Der Abend
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Spätausgabe des„ Vorwärts
10 Pf.
Nr. 378
B 188 46. Jahrgang.
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Kämpfe um die Sachlieferungen
Loucheur über die Weltkohlenkrise.- Die Räumungstermine.
V. Sch. Haag, 14. Auguft.( Eigenbericht.)
In der heufigen Sihung der Finanztommiffion wurde am Schluß beschlossen, die Beratungen der Kommiffion bis Sonnabend vormittag zu vertagen, um in der Zwischenzeit der offiziösen Besprechungen noch eine Lösung der Streitfragen zu erfstreben. Man hofft, bis Sonnabend diese Fragen so weit geklärt zu haben, daß dann die im Young- Plan vorgesehenen Organisationstomitees für die verpfändeten Einnahmen für die Reichsbank und für die Reichsbahn ernannt werden können. Auf Snowdens Anfrag wurde befchloffen, die Gründe dieser Bertagung ausdrücklich bekanntzugeben, um eine unnötige Beunruhigung der öffentlichen Meinung zu vermeiden. Chéron, Pirelli und Hilferding unterstützten diese Anregung Snowdens.
Zu Beginn der Sigung wurde die Aussprache über das Pros blem der Sachleistungen mit einer sehr interessanten Rede vom französischen Minister Loucheur fortgesetzt, der entgegen den Bes fürchtungen nur 20 Minuten sprach, aber das Problem nach allen Richtungen hin in sehr eindringlicher Weise beleuchtete. Er führte ungefähr aus: Gewiß bestehen gegen das System der Sachliefe. rungen starte Bedenten und er begreife, daß diese Bedenken gerade. vom englischen Handelsminister mit besonderem Nachdruck entwidelt porden seien. Aber man habe noch
feine Möglichkeit gefunden, das Reparationsproblem ohne deutsche Sachlieferungen zu lösen.
Bereits im Jahre 1921 habe er sich mit seinfem verstorbenen Freund Walter Rathena'u in Wiesbaden lange über das Reparations. problem unterhalten und sie hätten bei dieser Beratung erkannt, daß es teine andere Art gäbe für Deutschland , seine Reparationsverpflichtungen zu erfüllen. Er machte auf die Schwierigkeiten aufmertsam, die durch die geringen Sachlieferungsquoten des YoungBlanes entstanden seien und ersuchte um eine befriedigende Lösung für diese Uebergangszeit.
Loucheur ging sodann auf die speziellen Beschwerden Englands ein und sagte: Bezüglich des von England bekämpften Reegportes der deutschen Sachlieferungen sei auch Frankreich durchaus bereit, diesen Reexport in Zukunft zu unterbinden. Die zweite Hauptbeschwerde, die Handelsminister Graham vorgetragen habe, beziehe fich darauf, daß
im Falle eines Zahlungsmoratoriums für Deutschland die Sachlieferungen weitergehen und weder nach Zeit noch quantitativ beschränkt sein
mürden. Loucheur erflärte, daß er zwar an die Eventualität des Moratoriums nicht glaube, aber er gibt zu, daß im Falle das Moratorium eintrete, große Bedenken gegen diese uneingeschränkte
Sigung des Reichskabinetts.
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Heute vormittag fand eine Besprechung der in Berlin anwesenden Mitglieder des Reichsfabinetts statt, die sich wieder mit der Frage der Arbeitslosenversiche rung beschäftigte. Ueber die Einzelheiten der Beratung wird Stillschweigen bewahrt. Es verlautet jedoch, daß eine einheitliche Auffassung der Lage noch nicht erzielt ist.
Fortdauer der Sachlieferungen bestehen würden; auch Frankreich trete bafür ein, daß die deutschen Sachlieferungen in einem solchen Falle eingeschränkt würden. Zu diesem Zweck schlug er die Schaffung eines zentralen Kontrollorgans vor.
Dann ging Loucheur auf das Problem der Bebeutung der Sach lieferungen in der Weltwirtschaft ganz allgemein ein sowie auf die Gründe der allgemeinen Weltwirtschaftskrise
Der Hauptgrund der Kohlenkrise liege darin, daß sich die Kohlenproduktion gegenüber der Vorkriegszeit gegenüber der ganzen Welt erhöht
babe, in Frankreich z. B. um 10 Broz., während der Kohlenfonjum
mit dieser Erhöhung nicht Schritt gehalten hätte.
Das Weltwirtschaftsproblem sei nur auf die Weise zu lösen, baß man den Konjum steigere. In Amerika habe man den Ronfum auf die Art gesteigert, daß man der Arbeiterschaft höhere Löhne bezahle. Es sei für die Regierung abfolut nötig, fich dieses Problems der Broduktion und des Konjums anzunehmen, sonst merden die Kartelle und Syndikate ohne Rücksicht auf die Konfumentenintereffen an die Lösung dieser Frage selbstständig herangehen tönnen.
Das Verbandshaus der Metallarbeiter,
das jetzt in der Alten Jakobstraße in Berlin im Entstehen begriffen ist, wird nach seiner Vollendung dieses Aussehen haben.
England erhält Bankgewinne.
Den Kleinstaaten werden Schulden nachgelaffen.
Haag, 14. August. ( Eigenbericht.)
Für den Ausgleich zwischen den Alliierten in der Finanzfrage haben sich die Aussichten gebessert. Der Standpunkt Englands und der Frankreichs sind durch die Vermittlung anderer Mächte stark einander genähert worden. Das Kompromiß, das den Engländern vorge schlagen worden ist, besteht, wie verlautet, darin, Eng land einen Teil der 52 Millionen Mark zuzusichern, die vorläufig für die internationale Bant reserviert waren. Ein Teil der Reparationsleistungen an die kleinen Mächte soll auf England übertragen werden. Die kleinen Mächte sollen durch eine Hera bjegung ihrer Schul. den an die großen Alliierten entschädigt werden.
Operation also bis zum 1. Juli 1930 hinziehen. Die Hauptursache für diese unerhört langen Friften dürfte darin zu suchen sein, daß Frankreich , wie das„ Journal" berichtet, gleichzeitig mit der Räumung eine vollkommene Umgruppierung seines Friedensheeres vornehmen will. Die Räumungsarmee foll nämlich als Grenzschuhfruppe in Elsaß - Cothringen untergebracht werden, nicht aber getrennt je nach den Platzverhältnissen auf die übrigen Garnisonen verteilt werden. Briand wird übrigens, wie Perfinag im„ Echo de Paris" meldet, am Freitag der politischen Kommiffion ein umfassendes Memorandum seiner Sachverständigen über die Durchführung der Räumung vorlegen.
Ein neues japanisches Bombenflugzeug, mit dem eine Bei den Verhandlungen über die Rheinland Gruppe von Offizieren des Großen Generalstabes eine räumung hat sich gezeigt, daß Belgien in vollem Umfange den englischen Standpunkt teilt, wonach die Inspektionsreise unternahm, stürzte ab, wobei sechs OffiRäumung des gesamten deutschen Gebietes bis Weih- ziere den Vod fanden. Unter den tödlich Verunglückten benachten vor sich gehen soll. England und Frankreich suchen finden sich General Ogwa, der Chef des Operations. eine Formel, die es der französischen Regierung ermög- stabes, Oberst Fujioke, der Chef der Operationslicht, die öffentliche Meinung in Frankreich auf die voll. abteilung, und Major Abe, der Chef der Abteilung für ständige Räumung vorzubereiten. Flugzeuge.
Neun Monate Räumung! Angebliche Umgruppierung der französischen Armee nötig.
Paris , 14. Auguff.( Eigenbericht.)
Die am Dienstag erfolgte Aussprache über die Rheinlandräumung hat, wie die Pariser Presse mitteilt, teine Fortschritte gebracht. Wenn man den Meldungen der franzöfifchen Presse glauben darf, hält es Briand , gestützt auf seine militärischen Sachverständigen, für notwendig, für die Räumung der zweiten 3one eine Frist von drei Monaten und für die Räumung der dritten 3one eine Frist von jogar sechs Monaten zu fordern. Da als Räumungsbeginn der 1. Oktober ins Auge gefaßt ist, würde sich die
Ein Waggon fliegt in die Luft.
Qualvoller Tod eines Arbeiters.
Rom , 14. Auguft. Auf der Bahnstation von Prafo bei Floren3 explodierte ein Eisenbahnwagen, der mit Sauerstoffgefäßen beladen war, mit ungeheurem Getöse. Die mit der Berladung beschäftigten Arbeiter ergriffen, von Entfehen gepact, die Flucht. Ein Cast träger mit einem Sauerstoffgefäß auf dem Rüden verwandelte sich in eine Feuersäule und starb sofort nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus. Das Feuer, das auf mehrere Wagen übergriff, fonnte erst nach mehrftündiger Arbeit gelöscht werden.