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Sonntag 25. August 4929
Unterhaltung unö �Nissen
Beilage des Äorwöriei
Arnim-v. wegner: dudi ankleben in Mecklenburg  
Nächtlich? Musik. Die Wasserratten ließen mich nicht schlafen. Sie hatten eine tissondere Art unter dem Holzschuppen der Werst in M.xstenberg, an dex ich mein Boot verstaut hatte, heroorzuschießen und mit glucke jeudcm Geräusch unter dem Kiel zu verschwinden. Spielend schlugen sie mit den Schwänzen gegen die Bordwand. Ich hatte das Schutz­dach des Segelbootes über den abgetakelten Großbaum gelegt und die herabhängenden Seiten mit der Außenwand verbunden. So -schlief ich in einem schwimmenden Zelt. Ich war nicht allein. Auf der anderen Seite lag Leonore; wir ruhten dicht beieinander, wie Siegfried und Brunhildc dos groß« eiserne Schwert des Bootes zwischen uns. Die Musik der Ratten, das Glucksen des Wassers hörten nicht auf. bis wir«inschliefen. Odysseusknaben. In der Frühe weckt uns die dröhnend? Trommel der Leinewand: ihr Kalbfell ist dicht über unseren Augen gespannt. Ich Hab die Zeltbahn und hatte einen wunderbare» Anblick. Der Regen schoß in dicken silbernen Seilen auf den See: jeder Faden rief beim Auf- schlagen einen handhohen Springbrunnen hervor. Dicht vor meinen Augen sprühte der ganze See von Millionen kleiner Fontänen wie ein zauberhafter Geiser. Es war kein Regen mehr, sondern schienen spindeldürre und unendlich lange Geister, deren Kops unsichtbar irgendwo in den Wolken schwebte und>ie mit ihren schmalen silhcrnen Füßen auf der Glasfläche des Wassers tanzten, daß die Flut um sie spritzte. Endlich gegen Abend zogen sie die müden Füße in den Himmel hinauf und lagen als schwerer grauer Himmel über der Landschaft. Ein seltsames breitbauchiges Boot mit braunen Zeltbahnen wie Drachenhäute trieb vor uns her durch die Schlepse. Zehn Knaben rudern es; an seinen Mast gelehnt, steht ein siebzehnjähriger Odysieus. Das Boot ist ein alter schwerer Soidatenponto», wie man ihn im Kriege zum Bau von Brücken verwendet«, aus dem zehn Schüler im Alter von zwölf bis siebzehn Iahren ihre Ferienreis« nach Hamburg   machen. Trotz des kühlen Wetters haben sie alle mcht viel auf dem Leib;«ine blaue Hose,«in Hemd, eine Windjacke. Aber ihre nackten Beine sind Bronze, die Gesichter heiter, das blonde Haar winldzerweht. Rur   wer weiß, daß ein Ponton sich an Schwer- fälligteit von einem Ruderboot wie ein plumper Soldatenstiefel von einem Weberschiffchen unterscheidet, kann die Schwierigkeit einer solchen Reise ermessen. Mit seinen zwei Zelten, seinem Feuerherd, zieht das Schiff phantastisch wie M schwimmender Wigwam vorbei. Welche Wand- lung in zwanzig Jahren! Das Jndianerfpiel dieser Jugend ist Wahrheit geworden. Sie bemalt sich nicht mehr das Gesicht mit bunten Farven, trägt keine» Kranz von Hühnerfedern oder«in hölzernes Tomahawk: ihr Messer und Beil sind scharf zum Holz- spalten geschlissen>md sie brauchen nicht mehr auf Schleichpfaden eingebildet« Gefahren zu erträumen Sie liegen wirklich um ein Kohlenfeuer im Walde und ihre Zeltwand wird vom Sturme be. wegt. Und wenn zuweilen, nach wochenlang verregnetem Wold- lager, eine Lungenentzündung den jungen Lederstrumpf auf das Lager wirft oder das Wasser des Sees sein häßliches Maul auftut, so erkennt man, wie ernst diese Gefahr war. Wer es ist der Kampf mit der Urkraft der Erde, an der wir wachsen. Odysseusknaben, laßt euch nicht abhalten! Durch grün- goldene Wälder, über das wolkengraue Wasser, vier Wochen in Regen, tn Müdigkeit, m't einem Herzen voll Glück. An die Riemen! *3)urd) das deutsche   Finnland  . Wie verläuft dieser Weg? Von Berlin   über Oranienburg   noch Fürstenberg durch die Havelwasserstraßc. Dann beginnt ein deut- sches Finnland  , ein Tausendseenreich. Jeder dieser wald- und wiesen- umwachsenen Seen ist durch Kanäle mit dun anderen verbunden; jeder wetteifert an Schilfzonber und Dornröschenstillc mit dem anderen. Freilich sind die zahlreichen Schleusen dieser Gewässer der Schrecken jedes Bootssahrers. Bon Berlin   nach Fürstenberg sind es dreizehn, von Fürstenberg nach der Müritz sieben!. O Jammer! Bon Schleuse zu Schleuse fällt dos Wasser wie eine strömende Treppe abwärt?. Es gibt Freischleusen und Zahlschleusen: ober auch diese muß man selber bedienen. Während man-zwei eiserne Stöpsel keuchend in ein paar Dutzend alter Zahnlöcher stößt, drückt man mit dem Gewicht seines ganzen Leibes den schweren Hebel herunter. Die meisten Schleusenwärter sind ehemalige Feldwebel: viele haben nebenbei einen Beruf, sind Schneldermeister, Müller einer iki Zahntechniker. Ein anderer strich beim Passieren der preußischen Grenze noch setzt nach acht Iahren das WortKönigreich Preußen  " aus dem Schiffsschein durch und schrieb..Deutsches Reich  " darüber. Dazu sucht« er ewig nach einem Federhalter für grüne Tinte,Grüne Tinte ist Borschrist!" sagte er.- Von der Müritz   geht der Wasserweg weiter durch den Plauer See an Parchim   vorbei, wo ein Kanal noch dem Schweriner See  abzweigt. Die Straße folgt dem endlosen, gewundenen und pilonzenverwachsenen kleinen Fluß der Elbe, bis sie schließlich bei Dömitz   die untere Elbe erreicht. Mamburg Berlin  : die beiden Endpunkte iassen die Bedeutung erkwn. die dieser Wasserweg heute für alle Wafserfreundc ge. winni. Nu r das Tempo hat gewechselt. Der Motor breitet auch hier seine Herrschaft aus. Die Mehr- zahl der Segler, die sich auf den engen Kanälen fast ausschließlich der Ruder bedienen mußten, sind heute mit einem Hilfsmotor ver. sehen. Wie auf dem Lande das Automob'l, erösfnet auf dem Wasser der Mator ganz neue Möglichkeiten des Reifens. Wie groß das Interesse ist, merkt man unterwegs an den zahlreichen fragen. Wird der Automobilfahrer bestürmt, ob er einen Opel   oder Won- derer besitzt, so heißt es hier: F. Z-? Tipp-Topp? oder DKW.? Eine bekannte Firma wurde in diesem Sommer derart mit Aufträgen bestürmt, daß sie nicht imstande war. auf Monate hinaus rechtzeitig zu liefern. Eine andere ist im Begriff, einen billigen Einheitstyp eines Motorbootes auf den Markt z» bringe». Ich selbst �ieß mir kurz vor der Abfährt einen DKW.  -Motor cinbguen, der es vurch eine sinnreiche Keltenübertragung gestattet, den Motor Im Innern anzubringen, ohne den Schiffsboden zu durchbrechen. Di« Mehr­zahl der Segler klappt während der Fahrt wegen der zahlreichen Brücken den Mast einfach nieder und hat sich al« Wetterschutz mit
ein paar Stäben eine Kajüte aus Leinwand hergestellt. Man hat sein Haus, sein Bett, sein« Küche mit sich eine neu« Form des Reifens, di« ich als den Amerikanizwus unseres Wasserlebens he- zeichnen will. Bon dereisernen Flosse" vorwärts bewegt, gleitet man mühelos und spart sich das Segeln sür die ruhigere Verwen­dung auf den großen See auf. Wenn das Segeln als Sport auch niemals sein« Bedeutung verlieren, wird, so zeigt sich auch im Schiffsverkehr unserer kleinen Gewässer die gleiche Entwicklung wie früher auf dem Meer. Die Schraube verdrängt die Leinewand und es ist nur eine Frage der Zeit, daß sie den Sieg davon trägt. So schreiten wir heute den umgekehrten Weg wie vor hundert Iahren. Das gelbe Postautomohil mit dem Licht seiner gewaltigen Glotzaugen durchbricht schon wieder die nächtlichen Wälder, das Motorboot durcheilt wie ein eiserner Delphin dse Flut. Der Wog geht von der Schiene auf die Landstruhen und die Flüsse zurück. Rur   das Tempo hat gewechselt. Die Stadt am BolterKonal. Drei Stockwerke hoch steigt unser Boot aus dem finsteren Schacht der Bolter Schleuse in den Himmel. Sanftes Gleiten durch Schilf und Wiesen, dann öffnet sich ein Meer. Hier atmet die Müritz  . Mit ihrem flachen weißen Strand erinnert sie hier an die Ost- see und sie ist nicht weniger gefährlich.Sie hat es in sich," sagen die Leute, als sprächen sie von einer Frau. Halb aus dem Wasser, halb auf dem Land«, liegt di« seltsame Iiidianerstadt. Schwimmende Zelte, Hausboote, auf dem Ufer er- richtete Leinwandhütten, Motordampfer ragen durcheinander: der Kanal wimmelt wie ein chinesischer Hafenorm. Und dos alles wird beschattet van großen Pappeln lind Rüstern, die leise rauschen. Man hört vier Dialekte: Hamburger und Mecklenburger Platt, dos Ber- liner Idiom und die weichen Gaumenlaute sächsischer Pfadfinder. Viele bleiben nur wenige Tage, um für di« lleberfahrt auf gutes Wetter zu warten, andere bleiben durch Wochen am schönen Bade- strand. Eine solche Stadt verändert an jedem Tage ihr Aussehen. Oft stündlich werden Häuser abgerissen und neu« gebaut. Hier gibt es alle Stände, vom Millionär bis hinab zum Proletarier. Neben dem Faltboot schaukelt die Jolle, neben dem Segelkreuzer das Luxusmotorboot. In einer Zeltässnung zeigt sich ein lachendes Ge- ficht,«ine junge Stimm« singt. Hier liegt hinter einem Baum ver- steckt«in Brautpaar, da? im Segelboot sein« Hochzeitsreise inacht. Di« junge Frau hat sich nur halb bekleidet hintenüber in den Arm des Mannes gelehnt, sie glaubt sich unbeobachtet. Immer wieder lehnt sie den Kopf mit dem aufgelösten Haar zurück, legt den Arm um den f)an de» Geliebten und blickt in sein« Augen. Das alles hat etwas Anmutige? und Unbewußtes, was durch die Freiheit der Natur zu einer heiteren Schönheit gelöst wird, wie die ge> schmeidigen Bewegungen eines Tiere» in einem«infamen Wald«. Lautlos gleiten die nackten Füße über den Rasen. Usberall ist emsige fröhliche Tätigkeit. Hier wird gekocht, Wäsche getrocknet, gebadet, oder geschlafen. Man hilft sich kameradschaftlich, tauscht sein Benzin, sein Handwerkszeug aus oder ladet sich gegenseitig zum Eierkuchen ein. Sieht man unter den Pappel» die gelben Sonnen- stecke auf den Zeltdächern, so glaubt Man sich einen Augenblick nach Kleinasien   versetzt. Diese Stadt hat keine geschriebenen Para- graphen, keinen Bürgermeister und keine Polizei. Alles regelt sich lautlos von selber nach einem heimlichen hilfreiche» Gesetz. Alte und neue Menschen. Es ist notwendig, etwas über die Bewohner in dieser Stadt zu sagen Da sind dieKapitäne". Wieviel unterdrücktes Selbst- Bewußtsein mag sich hier Luft machen. Das ganze Jahr Angc- stellter in einem Bureau, aber vier Wochen Kapitän auf seinem eigenen Boot. Und man hat seine Frau, die Kinder bei sich, um sie al» Schiffsjungen anzustellen: es schwirrt in der Luft von Befehlen und seemännischen Ausdrücken. Ich machte die Bekanntschaft von Herrn B., einem ehemaligen Bremer mit der breiten Liebenswürdigkeit dieser Rosse, ober ich hörte ihn zwei Tage später in dein gastlichen Seglerheim von Waren durch die Wand, wie er noch im Bett seiner Frau das Essen vorschrieb. Sie mußte den ganzen Tag Gemüse putzten, während der Mann sich dem Angeln widmete.Ich gehe heute in die Stadt," sag!« die Frau«inmol Neinlaut,aber ich bringe euch Semmeln mit." Andere sind ehemalige Seeoffiziere und scheinenCriimerungen" an entschwundene Zeiten zu seiern. An ihrem Heck weht die alte Kriegsflagge. Hier ist da- Abenteuer des Feldzuges ohne den Ge- ruch des Blutes! Eines Nachts in der Schutzhüttc treffe ich Irmgard. Sic ist siebzehn Jahre alt, blond, sehr schön gewachsen und besucht in Berlin   das Lettehaus. Mit ihrem Bruder Donkmar, einem fünf- zehnjährigen Gymnasiasten, oerbringt sie im Faltboot die Ferien. Sie wechselt ihre Freunde je nach der Güte ihrer Fahrzeuge. Dafür kocht sie ihnen großzügig das Essen. Während Irmgard mit einem Paddelbootbesitzer mit Außenbordmotor nach Waren gefahren ist (der Besitzer des Faltbootes ist erledigt), läuft Donkmar, kurz ge- scharen, pfiffig und auf das äußerste vernochläsflgt in einer feigen- blattgroßen Badehose umher. In den linken Fuß hat er sich bereits einen rostigen Nagel getreten, dessen Wunde vollkommen vereitert ist. In der Frühe wirft Irmgard einen flüchltgen Blick auf den schwarzen Lappen.Ra, wie geht's deiner Flosse?" Dos ist der Ton. in dem sie iM ihm verkehrt. Dabei sind beide aus guter Familie. Der Bat«. Unioersttäts- professar in Berlin  , jetzt in die Provinz versetzt, läßt beide allein in Berlin   die Schule besuchen. Moderne Kinider? Moderne Eltern? Auch d!« Eltern kämpfen heute uni ihr«. Lebensfreiheit. Im vorigen Jahre wollten zwei Schüler bei stürmischem Wetter aus ihrem Ruderboot über die Müritz  . Man warnte sie, als sie abkochten.Nun, dann ist das eben unser Henkersmahl," anworte- ten sie trocken. Zwei Tage später trieb die Flut ihre Leichen wie tote Robben ans Land. EsblitztinderRacht. I Zwei Tage später geroten wir auf der Höhe der Müritz   in ein Gewitter. Man kann noch so vorsichtig sein, man entgeht nicht jeder Gefahr. Der Abend war von namenloser Schönheit, der ganze Himmel ein« Mischung von grauen und rosa Farben. Dies alles bewegte sich spielend und leicht durcheinander mit jener Anmut, mit der ein Schleier sich in den Händen einer Frau bewegt. Der
Himmel bekam den Staubglanz der in die untergehende Sonne ge- tauchten Wüste. An solchen Abenden glaubt man, daß die Data'- merungxniemols aufhören wird. Eine Stunde später war das ganze Wasser schwarz, st'll und reglos, während der Himmel noch immer leuchtete und mitten In den zusamnrengewundenen Wolken eine blutrote Knospe steht D;c Fischerboote, die noch kurz vorher draußen waren, sind auf ein- mell verschwunden. Das schwarze Waldstück am Ufer, dos ich feit einer Stunde beobachte, will nicht hmter uns rücken. Das Dost scheint still zu liegen. Es blitzt irgendwo in der Ferne. Eine lange Wells krümmt sich wie eine offene Hand und schließt die weißen Fingerspitzen. Die Dünung nimmt zu. Auf einmal sehe ich, daß unser Boot luvgierig ist. So sehr ich gegen das Steuer presse, die hohe Dünung drückt die Spitze des Bootes immer wieder in den Wind. Das erst« Wasser schlägt über das Heck. Roch unerreichbar zuckt das Blinkfeuer des Bolter Kanals fern in der schwarzen Nacht. Es war ein peinlicher Augenblick. Nirgends zeigt sich die un° heimliche Urkraft der Erde so wie in dem vom Winde ausgewüh'ten Wasser und man ist ihm in seinem kleinen Boot so nahe. Es keucht wie ein schluckendes Maul. Leonore, die sich auf den Boden des Bootes schlafen gelegt hat, schreckt plötzlich auf. Es donnert, dos Gewitter zieht näher. Wir ließen die Segel herunter und rissen den Motor, der uns nicht im Stich ließ, an. Dollgas! Schäumend peitschte dieeiserne Flosse" das Wasser und bald waren wir zu unserem Glück aus der hohen Dünung heraus. Ich fühlte, wie die Hand Leonores neben mir auf der Steuerspnrn« zitterte. Eine halbe Stund« später gleiten wir laut knarreiid in die schlafende Zeltstadt. Unter den Bäumen brennt noch ein Holzstoß und beleuchtet phantastisch die am Feuer hockenden Gestalten. Aus dem Schlaf gestört« Gesichter blicken durch die Zeltwaud. Hilsretch wirft man uns eine Leine zu. Ich stelle den Motor ab und debke, vielleicht hat er uns das Leben gerettet! Einen Augenblick hält die düstere Nacht den Atem an. Der Regen rauscht. Das Gewitter ist da!-- Als wir ani Morgen zum Abschied das Tau lösen, winkt Irmgard uns lachend von Bord eines großen Segelbootes aus zu. Sie ver- bessert sich: wenn ist dos nächstemal wiederkehre, wird ihre Freund- schoft gewiß bis zu dem Besitzer eines Motorboote» vorgerückt fein. Dankmar angelt am Ufer Grünlinge.Sie sind, klein, haben aber einen fetten Schmerbauch," behauptet er schmunzelnd.Sechs habe ich schon mit demselben Regenwurm gesangen. Der Köder ist ganz zerkaut." Lebt wohl, Irmgard! Lebt wohl, Dankmar! Holloh, Schiffs- tapitäne! Wie ergötzlich ist es, euch ollen zuzusehen. Kotzeichoft dehnt die Flut unter uns den schmeichelnden Leib. Singend öisnen die Bäume darüber ihre wiegenden Arme. Die Fahrt geht w-'ter. Vorwärts! Wind in die Segel!
Minus'.Merrmnnn: f OXVl C1IVhisti,y Bis Ellen Humphrey ihm über den Weg lief, hott« I i rn (Soll ins unter den ehrlichen kootlexxm*) von New York   guten Ruf genossen. Angefangen hatte er mit einem Regenschirmgaschäft in der zweiten Avenue. In die Regenschirme waren lange Röhren eingenäht, die den Whisky enthielten. Das war im ersten Jahre der Prohibition. Die Konkurrenz staunte über Jims Ilmfotz an Regenschirm«». Eines schönen Sommerabends mußte Jim fein Ge- schüft aufgeben. Eist nach einem Jahre kehrte Jim von feinerGejchäftsreise" zurück. Er eröffnete eine Teestube in der elften Avenue. Selbst bei der Polizei waren seine bunten Eisgetränke geschätzt, die vor aller Slugen zubereitet wurden und garantiert keinerlei Alkohol enthielten. ?lber das Prunkstück des Lodens war ein riesiger Kupferkessel, der hinter der Bar in einsamer Größe prangte. Rur Jim bediente ihn. kein anderer durste in seine Röhe. Bei der ersten Drehung b s tiahnes spendete er Tee, bei der zweiten Drehung Kaffee. Solche Kupserkessel, nach den neuesten Methoden der Technik hergestellt, gab es außer bei ihm bloß noch in Paris  , erzählte Jim seinen lauschen- den Kunden. Nur die Eingeweihten wußten, daß bei der drit'cn Drehung des Hahnes erstklassiger Whisky floß. Das ging, bis Ellen Humphrey ins Geschäft kam. Wo Jim sie hergeholt hatte, wußte niemand zu sagen. Eines Tages war ff« da und bediente mit lächelndem Augenaufschlag. Sie hatte milchreinen Teint,»blondes 5)oar, rote Backen und große, braune Auge». Ellen durfte sogar den Hahn des Kupferkessels dreimal umdrehen. Als sie acht Tage im Dienst war, machte Jim ihr den ersten Heirots- ontrag. Ellen Humphrey lachte und erklärte, sie sei gekommen, um zu verdienen, und nicht, um zu heiraten. Jim wurde traurig darüber und überließ ihr allein die Bedienung des Kupferkessels. Der Umsatz verdoppelte sich innerhalb von vier Woche», aber diebessere" Kundschaft hielt sich zurück. Das lag einmal dora-i. daß Ellens Augen allerlei zweifelhast« funge Leute herbeizogen, dann aber faß Jim von früh bis spät in einer Ecke, starrte Ellen an und vergaß darüber, daß der preiswerte Kauf guten Whiskys keine Angelegenheit war. die sich im Handumdrehen erledigen ließ, wie etwa der Ankauf einer Shagpfeife oder eines Ford. Die Qualität ließ erschreckend nach, und die Stammkunden siedelten um. Drei Straßenecken weiter nahm man den Whisky besser und in an- genehmerer Gesellschaft. Abends ging es jetzt bei Jim laut zu. Die Polizei drohte, den Betrieb stillzulegen. Rur   daß sie niemals Mkohol entdecken konnre, hinderte sie daran. Um diese Zeit machte Jim Ellen den zweiten Heiratsoiitrog. Sie sagte, es gehe ihr gut und sie habe nicht die Absicht, unter dem Befehl eines Mannes zu leben, der ihr gewiß alle ihre Vergnügungen»erbieten würde. Dabei lächells sie einem jungen Matrosen zu. der eben den Laden betrat. Am nächsten Tage schenkte Jim ihr zwei goldene Armreifen. Ellen streifte sie über ihre schmalen Handgelenke und lächelte. Jims Whisky wurde untrinkbar. Rur Ellens Augen war e, zu danken, daß überhaupt noch Kundschaft kam, Jim fragte schon längst nicht mehr, was für welche. Die farbige» Eisgetränke, die er m fchte. schimmerten jetzt schmutziggrau, der Kupserkessel war zerbeult und fleckig. Ellen lachte mit den Matrosen. Das dauerte zwei Monate. Dann wurde �llen trank. Jim *) Altoholschmuggler.