Einzelbild herunterladen
 

Ar. 377 46. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Die Sorgen der Hausfrauen.

Teures Obst, teures Gemüse.- Fort mit den Zöllen.

Gemüse und Obst einzulaufen, ist für die Hausfrauen in Deutschland besonders in diesem Jahre keine angenehme Sache. Selten wurden für frisches Obst und auch für frisches Gemüse so hohe Preise verlangt wie jetzt, und die wachsende Neigung der Volksmassen, soviel frisches Obst und Gemüse zu essen als mur möglich, war selten so schwer zu befriedigen wie in diesem Jahr. Teilweise sieht das Obst, und zwar allmählich auch das inländische, beffer aus als früher, die Ware ist besser fortiert, es gibt beffere Qualitäten. Aber das hilft nicht darüber hinweg, daß die Preis steigerung außer allem Verhältnis zu der Qualitäts­verbesserung steht und die Bedürfnisbefriedigung immer schwerer wird. Die höhere Arbeitslosigkeit in allen Teilen des Landes, das größere Angebot an Arbeitskräften verhindert natürlich in fühlbarem Maße die Erhöhung der Einkommen, und so sind es fast zwei nasse Augen, mit denen die Hausfrau der Ent wicklung auf dem Gemüse und Obstmarkt zusieht.

Fragt man sich nach den Ursachen dieser unerfreulichen Lage, so fann es in der Tat teine andere Erklärung dafür geben als das außerordentlich schnelle Wachstum des Obst und Ge müfeverbrauchs in Deutschland . Es ist gewiß richtig, daß der Obst- und Gemüsevertauf auch für die Händler ein besseres Geschäft geworden ist. Die Händler verdienen mehr, die Zwischenhandels­ipanne ist größer und auch die Importeure fezen heute zu höheren Breifen ab als früher. Wiederum aber wären die größeren Ver­dienste der Händler nicht möglich, wenn die Nachfrage nicht größer wäre als das Angebot; die Nachfrage ist aber größer als das An­gebot und darum die teuren Preise.

Es fann fein Zweifel darüber sein, daß sich in der Zusammen­setzung der Boltsnahrung ein großer Wandel vollzogen hat, und zwar zugunsten des Gemüse- und Obstverbrauchs. Mun gibt es ja leider in Deutschland bisher noch teine Verbrauchs fatistik für Gemüse und Obst, denn was auf den Märkten und in den Läden verkauft wird, das läßt sich bestenfalls noch in einigen der größten Markthallen, niemals aber für die Gesamtheit aller deutschen Märkte und Läden feststellen. Immerhin aber gibt doch die Außenhandelsstatistit des Deutschen Reichs und die Beobachtung der Anbauflächen sichere Anhaltspunkte dafür, in welch außerordentlich startem Maße gegenüber der Borfriegszeit der deutsche Obst- und Gemüseverbrauch gestiegen ist.

Einfuhr von Gemüse und Obst in Doppelzentner:

Frisches Gemüſe.

Frisches Obst

Güdfrüchte.

Stonservierte Früchte und Gemüse

1913

1924

2 405 290

2 213 862

5 322 165

3 173 049

2 306 335

741 503

10 775 293

2235 359

1928

5 729 647

3 360 403

4 255 152

898 612

1 131 760

8 520 882 14 476 692

Die Einfuhr von frischem Gemüse und Obst in das Deutsche Reich ist nach unserer Tabelle im Jahre 1928 gegenüber dem Jahre 1913 Don 10,77 Millionen 14,48 Doppelzentnern geftioppelzentnern auf

Das ist eine Steige rung um fast 50 Broz. Dabei ist aber das Gebiet des Deutschen Reiches heute um mindestens 10 Broz. fleiner als 1913. In der aleichen Zeit wurde aber die Anbaufläche für den feldmäßigen nbau von Gemüsen allein um mehr als 10 000 ettar per­mehrt. Die innerdeutsche Erzeugung von Gemüse hat also nicht ab, ndern erheblich zugenommen, die vermehrten Obstfulturen çar nicht gerechnet. In diesen 10 000 Hettar find darüber hinaus die vielen hunderttausenden von neuen Lauben und Schreber gärten, aus denen unzählige Haushaltungen heute einen großen Teil ihres Bedarfes felbft beziehen, nicht eingerechnet. Es ergibt sich also die Tatsache, daß die Dbft, und Gemüseeinfuhr sich um fast 10 Broz. vermehrt hat und die inländische Gemüse- und Obsterzeu­Gung ganz zweifellos erheblich gestiegen ist.

Dabei ist interessant, daß die Einfuhr von Tomaten beispielsweise sich in den 15 Jahren seit 1913 trog der inländischen Mehrerzeugung und der Gebietsverkleinerung im Jahre 1928 mit 1,76 Millionen Doppelzentner verzehnfacht hatte, daß die Ein­fuhr von Blumenfohl mit 941 000 Doppelzentner fast verdoppelt ist und daß selbst die Einfuhr von Weißfohl und Birsing sich verfünf­

|

facht bzw. verdreifacht hat. Bei frischem Obst zeigt sich bei epfeln und besonders auch, bei Beeren ein sehr starter Rüdgang. Am stärksten gestiegen ist die Einfuhr von Pfirsichen. Die Einfuhr verdoppelt, die Einfuhr von Apfelsinen ist mit 2,60 millionen von Bananen hat sich mit 878 000 Doppelzentner ebenfalls fast Doppelzentner ebenfalls fast verdoppelt und die 98 000 Doppel­zentner Ananas zeigen eine Berdreifachung der Einfuhr.

Die Hauptverbraucher von Obst und Gemüse sind selbstverständ­lich die Städte, das gilt besonders für das eingeführte Gemüse und Obst. In allen Gemeinden über 2000 Einwohner wohnen nach der neuesten Volkszählung rund 40 Millionen Menschen. Rechnet man die Einfuhrsteigerung bei Obst und Gemüse auf den Kopf der Bevölkerung aller Gemeinden von über 2000 Einwohnern um, so zeigt sich die bemerkenswerte Tatsache, daß 1928 für jeden Ein­wohner 36 kilogramm Obst und Gemüse eingeführt werden mußten, während im Jahre 1913 noch 27 Kilogramm genügten. Pro Kopf hat sich die Einfuhr in den 15 Jahren seit 1913 bei frischem Gemüse von 6 auf 14 Rilo erhöht, bei frischem Obst von 13 auf 8 Kilo verringert( verringerter Einfuhr von Aepfeln ) bei Südfrüchten von 6 auf 11 Kilo gesteigert und bei konservierten Früchten und Gemüsen von 2 auf 3 Kilo vermehrt.

Diese Entwicklung ist ganz zweifellos, so bedauerlich das noch zu geringe Angebot und die häufig zu hohen Preise sind, i'm hohen Maße erfreulich. Nichts ist auch mehr zu wünschen als daß der Obst- und Gemüseverbrauch in Deutschland weiterhin steigt. Dem droht aber von denjenigen Interessenten eine Gefahr, die der Mei­nung sind, man müßte die innerdeutsche Obst- und Gemüseerzeugung durch Schutzölle vor der Auslandskonkurrenz schützen. Aber selbst diejenigen, die nur Erziehungszölle zur Vermehrung der inländischen Produktion wollen, bis zu dem Puntte, wo Deutsch­ land sich selbst versorgen fann, sollten mit ihrer Forderung sehr vorsichtig sein. Nachdem die deutsche Anbaufläche und die inner­deutsche Broduktion im ganzen zweifellos start gestiegen sind, den­noch die Einfuhr sich fast um 50 Broz. vermehrt hat, fann teine Rede davon sein, daß Deutschland seinen Obst und Gemüsebedarf selbst erzeugen tönnte. Die Folge von Schuß- und Erziehungszöllen tönnte nur sein, daß der die Volks­gesundheit hebende Obst- und Gemüseverbrauch gedrosselt und gleich­zeitig die Preise noch unerschwinglicher gemacht würden als sie heute schon sind, eine Gefahr, gegen die alle deutschen Haus. frauen und Mütter sich in scharfer Abwehr zusam­menfinden müßten.

#

Sprechchor für Proletarische Felerffunden. Uebungsstunde am Donners. tag, dem 15. Juli, 4,20 Uhr, im Gesangsfaal der Sophienschule, Bein­meisterstraße 16/17.

Funkwinkel.z

Drama

-

-

-

Die Beitberichte" sind eine Neueinführung im Rundfunt so hat es wenigstens den Anscheinden programm. Sie sollen Hörern aktuelle Fragen und Ereignisse der Weltpolitit anschaulich vermitteln. Diesmal hörte man einen Bericht aus der französischen Stammer, und zwar Szenen aus der großen Schulden- und Repara­tionsdebatte im Juli. Sie waren spannender und effektvoller als ein übrigens glänzend inszeniert. Wem dafür der Dank ge­Die Unterhaltungs­bührt, verriet das Programm leider nicht. darbietungen unter den etwas unbestimmten Titel ,, Neger" brach­ten musikalische Vorträge und Rezitationen, bei denen es aber nur felten mit Sicherheit festzustellen war, ob es sich um Werke handelte, die von Neger Künstlern geschaffen wurden. Zum Teil schien es fich nur um die Berwendung von Negermotiven in Wort und Ton zu handeln.- ,, Das Interview der Woche", ebenfalls neu im Rundfunkprogramm, brachte die musikalischen Clowns Die drei Fra tellinis" vor das Mikrophon. Sie wurden von Alfred Braun mit heiterem Berständnis interviewt und plauderten über ihre Arbeit und ihre Erfahrungen und gaben auch einige Vorträge zum besten.

--

Ies.

Mittwoch, 14. August 1929

Lachen hinter Gefängnismauern.

Menschen, die zum Schaden ihrer Mitmenschen gegen das Gesetz verstoßen, sperrt man ein. Aber über der Jagd und List und Ge walt, die angewendet werden muß, um der Bestie, die in uns allen lauernd hockt, habhaft zu werden, vergaß man mit der Zeit, daß sich um dieses Schwache, Willen und Hemmungslose ein Mensch formt. Ein Mensch wie wir! Also einer, der nicht nur böse und gemeingefährlich ist! Erst jetzt, da die breite Helle menschlichen Empfindens bis in die umdüsterten Gefängniswinkel Menschent um wieder ans Licht. dringt, grub man jene Menschen aus ihrem verschütteten

Don

Der Lichthof des Strafgefängnisses Blößensee hallte wider pielstimmigem, findhaft- herzlichem Lachen, Kasperle mar eingezogen, und zwar in seiner fünstlerisch- tom­primierten Form. den 3 Meisterclowns Gebrüder Fratenelli. Da hatte der eine doch eine so lustige, blutrot aufgequollene Nase, der andere ein weißgeschminktes Pierrotgesicht mit ein paar glühend­roten Ohren, und der Dritte einen viel zu furzen, altmodischen Ueberrod, unter dem der viel belachte, antiquierte Schwalbenschwanz boshaft hervorgudte. Kräftige Backpfeifen regnete es da gleich ferienweise, und all die Kinkerlißchen prächtigster Clownerie rollten vor einem beifallsfreudigen, mehr als dankbaren Bublifum ab. Das stand und hoďte und saß und guckte sich schier die Augen aus dem Kopf, und das Zwerchfall, nach langer, langer Pause, arbeitete wie toll. Man saß neben ihnen, wie im Varleté, und sie benahmen sich genau wie der Nebenmann da draußen, nur waren sie über. empfänglich wie Kinder, die selten oder nie so was zu sehen triegen. Sogar einem der Aufseher liefen vor Lachen die Tränen herunter; der freute sich wohl auch, einmal andere Musik zu hören als, Kettengeraffel und Kommandosprache.

,, ommt recht bald wieder!" riefen alle, als sich ihr Begeisterungssturm gelegt hatte und die Komödianten endgültigen Abschied nahmen. Das war aber nicht bloß so hingesagt, wie wir es tun, das war mehr, das war der Schrei, der über Kasperles Ohren an die große Welt dringen soll...

-

Scala. Rings um das urkomische Heiterkeit ausstrahlende Drei­gestirn Fratellini gruppieren sich Sterne und Sternchen. Das Tänzerpaar horam und Myrtill zeigt gute Technik und Be­wegungen, doch gehen die Darbietungen wenn man so sagen tann über das rein Handwerkliche nicht hinaus; es fehlt das künstlerische Moment. Bob und Margie Dupont bieren unterhaltsamste Unsinn, hinter dem großes und vielseitiges Können stedt. Ein wirf. lich guter Dressuratt sind Hamiltons 100 Tauben, die auf bloßen Zuruf die kompliziertesten Kunststückchen zeigen. Die vier Urbanis mit den beiden Miniaturmeisterassistenten leisten außerordentliches, van Dook wirft lustige Karikaturen auf die Leinwand und die beiden Ellems meistern geschickt das Xylophon. Es hieße Eulen nach Athen tragen, wollte man die Arbeit der Fratellinis kritisch besprechen. Sie sind einfach prächtig in all ihrem hundertprozentig fünstlerischen Blödsinn, das sind feine Clowns, das sind weise Philosophen, die mit der Tücke des Objettes und seinem Opfer Mensch grazios Fangball bie spielen. Jede Backpfeife und deren gibt es ganze Serien ..figt"; aber nicht bloß auf der vorderen oder hinieren Backe des Betroffenen, sondern im umdüstertsten Gemüt des schicklalhadernden Querulanten. Dem ersten tut sie nicht weh und dem zweiten unendlich wohl. Man tann nie genug ausgeteilte Backpfeifen oder Fußtritte fehen, das beffert die grämlichste Laune im Hand umdrehen. Das Riesenhaus der Scala bebt in feinen Grundfesten, wenn fratelli­nischer Humor seinen Einzug hält.

-

Aus der Partei.

Ein Parteiveteran gestorben.

In Chemnitz starb im Alter von 75 Jahren der verdienst. volle Parteiveteran Otto Leander, der viele Jahrzehnte lang mit an der Spike der Chemnizer Parteibewegung stand. Sein Name ist mit der Gründung der Partei, mit ihrer Entwicklung, mit ihrem ersten Aufstieg eng verknüpft, Leander war Mitgründer der sozialdemokratischen Landesorganisation und seit 1891 Mitglied des Bentralfomitees. Unter dem Sozialistengesetz führte Leander einen harten Kampf gegen den Obrigkeits- und Militärstaat. Schikanen und Verfolgungen, Prozesse, Gefängnisstrafen und Maßregelungen tauschte er dafür ein. Sein Leben war tapfere und hingebungsvolle Arbeit im Dienste des Sozialismus.

N.

ARETTEN

IGAR

95 ZIGA

G

REILIN

GA

A- G

G- DRES

BRESDEN

SE

R

V

S

Der Metallfarton

wurde nicht seines gefälligen aussehens wegen, sondern nur deshalb gewählt, weil Bierin der Tabak hervorragend frisch erhal ten wird. Die naturreine, mildsasse Servus. Mischung ist besonders empfindlich. Der gesetzlich geschützte Metallkarton, der nicht teurer ist als eine gewöhnliche Pappschachtel, schützt das zart blumige Groma der, Servus

TSCHLANDS

MITTELDEUTSC

Vie neue Servus

ist eine vorbildliche Leistung, Postet aber nur 5Pfennig.

GRE

GROSSTE ZICARE