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Unterhaltung unö ÄVissen
Deilage des Vorwärts
R. m. mjcner Won Miss ur en nach Königsberg  3)ie Snideckung des Offen«. IL
Kreuz und quer habe ich Ost preuße» mit der BöHn durch­fahren. Es ist ein wahrhaft grünes Land, wenig Ortschaften, immer wieder grüne Wiesen, grüne Weiden mit schwarzweißen Kühen und munteren Pferden. Die Saaten stehen gut, auch sie ein grünes Ge° woge auf dem manchmal welligen Gelände. Ostpreußen   ist lange nicht so waldreich wie ander« preußische Provinzen: Kiesern und Birken überwiegen, in den nördlichen Bezirken findet bekanntlich die Buche die Grenze ihres Wachstums. Der Winter hat sich mit scharfen Zähnen eingobissen in Aecker und Wälder. Manch« Saaten find ausgewintert, die Felder liegen brach Tannen und Wacholder stehen in brauner Dürr«, die meisten Obstbäume find unter dem eisigen Anhauch erfroren. Auffällig ist e« für den Westdeutschen, der ungern die Windmühlen in seiner Heimat vor der Konkurrenz der Großmühlen hat verschwinden sehen, wie viele Windmühlen   hier im Osten noch ihr munter«« Spiel treiben. Wi« kalt es hier diesen Winter gewesen ist, haben wir gewiß oft genug in der Zeitung ge- lesen, aber es wird gut sein, daran zu erinnern, daß zum Beispiel in Johannisburg«ine Kälte van 42 Grad erreicht wurde und daß die ältesten Leute sich nicht entsinnen können, je solch«in« Kälte auch pur annähernd erlebt zu haben. * Einmal sehe ich, es war In der Gegend von Allensteln, wie eine Frau einen kleinen Pstug zieht, den«in Mann bedient,>mi das Unkraut zwischen dem Gemüse auszujäten. Dergleichen habe ich im übrigen Deutschland   nie erlebt. Ist das ein« Reminiszenz an frühere Sitten, von denen uns ja die Literatur bei manchen Völkern be- richtet oder ein« zusällige Neuerung? Ostpreußen   ist nicht bloß ein Land der Junker und des Großgrundbesitze« Pommern   ist das in viel höherem Maße ein großer Teil des Bodens gehört miit- leren und kleinen Bauern. Die Viehzucht gibt dem Land« den Charakter. In Königsberg   wird demnächst eine von der Groß» Industrie zugunsten der Landwirtschaft geplante VieHverwertungs- stelle errichtet werden, dl« üb«r einen Schlachthof, ebenso groß wie in Königsberg  , oerfügen wird. Die Fleischpreise werden dadurch in Königsberg   nicht billiger werden. * Der deutsch  « Osten ist da« Werk des deutschen Ordens und d«r van ihm veranlaßt«« und systematisch geleiteten Besiedlung. Man kann es verstehen, daß rein deutsch  « Gebiete der irrtümlichen Aul- fassung waren, auch Ostpreußen   sei kein deutsches Gebiet, nicht bloß wegen der Polen  , Masuren   und Litauer, die heut« noch darin sitzen, aber bei der Abstimnnmg bis auf verschwindende Minoritäten sich zu Deutschland   bekannt hoben. Die Preußen oder Pruzzen, di« zur Ordenszeit da» Land bevölkerten, sind der Sprache nach völlig aus- gestorben. Das ganze nordwestliche Deutschland   und auch Schlesien  hat«inst sein« überschüssige Bevölkerung zur Besiedlung de« Osten» entsandt. Das Plattdeutsch«, da» man von Dünkirchen   bis Riga   ver­steht, ist auch im Osten der Grundbestandteil der Volkssprache. Ich habe mich mit Danzigern ausgezeichnet verstanden, nur in Königs- berg fand ich bei den Gebildeteren keinen Geschmack mehr am Platt- deutschen: sie behaupteten, dos Königsberger   Platt wäre«in zu bar- barischer Dialekt. Ich glaub« nicht daran, denn die Volkssprache hat überall Kraft und Urwüchsigkeit bewahrt. Der Orden prägt dem Osten heut« noch seinen Charakter auf durch sein« Bauten, die die Jahrhundert« überdauert haben: die vielen Burgen, die einst Zwingburgen für die Unterjochten waren, die Kirchen, dt« alle trütztgen, sestungsartigen Charakter besitzen, in ihren massiven Ziegeltürmen sprechen heut« noch ein« deutlich« Sprach«. Der Ordensbou hat einen eigenen Stil entwickelt: am herrlichsten entfaltet«r sich in der Marienkirch« in Danzig   und in den Resten einiger kleinerer Burgen in Ostpreußen  (ich nenne be- sonders Lochstödt im Somland), sowie in einigen Sälen der Marien- bürg. Di« ganze Marienburg   wirkt leider nicht mehr ursprünglich, e» ist zuviel Neubau daran und zuviel bloßes, riesig«» Mauerwerk. Di« Masvrtschen Seen sind einer der Hauptanziehungs-
punkte Ostpreußens  , von deNsn man auch im übrigen Deutschland  weiß, besonders feit den Kämpfen an den Masurischen   Seen, die freilich In der populären Vorstellung ganz falsche Anschauungen von ungezählten tousenden in die Seen getriebenen Rüsten hinter- lassen haben. Aus mich machten die Seen, die ich an einem trüben Tage befuhr man fährt von morgens 11 bis abends S Uhr durch die ganze Kette der Seen, die zum Teil durch Kanäle miteinander verbunden sind«inen etwas melancholischen Eindruck in ihrer Verlassenheit. Nur wenig Fischerdörfer liegen an den großen Wasserläufen: die Wälder, die man tagelang durchqueren kann, ohne Menschen zu begegnen, die Seen, die man mit Faltbooten befahren kann, werden den Sportfreunden freilich bei besserem Wetter Ge­nüsse genug bieten. Zahlreich« Dogelscharen bevölkern sie, nicht nur Wildenten und Taucher, die ihre Jungen auf dem Rücken tragen, beleben die stillen Gewässer, viele groß« Raubvögel ziehen ihre Kreise, vom Bustard bis zum Fischadler. Die groß« Rarität der Seen sind die Maränen. eine Lachsart, die nur noch in einigen anderen Seen Ostpreußens   und Pommerns   vorkommt und vortrefflich schmeckt. Ich kaufte sie in Rikolaiten in geräuchertem Zustand, das Pfund zu 1,80 M. Warum diese Fische nur in«inigen Seen vor. kommen, ist ungeklärt:«s scheint, daß sie durch di« Klöster früher au» antkeren Gegenden hierher verpflanzt sind. » Königsberg  , die größte Stadt des deutschen Osten», macht einen sehr lebhaften Eindruck. Für den Durchschnittsbaedeckek- Reisenden, der auf Kunstgeschichte erpicht ist, bietet sie nicht allzu- viel. Das Massiv des Schlosses wirkt erst abends, wenn man aus dem unter ihm liegenden Weinkeller mit dem schönen NamenDas Blutgericht" heraussteigt und nun der riesige Hof in seiner spür- lichen Beleuchtung seine gattzc Größe offenbart und die Konturen der Gebäude und Türm« die malerische Schönheit gewinnen, die sie im nüchternen Sonnenlicht keineswegs aufwiesen. DiesesBlut- gericht" gehört zu den interessantesten deutschen Trinkstuben: es kann sich ruhig neben dem Bremer Ratskeller   und anderen Wein- stätten sehen lassen. Die großen geschwärzten Hallen mit ihrem einfachen Mobiliar geben Stimmungsreize genug, der ledergeschürzte Küfer bringt dem Stammgast ein« Doppetflasche des Haustrunts, etwas Burgund   erartiges, das aus großen, eine halb« Flasche fassen- den Schalen getrunken wird. Wedet die Schloßkirche noch der Dom bitten dem Kunstfiebhaber allzuviel Interessantes: man bringt Kants   Begräbnisstätte am Dom in einer hohen modernen Halle feine Verehrung dar, man freut sich, daß di« Stadt i» einem ihrer alten Rathäuser ihrer großen Toten würdig gedenkt Und neben dem Schädel Kants   auch dem freireligiösen Prediger Rupp da« Gedächt- ms wahrt.' Königsberg   hat wohl die schönste und größte deutsch  « Buchhandlung gegenüber der Universität: es hat in seinein Tier- garten ein höchst bemerkenswertes Freilichtmuseum, in dem der merkwürdige litauische Hos mit seinen vielen Einzelbauten gezeigt wird. Aber der moderne Mensch hat schließlich Wichtigeres zu suchen in einer modernen Stadt ldie reichhaltigen Sammlungen im Schlosse. die noch in großem Rahmen ausgebaut werden, sollen ober gc- bührend erwähnt seins,«r will den Rhythmus der Zeit spüren, und er spürt ihn in Königsberg  . An der Pregel   stehen nicht nur die alten hochragenden Speicher, hier hoben sich moderne Getreidesilos, die größten des Kontinents, am neuen Hafen angesiedelt, und der Hafen zeigt wirklich einen lebhaften Verkehr. Rußland benutzt ihn zum Export wichtiger Artikel. Ein großer Zentralbahnhof ist im Bau, in dem neuen Stadtteil, wo auch das neue Schauspielhau» liegt, erhebt sich das imponierendeHaus der Technik  ", in dem die deutsche   Ostmesi« regelmäßige Ausstellungen veranstaltet. Die Ar- beiterbewegung meist in Königsberg   ein« gut geleitete Zeiwng auf, die Volksbühne blüht, die Konsumbewegung ist in prachtvollem Auf- stieg, sie hat eine der größten Bäckereien de« Landes und hat neulich zu Werbezwecken viele Zehntausende von Sandkuchen, mit denen sie Ehre einlegen kann, ins Land geschickt.
?. vtt. csokor  : �Dic Meine Welt
.Lch lasse ihr ihre kleine Welt", sagte der Denker beim Abschied gütig zu dem Freund und Jünger, der ihn, den Iungvermählten. be- sucht und sich über den Feingehalt seiner frisch erworbenen Gattin ojsen und skeptisch geäußert hatte. Der Freund überlegte und stimmte zu. Er wußte: Nicht, konnte den Gedankentürmen seines Lehrers etwas anhaben: der Geist war da Bauherr, und da» Gesetz Richtlat. Und daß«» ein den beiden Gegensätzliches war, womit der Meister sich verbunden hatte, schien gerade darum gut: e« würde nie vermögen, ihn in seinen kristallenen Gehäusen zu stören. Als der Freund nach einem Jahr« wiederkehrt«, kam chm der Weise müde vor: die Augen suchten matt nach einem Punkt«, der ihnen sichtlich verlorengegangen war. Ich gebe mir Müh«, st« zu verstehen," äußerte er kurz, al» man von der Frau sprach. Der Freund fand da keine Mühe nötig.Man darf nicht zurück- gehen," mahnt« er. Tut man da», wo, man zu verstehen sucht? Ich merke da keinen Unterschied gegenüber anderen Einfachheiten des Lebens, noch denen ich forsche." erwiderte der Weise leicht betroffen. Doch, du merkst ihn. Nur verhehlst du ihn dir. Denn diese «mveren Einfachheiten haben Himmel über sich, und so können wir an ihnen zu Schöpfern entbrennen. Wa» du aber jetzt misten möchtest, ist eben da», wa» du meiden müßtest, solange du noch im Werden stehst: e» ist dos Leben ohne Bezug auf da» Ewige und auf da» Grenzenlose." Zugleich erschrak er, denn er wurde innc, daß er damit den Meister zum ersten Male getadelt hatte. Und er schied um so schwerer, well ihm der Denker stumm die Hand drückte, ol» dank« er ihm für einen Dienst, der zu spät gekommen sei. Bebers Jahr näherte«r stch dem Hause mit Bangen. Der Weise lief ihm aber lebhaft erregt zu und zog ihn in den Garten, wo die Rosenbeete in'Gemüsepslanzungen verwandelt worden waren.Du ahnst nicht," und er warf Ihm den Arm um die Schulter,was wir Menschen versäumen, wenn wir nicht um die Tätigkeit in einem
Zimmer misten, da; aufgeräumt wird, oder um die Sorgfall, mit der man uns eine Speise bereitet. Freilich, man ringt auch weiterhin mit seinem Gott, doch solch« Erlebniste bedeuten einem dabei etwa» wie kleine Versöhnungsfest«: ein Widder wird den guten Penaten ge- schlachtet, der Widder de« Hochmuts, der in uns stößt. Rein, wir dürfen nicht spotten darüber." Wer wagte da»?" dehnte der Freund.Wir wollen ja einzig ein Schicksal, an dem wir uns messen können. Aber dabei sollen wir uns nicht nach Spänen bücken." Sind es Späne* zweifelte der Weise gewaltsam überlegen. Jal" schlug der Freund hart zurück.Späne van einem Sarg. den man mit seinem Bett verwechselt hat." Und er ging. Als er nach Jahresfrist in das Hau» seine» Meister» trat, be- grüßt« ihn die Frau. Sie hatte zugenommen, die Haut war glatt und der Blick glänzt« wie bei einem gut gefütterten Tier.Mein Mann arbeitet," sagte st«:Sie dürfen ihn jetzt nicht stören! Cr schreibt«in neues Buch." Nennt es stch nichtDie kleine Welt"?" unterbrach der Freund. Ja," machte sie erstaunt.Woher wissen Sie das?" Der Freund lüpfte die Achseln.Ich komme wieder, wenn da» Buch erschienen ist." Al» er draußen war, lächelt« die Frau zufrieden, wie irg Bette, wenn sie sich über die Ohren in ihre Decke vergrub.Den sind wir endgültig los," meldet« sie dem Weisen, der nebenan vor einem leeren. Blatt saß.Und jetzt laß' die blöde Schreiberei, mit der du ohnehin nie zu Ende kommen wirst, und hilf mir lieber den Kasfez reiben!" Und sie zog ihm da« Papier   unter der Nase weg: dabei stand sie knapp an ihm mit ihrem schweren heißen Körper. Der Weise dacht« nach:Ich bin zu klein für mein Schicksal" aber da« war nur ein Augenblick Licht In Ihm, dann wurde es wieder dunkel und warm herum wie In einer engen feuchten Höhle. Du hast recht," billigte er:mir fällt ja doch nichts mehr ein." Und er schob das Papier ganz von sich und zerbrach gedankenlos seinen Bleistift, wie man einen Degen zerbricht.
&emfehen in natürlichen Farben Die Mitteilung tes englischen FitmfachblattesFilm-Weekly". daß es der amerikanischen   Bell-Telephon-Eo. gelungen ist, gewisser­maßen«inen sprechenden Fernsilm in natürlichen Farben zu schassen, wird zwar allenthalben mit Mißtrauen aufgenommen, aber sie scheint trotzdem den Tatsachen zu entsprechen. Es ist bereits jetzt ein halbes Jahr her, daß die obengenannte amerikanisch«Bell-Telephrm- Co.", eine der größten Unternehmungen der Welt auf den, Gebiete de» Fernsehens, von dem englischen Erfinder Baird eine Vorrich- tung geprüft Hot, durch die Femfilm«, ja jogar Fernsehen in natur- lichen Farben übertragen werden können. Da» Verfahren Bairds beruht auf dem Grundsatz der Zerlegung der Farben in rote, grüne und blaue Viideleinente. Es arbeitet mit gewöhnlichen Filmerk und verwendet drei oerschiedene Filter, nämlich einen blauen, einen grünen und«inen roten Glasfilter, der auf das Objektiv ausgesetzt wird. Baird hat dies« Methode sinngemäß'für Fsrnfilme und Fernsehen verwendet. Di« Hauptsache bei dem tönende» Fernsehen in natürlichen Farben beruht aus der bekannten Scheibe. Baird wendet anstatt der einmal gelochten Scheibe zur Bildzertegung Drcilochkurven an, um die drei Grundsarben Rot, grün und Blau aus diese Weste zu erhalten und übertragen zu können. Allerdings hatte sein Versähren den Nachteil, daß die Uebertragung dieser zerlegten Grundfarben und ihr« erneute Zusammeistetzuirg noch mit großen Schwierigkeiten verknüpft war. Di« Sichtbarmachung der Farben beim Empfänger erfordert eine starke Lichtquelle und be- sonders eingerichtete Schinne  , die für di« Farbenwiedergabe geeignet sind. Baird hat bereits im Oktober 1S28 den ersten Sendeoersuch mit Fernfilmen in Farben gemacht. Dabei gelang es ihm auf eine Entfernung von fünf Metern tatsächlich Bilder zu erziele», bei denen man auch einige farbige Töne feststellen konnte. Aller- dings war von einer natürlichen Farbgebung nichts zu sehen. Immerhin war der erst« Schritt getan. Inzwischen wurden mehrfach Nachrichten verbreitet, daß Baird auf dem Gebiet« des Vildempfängers erhebliche Fortschritt« erzielt, insbesondere die Velcuchwngsmögkichketten so verbessert habe, daß die Farbwirkung deutlich zum Ausdruck käme. Nun liegen bekannt- lich derartige Gedanken in der Luft, denn st« werden nicht nur von einem Ingenieur ausgewertet, sondern von einer großen An, zahl von Fachmännern, die nach demselben Ziel« streben. Die.Bell- Telephon-Co." hat stch jedenfalls seit Monaten mit dem Problem beschäftigt, das einen bedeutenden wirtschaftlichen Erfolg verspricht, wenn es in einer Weise verwirklicht wiri� die einen Massenverl brauch nüt geringen Unkosten gewährleistet. Inzwischen hat der in Berlin   lebende Erfinder Mihaly«in« weseutliche Verbesserung des Fernsehen» herausgebracht, nämlich denUeberall-Fenstehei der offenbar all« Fortschritt« Bairds>» den Schatten stellt. Es scheint aber, als ob zwischen den beiden Erfindungen eine ver- einigung möglich wäre, oder als ob auch der Mihalyfch« Fensteher auf Farbwirkung eingerichtet werden könnte. Ein Verfahren, die Bilder plastisch zu gestalten, ist bei dem Fernseher auch bereits mit Erfolg erprobt morden, so daß da« erstrebenswerte Ziel: plastisch und in natürlichen Farben fernsel>en zu können, in größere Mähe gerückt z» sein scheint, Qenoife"-Qenoffin" Wenn die Militär- und Zdriegerveretne einen der ihrigen zu Grabe tragen, betrauern sie den Tod eine»Kameraden" und singen auf dem Friedhof über dem versenkten Sarge das alte Soldatenlied vomguten Kameroden". Da» WortKamerad" hat in bürgerlichen Kresten einenguten Klang", wi« man zu sagen pflegt, und es wird diesem Wort«, das ja u. a. auch vom Reichsbanner Schwarz-Rot- Gold übernommen worden ist, von sozialdemokratischer Seite durch- weg mit Achtung begegnet. Umgekehrt ist dasselbe Schicksal unserem sozialistischen GemeinschaftswortGenosse" nicht beschieden. Wenn und wo sie nur irgend können, reden unsere Gegner höhnend und spottend von denGenossen". Um so stolzer aber sind wir auf unser« AnredeGenosse",Genossin". Wie die Geschichte von einer Menschengemeinschaft erzählt, die di« hohnvolle Bezeichnung Geusen  ", d. hs Bettler, Lumpen, zu Ihrem Ehrentitel wählte, so vermag der tiefe Sinn der sozialistischen   Anrede durch jenen bürger- lichen ,�)ohn" utt» nur desto«indringlicher vor Augen zu treten. Genosse",Genossin", Worte edelster Sprachform, schönen Klanges, umsastendstcr Bedeutung.Genosse" eines anderen Menschen sein. heißt gemeinsam mit ihm handeln, wirken und schassen, gemeinsam mit ihm denken und fühlen, gemeinsam mit Ihm streben, ringen und kämpfen. Unsere sozialdemokratische Genossenschaft hat, rein äußerlich be- trachtet, einen organisatorifchen. innerlich betrachtet, einen geistesgcmeinschaftlichen Charakter. Genossen, Genossinnen sind wir in der großen Millionenportei, In deren Untergliederungen, Bezirken, Ortsgruppen, Fraktionen. Genossen, Genossinnen sind wir ober vor allem als treue Gesinnungskameraden. Genosse fein, heißt noch mehr fein als Kamerad. Kameradschaft Ist vielfach«in« mehr zusällige und vorübergehende Gemeinschaft. Sie mag persönlich oft enger sein als parteimäßige Genossenschaft. Geistig aber stellt die letztere den denkbar höchsten und vollkommensten Grad der Gemeinschaft dar. Eine ge- waltige, unendlich umfassend« und lebenswichtige Idee bindet uns Genossen und Genossinnen. Lerbunden miteinander sind wir auf der Grundlag« de, Bestreben» und Wollens der Menschheit, der großen Menge der Entrechteten und Leidenden, neu«, bessere, würdigere Lebensbedingungen zu schaffen, oll« Menschen und damit auch alle Völker miteinander zu einen. Zwischen un» als Genossen und Genossinnen gibt«s kein« Vor. recht«, keine Sonderstellungen, keine Sonderbestrebungen. Uns alle treibt di« gleiche Idee, uns alle beseelt das gleiche Wollen, erfüllt dos gleich« Pflichtgefühl. Wir gebrauchen das WortGenosse", Genossin" nicht al» belanglose Bezeichnung und Benennung, sondern wir sind und bleiben uns des tiefen Kernes bewußt, den es birgt. H. G. Eine lebender Fahrplan. Die Liebhaberei eines Herrn B., den die französischen   Psychiater seit Wochen erstaunt prüfen, dürfte ein Beweis dafür sein, daß man mit einiger Energie selbst dt« sawuerlgstc toache erlernen kann. Ob aber dies« sonderbar« Passton. die Fahr­pläne sämtlicher Länder auswendig zu lernen, einen' praktischen Wert bat, kann man getrost in Frage stellen. Monsieur de B, be- Haupt et jedenfalls, daß ihm die Ehose keinerlei Schwierigkeiten ver­ursachte, vielmehr stets anregend und erfrischend auf seinen Geist wirkte. Die Professoren Dr. Pitres und Dr. Guillon stellten iest, daß sich dieser neuest« Gedächtnisweltrekordler kein emziqesmal irrt, und die Abfahrte- und?lnkunstszeiten aller süni Erdteile im Kopse hat. Mt dieser Mühe hätte er wohl auch die gesamte Welt­literatur durcharbeiten können, hielt aber dies« Auigabe allem An- schein nach nicht für lohnend genug.