. med. Hans Vogel aus der Bergstraß« 25/26 zu Reukölln seinem Leben ein Ende gemacht. Die Reuköllner Kriminalpolizei wurde gestern von Hausbewohnern daraus aufmerksam gemacht, daß aus der Wohnung des Arztes Gasgeruch dringe. Kriminalkommissar Moritz, der mit Beamten nachsorschen wollte, fand keinen Einlaß und mußte durch einen Schlosser öffnen lassen. 3m Vorzimmer bemerkten die Beamten ei» blutbeflecktes Handtuch und eine B l u t s p u r auf dem Teppich, die nach dem angrenzenden Ordinationszimmer wies, hier bot sich den Eintretenden ein grauenhaftes Bild. Der junge Arzt lag blutüberströmt und tot aus dem Fußboden. Er hatte sich bort aus Kissen und Decken ein Lager zurechtgemacht und den Schlauch der Gasleitung eines Ofen» noch krampshast in der Hand. Di« Besichtigung der Leiche ergab, daß er sich außerdem schrecklich verslümmelt halte und daß der Versuch gemacht worden war. die Pulsader zu öffnen. Als letztes muß dann der Arzt das Loger ausgesucht und dos tödliche Gas eingeatmet haben. Seinen Angehörigen war in der letzten Zeit sein schwermütiges Wesen ausgefallen. Der junge Mediziner, der eine gutgehende Praxis hatte, war in sich gekehrt und nervös, wahrscheinlich hat er die Tat ln einem Anfall gelstlger Trübung begangen. Di« Leiche wurde von der Reuköllner Kriminalpolizei beschlagnahmt. Hitzewelle über Westeuropa . Wassersparmaßnahmen in England und Belgien . Die große Hitzewelle in Großbritannien hält an. Die Temperatur ist heute noch etwa 2)4 Grad höher al» gestern. Die Verwaltung der Londoner Wasserwerke Hai angesichts der großen Trockenheit die Wasserversorgung«ingeschränkt und die Einwohner ousgcsordert. möglichst sparsam mit dem Wasser umzugehen, lieber Belgien Hot sich, nachdem schon längere Zeit große Trockenheit geherrscht hatte, seit mehreren Tagen ein« brütende Hitze gelagert. Die Zeitungen ermahnen die oessentlichkeit. im Wasserverbrauch möglichst sparsam zu sein, da da» Land von einem ernsten Trinkwassermangel bedroht sei. Ztaiietigist ernährt seinen Mann. Neuer Trick eines Schwindlers. Ein bescheidenes Gemüt hat«in Schwindler, der neuerdings in Berlin sein Unwesen treibt. Während ander« mit Tausenden operieren, begnügt er sich mit einigen Groschen in der Er- kenntnis. daß das weniger verdächtig fei und allmählich auch seinen Mann nähre. Der noch unbekannte Schwindler tundschastet aus, ob der Ver- walter eines Grundstücks zu Hause ist. Nachdem er sich von seine: Abwesenheit überzeugt l)at, klingelt er bei den Nachbarsleuten und erklärt, daß er für den Verwalter eine Tüte mit Rattengift abzuliefern habe. Es kostet 1,50 Mark. Der geringe Betrag und die Gewißheit, daß der Verwalter wohl, der behördlichen Anordnung folgend, die Vertilgung der Nager beschlossen habe, ver- anlassen die Leute, das Geld auszulegen. Erst, wenn der Verwalter heimkommt, ergibt es sich, daß alles gar nicht wahr ist. Da der Schwindler seinen Trick täglich etwa fünf- bis sechsmal, anwendet, so lebt er einen feinen Tag. Das angebliche Rattengift ist stets nur harmloser gefärbter Weizen.
von A.M.FPey. Copyright>«» by Ous(«v Kiepenhtucr V«rl»g A-Q. Berlin Der vertrauenerweckende Eindruck de» Bahnhofs, der fast heut« noch ein Heim der einst gesitteten Welt fein könnte, liefen nicht perdächtigerweif« nur feldgraue Gestalten durch ihn hin. hält nicht lange vor, denn gleich draußen, unterm Portal, überfällt sie die drohende, wüste, langweilige Fratze de- Krieges: zum Geripp zerfressene, verstümmelte Häuser. reihen,«ine theatralische Fassade des großen Zerftorerwillens. ein läppifch-düfterer Straßenzug aus Schutt, den man ge- schichtet und geordnet hat. und der in seiner Wohlanständig- keit doppelt schauerlich wirkt. SU sagen nichts, die drei. Sie denken nur daran, day das auf Abbildungen viel weniger eindringlich war. Vorläufig find sie noch so etwas wie Vergnügungsreisende wider Willen. Sic haben keine Arbeit zu verrichten, sie tun keinen Dienst, sie sind unterwegs: auf eigene Verantwortung dem Ziel zu, das immer noch unbekannt ist. Sie genießen einen Stadtteil ln sortierten Trümmern, sie betrachten die Sehenswürdigkeit � und dann betrachten sie einander. Sie entdecken, wie sie sich helmlich mustern, einer will dem anderen die Folgen dieses Anblicks vom Gesicht ablesen: Erstaunen, Entsetzen, Befriedi- gung oder Gleichmut? Der immerdar beredte Schaffner zieht den Mund ganz unter den Bart zurück. Der Friseur Stöger, mit ewig leiden- den großen Ktnderblicken, er. der selber zu Hause neun Kinder hat und das zehnte erwartet, läßt die allzu weichen braunen Augensterne hilflos umhergehen. Der dritte aber, der wort- karge Funk, sagt, nachdem sie lang« genug geschwiegen haben: „Wenn hier einmal wieder aufgebaut wird, müßten wir eigentlich alle zusammen helfen." ..Wer: alle zusammen helfen?" fragt der Schaffner miß- trauisch.„Meinst uns auch?" „Alle, die beim Spiel des Ueber-den-Haufen-Schießens mitgemacht haben, also auch wir." .Lw kommst mir recht. Ich für mein Teil geh' heim,
wenn der Schwindel aus ist. Wie käm' denn ich dazu, den Franzosen die Häuser aufzubauen?" „Nicht weil du sie zusammengeschossen hast, Holzer, oder weil unsere Landsleute das getan haben, für die wir hier stehen, sondern weil nach dem gemeinsamen Spaß des Zer- ftärens, zu dem die Kriegführenden einander verhelfen, doch die gemeinsame Freude des Aufbauens kommen müßte." „Wer red' denn vom gemeinsamen Spaß des Zer- ftörens?" „Ich. Den muß es doch geben. Den gibt es im letzten und innersten. Sonst wäre ja da? alles nicht möglich. Man jagt doch nicht jahrelang hinter Unlustgefühlen her, ohne daß es Lustgefühle wären." „Du spinnst. Schaun wir lieber, daß wir unser Quartier finden." Sie hatten in einem Bureau des Liller Bahnhofs ihre Frachtbriefe, unter denen sie befördert worden waren, ab- genommen bekommen. Auf neuen Zetteln stand die Adresse ihrer Unterkunft für die Nacht und der Hinweis, am nächsten Morgen auf der Stadttommandantur weiteren Befehl ent. gegenzunehmen. Sie fanden ein Haus in einem hübschen Stadtviertel— so eine Art Neisendenhotel für durchkommende Frontsoldaten. Ueber eine kleine verwahrloste Treppe ging es hoch hin- auf in ein Zimmerchen, darin standen drei bettartig zusam» mengenagelte Gestelle, auf denen Matratzen lagen. Ueber die Matratzen erstreckten sich Leintücher, sie waren recht mit- genommen, aber es waren doch einstmals weiße Tücher. Auch eine blecherne Waschschüssel fand sich vor. auf lehnelosem Stuhl. Man war also in der Tat in eine Art Hots! garni geraten, mit Blick über die Dächer einer anscheinend friedlichen Stadt— Blick in einen zahmer durchsonnten Herbstabend hinein, durch den die Schwalben flitzten—, wenn nur der ferne Donner, verstopftes Geschützgrollen nicht gewesen wäre. Das Grollen mit dem Anspruch auf schrecklich ernst gemeinte Tat war zum jubelnden Geschrill der Schwalben so wider- sinnig, daß man es fast mit Erfolg leugnen tonnte. Es dunkelte schon, als die drei da« Trepvchen wieder hinunterpolterten. Ihr Herbergsvater, ein Gefreiter, der nicht mehr voll frontdienstfähig war, verkündete, sie könnten sich von der Madame, die mit im Hause wohnte, etwas kochen lassen— selbstverständlich für ihr Geld.„Im übrigen müßt ihr mit 4urer Ration auskommen—- ihr seid ja für drei Tage von Haus aus verpflegt."
„Die drei Tage sind aber mit dem heutigen herum," sagte der Bader bekümmert. „Euer Pech, wenn man euch so lange spazierengefahren hat. Ich kann euch nichts geben. Schaut, daß ihr morgen von der Kommandantur was bekommt, eh' ihr abgeschoben werdet zur Truppe." „Zur Truppe, Kamerad," griff der Bader auf und zog seinen Zettel hervor.„Könnt jetzt ihr entziffern, wohin man uns einteilt?" „Weiß nicht," sagte der Gefreite gleichmütig und sah gar nicht erst auf das Geschriebene.„Die Kommandantur gibt euch Bescheid. Ihr werdet halt angefordert worden sein, ihr werdet Lücken ausfüllen." .Lücken?" „Rindvieh, für solche, die weggeschossen worden sind. Ihr seid Krankenträger, vielleicht kommt ihr zu einer Sani- tätskompagnie." „Wie ist's dort?" „Faules Leben. Faule Köppe. Bessere Drückeberger. Ich hätt' nicht mögen dabei sein. Ich Hab' meinen steifen Arm ehrlich erworben." Die drei schielten einander an, halb gedemütigt, weil sie die Genfer Binde trugen. Aber strahlte nicht der Bader per- steckt? Er sagte vorfühlend:„Da sind die wohl ein bisserl besser daran— die von der Sanitätskompagnie— als die Infanterin im Graben? Aber wieso gibt'» dann dort auch Lücken?" „Weil die Artillerie weit reicht und überall hintrifft, Schafskopf. Die Artillerie hat schon Feldlazarette zusammen- geschossen. Manchmal müssen sie auch vor in die Linie, die von der Sanitätskompagnie. Ist ihnen gesund, den faulen Koppen. Da erwischt's dann manchen, gerade manchen von ihnen, weil sie unerfahren sind, was Schuß und Deckung an- belangt." Jetzt wird er wieder ganz mutlos, der Bader , und seine schönen Augen flehen die Wand an um Ras. Soll er sich nun besser wünschen, gleich zur Infanterie selber zu kommen? Inzwischen hat Madame, rundlich und schlampig, aber sachlich gelandet bei den Iahren einer Matrone, etwas Zweifelhaftes in einer Pfanne durcheinandergebraten. Immerhin riecht es nach heißem Fett, und es ist, im Gegen- satz zum dauernden Feldkesielsuppengeschlamp, etwas Kom- Paktes- (Fartsetznng folgt.)