Einzelbild herunterladen
 

Sonnabend �7. August 1929

Unterhaltung und �Nissen

Vellage des Vorwärts

Johannes Schöllherr:

Jm Weiten doch Kienes

Reims war eine tote Stadt; sie zerbröckelte vor unseren Augen in der jahrelangen Beschießung aus unseren Gräben, die sich über die letzten Dörfer Lowre und Witry hinaus bis an die Ostseite der Stadt herangetastet hatten. Das gigantisch« Zwillingspaar der Kathedralentürm« allein stand unbezwungen, vielleicht mit Bewußt- sein von den Deutschen geschont, über dem Trümmerhaufen einer alten, großen Stadt, in deren Kellern und Gewölben die Material- und Menschenreserven des französischen Heeres im Champagne- abschnitt bombensicher lagen. Am Ende des Krieges zählte man noch sechs oder acht Häuser, die unversehrt die Eisenwirbel der Kanonaden überstanden hatten und die Kathedrale. Geht man durch das neuerbaute Reims von 1929, durch die Gasten und Straßen, wo noch einzeln« Mauerrest« und grün- umwuchert« Schutthaufen inmitten der vielen geschmacklosen Reu- bauten von Wohnhäusern, Banken, Restaurants und Hotels die Erinnerung an die Zeit der Vernichtung wachrufen und bummelt man vom Bahnhof her über einen öden, wetten Platz, der un- gepflastert wie ein festgewalztes Ackerfeld vor dem Eingang des Boulevard de la R6publlque liegt, so kann es geschehen, daß man urplötzlich vor der Kathedrale steht, die in ihrer jubelnden und zu- gleich melancholischen Architektur, in ihrer unheimlich geallerten, bröckelnden Schönheit, ttotz ihrer Granatenschäden auf der Rücksett«, wie ein« unverletzliche Fata morgana des Mittelalters mitten in der Welt des Reuen sich behauptet. Die lächerlich klein«, bronzen« Reiter- statu« der heiligen Johanna war, wie auch der Platz in westem Ilmkreis, mit Girlanden und bunten Lämpchen geschmückt, ebenso die Hauptstraßen der Stadt, die von Fremden aus der Provinz wimnielten. Und am Abend erstrahlt« Haus an Haus in flimmernder Buntheit; Kerzen, Lampen und Fahnen schaukelten und wehten über singendem, auf den Straßen öffentlich tanzendein und musizierendem Volk, Rednertribünen waren an allen Kreuzungspunkten errichtet, Podien für Musikkapellen und ein Festzug nnt Reitern, jungen Burschen, Mädchen und Pfaffen in altertümlichen Gewändern mühte sich trompetenschmetternd durch das festliche Gewoge, auf Baum­stämmen und Laternenpfählen hockten neugierige Kinder und spektakelten«i« Brüllaffen. In der Mitte des Festzuges, von Fan- streu blasenden Reitern flankiert, vor Kriegsvolk, Mönchskutten und Priestern im Sattel, ritt aus einem prächtigen Schimmel die Heilige,«in pagenschlankes Bürgermädchen aus Reims , ihrem Urbild so ähnlich: aber so ganz bar aller fromme» Würde, lächette irdisch i>id warf Kuhhändchen in dasHommage ä Jeanne d'Arc " rufend«, dichtgedrängt« Volk. Dieses Treiben war von einer so herz- oc Winnenden Raivttät und durchaus weillicheu Frohlaun«, daß mich las helle Erstaunen überfieL Ich wußte ja. das war das religiös« Fest I er 500-Jahrf«ier der Jeanne d'Arc , der helligen Johanna, und es hätte ebensogut, m vergrößertem Maßstab, der Karnevalsrummel in einer deutschen Stadt sein können. Lange noch, spät nach Mitter­ nacht , scholl der Lärm der Mensche» und Kapellen durch das. offen e Fenster meines kleinen Hotelzimmers, bis endlich(im Einschlafen löite ich es noch) die letzte» Lieder eines Mädchens in der schwülen Cttlinacht verhauchten. An, frühen Morgen war die Straß« wieder leer und nüchtern, die gcschmückten Häuser»och geschlasse» und nur vor den Casäs hantierten Kellner und Dienstmädchen, weckten höflich einig« Schlafend«, die in den Korbfesteln vor den Restaurants die Nacht Mchlofien hatten. Ich war auf dem Weg zum Bahnhof, sah im Borübcrgehen in einem Schaufenster Photos von den Schlacht­feldern, las bekannte Ortsnamen, betrachtete blankpolierte Aschen- becher, Federmefser und Tintenfäster, alles aus Granathülsen und Eijensplitter» hergestellt, verspürt« aber kein Verlangen danach und lief weiter. Bar dem Bahnhos boten mir die Führer von drei Autocar» an, in einer Stunde eine Fahrt nach den Schlachrfeldern l>ei Berry au bac zu unternehmen. Die Stadt lebt ja von ihren Kriegs« rlebnisseu, und nicht nur dies« Stadt in Frankreich , in Verdun war es noch unangenehmer und aufdringlicher zu spüren. Es nützt nichts, darüber in stttkich« Cntrüstungsfchreie auszubrechen, oder. empört über amerikanische, englisch « und französische Gentlemen und Ladies oder deutsche Kriegervereine zu sein, die zwischen Gräbern, Unterständen, Dorstrümmern und zerschossenen Forts dieselben Reden führen und dieselben Gebärden und Gesten zur Schau tragen, wie sie es tun, wenn sie im Foyer«nes Theaters nach dem letzten Akt eines Dramas auf ihr« Garderobe warten. Diese Erscheinungen der Fremdenindustri« auf den Schlachtfeldern gehören eben zu den Folgen eines jeden Krieges und sind nicht einmal die schlünmsten. Ich zieh« es aber doch vor, allein, zunächst mit einer Kleinbahn, ' in jene Gegend hinauszufahren, in der noch heut«, nach einem Jahr- zehnt Baum, Strauch, Weg, Dorf und Hügel in meiner Erinnerung unheimlich lebt. Bom Wogenfenster aus sah ich bald die ersten Spuren der ehemaligen Kampflmien. Weiße Erdstreifen ziehen sich durch die bebeauten Felder, auf denen das Gold des Weizens von Bauern zusammengerafft wird, zugeschüttete Gräben, Betonunter- stände an dem Bahndamm tauchen auf, kleine wüste Marten mit verwachsenen Granateittrichtern, dazwischen wild durcheinander ge- wachsen« Birken und Erlen und links und rechts freundlich« Dörfer mit nagelneuen roten Dächern und weißen Häuserfassaden. Das' Dorf Lowre ist«in ganz anderes geworden, dahinter windet sich »och der Feldweg, wo Löns, der Heidedichier, fiel und fem un- bekanntes Grob fand. Der bewaldet« Brimont, schwer umkämpfter Hügel, mit starkem Fort, liegt verlassen und öde zur Rechten; aber der Wald nimmt immer mehr die kahlen, zerttichterten Hänge unter sein« grünen Fittiche. In Guignicourt an der Aisne verlaste ich den Wagen. In dem neuen Dorfe find« ich mich nicht mehr zurecht: obwohl ich über ein Jahr darin gelebt habe. Dort, wo wir viele Tote des Regiments begraben haben, wo einer von den vielen sauber und schön angelegtenHeldenfriedhofe" sich befand, steht heute ein Bauerngut. Durch Gluthitze lauf« ich auf baumlosem Wege zwischen wogenden Feldern nach dem Nachbardorf Amisontaine dasselbe Bild. Ich frage nach dem Friedhof der Soldaten, erhalte ein Achsel- zucken und finde endlich den Ort, ein wenig abseits des Dorfes, aber unter den hohen Pappelrechen ist kein Grab mehr zu finden. Brach liegt das Land, verwachsen und nur einzelne flache Löcher, längst übergrast, lasien vermuten, daß die Toten irgendwo hier in einem Sammelfriedhof umgebettet wurden. Bei dem Suchen stoße ich auf bearbeitete Steine und Hölzer. Reste von Grabdenkmälern: aber die Schrift darauf ist verwischt und unleserlich. Tief in einem Gebüsch steht ein Denkstein noch aufrecht, eine unbeholfene Aufschrift verrät, daß darunter zwei deutsche Kriegsgefangene ruhen, begraben im Jahrs 1919. Kriegsgefangene haben wahrscheinlich hier die Taten des Krieges ausgraben müsten, im ersten Jahre des Friedens. Hatte ich nicht selbst manchen von der Kampagni« hier zwischen 1914 bis

1916 zur Ruh« gebracht. Jetzt weiß ich sogar wieder die Namen, jetzt sehe ich den psalmodierenden Avisionspfarrer mit dem E. K. I an der Pappel links stehen, Blick nach oben, vor drei rohen Sargkisten, jetzt nein, weg, hart! Ich wendete mich ab, daß der Spuk ver- fliegen soll. Gegen Mittag erreiche ich dieDivisionshöhe" und jene Wald­parzelle, in der sich zwei Jahre lang unsere Baracken befanden, die wir nach den Schützengrabentagen bewohnten, bis eines Nachts Flieger ihre Bomben auf uns abwarfen. Da qualmte der Wald, da krachten die Bäum«, stöhnten die Verwundeten, und aus war es mit der armseligen Herrlichkeit. Ich dringe in das dicht« Untergehölz ein, stoße auf zusammengefallene Artilleriestellungen, gerat« immer mehr in Gestrüpp und Drahtwirrnis und kann nicht weiter. Auf- gescheucht« Vögel und ein Hase flitzen durch das Gebüsch. Unten im Tal erreiche ich Iuvincourt; elende Wellblech- und Holzhütten, aus Schützengrabenmaterial notdürftig errichtet, stehen neben neuen Darfhäusern, richtigen Spekulationsbauten. Schmutzige, dürftige Kinder schauen sich neugierig, fast furchtsam noch mir um. Auf Baugerüsten arbeiten halbnackte polnisch« und italienisch« Arbeiter, und nur«in Gebäude, die Kirche, ist längst vollendet. Am Ausgang des Dorfes, das nur«in Viertel des früheren umfaßt, lockt ein buvet, eine elend« Kantine mit einem Faß vor der Tür. Es verlockt mich, den Verstaubten und Verdursteten, nach qualvollem Marsch im Sonnenbrand, zum Eintreten. Ich verrate dem Besitzer, daß ich ein ehemaliger Soldat aus Deutschland sei, bitte um«in Getränk und werde mit verneinendem Kopfschütteln abgewiesen. Er sah mich lange mit leerem, schweigendem Gesicht an, schüttelt« nochmals den Kopf, ich verstand und ging. Nicht verbittert und beleidigt; denn in dem Gesicht dieses Menschen welterleuchtete noch das un- erhärte Leid der Dorfbevölkerung von damals, der hungernden, von Granaten täglich erschlagenen und schließlich evakuierten Einwohner, denen vor dem Gemeindeamt bereits eine Steinsäule als Denkmal mit der Aufschrift Enfants de Juvincourt, morts 1914/1918" (den Kindern von Juvincourt, gestorben 1914/1918") errichtet worden war. Aber im letzten Haus bewirtete mich doch ein« alte Frau und bat mich um Verzeihung für das Verhallen des Wirtes. Aus einer Lade kramte sie das vergilbte Bild eines Grenadiers von meinem Regiment, der ihr am Tage ihres Auszugs aus dem zerschossenen Dorf noch ein Brot geschenkt hatte. Von ihr erfuhr ich auch, daß der Krieg noch heute«in Geschäft für viele ist.Als wir zurückkamen, lebten wir von dem, was an Abfällen und Schrott auf den Feldern lag. Wir sammelten zuerst das Messing, dann das Kupfer und zuletzt noch dos Eisen der Granaten. Selbst in die Erde gruben wir hinein, als wir auf der Oberfläche nichts mehr fanden. Sackweise und in Neinen Haufen verkauften wir den Schrott an Händler aus den Städten. Wenig gaben sie uns dafür, und die Arbeit war so schwer und gefahrvoll. Zwei Männer und drei Kinder. sind cinmat beim Wschlagen der Kupferringc von Blind- gängern, die explodierten, in Stück« zerrissen worden. Aber das ist schon ein paar Jahre her. Und unser« neuen Häuser ja, die Deutschen bezahlen alles aber die Herren in Paris «nd Reims

stecken das meist« Geld ein. Wa» übrig bleibt, wird zum Bauen verwendet. Schauen Sie sich nur unsere Häuser an, wie die gebaut werden!" Und ich schaute mich um und wußte: es ist immer das gleich«, nur die Namen haben sich geändert, einstmals nannten sich die Aasgeier Kriegsgewinnler", jetzt war es die Zunft der Reparationsgewinnler". Hinter dem Dorfe wogten die Felder, friedevolles Gelände, durch das einst unsere Laufgräben nach der vorderen Front liefen. Auf der schmalen Feldstraße wurden fast jede Nacht Feldküchen und Protzen zusammengeschossen, Fliegerpfeile und Bomben sausten zu Hunderten auf uns anmarschierende Truppen. Und heut«? Seit- sames Gefühl! In La ville aux bois will mir der Wirt, dem ich mich vorsichis- halber als Schwede auswies,1-5 travaux des bocbes* zeigen, die Unterstände der Deutschen ". Ich dankte ihm, ich würde schon alles selbst finden. Warum? Ich konnte es ihm trotz seiner Berwunderung nidft verraten; denn in seinen Reden gebrauchte er immer nur das Schimpfwortboabe". Sollte ich ihm sagen, daß ich auch einer sei? Rein, einer Flasche Mineralwasser wegen tat ich es lieber nicht. Aber schreiben würde ich ihm ganz bestimmt, so versprach ich, aller- dings nicht aus Stockholm , dessen unbekannt« Schönheit ich ihm so farbig geschildert hatte, sondern aus Deutschland , das ich durch- reisen müsse. Ich Hab ihm inzwischen die Wahrheit geschrieben, er hat geantwortet:--verzeihen Sie also, verehrter Herr, zwei Stunden haben wir uns so angenehm und menschlich unterhallen. Jetzt weiß ich es, die Deutschen sind nicht ander« Menschen als wir. Und Sie haben recht mit Ihren Worten, die Sie hier zu mir sagten: La guerre ce ne sont pas les babitants, mais les regnes des nations*(der Krieg das sind nicht die Bewohner, sondern die Regierungen der Nationen").-- Nach dieser Begegnung mit Monsieur Renard saß ich während eines unerhörten Gewitters in einem meiner früheren Betonunter- stände an der Reimser Stoatsstraß«, kroch durch die Wüstenei der Höhe 198, wo 25 000 Menschen im Verlaufe des Krieges starben und jetzt den täglichen Fremdentrupps zur Mahnung eine Tafel wie auf dem Hartmannsweilerkopf mit der bezeichnenden Aufschrift Ici on ne dansc pas!"(Hier tanzt man nicht!") errichtet werden mußte. Und dann versank ich auf Le cholera in einen Abgrund wüstester Erinnerungen. Hier stürmten sie an, nach tagelangem Trommelfeuer, 4Z Tanks und trieben uns aus jahrelang behaupteten Stellungen, lieber Tote, Verwundete und Befestigungen walzten die Ungeheuer, Angst und Schreie vor sich hertreibend, über Gelände, das so still, auserstehend in Blüte und Reife, nun vor mir sich breitete. Und ich drang in den jetzt umzäunten riesigen Wald von La ville, durch wilde Hecken und klammerndes Untergehölz, wo di« Erde noch heut« unterhöhlt und mit Sprengstoffen geladen, ver- schüttete Eingänge zu hundert Höllen des Grauens verbirgt. Und stand in einem herrlich gepflegten Amerikanerfriedhof, wo auf jedem Grab Flämmchen roter Rosen brannten»nd sah noch vieles andere mehr, das aus der Vergangenheit in meinen tiefsten Traum noch schreckhaft als Erinnerung geistert. Aber ich weiß, selbst wenn dos alles einmal in gnadenooller Vergessenheit untertauchen sollte, das Erlebnis mit dem Wirt in La ville wird in meinem Gedächtnis bleiben und leben; denn über den Gräbern unserer Toten haben sich unsere Hände gefunden.--

3)as Ende des wilden Pferdes 2fts vor drei Jahrhunderten durstgequält« spanische Eroberer nach der sagenhaften Goldstadt suchten, nannten sie den trostlosen Weg von hundert Meilen von El Paso nördlich zu dem heuttgen Hillsboro den ,Lornado dcl Muerto" die Todesfahrt. Heute ist diese kahle Strecke eine wahre Todessahrt für die Tausende wilder Pferde, die seit Jahrzehnten auf den Verhältnis- mäßig fruchtbaren Weiden des südlichen Reu-Mexiko umher- schweiften. DieRanchers"(Viehfarmer) treiben nun die Pferd« in großen, hoffnungslosen Herden gen Süden. Kein einziges kehrt zurück. Wenn die Tiere nicht auf dem Marsch« eingehen, lassen sie ihr Leben in einem Schlachthause in der Nähe El Pasos. Seit jener Nacht im 16. Jahrhundert, als die ersten Roste aus dem Lager ihrer spanischen Retter im Südwesten enttiefen, gab es in den Gebirgen Neu-Mexikos wild« Pferde. Sie wurden vom Menschen wenig belästigt und oermehrten sich in späteren Jahren durch Tiere, die von den Weiden oder von Kavallerieposten«ntlicsen. So bildeten sie große Herden allen möglichen Schlager. Ihre Zahl wurde nie genau geschätzt. In dem Bemühen,«ine Krankheit auszurotten, wurden im Jahr« 1925 von der Regierung in einer einzigen Reservation der Navajo -Indianer 15 000 wilde Pferde untersucht und mit einem Brandzeichen ver- sehen. Man nahm jedoch an, daß viele Tiere der Umgegend der Musterung entgingen. Dem wilden Pferde wurde im letzten Jahre da» Todesurteil gesprochen, als der Preis für Rindfleisch zu dem höchsten Punkte seit dem Kriege emporschnellte. So lange nur geringer Anreiz bestand, Riesenherden von Ochsen aufzuziehen, kümmerte sich der Viehfarmer wenig um das wilde Pferd, das auf der Weide graste. Die hohen Rindviehpreise aber änderten alles das. Jeder Gras- Halm, den ein Pferd von der Weide stahl, war ein Attentat auf das Bankkonto des Farmers. Einige Fachleute behaupten, ein Pferd freste doppelt soviel Gras wie«in Stier. Der Viehfarmer kam zu dem Entschluß, das etwas getan werden müsse. Man sprach von einem großen Kesseltreiben und Verschickung der Pferde auf die Farmen des Mtttelwestens. Die Schwierigkeit lag dabei darin, daß auf den Farmen des Mittel- Westens Traktor und Auto das Pferd in großem Maßstäbe ersetzten, und die Fracht zu hoch war. Da erinnerte sich jemand, daß eine Düngemittelsabrik oor den Toren El Pasos der Stadt fünf Dollar für Pferdekadover zahlte, die im Stadtgebiet« zu Tode kamen. Sollte die Fabrik keine wilden Pferde gebrauchen können? Aller- dings, doch wollte sie nur drei Dollar das Stück bezahlen, da ihr Ernährungszustand schlecht und schwer mit ihnen umzugehen war. So begann für die wilden Pferde die Todesreise. Es blieb den Viehfarniern keine Wahl Der Preis würde die Fracht nicht decken. So mußten denn die Pferde über Land getrieben werden. Die erste Herde von etwa achthundert halbverhungerter und mit leichter Mühe eingefange.ier Pferde wurde anfangs Juni nach Süden getrieben. Es gab nur kärgliche Nahrung. Selbst Master war rar, und Kinnbackenkrampf kam in der Herd« zum Ausbruch. Im Organ- Paß allein verendeten 75, und Dutzende kamen später um. Beim Beginn des Marsches durch die Einöde waren einig« Pferde wild, doch keins am Ende. Die unterwegs dem Tode ent»

gingen, ließen nur wenig erkennen, daß sie jemals wild«, frei umherschweifende Tiere gewesen, als sie das Schlachthaus erreichten. Kraftlos und abgetrieben, schienen sie sich nach der Kugel zu sehnen, die ihr Leben endete. Tausend Stück werden nun monatlich ge- schlachtet. Obgleich die Ravaso-Indianer, auf deren Reservation die wilden Pferd« zusammengetrieben werden, regelmäßig Pferdefleisch esten, wird doch kein Pfund der in El Paso geschlachteten Pferde zur menschlichen Nahrung verwendet. Die Kadaver werden zu vielerlei Dingen verwertet. Einige gute Häute werden zum Norden gesäiickt, wo Baseballüberzüge daraus gefertigt werden. Geringwertige Häute werden zu Handsd)uhen und Polsterarbeiten verwendet. Die Hufe liefern Leim Das Fett wirb in Fässern an Seifenfabriken in Mexiko geschickt. Ein großer Anteil wird zu Hühnerfutter»er- arbeitet, und der Rest zu Kunstdünger. _ H. Hesse , New Pork. Radtoakttvität durch die ZNIttagssonne. Bei der Erforsching der Wunderwelt der unsichtbaren Strahlen stößt man ständig auf neue Sensationen. Aus der Zersetzung des Radiums und dem Zersall des radioaktiven Uranmetalls zu Uranblei glaubte man schon das Alter der Erde errechnen zu können. Run tritt eine Rumänin, A. Mar- zinsanu, mit einer Neuentdeckung an die Oesfeittlichkeit. daß nach der Bestrahlung durch die Mittagssonne verschiedene Metall«, wie Blei, Zink und Kupfer, radioaktiv werden, also Strahlen kurz- welligster Art aussenden, die wie di« Radiumstrahlung die photo- graphische Platte schwärzen. Man glaubt nunmehr einen Zusammen- hang zwischen dieser Radioaktivität und der von Kohlhörster ent- deckten Strahlung aus dem Weltenraum konstruieren zu dürfen. Börsenverkehr auf den Ueberseedampfern. Sportveranstaltungen und Theateraussühnmgen genügen nicht mehr, die Ueberseereisenden auf ihrer Fahrt zu unterhalten. Di« großen amerikanischen Schifs- fahrtslimen sind aikf den Gedanken gekommen, aus ihren Schiffen Börsenbureaus einzurichten, die untereinander Kauf und Verkauf von Börsenpapieren aus funkentelegraphischem Wege vermitteln zu können. Di« New-Porker Börsenkommission hat jetzt das Gesuch zweier Börsenfirmen, Zweigstellen aus transatlantischen Dampfern einzurichten, genehmigt und ausdrücklich damit anerkannt, daß die dort erzielten Kurse im sogenannten internen Burcauverkehr der zur New-Porker Börse zugelassenen Firmen notiert werden. Ein Land mit dreijähriger Brlefbeftellzeit. Die Bewohner der im Süden des Atlantischen Ozeans gelegenen englischen Insel Tristan da Cunha haben seit März 1927 keine Post mehr erhalten, da di« im Londoner Zentralpostamt gesammelten Pakete und Briefe, die nach dorthin bestimmt sind, noch so wenig zahlreich sind, daß die Entsendung eines besonderen Schisses dafür allzu groß« Unkosten verursachen würde. Die zuständige Postbehörde glaubt, im Früh- jähr 1930 frühestens die nächste Post dort abliesern zu können. Alkersausbau des deutschen Volkes. Im Jahre 1940 standen 33,9 Proz. der Gesamtbevölkerung Deutschlands in einem Alter unter 15 Jahren, bei der letzten Volkszählung betrug der jugendliche Roch- wuchs aber nur noch 25,7 Proz. In den Altersklassen zwischen 15 und 65 Iahren ist der Anteil on der Gesamtbevölkerung von 61,2 Proz. auf 68,5 Proz. gestiegen, und auch die Leute über 65 Jahren haben nun einen größeren Anteil als vor dem Kriege, nämlich 5,8 Proz. gegenüber 4L Proz. Die längste Wasserleitung der well befindet sich w Australien Sie ist 640 Kilometer lang und verbindet die Stadt Perth mit Kalgoorlie( Gold grab erstadt) im Westen des Erdteil».