oirb, so stößt doch nach wie vor die vorgesehene Ausnahme- behandlung der Saisonarbeiter bei den Unterstützungssätzen ebenfalls auf gewichtige B e d e n k>e n. Da gegenwärtig be- reits eine Sonderfürsorge für Saisonarbeiter besteht, die mit einer Prüfung der Bedürftigkeit verbunden ist, so ist der neue Vorschlag der Regierung, der diese Sonderfürsorge und die Bedürfti'gkeitsprüfung aufhebt und den Saisonarbeitern einen Rechtsanspruch auf die Unterstützung gibt, in dieser Beziehung zweifellos ein Fortschritt. Auch die vorgesehene Mindestunterstützung nach Klasse 6 und 7 ist gegenüber der im Vorjahr geplanten Regelung, bei der nur die Unter- stützungssätze der Klassen 4 und 5 in Aussicht genommen waren,' eine Verbesserung. Die Vorlage der Reichsregierung hat deshalb noch keine endgültigen Tatsachen geschaffen. Ihre Be ratung im Sozialpolitischen Ausschuß des Reichstags ist viel mehr nur der Weg, auf dem zunächst eine Klärung der Meinungen der Parteien herbeigeführt werden soll. Die„Nationalliberale Korrespondenz" begleitet die Re- gierungsvorlage mit einem Kommentar, aus dem hervor- rieht, daß die Volkspartei ihren Widerstand gegen die Beitragserhöhung um Proz. nicht aufzugeben gewillt ist. Die Korrespondenz bringt den Antrag der Volkspartei, der die Arbeitslosenversicherung ohne Beitragserhöhung„refor- mieren" will, empfehlend in Erinnerung, denn:„eine Lösung ist erforderlich, und eine Krise können wir unter den gegenwärtigen Verhältnissen am allerwenigsten gebrauchen". Dazu ist zu bemerken, daß die„Reform" der Arbeits- lofenversicherung ohne Beitragserhöhung gleichbedeutend ist mit allgemeinem Abbau. Die Zumutung, einem solchen Ab- bau zuzustimmen, wird der Sozialdemokratie nur derjenige stellen dürfen, der eine Krise absichtlich herbeiführen wlll.
Die Steuereinnahmen des Reiches. 3,2 Milliarden vom April bis Juni eingegangen. Die Einnahmen des Reiches an Steuern, Zöllen und Abgaben beiragen im Monat Juli t,13 Milliarden Mark, chiervon entfallen auf die Besitz- und A« r k eh r s sie u« r n 8l)4,5 Mil- iionen und auf die Zölle und Verbrauchsabgaben 3.H4 Millionen Mark. Da im Berichtsmonat die Vierteljahr- lichen Vorauszahlungen für die Einkommen-, Körper- ichasis- und Umsatzsteuer fällig und Abschlußzahlungen für das Jahr 1928 zu leisten waren, so läßt sich die Einnahme aus den Besitz- und Vrrkehrssteuern nicht mit den letzten Vormonaten, sondern nur mit dem Monat April vergleichen, in dem 723,5 Millionen ein- kamen. Auch die Eingänge aus den Zöllen und Verbrauchsabgaben sind im Juli regelmäßig höher als In den anderen Monaten, weil in diesem Msnat die Zlbrechnungen für Waren stattfinden, die in den vergangenen sechs Monaten aus den Zollagern in den freien Verkehr übergeführt worden sind. Im Reichsctat sind für das lausende Rechnungsjahr die Ein- chi ahmen auf insgesamt 9,32 Milliarden veranschlagt. In den erfken vier Monaten April bis Juli, also im ersten Drittel des Rechnungsjahres, sind bisher insgesamt 3,27 Milliarden aufgekomnum, also 167,2 Millionen Mark mehr als ein Drittel des Jahressolls/ Es lassen sich jedoch aus diesen Zahlen kein« Schlüsse für etwaige Mehreinnahmen im lausenden Rechnung?. j-ihz,. ziehen, da in den folgenden acht Monaten nur noch zweimal die Vorauszahlungstermin» für die Einkommen-, Körperschafts- und Ilmsatzsteuer wiederkehren. Auch die halbjährige Lagerabrechnung bei den Zöllen findet im laufenden Rechnungsjahr mir noch einmal im Januar 1630 statt.• Die Zenimms-AG. in Köln . Was ist mit der Schwerindustrie? Köln , 20. August.(Eigenbericht.) Der Verlag Görreshaus� G. m. b. ch., der als Herausgeber der ..Kölnischen Volkszeitung" zeichnet, bestreitet am Dienstag abend die Mitteilung der„Frankfurter Zeitung ", daß sich das Unternehinen seit längerer Zeit in finanziellen Schwierigkeiten be- «inde und einer Sanierung bedürfe. Dagegen wird zugegeben, daß die®. m. b. ch. in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wird. Diese Umwandlung erfolge jedoch nur zum Zwecke des Aus- baue? des Betriebes, und zwar aus freiem E n t- j ä, l u ß der Gesellschafter. Die volksparteiliche„Kölnische Zeitung " erklärt dagegen, daß die Umwandlung sich nicht ganz aus freiem Entschluß der Gesellschafter vollziehe. Ein im vorigen Jahre aufgenommener Kredit diene dazu, ältere Kredite abzutragen. Eine Großbank, die neuerdings wiederum Kredite zur Verfügung gestellt haben soll, habe dieses Geld nur unter der Voraus- j e tz u n g einer Umbildung der G. m. b. f). in eine Aktien- gcsallschast in Aussicht gestellt. Richtig bleibt jedenfalls, daß die Görreshaus G. m. b. f). neuerdings wiederum von schwerindustrieller Seit« und von einer aber mehreren Großbanken Kredite hat aufnehmen müssen. Don enderer Seit« wird uns mitgeteilt, daß die Ausgabe der Aktien in einer Form erfolgen solle, die es gerade kleinen Leuten aus dem Zentrum ermögliche, sie zu erwerben.
Bazille-Bolz. Die Klage vor dem Staatsgerichtshof. Stuttgart . 20. August.(Eigenbericht.) Die württembergische Regierung hat dem Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich«ine Erwiderung aufdie Klageschrift der sozialdemokratischen Fraktion des Württcmbcr» gijchen Landtags zugehen lassen. In der Klageschrift wurde bean- tragt, den Fortbestand der Regierung als ver- faffungswidrig zu bezeichnen. Die Regierung erwiderte, daß der Würtlembergische Landtag jetzt eine andere Zusammensetzung aufweife als zur Zeit der Einreichung der Klageschrift. An Stelle je«ine» Bauernbündlers, Zentrumsmannes und Sozialdemokraten jeien zwei Volksrechtsparteiler und ein Nationalsozialist getreten. Die Regierung scheint also behaupten zu wollen, daß hierdurch eine Verschiebung zu ihren Gunsten eingetreten sei. Außerdem bestreitet die Regierung die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofes für das Deutsch « Reich und will die Klage eventuell an den mürttember- aifchen Staatsgerichtshof verwiesen wissen. Schließlich bestreitet sie, daß die Regierung nach den Bestimmungen der Landesverfassung überhaupt des Vertrauens des Landtages bedürfe.
Die Regierung von Venezuela hat den Dampfer„Falke" als «nirstenschifj erklärt. Diese Erklärung ist allen befreundeten Staaten mitgeteilt worden. Ein besonderer Schritt ist nur bei England wegen des Eintreffens des Schiffes in Trinidad unternommen worden. Verhandlungen mit der deutschen Regierung sind im («kmge.
Statistik von St. Lorenzen. Die Schuldsrage wird mchi verdunkelt!
Die Stahlhelm- und Landbundpresse nimmt selbstoer- ständlich die Partei der Lsterreichifchen cheimwehr. Aus den amtlichen Angaben, daß die Opfer von St. Lorenzcn zumeist der Heimwehr angehören, will diese Presse in Ueberein- stimmung mit der Heimwehrleitung beweisen, daß die Schutz- bündler angegriffen haben. Die Arbeiter hätten geschossen, während die Heimwehr unbewaffnet gewesen sei. Run haben vor, seit und nach ihrem terroristischen Vor- gehen gegen den Demonstrationsstreik der Eisenbahner nach dem Wiener Blutbad vom 15. Juli 1S27 oftmals Heimwehr - leute Waffen gegen unbewaffnete Arbeiter gebraucht, so daß es nicht überraschend wäre, wenn die Arbeiter sich schließlich gegen U eberfälle schützen, zumal die Be- Hörden regelmäßig nach dieser Richtung versagt haben. Die obersteirische Heimwehr hatte gedroht, den vorgesehenen Redner bei dem Arbeiterfest von St. Lorenzen nichtreden zu lassen; sie hat dann bei den Verhandlungen mit der Bezirkshauptmannschaft, als die Sozialdemokraten fest blieben, ihre Absicht einer Störung aufzugeben erklärt, sie hat ihre Osgenkundgebung nach einer anderen Ortschaft (Thors) verlegt— sie hat aber am Dersammlungstag, einem Sonntag, in der Stadt Bruck a. d. Mur vorher ge- druckte Zettel mit der Parole verbreitet, doch nach St. Lo - renzen zu ziehen, und in diesem Dorf haben 1200 Heimwehr - leute den Festplatz der Arbeiter, wo man sie als Festgöste begreiflicherweise ablehnte, besetzt. Die Arbeiter zogen auf einen anderen Platz. Die Heimwehr auch. Der Be- zirkshauptmann oerlangte Auflösung dieser„nicht angemel- deten" Ärbeiterversammlung, Abg. Wallisch verkündete auch die Auflösung: während er aber noch ein paar Worte hinzu- fügte, fingen die Heimwehrler, die schon vorher gedrängt, gestoßen, gehöhnt und gestört hatten, mit der„Räumung" des Platzes an. Dazu hatten die Heimwehrfaschisten, die doch nicht Polizei sind, und die gekommen waren, um gegen ihr Versprechen die Feier zu stören, gar kein Recht. Ihr Vorgehen war ein Ueberfall, von dem nach allen Erfahrungen und den ständi- gen Drohungen das Schlimmste zu befürchten stand. Wenn also die Arbeiter— 300 gegen 1200— wider die einsetzende Gewalttätigkeit zur Notwehr griffen und vielleicht gegen schärferen Angriff auch ihre Verteidigung steigerten, nachdem einige von ihnen bereits sterbend oder schwerverwundet da- schärferen Angriff auch ihre Verteidigung steigerten, so ist das ein typischer Fall von Notwehr. Und der wachsende Heimwehrterror gerade im Herrschaftsgebiet der seinerzeit, stinnesierten Alpinen Montangesellschaft, die immer häufigeren Heimwehrüberfälle, wie erst am Sonntag vorher an der Westbahnstrecke bei Wien , mußte die Arbeiter zur Notwehr aufrufen. Schließlich
brauchen sich die Arbeiter in der Republik nicht vott privaten Gegnern verwehren lassen, was sie in der Mon- archie ungestört durften— mit Genehmigung der Staats» behörde Versammlungen und Feste unter freiem Himmel ab» zuhalten. Eine Mordtat bei Wien . Wie». 20.«agnss.(Eigenbericht.) 3n den Orten Erlaa und Atzgersdorf hatten infolge der Schlacht von St. Lorenzen der Schuhbund und die Heimwehr die ganze Rächt vereilschaftsdienst. Um Mitternacht erfuhr der Schuhbund, daß heimwehrleute im Anmarsch aus Erlaa seien. Zwei Schuhbundableilungeu eilten auf die Straße und stießen auf drei Burschen. Als die Schuhbündler noch einige Schritte von Ihnen entfernt waren, schoß plötzlich einer der heimwehrleute aus einem Revolver. Dann ergriffen di« drei die Flucht. Laufenden Schrittes gaben sie auf die Schuhbündler noch einen Schuh ab. Glücklicher- weife verfehlten beide Schüsse ihr Ziel. Ein Flüchtender konnte von den Schuhbündlern eingeholt werden. Er wurde durch zehn Schuhbündler zur Gendarmerie gebracht, wo ihm ein Revolver abgenommen werden konnte. Der Häftling entpuppte sich als ein junger Bursche namens Hans Zanlfch aus Erlaa, der erklärte, daß fein Bruder Franz geschossen habe. Die Gendarmerie war in Gegenwart der Schuhbündler noch mil der Vernehmung des Häftlings befaßt, als die Meldung kam, daß auf dem Gleis der nach Baden führenden elektrischen Bahn ein Mann schwerverletzt ausgefunden worden sei. Die Beamten begaben sich sofort nach dem Tatort und fanden einen schwerverletzten Menschen, dessen Papiere auf den Ramen Franz Zaaisch lauteten. Auf dem Wege zum Spital ist Manisch gestorben. Er holte mehrere M e s s e r st i ch e in das Gesäß erhalten und ist anscheinend verblutet. Wer ihn umgebracht hat. konnte bisher noch nicht geklärt werden. Tatsache ist, daß die ihn verfolgenden Schuhbündler mit ihm in ein Handgemenge gerleien. Die Schuhbündler bestreiten eni- schieden. Zanisch gestochen zu haben. hierzu wird uns spät abends aus Mien noch gemeldet: Der Täleri st verhaftet. Er ist kein Sozialdemokrat und kein Schuhbündler, sondern ein berusloser und arbeils- scheuer Mensch namens Oskar Seidel. Er wollte zwar vor einiger Zeil dem Republikanischen Schuhbund beitreten, wurde aber ab- g e w I e s e n, da man ihn kannte. Er Halle sich im Dunkel der Schuhbundabteilung zugesellt und offenbar in dem„Wirbel" die Rlordtal verübt. Erst vor einem Jahr hat er bei einem Arbeiter- fest aus die Sozialdemokraiie geschimpsl und mit einem Revolver hernmgesuchlelt. « Diese Mordtat ist in Mener Meldungen der Berliner Heimwehrpresse sofort den Schuhbündteru zur Lost gelegt worden. obgleich man den Täter noch nicht kannte.
Gebrochene. Siresemanns Zusammenstoß mii Vriand.
Pari«, 20. August.(Cigenbericht.) In der am Montag stattgefundenen Sitzung der politischen Kommission soll es nach privaten Informationen des„Echo de Paris" wieder zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen Stresemann und Briand gekommen sein. Den Anlaß dazu lieferte das neuerliche Verschleppungsmanöver Briands, der fein in der vorigen Woche gegebenes Versprechen, er werde bereits am Sonn- abend Boginn und Dauer der Räumungsoperationen definitiv be- könnt geben, anscheinend vergessen lzatte und sich auf die Fest- stellung beschränkte, die Räumung der dritten Zone tönne erst be- ginnen, nachdem alle Parlamente den Doung-Plan ratifiziert haben und werde zumindest 10 Monate in Anspruch nehmen. Stresemann, der, wie dos Blatt bemerkt, Briand von dieser Seite her nicht kenne, habe darauf die stärkste Verstimmung gezeigt. Vor ollem sei ihm unverständlich gewesen, warum in der vorigen Woche noch von 6 Monaten als Dauer der Räumung der dritten Zone, jetzt aber plötzlich von 10 Monaten die Rede sei. Auch henderson sei dem französischen Standpunkt enschieden entgegen ge- treten, er Hobe . nochmals erklärt, daß England die zweite und dritte Zone bedingungslos räumen werde. Belgien dagegen will aus der zweiten Zone in die dritte Zone nur eine kleine Garde für seinen Oberkominissar hineinnehmen und den Rest seiner Truppen nach Hause schicken. Die sozialistische ebenso wie die gemäßigte Linkspresse knüpft an diese Vorgänge ein« sehr heftige grundsätzliche KrititderPolitit Briands.
Leon Blum schreibt im„Populafte", Briand möge dach nicht so erstaunt tun über henderson» Erklärung, er Hab« doch schon. ehe er Paris verließ, sehr genau gewußt, daß bis Ende des Jahre» kein englischer Soldat am Rhein oerbleiben werde. Was immer geschehen möge und wie immer die Verhandlungen um den Doung- Plan ausfielen, dadurch, daß Briand die Räumung, die er ohnehin nicht verhindern kann, hinschleppt, läuft er Gefahr, im Falle eines Scheiterns der Konfeienz die Verantwortung selbst zu tragen. Heber die Haltung Belgiens in der Räumungsfrage erfahr« ich von zuverlässiger belgischer Seite, daß hymans Briand gegenüber sehr deutlich zum Ausdruck gebracht hob«, daß. Belgien sich jetzt von Frankreich in diesem Punkte trennen müsse. Deutschland habe Belgien gegenüber durch den Abschluß des Mark- abkommens eine schöne Geste vollbracht und Belgien fühl« sich zu einer ähnlichen Geste Deutschland gegenüber moralisch ver- pflichtet: wenn also die Engländer das Rheinland definitiv verlassen, dann werde Belgien ebenfalls feine Truppen zurückziehen und keinerlei Kontingente auf die dritte Zone verfegiM. Alle anders- lautenden Behauptungen, einschließlich einer Mitteilung der osji- ziösen Agentur„Belga", die von einer Belassung von etwa 70 bel- zischen Soldaten am künftigen Sitze in der Rheinlondkommission der dritten Zone sprechen, sollen unrichtig und auf französisch « Ein- flüsterungen zurückzuführen fein.
Ein Gerichtsurteil gegen Frankreich . Die Freizonen zu Unrecht aufgehoben. Im Berfailler Vertrag war auf Wunsch Frankreichs bestimmt worden, daß die sogenannten Freizonen von hochsavoyen und Ge'x aufgehoben werden. Diese beiden Gebiete bilden das Hinterland von Genf . In den Verträgen von 1915 und 1916 hatte Frankreich darauf verzichten müssen, sie in fein Zollgebiet mifzn- nehmen. Eine Verpflichtung, der es bis nach dem Weltkrieg nach- kam. Die Schweiz hotte sofort dagegen protestiert, daß im Verscriller Vertrag einseitig ein Staatsvertrag zwischen ihr und Frankreich aufgehoben wurde. Unter dem Druck der Entente ließ sich der schweizerische Zlußenminiftee damals zu einem Kompromiß mit Frankreich bewegen, das jedoch vom Schweizer Volk im Jahre 1924 verworfen wurde. Renen Lorstellungen der Schwei, ; in Paris gelang es schließlich, von Fwnkreich die Einwilligung zu erhalten. daß der internationale Geri6)tshof entscheiden solle. Cr sollte erstens prinzipiell entscheiden, ob der Versailler Vertrag ohne die Einwilligung der Schweiz die Freizonen aufheben konnte und zweitens ein« neue Frist für direkte französiich-ichweizerijch« Verhandlungen fetzen. Die fetzt gefällte Entscheidung besagt, daß die Freizonen trotz der Bestimmung des Versailler Vertrages zu Recht bestehen, solange die Schweiz nicht in ihre Aushebung ein- willigt. Bis zum 1. Mai 1930 sollen die beiden Mächte die Angelegenheit auf dieser Rechtebasis unter sich regeln. Diese« Urteil erregt« in der ganzen Schweiz ungeheure
Genugtuung. Man weist besonders darauf hin, daß der Haag mit ihm zum ersten Male einem kleinen Staat gegen eine Groß. macht und gegen den Versailler Vertrag recht gegeben habe.
Wie die Gaarregierung uniersucht. Gtroflose Ausschreitungen von Aesahungssoldaten. Saarbrücken . 20. August. Auf einen städtischen Vermessungsbeamten wurde von einem französischen Korporal«in scharfer Schuß abgefeuert, der auch in der Nähe befindliche Personen gefährdete. Ein deutscher Landjäger inachte einen französischen Offizier, der beim Rauchen im Walde angetroffen wurde, auf das bestehende Verbot aufmerksam. Darauf erging sich der Franzose in groben Beleidigungen. Die«aar» regierung gibt nun in einem Bericht bekannt, sie Hab« diese beiden Fälle untersucht und festgestellt, daß weder ein sranzönsckier Kor- poral auf einen Zivilisten geschossen, noch ein französischer Offizier einen Landjäger beleidigt habe. Diesen Berichten der Saarregierung stellt die hiesige Presse entgegen, daß bei der angeblichen Unter- suchung der beiden Fälle keiner der Deutschen vernom- m e n worden ist, die ihre Aussogen in vollem Umsang« aufrecht er- halten: es seien nur die Franzosen gehört worden, gegen die sich die Vorwürfe richten. Weiter wird Beschwerde geführt. daß neuerdings die Militärposten an den Kasernen der französischen Truppen die vorübergehenden Bürger wieder zwingen, den Bürgersteig z« oe.rlajjcaf