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Feier der Reichsregierung

In der reichen Fülle von starken Eindrücken, die uns Berlinern seit Tagen schon das An­schwellen der zehnjährigen Verfassungsfeier zu ihrem Höhepunkt am Sonntagnachmittag gebracht hat, sticht die offizielle Feier des Reiches nicht

von der Blockade bedroht, abgeschnitten von der Lebensmittelzufuhr aus anderen Ländern. Ihre Bodenschäße mußte sie zu einem großen Teil her­geben. Bitterste Not und Arbeitslosigkeit beglei= teten die Verhältnisse in Weimar . Immer stärker wurde der außenpolitische Druck und da= mit auch die innere Zerrissenheit unseres Volkes. Und doch ist dieser Tag ein Tag der Freude­nicht des Selbstlobs und nicht der Selbstzufrieden­heit, aber der Freude, die notwendig ist, um den langen und steinigen Weg zum endlichen Er. folg gehen zu können.

Der Reichsinnenminister spricht frei und hält gerade durch seine temperamentvolle Sprech­weise und durch den Kontakt mit den Hörern diese viel mehr in Bann, als das gewöhnlich bei ab­gelesenen Vorträgen der Fall ist, wie bedeutend auch ihr Inhalt sein mag. Wir werden die Rede Severings ausführlich in unserer Montag= Früh Sonderausgabe wiedergeben.

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Dann ertönt Beethovens Ouvertüre ,, Namens­feier", worauf als rangältester der in Berlin anwesenden Reichsminister und in Vertretung des ertranften Reichskanzlers Reichswehr­minister Groener nach einigen Worten das traditionelle Hoch auf das in der Republik ge= einte deutsche Bolt" ausbringt. Dreimal wider­hallt es, man singt das Nationallied und begibt sich dann auf die Rampe, um dem militärischen Paradeschauspiel beizuwohnen.

die Flagge des Vaterlandes achtet und ehrt, am Gesamtwohle des Volkes mitarbeitet, auch in schwerster Zeit, auch ohne Vorrecht, auch ohne Hoffnung auf Orden, auch ohne Aussicht auf Titel, auch ohne wirtschaftliche persönliche Vor­teile, nur der bekundet Vaterlandsliebe durch die Tat.

Interesse und Freude an der parlamentarischen Arbeit, an den Taten der Regierungen möge das

bekämpfen, so bewundernswert ist doch die bis­her geleistete Arbeit. Dafür gebührt der Republik höchste Ehrung und Anerkennung für alle, die an diesem Werke arbeiteten. Ward viel schon geleistet, mehr bleibt zu tun! Dazu braucht die Republit noch Millionen neuer Republikanerinnen und Re­publikaner. Aufklärend und belehrend wollen wir wie gute Bäter und Brüder, aber auch mit aller Energie an die Arbeit gehen. Mit aller Energie

ALLEN TOTEN DEN OPFERN DES WELTKRIEGES

DER REPUBLIK UND DER ARBEIT

Dem Gedenken Friedrich Eberts .

Zum zehnten Verfassungstag hat Professor Walter Len ck, Berlin , eine Porträtbüste des ersten Reichspräsidenten, Friedrich Ebert , geschaffen, die u. a. beim Presseempfang des Reichsbanners im Rheingold zur Aufstellung gelangte.

so hervor wie sonst, da sie der Höhepunkt war. Große Menschenmassen kann der Plenarsa al des Reichstags nicht aufnehmen; war er doch zuerst nur für 397 Abgeordnete vorgesehen und hat er doch im Fond auch heute nur 450 Pläße. So muß diese Feier schon etwas Intimes haben, wozu auch die Holztäfelchen der Wände bei dem sonst fühlen Baucharakter des Saales beitragen.

Was nur geschehen fann, um Feierlichkeit in den Reichstagssaal hineinzubringen, hat der Reichskunstwart Dr. Redslob alle Jahre ge­ian. So sprach auch heute in tünstlerischen Groß­buchstaben von der Stirnwand der Einleitungs­fatz der Reichsverfassung zu den festlich Berjam­melten, den Vertretern der obersten Behörden, den Diplomaten, den Männern der Kunst, der Wissenschaft und der Berufsorganisationen mit ihren Frauen. Regierungstische und Rednerpult, die ganze Estrade in frischem Grün, leuchtende Blumenflächen dazwischen. Ringsum im Saal die Wappen der deutschen Länder, an der Mittel­loge rechts die schwarzrotgoldene Standarte des Reichspräsidenten . In derselben Größe wie die Einleitungsformel der Reichsver­fassung blickt der stilisierte Reichsadler von der Stirnwand in den Saal. Biel stärker als in allen Jahren vorher sind die Reichsfarben ver­treten, leuchtend ziehen sich die Farben der Republik rings um den ganzen Raum. Puntt 12 Uhr erscheint, vom Reichstagspräsidenten, Reichs- und preußischen Ministern empfangen und geleitet, Reichspräsident v. Hindenburg . Die Ver­fammlung begrüßt den Repräsentanten der Re­publit durch Aufstehen, wofür er durch Verbeu­gung dantt.

Ein großes Polizeiaufgebot hält die Straßen um das Reichstagsgebäude für den Berkehr frei. Kurz vor 12 Uhr fährt der Reichs­präsident mit seiner Begleitung auf der selten benutten Rampe des Portals in der Friedrich­Ebert- Straße vor, wo er von den Mitgliedern der Reichsregierung erwartet und in die große Loge auf der rechten Seite der Galerie des Sigungsfaales geleitet wird.

Der Reichsminister Gevering hält die Festrede und beginnt mit den Worten: Herz Reichspräsident, liebe Bolts. genossen! Dann weist er darauf hin, daß die Berfassungsfeier schon mehrmals in chidials. schwere 3eit gefallen ist. Go 1921, als die Entente Deutschland neue Lasten auferlegte, 1923, als Poincaré die Faust an die Gurgel der deut­ schen Wirtschaft hielt, und 1924, als die Grund­lage für die Bölferverständigung geschaffen zu sein schien. Heute richten sich unsere Blicke nach dem Ha a g, und nicht besser können wir diesen Festtag einleiten als durch den Ausdruck der Hoff­nung, daß es den Staatsmännern gelingen möge, den Böltern Ruhe und Frieden, Wohlstand und Glück zu sichern.

Die Republik hat es nicht leicht gehabt, Feste zu feiern. In der Zeit bitterster Not und härtester Entbehrung ist sie entstanden,

Otto Hörfing.

Der Bundesvorsitzende des Reichsbanners hielt bei der gestrigen Feier in der Kroll- Oper die fol­gende Ansprache:

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Wenn heute die schwarzrotgoldenen Farben, die alten und wieder neuen Symbole Deutschlands , überall verbreitet sind, überall gezeigt und geehrt werden könnten, so sind wir trog aller Be­scheidenheit sei es gefagt ftolz darauf; denn das haben wir systematisch als erstes Ziel auf dem beschwerlichen Marsche zur Republikanisierung der Herzen und Hirne erstrebt.

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Wir wollten die Republik populär machen.

Mit der Ehrung der Nationalflagge, mit der Achtung vor den Farben des Reiches beginnt erst der wahre, echte Patriotismus. Nicht wer sich ,, national" nennt, ist ein Patriot, sondern wer

Das 19 m hohe Ehrenmal Unter den Linden .

ganze Bolt beseelen. Abkehr vom Alten und Morschen , deutlich fühlbare und sichtbare Leistungen auch in der so notwendigen Neugliederung des Reiches, und bei alledem etwas mehr Tempo.

Das ist unser Geburtstagswunsch, den wir der Republik heute darbringen. Wir wissen, unfre Gegner werden uns unsre Arbeit nicht leicht machen, fie haben sie uns auch bisher fürwahr nicht leicht gemacht. Dennoch: so jung die Republik auch ist, so strupellos ihre Gegner fie

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insbesondere gegenüber den böswilligen und Mit aller eigennützigen Bolksverführern! allen jenen Konser Reaktionären unserer zu

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gegenüber und Rechten und Linken, die nichts weiter fönnen als immer nur ,, nein!" ,,, nein!" zu sagen, die niemals positive, tonftruttive Arbeit leisten, aber jeder tüchtigen Arbeit Hindernisse zu bereiten verfuchen. Wir aber wollen etwas leisten, wir wollen regieren. Das ist und bleibt unser republi­tanisches Volksbegehren für alle Zeit. Den ge­waltlüfternen Gegnern sei es gesagt:

Bestand und Ehre der Republik find uns un­antastbares Heiligtum.

Als friedfertige Hüter zwar stehen wir da, geht man aber der Republik an die Ehre, ans Leben, versucht man gar die Errungenschaften der Revo.

Im Stadion.

Die Flagge geht hoch.

lution wegzuputschen, so stehen wir wie ein Mann geschart um das schwarzrotgoldene Banner der Republik .

In diesem Sinne marschieren wir morgen mit unsern treuen Freunden aus Deutsch öfter= reich, denen unser herzlichster Dant, unser herz­lichster Gruß gilt. So marschierten wir bisher, so marschieren wir morgen, so werden wir weiter marschieren, des deutschen Volfes große Parole: Einigkeit und Recht und Freiheit verkündend! Für Deutschlands Größe, Einheit und Ehre werden wir streiten, und begeistert wie immer rufen wir: Unser Vaterland, unser Bolt, die Deutsche Republit fie leben hoch, hoch, hoch!