Ur. 37.
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Vorwärts
13. Jahrg.
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Der Streik
Donnerstag, den 13. Februar 1896. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
In den letzten zwei Tagen mußte so manche Arbeit ausgeliefert werden; die Arbeiterinnen, die das nicht aufschieben wollten oder konnten, müssen nun in die Neihen der Streifenden einrücken.
Unsere Genossen, deren Frauen in der Konfektion thätig sind, müssen ihren Frauen klar machen, daß es ihre Ehre gebietet, mit zu fireifen.
demokratischer Arbeiter möglich gewesen wäre. Ohne Sozial-| Eisen schmieden, so lange es heiß ist, sie müssen mit aller demokratie wären vielleicht gelegentlich einmal einige Zwischen- Energie den Kampf weiter führen, sie dürfen sich nicht in der Konfektions- Industrie. meister todtgeschlagen, die Fenster einiger Konfektionsfirmen mit momentanen Zugeständnissen einzeln abspeisen und eingeworfen worden, aber eine planmäßige Lohnbewegung, wieder an die Arbeit locken lassen, sie müssen gemeinsam Wir haben in der Geschichte der sozialen Kämpfe eine Aufrüttelung der öffentlichen Meinung, ein Eingreifen streiken und blos von ihren anerkannten Organ, Deutschlands schon Arbeitseinstellungen zu verzeichnen, die derselben zu gunsten der Näherinnen, eine Rede des Herrn der Fünfer- Kommission, mit den Unternehmern verin gleicher Weise das öffentliche Interesse erregten, wie der v. Heyl über die durch uns offenkundig gemachten Schäden handeln lassen; nur so find dauernde und sichere Streit der Konfektionsschneider und Näherinnen Deutsch - wären unmöglich gewesen. Erfolge möglich. lands. Noch nie haben sich aber in Deutschland die Daß selbst bei dieser Debatte, wo, von Herrn Rickert öffentliche Meinung, die Presse aller Parteien, ja selbst abgesehen, alle Redner die Krebsschäden der Konfektionsdie oberen Organe der Regierung so rückhaltlos auf die industrie anerkannten, der Vertreter des Liberalismus, Seite der Arbeiter gestellt, wie in dem gegenwärtigen Herr v. Heyl erklären konnte, daß ein Streit immer eine Kampfe; selbst der Waldenburger Streit hat nicht annähernd unberechtigte Aftion sei, zeugt von tiefstem Niedergange des die Sympathie der unbetheiligten Kreise hervorgerufen, wie Liberalismus. Wenn der Duellvertheidiger und Militärder Kampf der Arbeiter in der Konfektion. enthusiast Schall von der Bewegung sagte, daß er und Wir müssen schon ins Ausland gehen, um vergleichbare seine Partei einen solchen Kriegszustand wie den Erscheinungen zu finden, wir müssen auf England, auf gegenwärtigen Streit niemals gutheißen können, so ist den Dockearbeiterstreik zurückkommen, um ähnliche Vorgänge dies ein Zeichen seiner ebenso hohen sozialpolitischen anzuführen. Einsicht wie seiner Konsequenz. Herr Zimmermann, Von welch großer Bedeutung diese Sympathie- der Redner der Antisemiten, stellte die Behauptung auf, fundgebungen sind, bewies die heutige Reichstags- daß 90 pCt. der Zwischenmeister Sozialdemokraten seien; fizung. Die Vertreter aller Parteien mußten die zu seiner Belehrung sei mitgetheilt, daß der Wortführer dringende Nothwendigkeit gründlicher Aenderung der der Zwischenmeister der Berliner Damenmäntel- Konfektion Arbeitsverhältnisse in der Konfektions- Industrie zugestehen. der Busenfreund Ahlwardt's ist, der Mann, der moralisch und finanziell zu fördern! Leute, die noch vor 14 Tagen die Forderung einer Aus- die Festlichkeiten bei Eröffnung des Nord- Ostsee- Ehre und Interesse gebietet es, daß dem Kampfe der dehnung der Fabritinspektion auf die Hausindustrie als Kanals als Diener Ahlwardt's mitgemacht hat. Sieg folgt. unerhörte Zumuthung bezeichneten, erklärten dieselbe heute So viel Anlaß zu Hohn und Spott, zu unangenehmen für eine dringende Nothwendigkeit. Ein leibhaftiger aktiver Reminiszenzen wäre, wir wollen darauf verzichten, wir töniglich preußischer Staatsminister, ein Mann mit wollen die Herren ernst, wir wollen sie beim Wort nehmen, gleichem Range und Titel wie Herr v. Puttkamer , sie, wie die Vertreter der Regierung.
Der große Kampf, in den zehntausende unorganisirte Arbeiterinnen eingetreten sind, erfordert heroische Opfer. Die Arbeiterinnen werden in diesem großen Kampfe ausdauern.
Die Lage des Streits ist so günstig wie mur möglich. Ganz Deutschland , ja die ganze Welt sieht auf den großen Arbeiterkampf, dessen Hauptschauplatz Berlin ist. Niemand darf verabsäumen, diesen Kampf persönlich,
Der nationalliberale Antrag
Arbeiter.
Während der heutigen Sigung ist folgender Antrag im Reichstag vertheilt worden:
Der Reichstag wolle beschließen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen:
fagte nicht etwa, daß hinter dem Streit der Konfektions - Der Reichstag zeige, daß er nicht blos Militärvorlagen zum Schuhe der Konfektionsarbeiter und Näherinnen die Hydra der sozialen Revolution und Liebesgaben schnell erledigt, daß er auch ein gutes lauere, sondern daß der Streit vollkommen berechtigt sei; Gesetz über den Schutz der Arbeiter in der Hauser sprach die Hoffnung aus, daß die einmüthige Sympathie industrie in dieser Session erledigen kann, die Herren vom des Reichstages die Unternehmer zum Nachgeben ver- Bundesrathstische und von den bürgerlichen Barteien mögen anlassen würde; er betonte die Nothwendigkeit eines Ein- doch einmal das Wort wahr machen, daß Deutschland an greifens des Staates in die Verhältnisse der Hausindustrie, der Spiße der Sozialreform marschire, sie mögen noch vor die bisher in Deutschland das sozialpolitische Rühr mich dem Sommer ein Gesetz verabschieden, das besser ist nicht an" waren. Die Herren hätten sicherlich nicht so ge- wie die Gesetze Englands, der schweizerischen Kantone sprochen, wenn sie nicht so hätten sprechen müssen. Die und der Einzelstaaten der Nordamerikanischen Union. Reichen beginnen eben zu ahnen, welches Elend, welche Wenn ihnen das gelingt, können sie sicher darauf rechuten, Noth, welcher Druck, welche Ausbeutung in den Nähten daß die sozialdemokratischen Abgeordneten Mann für Mann ihrer prunkenden Gewänder steckt. für die Vorlage stimmen werden.
Die Schamröthe steigt der Bourgeoisie auf, ihre Ver- Freilich viel Vertrauen haben wir nicht zu der treter fürchten, daß die ganze Sympathie den Arbeite- Haltung des Reichstages. Heute sprachen die Verrinnen der Konfektions- Industrie und ihren sozialdemokratischen treter des Kapitals unter einem unabweisbaren Zwange; Wortführern zugewandt wird, sie mußten sich aufraffen und nach Monaten oder Jahren, wenn die Anregungen dieser auf ungewohnten Wegen wandeln, sie mußten für die aus- Tage sich zu sicherlich recht schwächlichen Gesetzentwürfen vergebeuteten, niedergetretenen Reichthumsschaffer gegen die dichtet haben werden, dann wird der Reformeifer verflogen sein, Reichthumsbesitzer Partei ergreifen. Man merkte ihnen an, dann werden die Wenn und Aber ertönen, dann werden die wie ungewohnt ihnen diese Rolle war. Die Heyl, Interessenten ihre Vorbereitungen getroffen haben, die Schall, Zimmermann und Genossen fonnten sich Solidarität und das Klasseninteresse der Unternehmer werden natürlich nicht enthalten, ihre Vorwürfe gegen die gesiegt haben.
Sozialdemokratie auch bei dieser Gelegenheit aufzutischen, Darum dürfen die Konfektionsarbeiter und Näherinnen als ob die heutige Debatte ohne die Sozialdemokratie, ohne nicht dem Wechsel auf die Zukunft vertrauen, der in der die Aufklärung und Organisationsarbeit selbstloser sozial- heutigen Reichstagssigung ausgestellt wurde, sie müssen das
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Clotilde.
" Ich ertheile es Ihnen hiermit, fiel die Gräfin schnell ( Nachdruck verboten.) ein. Ja, ich spreche es aus, fuhr sie in feierlichem Tone, Roman aus der Gegenwart von sich erhebend, fort, ich bin erfreut, daß meine Tochter einen H. W. M. von Walthausen. so trefflichen Mann, ich einen so ehrenwerthen Schwiegersohn erhalte. Nehmen Sie Elly hin." ie Elly hi Elly erhob sich.
Dich errathe!" sagte hocherfreut die Gräfin, es ist mir nicht entgangen, daß Sie sich für meine Tochter interesfiren und ich finde es löblich, daß Sie sich, der guten alten Sitte getreu, zuerst an die Mutter wenden, wenn Sie sich mit der Tochter zu verehelichen wünschen. Sprechen Sie."
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Was hör' ich da?" rief Benovon's Bruder.
" Zuvor möchte ich erst um mein Geld bitten," rief Theodor sehr laut und energisch dazwischen. los da.
Die Damen schreckten zufammen und standen sprach
Ich habe genug gehört," fuhr Theodor kreischend fort, " Ja, Theodor, Du bist überrascht aber Du sollst ich bin nur hierher gekommen, um das Geld, die tausend Beuge sein." Gulden, welche Sie durch meinen Bruder von mir geliehen, in Empfang zu nehmen."
Nur nicht von Unmöglichem—"
" O! wir hielten es auch für unmöglich und waren überrascht," fiel die Gräfin ein, daß ein schwarzbärtiger Herr einen blondbärtigen zum Bruder haben könne. Hören Sie nur weiter."
" Ja, Theodor, Du sollst Zeuge sein von einem außer ordentlichen Ereignisse, vielleicht von einer Demüthigung." Ich weiß nicht, ob es mir gelingen würde, das Herz der Komteß Elly für mich zu gewinnen."
„ Es ist Ihnen bereits gelungen," rief Elly, Sie haben mein Herz, meine Neigung gewonnen."
" Wie, mein Herr," begann die Gräfin, ihre Augen funkeiten, ihre Stimme zitterte vor Wuth," Sie unterbrechen in der unzartesten Manier einen feierlichen Moment wegen einer Geldangelegenheit, die doch wahrlich Beit hätte."
" Nein, ich traue Ihnen nicht, ich habe Eile," versetzte Theodor. ,, Sie haben Eile", sprach giftig die Gräfin. D dann will auch ich mich beeilen, eines Störenfriedens mich zu entledigen."
der Gewerbe Ordnung( betr. den Schutz der Kinder, jugendlichen 1. die Ausdehnung der Bestimmungen der§§ 135 bis 139b Arbeiter und Arbeiterinnen) nach Maßgabe der in§ 154 absatz 4 ertheilten Ermächtigung auf die in der Hausindustrie und in den 28erkstätten derselben beschäftigten ges werblichen Arbeiter der Wäschefabrikation und der Konfektionsbranche herbeizuführen; 2. eine Gesetzesvorlage einzubringen, durch welche für diese Gattung der gewerblichen Arbeiter a) der Schlußsaß des Absatzes 4 des§ 154 der GewerbeOrdnung aufgehoben wird( Werkstätten, in welchen der Arbeitgeber ausschließlich zu seiner Familie gehörige Personen beschäftigt, fallen nicht unter die Bestimmungen der §§ 135-139b),
b) die Bestimmungen des§ 120a der Gewerbe- Ordnung( Schutz der Arbeiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit) hinsichtlich der Werkstätten und Arbeitsräume, in welchen oben bezeichnete Personen beschäftigt sind, derart ausgedehnt werden, daß auch die Eigenthümer dieser Werkstätten und Arbeitsräume für deren gefeßliche Einrichtung und Unterhaltung hastbar werden,
Wie? Mein Herr! Wer sind Sie?" hauchte Elly
verblüfft.
Die Gräfin fam jetzt mit dem Gelde, zählte es auf und sprach zu Theodor: Hier ist die Summe, mein Herr. Wagen Sie es nicht noch einmal, der Gräfin Klary Mißtrauen entgegenzubringen; wir sind wohl zu Ende."
" Hoffentlich," sagte Theodor, indem er das Geld einsteckte, ich will nicht länger Zeuge einer Komödie sein". " Komödie?" frug erstaunt die Gräfin.
" Ja, eine Komödie," nahm jetzt Benovon das Wort, daß Sie es wagten, einst gegen zwei Offiziere Mißtrauen zu zeigen, hat Ihnen diese Komödie eingetragen."
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Gräfin.
Wer spricht denn eigentlich mit mir?" zischte die Mein voller Name ist: Benno von Rürdorf." Rürdorf!" wiederholte die Gräfin und sank wie gelähmt auf ihren Stuhl.
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Und mein voller Name ist: Theodor von Rürdorf, früher Journalist, oder wie Sie mich zu nennen beliebten, zum Berichterstatter herabgekoramener Lohnschreiber", jetzt Gutsherr auf Rügdorf. Wir kannten uns schon lange, ehe wir uns kennen lernten. Wir sahen uns nie und sind uns doch bekannt, oft begegnet in den Blättern und haben uns hart bekämpft. Sie zogen noch immer den kürzeren." Sie ging an den Sekretär, öffnete ein Fach und ent-" Nun gut," sagte berechnend die Gräfin, ich erkläre nahm einem Mahagoniekästchen einige Scheine. Während- mich für besiegt, aber stören sie jetzt nicht, in anbetracht dem wendete sich Elly in höchst malitiösem Tone an der nahen Beziehungen, in welche wir zu treten beabsichtigen, Theodor: Mein Herr, wir haben Ihren Herrn Bruder lassen Sie Ihren Herrn Bruder reden." als einen noblen, ehrenwerthen Mann kennen gelernt, Sie werden sich erinncen," fuhr jetzt Benno fort,„ daß aber Sie Sie einft wegen einer Geldangelegenheit zwischen Ihrem Schwiegersohn und dem Lieutenant von Scheven dessen Braut, jetzt seine Frau, in Ihr Haus nahmen und als Pfandobjekt gefangen hielten." ( Fortsetzung folgt.)
"
Keine Demüthigung, wohl aber die Genugthuung sollen Sie erfahren, daß ich Sie liebe, daß ich nur in Ihnen mein Ideal und mit Ihnen eine frohe Zukunft erblicke." " Hörst Du, Theodor, hier bin ich des Sieges wohl gewiß. „ Ja aber-" Aber, Du hast Recht, Theodor. Ich weiß nicht, ob Hier wurde Elly leise unterbrochen durch Benovon: es mir gelingen würde, das Jawort der gnädigen Frau Haben Sie mich als ehrenwerth erkannt, das ist mir Gräfin zu einer Verbindung mit ihrer Tochter zu er- lieb, diese Genugthuung sind Sie mir schuldig; Sie und halten." Ihr Mann fegten einst Bweifel in meine Ehrenhaftigkeit."
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