Tr. 345 46. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Vorwärts im Verkehrswesen!
Freitag, 26. Juli 1929
neuen Bahnhof oftwärts und westwärts anschließenden Streden begonnen werden. Destlich vom Bahnhof wird ein besonderes Abstellgleis gelegt, um in Zeiten besonderer Verkehrsdichte besondere Züge vom Kottbusser Tor nach dem Westen einlegen zu fönnen. Es geht vorwärts im Verkehrswesen Berlins !
Das ist der Eindruck, den jeder haben muß, der die neueste
Stadtrat Reuter über die weitere Entwicklung der Schnellbahnen. Zwei der in der Berliner Berkehrsgefelt- zeitige Inbetriebsetzung der fertiggewordenen Strede Boddin. Entwicklung überschaut. Keiner wird mehr den Mut haben, zu schaft( BBG.) zusammengefaßten Berkehrsunternehmen, straße- Leinestraße wird die Untergrundbahn Gesund die Omnibusgesellschaft und die Hochbahngefellschaft, haben brunnen - Neukölln wieder um ein Stüd verlängert. Stadtrat bestreiten, daß die Uebernahme der drei Verkehrsigre letzten Generalversammlungen gehabt und ihre letzten Reuter wles auch auf die anderen Erweiterungen des Schnellbahn- unternehmen durch die Stadt und ihre vereinheit felbständigen Bilanzen vorgelegt. Das Jahr 1928 war das neges hin, über die der Borwärts"( chon mehrfach berichtet hat. das allein Richtige war. Nur so war es möglich, die allgemeine lichende Zusammenfassung in der städtischen BVG. legte ihrer Selbständigkeit; beide jetzt der Stadt Berlin ge- noch im Jahre 1929 werden im Westen die Strecke von hörenden Unternehmen sind seit dem 1. Januar 1929 in Stadion bis Ruhleben und im Süden die Strecke von für die Bevölkerung heute niemand mehr verkennt. Und Umsteigeberechtigung durchzuführen, deren Vorteile Flugplay bis Tempelhof vollendet sein. Die Fertigstellung der Untergrundbahn Gesundbrunnen- Neukölln in ihrer ganzen Schnellbahnneges zu beschleunigen, ohne den die weitere In der Generalversammlung der Hochbahngesellschaft sprach der Untergrundbahn Gesundbrunnen- Neukölln in ihrer ganzen nur so wird es möglich sein, den notwendigen Ausbau des Stadtrat Reuter, der Vorsitzende des Aufsichtsrates der BBG., Ausdehnung ist bis 1930 zu hoffen. Für 1930 wird auch die Fertig. Besiedlung der Außenbezirke undenkbar ist. über die jebige Lage im Berkehrswesen Berlins und stellung der neuen Linie Aleganderplay- Sichten. Die geplante Hinausführung der Schnellbahnlinien in die Vorprte über die weitere Entwidlung des Schnellbahn. berg erwartet. In demselben Jahr soll die Weiterführung hat man zunächst besonders im Lager der Schwarzweißroten fich
Clquidation,
netes. Den städtischen Verkehrsunternehmen hat das neue Geschäftsjahr 1929 eine neue Steigerung der Bemuzungsaiffern gebracht, obwohl auch die Stadtbahn infolge der Elektri fizierung einen Teil des in den Vorjahren abgewanderten Verkehrs wieder an sich gezogen hat. Diese neue Aufwärtsentwicklung des Terkehrs der elektrischen Stadtbahn fann man nur mit Freude begrüßen. Die Zunahme des Berkehrs bei den städtischen Verkehrsunternehmen war mit 8 bis 10 Broz. fogar größer, als erwartet werden durfte. Den Ausbau des Schnellbahn nezes, ben die Stabt zielflar welterführt, hat im Winter der ungewöhnlich harte Frost aufgehalten. Zunächst wird jest der neue Hochbahnhof Rottbusser Tor fertig werden, der den Umsteigenerkehr zwischen der Hochbahn und der Untergrund bahn Gesundbrunnen- Neukölln erleichtern wird. Die Eröffnung des Bahnhofs ist auf den 4. August festgesetzt. Durch die gleich
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Alsenstraße) beendet sein.
Wie ein Sinnbild des rasch ins Riefenhafte gewachsenen Berliner Verkehrs wirkt der riesenhafte neue Hochbahnhof Rottbusser Tor. Er wird
der größte Hochbahnhof der ganzen Welt fein. Die Länge des 11 Meter breiten Bahnsteiges beträgt allein 120 Meter. Der Hochbahnhof liegt direkt sentrecht im Kreuz über dem U- Bahnhof Rottbuffer Tor, mit dem er durch zwei Roll. treppen und zwei feste Treppen verbunden ist. Außerdem vermittelt am Ost- und Westende le eine feste Treppe den Verkehr von der Straße; das Wesentlichste aber ist, daß der Hochbahnhof von allen Bürgersteigen im Umkreis direkt zus gänglich ist. Jezt wird sofort mit dem Umbau der an den
Aus dem Beginn der Bauperiode des Bahnhofs Kottbuffer Cor.
Plasterkästen
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Der Stabsargt wendet sich angewidert ab. Er beherrscht fich elegant, er macht eine megwerfende Handbewegung. ..jam, belehren Sie diese unglaublichen Burschen."
Der Feldwebel Asam ist noch zorngeschwollener als der Offizier. Er macht ein Gesicht, als sei er verantwortlich für die Dummheit dieser Leute und sei mit abgefanzelt worden. Er poltert, aber durch alle But hindurch in gutmütigen Grunztönen:„ Ja, habts denn ihr überhaupt teine Ausbildung net?- Stehts net ba wie ein Sauhaufen, nehmts gefälligft eure Haren zusammen! Wists ihr net, daß ihr vor dem Herrn Stabsarzt steht? Wie redet man den Herrn Stabsargt an? Und woran erkennt man ihn?"
Dr. Nohl winft gelangweilt ab. Baffen Sie es gut sein, Ajam. Das weitere, wenn ich draußen bin.- Ist eure übrige Borbereitung fürs Feld auch so mangelhaft? Besonders fräftig seht ihr nicht aus- bis auf den einen. Afam, baß man uns immer wieder so dürftiges Material herausIchidt. Gerabe mir brauchen stämmige Leute. Aber die Herren zu Hause haben immer noch feine Ahnung vom Krieg woher sollten sie eigentlich auch? Sie meinen: Heftpflaster fleben und Aspirintabletten verteilen ist feine förperliche Arbeit. Bas seid ihr von Beruf?"
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Ste nennen ihre Tätigkeit im zivilen Dasein. Funk gibt Bögernd an, er fei Schriftsteller.
Was ichreiben Sie?"
Novellen, Romane," sagt Fun! mühsam.
Wie heißen Sie? Ganzen Namen, bitte."
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bereitet wie ein Schauspieler aufs Stichwort. Ein Mann fehlt bei der britten Kompagnie, einer bei der achten, einer bei der dem Regiment angegliederten Pioniertompagnie. Also den ältesten da, wie heißen Sie?-ja, den Holzer, er ist balb vierzig, unglaublich den zu den Blonieren. Ein gutes Böstchen, mein Lieber, halten Sie sich, sonst fliegen Sie wieder Wir versuchen es dort mit Ihnen, weil Sie nicht mehr der jüngste sind- obwohl Sie der fräftigste find. Die beiden anderen nach Belieben, Asam, Sie machen das schon. Morgen!"
"
Morgen, Herr Stabsarzt. Achtung!" schreit der Feld mebel. Aber der dickliche Herr ist schon verschwunden. 6.
Der Bader Stöger tommt nach dem Machtwort des Feld webels Asam zum ersten Bataillon, der Schriftfeher" Funt zum zweiten.
Schriftfeher sind Sie," hat Alam entwölft eine kleine Unterhaltung begonnen, nachdem er sich noch ausgeschimpft hat, als gälte es lästigen Schleim abzusondern. In welcher Druckerei haben Sie zulegt gearbeitet?"
In feiner. Ich bin Schriftsteller."
No ja, Steller oder Sezer, das kommt doch wohl aufs gleiche hinaus,"" perteidigt Alam verhüllt unsicher seine Renntniffe."
Eigentlich hat er recht, denkt Funt. Für hier draußen hat er recht. Hier verwischen sich bis zum Unkenntlichen alle zibilen Kategorien. Sie aufrechterhalten zu wollen, mutet grotest an. Und er widerspricht nicht, niemals wieder. Für die Mannschaften bleibt er auf Jahre hinaus der Schriftfeger; darunter lönnen sie sich wenigstens etwas vorstellen.
Aber für die drei, die miteinander hierher gepilgert sind, schlägt jetzt die Trennungsstunde. So wenigstens drückt sich in gemachter, Lustigkeit der verzweifelte Baber aus. Er fürchtet, fich ganz in die Fremde zu verlieren. Dabei hat er Grund, zufrieden zu sein, denn sein Bataillon ist vorläufig in Ruhe. Um es zu erreichen, muß er freilich den langen Weg zurüdtappen, ben er gestern mit den beiden anderen zusammen hergelaufen ist- zurück und noch weiter nach hinten, denn sein Bataillon liegt in Santes, einem Fabritvorort, unfern Der Stabsarzt schüttelt ben Kopf. kenne ich nicht. Wie von Lille . Vielleicht, bis er eintrifft, steht seine Rompagnie heißen Ihre Bücher? Wo sind sie erschienen?" bereit, um wieder nach vorn zu marschieren und so fann Funt nennt Namen. es mit ihm hin- und hergehen. Doch was tut's? 3mmer mehr verliert sich das Gefühl, ein Soldat sei da, um Sinn volles zu leisten. So viehmäßig ist das Biel alles Soldati fchen, der Krieg, daß er gewiffermaßen nur ausbalanciert
"
Christian Friedrich Funt."
Wieder verneint der Arzt. Also tröbeln wir nicht länger. Mo find die auszufüllenden Büden, Alam?" Der Feldmebel erstattet geläufig Bericht. Er ist ja vor
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gewehrt. Denen hätten die Vorortbewohner es zu danken, wenn sie noch auf lange Zeit hinaus vom Anschluß an das Schnellbahnnet abgeschnitten bleiben müßten. Daß es so nicht gekommen ist, dafür hat die porausschauende Verkehrspolitik der Stadt Berlin gesorgt.
Werf der Bölferverständigung. Begrüßung der französischen Schüler im Rathaus.
Das Landschulheim Birkenwerder , das sonst zur Aufnahme von Schülern aus Berliner Sonderklassen dient, bewirtet während der Ferien in seinen Räumen die französischen Austauschschüler.
Diese Schüler sind nicht, wie in vergangenen Jahren, von Fa= milie zu Familie ausgetauscht worden, sondern sie sind offiziell Gäste der Stadt Berlin , mie auch eine gleiche Zahl von 33 deutschen Schülern in Frankreich in Heimen in St Omer und Avallon als Gäste des Landes weilen. Nach bereits vorliegenden Mitteilungen haben auch die deutschen Schüler dort eine überaus herzliche Aufnahme gefunden. Diese schöne Geste, die den Berständigungswillen der beiden Länder betonen will, gereicht ganz besonders der Stadt Berlin zur Ehre, die auch die nicht unbedeutenden Kosten für den hiesigen Aufenthalt gern übernommen hat. Den französischen Schülern ist eine Anzahl Berliner Schüler. die gewiffe Borkenntnisse der französischen Sprache schon mitbringen. beigefellt. Die gleiche Methode hat man in Frankreich verfolgt. Wer Gelegenheit hat, das schmucke Heim in Birkenwerder , ein einstmaliges Sanatorium, zu besuchen, ist sehr erstaunt, diese deutschfranzösisch parlierende Rotte Korah in engster Berbrüderung zu sehen. Man müßte da schon einen Preis darauf setzen, um einen Fran zosen aus der Schar herauszukennen. Denn den begabten Kindern scheint selbst das Deutsch - Lernen teine Schwierigkeiten zu bereiten. Drei franzöfifche und drei deutsche. Lehrer betreuen die Schar, die sich des schönsten Feriendaseins erfreut. Jeden Tag hält bei der franzöfifchen Sprachgruppe ein deutscher Schüler einen Bor trag, ein französischer Schüler spricht bei den Deutschen . Gegene feitig haben die Jungen ein strenges Brinzip aufgerichtet: Wer als Fremdländer im Berfehr mit den anderen in seiner eigenen Sprache spricht, muß 10 Pfennig in eine gemeinsame Kasse als Strafe zahlen.
Stabtschulrat Genosse Nydahl, der sich des Wohlergehens feiner Austauschschüler besonders annimmt und auf deffen Initiative dieser Gruppenaustausch erfolgte, hat für seine franzöfifchen Gäfte noch allerhand Genüsse in Bereitschaft. Es sollen Partien nach Pots= dam gemacht werden, industrielle Anlagen merden besichtigt, die Theater usw. Mit einer schönen Feier wurde der französische Nationalfeiertag am 14. Juli begangen, Die vereinigten Landesfarben, die Trifolore, blauweißrot und die deutschen republi tanischen Farben Schwarzrotgold gaben ein hübsches Bild,
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werden fann durch vollkommen sinnwidriges Dahinleben in den Mordpausen.
Funts Bataillon ist in der vordersten Linie, demnach hat er Dienst zu tun auf dem Verbandplay. Wo ist der? Born bei Fromelles, eine gute Wegstunde von hier. Es tommt im Lauf des Vormittags einer von dort herein, um die Bost für alle Sanitätsleute, mit denen der Verbandplaz augenblicklich besezt ist, aus den Kompagniekanzleien in Fournes abzuholen. Dem soll er sich anschließen.
Während also die beiden, Stöger und Holzer, sich in Bemegung feßen, muß Funt weiterhin warten. Holzer hat eigentlich nur querüber zu gehen, zu den Holzbaracen der Bioniere, die hinter der Dorfstraße aus mehr als ihr, der langgestreckten, besteht ein nordfranzösisches Dorf kaum hinter der Straße also in einer Erdmulde liegen.
Mit weichem Friseurhandschlag und großem feuchten Kinderblick perabschiedet sich Stöger, um jenen langen Weg, den nun noch längeren, allein zu wandern.
,, Wir sehen uns bald, Kameraden, wir gehören ja zum gleichen Verein," ermunterte sie der Trambahner.
Ste ahnen nicht, wie lange es dauern soll, bis sie wieder zusammentreffen, nicht weil's drunter und drüber ginge, fondern aus gegenteiligen Gründen: weil alles so eingeteilt, ausgewogen und reibungsvoll laufend in Schwung gehalten wird, daß sie, die ja verschiedenen Gruppen angehören, niemals gleichzeitig am selben Blaze stehen tönnen. Es ist wie im Theeater: indes die einen abgehen, treten die anderen auf, feine Minnute früher. Als Funt das Uhrwert, laufend im Turnus von Stunden, Tagen und Wochen und wieder von vorn, zu begreifen anfing, schauderte ihn ob dieser Pedanterie und müsten Schulmeisterei, gepauft unter der ständigen Fuchtel des Todes, gepauft im Rachen des Elends. Cines befremdlichen, eines im Augenblick unheimlich fchläfrigen Elends allerdings. Gepläntel, fleine nächtliche Streifzüge, spärliche Artilleriegrüße", jäh losteifendes Gewehrfeuer, das ebenso jäh verstummte: das war alles. Im übrigen herrschten ftabile Berhältnisse" mit einem Trott nach Kalender, Tabelle und Uhr.
Während Funk, von den beiden Reisegenossen nun endgültig verlassen, wartend umherlungerte, machte sich Feldmebel Fähnlein an ihn heran. Er hatte aus der Ferne die Unterhaltung zwischen Asam und Funk mit angesehen, war aber nicht herbeigefommen: aus Stolz. Um wen der Asam herumschmuste, ob's nun ein Kranker oder Gesunder mar, um den bemühte er sich nicht gleichzeitig.( Forts. folgt.)