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Der Berliner   und seine Gewässer.

Technik und Berkehr haben die Sehnsucht des Großstadtmenschen nach der Natur nicht verdrängen oder töten können; im Gegenteil, elementar und triebhaft sucht der Großstädter des Sonntags und in den wenigen Feiertagen den Weg ins Freie, um den Großstadtstaub aus den Lungen fortzuatmen, um in den Freibädern Luft, Sonne und Wasser an seinen Körper heranzulassen, um im Laubengarten fich einige Blumen selbst anzupflanzen, um zu wandern und sich an den Seeufern und Flußläufen zu erfrischendem Bad und erquickender Ruhe niederzulassen.

Abgesperrte Geeufer.

Es ist ein trauriges Kapitel: Der Großstädter und seine Ge­mässer! Die Ufer der Seen, Flüsse und Bäche sind ein beliebtes Objekt für Grundstücksspekulationen geworden. So wurde ein Teil des Scharmüßelse es der Deffentlichkeit geraubt, so wird jetzt der Tiefe See bei Prieros   in der Mart, ein beliebtes Aus­flugsziel, für Siedlungszwede erschlossen", so ist der Rangs Dorfer See im Süden Berlins   in Gefahr, so find die Havel  und Spreeufer auf weite Streden nicht mehr der Deffentlich feit zugänglich. Es gibt faum noch einen See außerhalb Berlins  , deffen Ufer nicht gefährdet find. Selbst bis in die entferntesten Wandergebiete erstreckt sich der Landhunger der Bodenspekulanten. So werden z. B. in den Wandergebieten um Ebers

malde, mie inoffiziell befannt wird, von Grundstücks­firmen große Landstreden erworben, die heute noch dem Wanderer offenstehen, morgen aber vielleicht schon als Erholungs­gebiete ausscheiden müssen!

Diese Erschließung der landschaftlich schönsten Gegenden für Siedlungszwede" soll nach den wunderschönen Prospetten der Grund­stücksgesellschaften von ungeheurer Wichtigkeit für die Erhaltung und Hebung der Volksgesundheit sein: Großstädter, die Tag für Tag in den Steinhöhlen der Stadt leben und arbeiten müssen, werden zu dauerndem Aufenthalt in die freie Natur gebracht. Das klingt zunächst bestechend und könnte sogar mit der Bebauung so vieler Seeufer versöhnen, wenn nicht bei näherem Zusehen die ganze Herr­lichkeit wie eine Seifenblase zerplagte. Für wen werden denn diese Wohnsiedlungen an den Seeufern und Flußläufen angelegt? Etwa für Arbeiter und Angestellte, um ihnen endlich menschenwürdige Wohngelegenheiten zu verschaffen? Nein, für eine verhältnis. mäßig fleine Schicht, die sich außer der Stadtwohnung auch noch den Lurus einer Landvilla oder eines Wochenendhauses fern vom Getriebe der Großstadt leisten kann, die sich aber auch Freude und Erholung schaffen kann, ohne daß ihretwegen auch nur ein Seeufer der Deffentlichkeit entzogen werden brauchte! Der dritte deutsche   Naturschußtag, der fürzlich in Dresden   stattfand, beschäftigte sich u. a. auch ausführlich mit der Frage der 11 fer­gestaltung, mobei außer der naturkundlichen und technischen Seite des Problems vor allem auch die soziologische Seite behandelt wurde. Der Naturschußtag nahm dazu eine Entschließung an, in der die notwendigen Maßnahmen auf die denkbar fürzeste Formel gebracht wurden: Infolge der Uferbebauung und fer­absperrung wird an den deutschen   Seen der natürliche Strand ver­nichtet und die Allgemeinheit von den Ufern ausgeschlossen. Der dritte deutsche Naturschutztag fordert daher eine planmäßige Festlegung der Uferstreden, die unbebaut bleiben und offengehalten werden müssen."

Wenn das Grundwasser sinkt!

Neben dieser Bebauung der Seeufer spielen zwei andere Mo­mente eine Rolle, die viele Gewässer als Erholungsgebiete des Großstädters ausscheiden. Das eine ist die Absaugung des Wassers und die Sentung des Grundwassers innerhalb weiter Gebiete, die häufig zur völligen Austrodnung weiter Landstreden führen. Erinnert sei an die Anlage der Wassermerte in Karlshorst   und in kaulsdorf Süd, durch deren Arbeit die Wuhlheide und der Kaulsdorfer   Busch schwer ge= Iitten haben. In der Wuhlheide find große Teile der alten Baum= bestände, die sich den neuen Wasserverhältnissen nicht mehr anpassen fonnten, eingegangen. Der Kaulsdorfer   Busch, ein äußerst interessantes Moorgebiet, mie man und um Berlin   faum noch findet, wurde trockengelegt, parzelliert und an Kleinsiedler abgegeben, die heute völlig entwerteten Boden haben. Der in Kaulsdorf  - Süd gelegene Rönigsje e mit einer großen

es in

und beliebten Badeanstalt ist dabei auch still und heimlich verschwunden. Wo vor 15 Jahren noch Badeleben herrschte, ist heute eine Sandwüste. Das andere Moment ist die Veruns reinigung der Seen und Flußläufe durch die Ab bereien, Metallmerke usw. die sich an den Ufern nieder­wässer industrieller Betriebe. Wäschereien Fär gelassen haben, leiten ihre Abwässer einfach in die Seen und Fluß läufe. Das Wasser wird verschmutzt, oft schwimmt eine dide Del­schicht auf der Oberfläche, der Fischbestand geht zurück, viele Wasser pflanzen fönnen nicht mehr gedeihen: alles Dinge, die die Freude des Großstädters an seinen Gewässern feineswegs erhöhen! Die Großstadt zwingt ihre Einwohner vielfach zu naturwidriger Lebensweise. Wenn der Großstadtmensch nicht körperlich und geistig zugrunde gehen soll, muß ein Gegengewicht geschaffen werden, das die Schäden, die durch das Leben in der Großstadt entstehen, aus­gleicht. Turnen, Spiel und Sport sind solche Ausgleichsmöglichkeiten. Eine der wichtigsten aber ist auch das Wandern in Licht, Luft und Sonne! Und diese Möglichkeit muß dem Großstädter in vollem Umfange erhalten bleiben. Sie darf nicht zugunsten einer fleinen Schicht fapitalfräftiger Spetulanten eingeengt werden. Das Wohl der Gesamtheit geht vor die Interessen des ein­zelnen! Wann wird endlich Vorsorge getroffen, um dem Berliner  auch außerhalb der Grenzen Groß- Berlins die Gewässer, die Ufer an Seen und Flüssen zu erhalten? Im Gebiet von Groß- Berlin wird es bereits den Spekulanten unmöglich gemacht, ihrem Egoismus zu frönen. Sollte das nicht auch in der Provinz möglich sein?

Warum fein viertes Krematorium?"

Auf einen in der Nr. 16 des ,, Borwärts" veröffentlichten Artikel, der sich mit dem unfertigen Krematorium in der Diestelmeyerstraße beschäftigte, erhalten wir folgende zuschrift:

,, Die Grundlage für den Bau eines vierten Krematoriums muß ein dringendes Erfordernis sein, um die Wirtschaftlichfeit des Krematoriums zu gewährleisten. In den drei Krematorien finden zujammen jährlich etwa 14 000 Einäscherungen statt, während 30 000 geleistet werden können. Die gespannte Finanzlage der Stadt läßt es leider zurzeit nicht zu, daß alle dringend not­wendigen Arbeiten auf fulturellem Gebiet durchgeführt werden. Ganz abgesehen davon, daß die Krematoriumsanlage in der Diestel meŋerstraße, deren Projekt aus dem Jahre 1917 stammt, den heutigen Ansprüchen in bezug auf Größe und Lage selbstverständlich in feiner Weise gerecht wird, fann der Bau in der Diestelmeyer straße aus finanziellen Gründen nicht zu Ende geführt werden. Die Zahl der Einäscherungen in den einzelnen Krematorien richtet sich nach der Zahl der vorhandenen Defen und Einsegnungshallen, deren es in Wilmersdorf   eine, in der Gerichtstraße zwei und in Treptom sogar drei gibt. Es trifft fomit nicht zu, daß in der Gerichtstraße täglich 15 Stunden für Feiern gebraucht werden. Die Stadtverordnetenversammlung wird sich gelegentlich der Beratung über die Neuorganisation des gesamten Bestattungs­mesens mit der Verwendung des unvollendeten Baues und des Ge­ländes in der Diestelmeyerstraße beschäftigen."

Jung- Frankreich   am Wannseestrand.

Im Reigen der von der Stadt Berlin   zu Ehren ihrer jungen französischen   Gäste veranstalteten Einladungen besuchten am gestri­gen Nachmittag hundert junge Franzosen mit ihren deutschen   Kame. raden das städtische Freibad Wannsee  . Es sind dies jene Austauschschüler, die in Berliner   Familien Gastfreundschaft ge­nießen und die schon oft an dieser Stelle erwähnt wurden. Das pölferverbindende Werk ist der persönlichen Initiative der Frau Leroi- Heidelberg zu danken, einer jener ftillen gütigen Frauen, die von Menschenliebe und Mütterlichkeit durchſonnt sind. Helle Be­geisterung malte sich auf den Zügen der jungen Gäste, als sie den großangelegten Badebetrieb sahen. An einer in den Farben beider Nationen geschmückten Kaffeetafel begrüßte Genosse Kawerau im Namen der Stadt Berlin   und Stadträtin Wenl im Namen des Landesjugendamtes die junge Gesellschaft. Dann sprach Frau Leroi einige liebe, tiefempfundene Worte über das Austausch werf. Nach dem Kaffee hieß es: Wer Badeluft verspürt, der melde sich zum Empfang einer Badehose, und das ließen sich die Jungen auch nicht zweimal sagen.

Schlechtes Straßenpflaster.

Viele Straßen von Berlin   sind für den Berkehr der Auts­omnibuffe infolge ihrer ganzen Bauart nicht geeignet. Zu diesen Straßen gehört auch die Margaretenstraße( zwischen der Bittoria und der Potsdamer Straße  ). In dieser Straße verur­fachen die Autobusse, zumal wenn sie in schnellem Tempo fahren, eine so Jtarte Erschütterung der anliegenden Häuser, daß besonders in den Wohnräumen des Kellergeschosses das Wohnen ganz wird noch dadurch verschlimmert, daß das Straßenpflaster unerträglich wird. Diefer an fich schon unleidliche Zustand in der Margaretenstraße nicht in Ordnung ist. Die Bewohner des Hauses Margaretenstraße 7 haben sich daher an die zuständige Stelle mit der Bitte um fofortige Ausbesse­rung des Straßenpflasters gewandt. Nachdem die Ein­gabe einen großen Umweg gemacht hat, verhieß schließlich das Be= girtsamt Tiergarten, eine Ausbefferung des Pflasters zu veranlassen. Leider ist es aber bis heute bei dieser erfreulichen Aussicht geblieben. Tatsächlich ist nichts unternommen wor den: weder ist das Pfafter ausgebessert noch hat die zuständige Stelle des Berliner   Magistrats auf die Autobusgesellschaft einge wirft, um das schnelle Fahren der Autobusse abzustellen. Zweifellos leiden unzählige Einwohner der Stadt unter den gleichen Miß: ständen.

Reichsausschuß für sozialistische Bildungsarbeit.

Der Reichsausschuß für sozialistische Bildungsarbeit veranstaltet gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Lehre und Lehrerinnen Deutschlands   eine Sozialmifienfchaft. liche Schulungswoche für Gewerbelehrer, und zwar in der Zeit vom 1. bis 7. Ottober im Haus des Volkes in Probstzella  , Thüringen  ( in der Nähe von Saalfeld  ). Das Pro­gramm des Kurjus lautet mie folgt:

"

1. Beruf und Erziehung"( Entwicklung und Gegens martsprobleme). Referentin: Prof. Dr. Anna Siemfer

2. Die Wirtschaftslage der Gegenwart." R ferent: Prof. Dr. Hermberg.

T

3. Gegenwarts und 3utunftsfragen der Be rufsschule." Referentin: Dr. Adelheid Torhorst. Die Leitung des Kursus ist Dr. August Siemsen   Jena  übertragen worden. Die Teilnehmer werden im Haus des Boltes", das hierzu geeignete Räumlichkeiten hat, verpflegt und untergebracht. Dafür ist ein Tagessag von 5,50 m. einschließlich Trinkgeld vereinbart. Außerdem ist eine Teilnehmergebühr von 5 M. für den Kursus zu zahlen. Die Anmeldungen zum Kursus sind bis spätestens 15. September an den Reichsausschuß für sozialistische Bildungsarbeit, Berlin   SW. 68, Lindenstr. 3, zu senden.

Welterbericht der öffentlichen Wetterdienststelle Berlin   und Umgegend ( Nachdr. verb.) Anfangs trübe und regnerisch, später wieder zeitweise auf­beiternd, wenig Wärmeänderung. Für Deutschland  : Jm Süden und Dften regnerisch, in Mitteldeutschland   nach Regenfällen vorübergehende Besserung, im Beften wollig, zeitweise aufheiternd, ohne wesentliche Niederschläge und Temperaturänderung.

Gerold- Stube am 300.

Die Firma Gerold hat ihre bekannten Weinstuben, die mit dem Berliner   Stadtbild seit langem verwachsen sind, um eine vermehrt. Straße, an der Ede der Kantstraße, feierte sie zugleich ihr Mit der Eröffnung dieser Stube in der Joachimsthaler 125jähriges Jubiläum. Der üblichen Schantstube sind hier im ersten Stod noch andere Räume angegliedert, die auch warme Küche führen. Man sieht einen Raum im Stil des Gründungs­jahres der Firma, 1804, der mit Wandgemälden von Prof. Bellon geschmückt ist. Am vorteilhaftesten präsentiert sich die moderne Stube 1929, geschmückt mit Zeichnungen des Malers P. Kuhfuß. Das fräftige Schwarzweiß der Bilder, mit Motiven aus Italien  , ordnet sich auf das glücklichste der Architektur und Farbigkeit des Raumes ein und geben ihm einen wahrhaft festlichen Charakter.

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