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Jlr. 347* 46. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

rg�-.r.

Sonnabend, 27. Juli 1929

Zweiter Hinterhof drei Treppen.

Die Geschichten spielen irgendwo in Moabit mit seinen kahlen, menschenüberfüllten Kasernen, im Osten mit seinen Massenquartieren, im Norden mit seinen Elendshäusern oder im Süden. Charakteristisch ist immer diese Häufung von Menschen, die einen kaum atmen läszt. wenn man au» dem Getriebe der Arbeit imtraulichen Heim" untertauchen möchte, hier kennt jeder jeden. So eine Mietkaserne ist ein Dorf. Und wehe, wenn jemand aus dem Rahmen dieses Dorfes herausfällt. Cr muh buchstäblich Spießruten lausen. Klatsch. Frau Müller hatte die Geschichte Fräulein Schulz erzählt und Fräulein Schulz hatte sie unter Diskretion Frau Fuhr- mann weitergesagt, und die hatte ehrenwörtlich Frau Meier in die Geheimnisse der Geschichte eingeweiht, aber natürlich nur unter Diskretion. Na, und wenn Frau Meier so etwas weiß, dann weiß das natürlich das ganz« Stadtviertel oder zum mindesten die halbe Straße. Da, Fräulein Srüger, da» so schnell verreist ist. kriegt ein Kind, und zwar mit diesem ekelhasten Reichswehrsoldaten. Sie wissen doch, mit dem sie immer die Haustür aufgewischt hat. N' Skandal ist das. Daß da die Polizei nicht einschreitet." Da» war der Tatbestand. Aber Fräulein Müller kriegte in Wirklichkeit kein Kind und war wirklich nur geschäftlich verrtist. und das mit dem Reichsweh rfoldatemoar auch stark übertrieben. Fräulein Krügers Verlobter war gar nicht bei der Reichswehr . Außerdem, was ging das schon Frau Meier an, mit wem sie die Haustür auf- wischte. Don der ließ sie sich noch long« kein Kind andrehen. Und überhaupt, diese Frau Meier, diese Person, die hatte es nötig, wo ihre fünf Göhren alle einen anderen Vater hatten. Und von der ließ sich Fräulein Krüger noch lang« kein Kind andrehen. So kam man zum Richter. Frau Meier hatte natürlich gar nichts gesagt und wenn sie schon etwa» gesagt hatte, dann hatte sie e» bloß von Frau Fuhrmann gehört, und Frau Fuhrmann war geradezu entsetzt. Frau Meier hatte doch ihr Ehrenwort gegeben, daß sie es nicht weiter erzählen wolle. Und außerdem hott« sie es von Fräulein Schulz. Na, und Fräulein Schulz hatte es bloß erzählt, weil es Frau Müller erzählt hatte. Und die war doch Flur- nachbarin von Fräulein Krüger. Und Frau Müller hotte geglaubt, weil Fräulein Krüger doch so plötzlich verreiste und überhaupt, da stimmte was nicht. Aber weil Frau Müller das Kind gern wieder zurücknehmen wollte, ließ es Fräulein Krüger bei einer Ehrenerklärung bewenden. Mit Publikationsbefugnis in der Zeitung natürlich. �Vch nehme hiermit das Kind zurück, das Fräulein Krüger gekriegt haben soll. Frau Müller, gepr. Hebamme." �Portiers. Das Hau» gehört einem Tschechen. Angeblich hat er ihrer zwanzig in Verlin. Um die Verwaltung kümmert er sich nicht. Di« notwendigen Reparaturen dauern endlos. Nur die Mieten werden pünktlich kassiert und sonst regiert der Herr Portier. Da der Herr Portier tagsüber aber beschäftigt ist, bleibt die Frau Portier der Herr im Haus«. Das besorgt sie denn auch. Sie kann wirklich nicht dafür, da(5'sie Katschis heißt. Aber die Jungen, die in diesem Hause wohnen, können auch nicht» dafür. Und da Frau Katschis sie weidlich ärgert und sie niemals auf dem Hof spielen lassen möchte, sondern am liebsten auf die Straß« jagt, so haben sie den Namen von Frau Katschis für chr« Zwecke etwas zurecht gemacht. Und dann klingt er noch weniger schön. Und die Jungen, die ihr diesen Spitznamen angehängt haben, sollen die von Frau Eckardt sein. Fünf Mann hoch. Der Aclteste 14, der Jüngst« 7 Jahre. Alle mit einem herrlichen Organ behaftet und in der Straße bekannt

wie«in bunter Hund. Sowie sich Frau Katschis sehen läßt, geht dos Gebrüll« los. Und zu kriegen kriegt man keinen. Und wenn man einen ocrtobacken möchte, dann kommen gleich die Großen und machen Krach. Infolgedessen platzt Frau Katschis beinahe vor Wut. Dicht davor ist sie auch heut« wieder und schuld haben bloß die Eckardts, diese wenn man nicht gerade vor Gericht wäre, müßte manLausebande" sogen. Bei Eckardts war nämlich die Rohrleitung geplatzt. Noch dazu im W. E. Und das Rohr wurde und wurde nicht gemacht. Da aber der Mensch nun einmal da» W. E. braucht, noch dazu eine so zahlreiche Famllie wie die von Eckardts, so gab es jedesmal lausigen Krach. Und da der Hauswirt sich um nichts kümmerte, blieb alles auf Frau Katschis sitzen. Und eines Tages war die ganze Familie Eckardt zu Frau Katschis runtergekommen, um ihr zu erzählen, daß sie von jetzt an bei Frau Katschis ihr Geschäft" erledigen würde. Schließlich stand so ziemlich das ganze Hinterhaus auf der Treppe und freute sich königlich darüber, daß Frau Katfchis endlich einmal ihr Fett kriegte. Na, und da hatte Frau Katfchis ihrem Herzen Luft gemacht. Es war ein« herrliche Abendunterhalwng geworden. Gott sei Dank, daß man nicht alle» mitstenographiert hat. Aber der Richter m«inte, es reiche auch so schon. Frau Katschis sei wirk- lich nicht immer eine feine Frau. Aber da sie immerhin gereizt worden fei, müsse man ihr mildernde Umstände zubilligen und e» genügte, wenn sie 50 Mark bezahlt DieSeine'. Fräulein Cssried« A l b r«ch t ist heute etwa 30 Jahre alt. Ein zerknittertes, vergrämte» und zerquältes Fräulein, das Sorge und Not gezeichnet haben. Ihre Eltern haben einmal Geld gehabt, sie selbst hat bessere Zeiten gesehen. Das einzige Schmuckstück, das sie in ihrem Zimmer hat, ist ein Familienbild, das ihre Familie auf dem väterlichen Gutshof zeigt. Sie selbst sitzt auf einem Rappen und weiß das Tier trefflich im Zaum zu halten. Das waren sie, die Albrechts vor 20 Iahren. Heute sst der Dater tot, die Mutter tot, der Gutshof nur noch ein Traum, und Fräulein Albrccht After- Mieterin zweiter Hof, drei Treppen bei Frau Krause. Mit Kleinigkeiten fing es an. Di« Kinder schrien auf der Straße hinter ihr her und dann begannen die Weiber zu tuscheln, und zum Schluß hat man ihr ihre einzige Erinnerung an vergangene Tage, die Photographie, kaputtgeschlagen. Alles hat sie vertragen, alles in sich hineingefressen, denn die Monats- miete betrug nur 25 Mark und es war ein anständiges Zimmerchen, aber selbst bei ihr gibt es Grenzen, die man nicht straflos über- schreiten darf. Diese«lenden Scherben waren ihr einziges Glück, das einzige beinahe, was sie mit dem Leben versöhnte. Alles hat sie in Kauf genommen, Entbehrung, Not, hämische Reden, Steinwürf«, nur das Bild sollt« man ihr lassen. Als man ihr da» nahm, hat man ihr chren letzten Traum zerschlagen. Deswegen hat sie Frau Krause verklagt. Aber Frau Krause war diesmal wirklich unschuldig. Ihre Tochter hat Staub gewischt und dabei die Photographie umgestoßen.Und wenn sie gewußt hätte, det die Person son Sums mit det Ding macht, dann hätt sie det Mächen ja jar nicht ranjelassen. Aber wer denkt ooch an alles. Un schließlich, kaputt is et ja nu. Wat kann man da noch machen." Fräulein Albrecht hat man nicht Helsen können. Wie denn auch? Sie wohnt nicht mehr bei Frau Krause. Aber wieder haust sie im zweiten»der dritten Hinterhau», wieder umgibt sie diese Feind- seligkeit, wieder tst sie einsam und verlassen...

Wo ist Landgerichtsdirekior Bombe? Vergebliche Suche am Stechlin-See . Die Nachforschungen nach Landgerichtsdirektor Max Bombe. der bekanntlich während feines Erholungsurlaubs in Neu-Globfow bei Rheinsberg verschwunden ist, haben bisher keinerlei Spur von dun Vermißten ergeben, so daß die Frage nach wie vor völlig ungeklärt ist, ob der Richter einem Derbrechen oder einem Unfall zum Opfer gefallen ist, oder ob er etwa, was auch nicht ausgeschlossen sein könnte, infolg« nervöser Ueberreizung selbst Hand an sich gelegt hat. Auf Veranlassung des Gemeindevorstehers von Neu-Globfow und des Oberlandjägermeisters in Lindow(Mark), der für dieses Gebiet zu- ständig ist, hoben sich am gestrigen Freitag die dort stationierten drei Landjäger mit einem Spürhund auf die Suche nach dem Vermißten gemocht und bis nachmittags 4 Uhr die bewaldeten Ufer des Stechlir.- Sees umgangen. Trotz der größten Aufmerksamkeit der Beamten konnte aber nicht die geringste Spur ermittelt werden. Landgerichtsdirektor Bombe sst als Vorsitzender großer Straf- Prozesse in der Oeffentlichkeit bekannt geworden. Er war der Vor- sitzende des Prozesses gegen den Mörder der Gräfin Lambsdorff und der Senta Eckert. Dieser Prozeß war das letzte Gerichtsoer- fahren in Preußen, das mit einem Todesurteil endete. Seit- her sst in Preußen kein Todesurteil mehr vollstreckt worden. Bombe hatte sich aus den Erwägungen eines engen Formaljuriftentiims heraus für die Ausführung des Todesurteils cingefctzl. Heftig umstritten war die Persönlichkeit Bomkes als Vorsitzen- der de» Femeprozesses um die Ermordung des Schützen Pannier. In diesem Prozeß ordnete Bombe den Ausschluß d r Oeffentlichkeit an, eine Maßnahme, die zu schärfster Kritik Hera. - forderte. Bombe hat als Richter dank seiner hervorragenden Fach- kenntnisse eine bedeutsame Karriere hinter sich: jahrelang führte er den Vorsitz im Schwurgericht des Berliner Landgerichts III, dann wurde er Vorsitzender von Zivilkammern am Landgericht III: vom 15. August ab sollte er die Vertretung des Präsidenten dieses E.- richts übernehmen. Als Strafrichter hat Bombe die menschliche Berufung gefehlt. Allen Problemen, die sich nicht durch starre Formeln erschöpfen ließen, stand er verständnislos gegenüber.

Heute Probefahrt des Zeppelin. Gras Zeppelin" wird heute Sonnabend früh um 51� Uhr zu seiner ersten Probefahrt auffteigen. Die große zwölfstündige Probe- fahrt ist für Sonntag in Aussicht genommen.

Explosionsunglück aus einem Kreuzer. 11 Tote und 16 Verletzte durch Schießübungen. London ,. Zull. Die Admiralität gibt bekannt, daß sich an Lord des britischen Kreuzer»v e v 0 n s h i r e" während der Schießübungen im ästlichen ZNIttelmeer am Freitag morgen ein schwere» Explosion.' Unglück ereignete. Wie die Admiralität weiter besannt gibt, wurden bei der Explosion Kapitän Zohn Vath, drei Unter- osfiziere und zwei Malrosen sofort getötet. Sech; weitere Matrosen erlagen ihren schweren Verletzungen kurz nach dem Unglück. Außer diesen zwölf Toten gab e» noch drei lebcns- gefährlich Verletzte, sieben Schwer, nnd sechs Leichtverletzte.

»Solidarität" derRoten Fahne." Di««Rote Fahne' Hot sich in den letzten Tagen mehrfach be- fcheimgen lassen müssen, daß sie unehrtich kämpft und daß sie selbst zum Mittel der Fälschung greift, um ihre unsaudercu Aufgaben durchzuführen. Zu diesem Vorwurf wollen wir Heine noch einen Neuen hinzufügen. Nicht einmal gegen die eigenen An- Hänger ist dieRote Fahne" ehrlich. Die Spediteure der Zeitm 1 wissen ein Lied davon zu singen, wie die Proletarier von der E'- schäftsleitung eines angeblich proletarischen Blattes behandelt werden. Der krasseste Fall ist dem Spediteur der Filiale in der Weberstraße widerfahren. Dieser hatte eines Tages in das Schaufenster seiner Expedition eine Nummer derRote 1 Fahne" ausgehängt, in der ein Rcichsbannerkamerad, der dicht bei der Filiale ein Zigarrengejchäft hat, wüst angepöbelt wird. Der

von A.M.FreY-

Copyright 1929 by Gustav Kiepenheuer Verlag A.-G Berlin

Aber jetzt stellte er den Neuling, um ihn merken zu lassen, daß auch er jemand sei. Zudem hatte er gespürt, es mit einem Städter zu tun zu haben, einem Gebildeten gleich ihm selber: nicht mit einem Bauernrammel, aus denen das Re- giment fast ausschließlich zusammengesetzt war. Funk, Sie kennen Ihnen noch wenig aus. gell," sagt er wohlwollend.Es wird schon werden." Er ist ein großer Mann mit guter Gesichtsfarbe, die breite Brust ist in einen leidlich sitzenden Waffenrock hineingewölbt, an den kleinen Fingern beider Hände blitzen üppige Ringspiralen mit Steinen, wie auch die Offiziere es lieben hier freilich nicht ganz frei von Messingglanz und Glasblindheit.Funk, wenn ich recht oerstanden habe, Sie sind ein gebildeter Mensch, was ich sehe, drum wird es Ihnen interessieren, in großen Zügen ein Bild der Lage zu gewinnen. Sehen Sie dort in etwa sechs Kilometer Entfernung ist vorderste Linie und unser Regimentsabschnitt. Ein Kilometer hinterm vor- bersten Graben liegt unser Verbandplatz Fromelles: Sie werden heute noch dort fein. Er ist zurzeit besetzt von den Trägern der vornliegenden Kompagnien, von sechzehn Mann, einem Unteroffizier und einem Arzt. Ein zweiter Arzt jedes Bataillon hat nämlich zwei ist vorn im Graben zu- fammen mit drei Unteroffizieren. Ja, Sie werden Ihnen vielleicht wundern und meinen: da find die Sanitätsunter- offiziere im Graben vorn schlechter dran als die Kranken- träger auf dem Verbandplatz. Wie mans nimmt. Ich weiß nicht, was ich wählen möcht. Die Krankenträger müssen nämlich hin und her laufen über freies Feld Aum Teil, wenn was los ist, und los ist auch in unseren ruhigen Zeiten immer etwas. Die im Graben sitzen, sitzen für sechs Tage fest und gedeckt. Sie hocken zwar ganz vorn, aber sie brauchen sich doch nicht zu rühren, es fei denn no ja, wenn ein Angriff ist. dann geht's keinem gut. ob Graben oder Berbandplatz. Aber Angriffe: die haben wir ganz verlernt, und die Eng- länder uns gegenüber find nämlich Hochländer offen- bar auch. Wissen Sie. wann wir hergekommen sind? Vor einem halben Jahr. Da ging's wild auf Preußen haben

wir abgelöst und von der Ablösung müssen die drüben was gemerkt haben. Denn sie haben geschossen wie narrisch, damals erst hat das Dorf bös gelitten. Aber dann ist's ruhig geworden und immer ruhiger. Schön ausgebaut ist unsere Stellung: wie stattlich unser Revier ist, sehen Sie selber. Die Offiziere haben behagliche Quartiere hier; nicht einmal im Keller, ganz frech in ersten Stockwerken: der Kommandeur und andere Herren vom Regimentsstab, der Ortskomman- dant, der Grabenoffizier, der Herr Stabsarzt und so fort. Wir bauen Gemüse an und Obst in weiten Gärlen. Daß noch ein wenig Zivilbevölkerung herumkraucht, werden Sie schon bemerkt haben: der Bürgermeister, ein paar alte Männer und ein paar Weiber, die auch nicht schön sind halt, bis auf etliche junge, die für uns waschen; die sind heil- sam noch in anderer Richtung." Er lacht, er sieht zum Himmel auf und sagt belehrend: Sehen Sie, Funk, da ist«in Flieger. Beachten Sie die weißen Ba�erln, die Wölkchen hinter ihm. neben ihm, das sind explodierende Schrapnells, hören Sie, wie's windig rumpelt: ganz schwächlich kracht's, und treffen tun die nie was." Fähnlein ist unzuftieden. Funk ahnt nicht und es beschäftigt chn auch seltsam wenig wer da auf wen schießt, ob der Engländer feuert und der Deutsche im Flugzeug sitzt, oder ob es umgekehrt ist. Er fragt auch nicht, und Fähnlein weiß schon wieder Neues. Sie meinen, es wär kompliziert? Merken Sie sich die Dreizahl: vorderster Graben, Reservestellung, Ruhe. Da- drauf hinauf verteilen sich im währenden Wechsel die drei Bataillone, aus denen das Regiment besteht. Die drei Dinger sind hintereinander gestaffelt, und der ganze Raum hat so seine Tiefe von zehn Kilometern, aber eine viel ge- ringere Breite. Gar nicht schwierig. Und wir hier in Fournes? Wir sind Regimentsstab und Revier und was so drum und dran hängt mit Kanzleien und Kasinos. Das wär alles." 7. Pause. Fähnlein scheint sich erschöpft zu haben. Und Sie, Herr Feldwebel, wann müssen Sie nun vor?" fragt Funk, nur um höflich zu sein. Fähnlein wird Unwillig. Er versteckt Verlegenheit hinter Ungnade.Ich? Grad' Hab' ich Ihnen gesagt, daß ständiger Platz des Reviers Ortsunterkunft Fournes ist. Ich muß dauernd hier sein, und es gibt mehr zu tun als irgendwo anders." Das glaube ich," heuchelt Funk achtungsvoll, und Fähn- lein ist versöhnt.

Ra ja," verkündet er.Lang' kann es sowieso nicht mehr dauern. Rein, ich mein' jetzt nicht, was Sie feixend meinen, Funk. Daß Sie lachen können, feh ich übrigens zum erstenmal, aber Sie lachen zu früh. Ich mein', wir werden nicht mehr viel älter im bisherigen Gang. Eins leise, eine ganz leis zunehmende Unruhe ist beim Gegner zu verspüren. Was mich betrifft, ich glaub, da bereitet sich wo; vor. Der Asam weiß es ja natürlich besser, der ist immer gegenteiliger Ansicht, ob das einen Sinn hat oder nicht. Aber ich bin sicher, die Erkundungsflieger, die nächtlichen englischen Patrouillen, die haben was zu bedeuten. Da rumpelts dem- nächst kräftig." Er tritt plötzlich einen Schritt zurück. Er räuspert sich und nimmt eine steif«, halb dienstliche Haltung an.Funk. haben S' schon einen Toten gesehen? Passen S' auf, S c sollen Ihren ersten Kriegstoten sehen. Ich Hab seit hei't morgen einen gefallenen englischen Offizier in Verwahrung." Funk hat das Gefühl, jemand sagt: ich habe seit heu'c morgen frische Ware auf Lager. Er ist verwirrt, er frag»: Hier getötet? Wie kommt denn der Engländer?" Fähnlein lacht.Ah nein! Man sieht, Sie kennen Ihnen noch immer schlecht aus. Er ist vor drei Nächten auf einem Schleichgang herübergekommen mit ein paar Mann. Im Schein der Leuchtkugeln sind sie aber von den Unseren rechi- zeitig entdeckt worden. Er ist im Feuer geblieben. Die nicht getroffen worden sind, haben sich und Verwundet? zurückbringen können. Ihn.haben sie liegen lassen. Er ist bis gestern in unserem Drahtverhau gehangen. Dann habcu ihn die Unfern in den Graben geholt. Von da haben ihn die Krankenträger auf den Verbandplatz geschafft. Van dn hat ihn heut morgen, wie's noch dunkel war, der Totenwagen hierher gefahren." Funk überlegt, weshalb man sich um den toten Gegner wohl so sehr bemüht. Aus Ehrerbietung, aus christlichen Gründen? Der Feldwebel setzt sich in Bewegung auf einen äußer- sten Zipfel des Pensionatbaues zu, er zieht ein Schlüsselbund aus der Tasche und hält es wichtig in der beringten Faust. Er führt aus:Sie müssen nämlich wissen, man läßt Leichen höchst ungern im Drahtverhau liegen'obendrein bei dem warmen Wetter. Was eine einzige Leiche den Graben ver- festen kann, das glauben Sie gar nicht. Es ist unhygienisch. Wenn der Wind zum Gegner hinüberweht, ist's ja gut, dann hat der den Gestank in der Rase. Aber damit kann man nicht rechnen zudem haben wir fast immer Wind von drüben. Das ist im ganzen recht,.denn wir hören so den Feind, und er hört uns weniger."(Fortjetzung folgt.;