Zentrum/ Haag/ Arbeitslose. Sitzung der Reichstagsfraltion in Kreiburg. Die Zentrumsfraktion des Reichstages trat am Sonn- abend mittag zu einer Sitzung zusammen, an der auch der !Keichstmnister für die besetzten Gebiete. Dr. W i r t h. teil- nahm. Dr. Wirth berichtete über die chaager Verhandlungen. Die Lentrumsfraktion sprach Dr. Wirth einmütig ihren Dank für die von ihm im Haag geleistete Arbeit aus. Von einer Aussprache und endgültigen Stellungnahme zu dem Ergebnis der Haager Verhandlungen sah die Zentrumsfrak- hon ab. Sie beschloß, in allernächster Zeit in Berlin zu den Ergebnissen der Haager Konferenz Stellung zu nehmen. In eingehender Aussprache befaßte sich die Zentrums- fraktion sodann mit der Reform der Arbeitslosen- Versicherung. Sie billigte einmütig die Haltung ihrer Mitglieder im sozialpolitischen Ausschuß des Reichstages. In der Zentrumsfraktion war man der Auffassung, daß die sofortige parlamentarische Erledigung der Arbeitslosen- Versicherungsreform dringend sei. Die Beschlüsse des sozial- politischen Ausschusses des Reichstages erschienen geeignet. alle Mißbräuche der Versicherung durch Arbeitgeber und Versicherungsnehmer auszumerzen. So der offizielle Bericht. Logischerweise müßte nun das Zentrum die Reform der Arbeitslosenversicherung als durch die Beseitigung„aller Mißbrauche� abgeschlossen de- trachten. Leider ist nicht ganz klar, ob der sehr vorsichtig ab- gefaßte Bericht so gemeint ist. Protest Christlicher Gewerkschafter. «Hegen den Abbau der Arbeitslosenversicherung. Münster i. VS„ 31. August. Eine sehr gut besuchte Delegiertenversammlung der Thristlichen Gewerkschaften nahm zur Frage der Reform der Arbeitslosenversicherung eine Einschließung an, in der schärf- her P r o t e st eingelegt wird gegen eine so weitgehende und tief einschneidende Einschränlung der bisherigen Gesetzesbestimmungen. Sie hält den im Entwurf formulierten Begriff der Arbeitslosigkeit, die vorgesehene Berändenrng der Wartezeit sowie auch di«>An- rechnung der Sozialrenten für untragbar. Die Ver- sommlung lehnt ebenso eine Verschlechterung der Derstcherung der Saisonarbeiter ab. Es dürfte nicht den Arbeitnehmern und Arbeitgebern allein überlasten bleiben, die Lasten der Arbeitslosen- Versicherung zu tragen. Dem Grundsatz der Gerechtigkeit entspräche cc, wenn auch die Allgemeinheit zu diesen Lasten zugezogen wird. Die Versammlung erhoff« vom Sozialpolitischen Ausschuß, daß er einem Arbeiislosenversicherungsgesetz, welches obigen Gesichtspunkten nicht Rechnung trägt, die Zustimmung oersagt. Paris droht mit Rom . Aus Aerger über Snowdens HortnSckiqkett. pari». 31. August.(Eigenbericht.) Di« französische Delegation im Haag hat sich nach Hendersons Versicherung von der unvermindert«» Herzlichkeit der englisch - französischen Beziehungen zu einer ähnlichen Erklärung verpflichtet geglaubt. Sie ist allerdings wesentltch kühler ausgefallen und stellt fest, daß»die Entente, wie sie zu Beginn der Verhandlungen bestanden hätte, durch die Auseinandersetzungen im .k>aag nicht gelitten hätte". Man scheint danach selbst in den ofsi- .stellen französischen Kreisen sich keinerlei Mühe zu geben, die starke Verstimmung, die Snowdens Haltung im Haag in Frankreich ausgelöst Hai. zu verhehle«. Diese Verstimmung hat namentlich in den Polemiken der Pariser Press« ein« Schärfe angenommen, die die«nglisch-französtsche Freundschaft zumindestens in der öffenllichen Meinung stark obge kühlt erscheinen läßt. Wenn daraus auch dem Bestand der Entente zunächst keine ernsthaften Gefahren drohen, so ist doch einstweilen nicht abzusehen, welche Ruckwirkungen sie auf die Politik der beiden Länder haben wird. Totsache ist jedenfalls, daß in Frankreich in <ewisien politischen Kreisen bereits fest einigen Tagen eine S t r ö- ,'i u n g am Werke ist. die dafür Propaganda zu machen ver- nicht, die englische Freundschaft, die sich<m Haag ähnlich wie seiner- zeit bei der Ruhrbesetzung als eine Illusion erwiesen habe, durch eine Annäherung an Italien zu ersetzen. Zwei der führenden Pariser Blätter, der„Matln" und.Petit Pa- risien" beginnen am Sonnabend mit der Veröffentlichung einer En- auete über die französisch-italienischen Beziehungen, und ein Blatt spricht ganz offen den Gedanken aus. daß die französische Außen- rolitik sich bemühen müsse, durch Ausnutzung der sranzösijch-stalie- vischen Solidarität, die sich im Haag so glänzend bewährt hat, den Verlust der englischen Unterstützung wettzumachen. Es ist wohl kaum anzunehmen, daß hinter dieser Kampagne amtliche f r a n- zösifche Stellen Rehen. Immerhin schetnt sich hier«m« Ent- wicklung anzubahnen, die früher oder später zu einem Kurswechsel auch der amtlichen französischen Politik führen könnt«, falls es der persönlichen Aussprache zwischen Briand und Macdonold, die am Sonnabend in Pari? begonnen hat und die während der nächsten Woche in Genf sortgesetzt wird, nicht gelingen würde, die Kluft, die Snowdens Unnachgiebigteit im Haag aufgerissen hat, zu überbrücken?_ Die Sonnabend-Premieren. .Oantons Tod" in der Lottsbühne. Die Erstaufführung von„vantons Tod" in der Volksbühne war ein starker Erfolg. Karlheinz Martins Auffassung des Werkes ist von lebendiger Eigenart. Don Szene zu Szene verstärkte sich der Beifall. v. S.-M. »Oer Unwiderstehliche' von S6raldy und Spitzer. Die K a m m« r s p i e l e begannen dos, was trotz der Hundstage Wintersaifon heißt, indem sie sonst an der erotischen Phantasie ihres interessierten Publikums rüttelien. Es war ein geistig kühler Abend. er legte dem Zuhörer allerdings manche Altweibersommerstrapazen auf. er Unwiderstehliche" verkiündet sein« Lebenstunde, und sie bedeutet, daß die Pariserin von ISA schr energisch zur An- ständigkeit aufgefordert wird. In Berlin wurde dies« überroichend« Moral anerkannt und mit sreundstchem Beifall geehrt. M. H,
Als pugenberg L, der Cheruskerfürst, den Sedanstag herannahe« sah, fühlte er die Zeit für seineu Reklamefeldzug gekommen. Und so langte er sein versilbertes Htfihom von der Kommode, wanderte auf die Höhen des Teutoburger Waldes und stieß mit -Ivo PS. an Lungenkrast in besagten Tafelaufsatz.
La, da strömte« bald die Scharen all' derer zusammen, die beim besten Willen nicht alle werden. Reisige Mannen vom Stamm« der Stahlhelmiten, ebenso die vom Stamme der wilden Haken- kreuzindianer(begleitet von diversen Thusnelden) strömten zu. häuf, wilde männermordende Plakate schwingend.
„Söhne Teusts!" so begann der große viktaturkandidat.„Söhne Teut'S! Die Zeit, tu der wir unsere Schulden bezahlten, ist vor- hei! Wer ebenso denkt, trage sich tu metue eigeus zu diesem Zweck angefertigte Liste ein!"„Hug", murmelte der Chor,„die große Schwarzwetßrothaut hat gut gesprochen."
-CiLÖ«aAT-Vt.. Lud so ließ sich der Troß in den umliegenden Schenken nieder.— Später kam der heldische Cheruskerfürst, um iluterfchrtfien auf feiner Schreibtafel zu sammeln. Jedoch niemand rührte den Griffel au.„Bin ich denn unter Rote geraten?" wütete Hugenbcrg L„Aber nein!" rülpste friedlich der Chor.„Hier ist alles— blau—--"
Die„Kreuzzeitung " beschäftigt sich sehr ausführlich mit den Ausführungen des„Vorwärts" über den Erfolg der Haager Konferenz: Der„Vorwärts lügtmit einerFrechheitfür feine Partei, die von feiner und feiner Partei Gewisienlosigkert und Ver- antwortungslvstgkeit zeugt. Nach ihm gibt es nur Erfolge im Haag. Alle Opfer, die die deutsch « Delegation gebracht hat, werden bagatellisiert. Der„Vorwärts" ist nun einmal so national, in der B e- freiung des besetzten Gebiets einen entscheidenden Erfolg zu erblicken. Daß das andere auch tun, darüber kann sich die„Kreuzzeitung " von der--„Deutschen Zeitung" belehren lassen, die zu der Freudenkundschaft der Stadt Aachen das folgende schreibt: Die nächsten Tage und Wochen werden wohl eine ganze Reihe ähnlicher Botschaften bringen. Es ist ja auch nur zu verständlich, daß man im Rheinland ausalmel, nun endlich greifbarere Aus- sichten auf die so oft schon angekündigt« Befreiung vom Besatzung»' joch zu haben. Es ist niemand in Deutschland , der nicht von der gleichen Genugtuung bewegt würde. In der„Kreuzzeitung " ist von dieser Genugtuung nichts zu bemerken, desto mehr von Angst vor der Sozialdemokratie. Davon einige Proben: Der Weg nach innen ist frei. Die Sozialdemokratie hak im Haag deu gewünschlcu Erfolg errungen. Durch den Abschluß der Konserenz ist das„unnatürliche llebergewicht der Außenpolitik über die Innenpolitik" gebrochen. Di« Sozialdemokratie ist der ihr un> bequemen außenpolitischen Sorgen ledig, sie kann nunmehr ihr« Ellenbogen rücksichtslos gebrauchen. Man muß ihnen schon lassen, daß die Sozialdemokratie alle Hintertüren kennt, durch die st« sich in den Staat schmuggeln kann, um ihn zu«robern. Sie weiß die Weimarer Dersasiung als Waffe zu gebrauchen und scheut vor einem lallen Putsch nicht zurück. Er soll nur kein Aufsehen erregen Parolen: Lastenoerteilung. Beginn des Kampfes: die Arbeitslofenversicherungs- reform. Es ist der Sozialdemokratie glücklich gelungen, st« bis zum Hoager Ende zu verschleppen. Ihre Position hat sich dadurch wesentlich verstärkt, sie kann jetzt alle Konsequenzen in ihre Rechnung einbeziehen, und sie tut es. Uns ist in dieser Situation die Linie vorgezeichnet. Wir werden uns nicht mit der Abwehr begnügen, sondern zum Gegenschlag ausholen müssen, frühzeitig genug, um die Berechnungen der Sozi.il- demokratie über den Haufen werfen, ihr« Pläne durchkreuzen zu können, wir wlssen, daß die Sozialdemokratie nur da» eine Ziel der Eroberung de» Staates kennt. Sie ist der große Gegner ge- blieben, der sie schon Jahrzehnte gewesen ist, sie wird aber auf Widerstand stoßen, der sowohl außen- wie innerpoliiilch orientiert ist. Bleibt vor allem auch die Frage, was geschieht mlt Strefemann? Er stützt sich und wird gehallen nicht in erster Linie von seiner Partei, sondern von der Sozialdemokratie. Daraus ergibt sich auch innerpolitisch olle» weitere von selbst. An ihm wird die Bereinignnz de» deutschen politischen Leben» nicht haltmachen. Strefemann
gehört zu den Sachwaltern dieses Systems, er ist auf Gedeih und Verderb mit ihm und feinem endgülligen Schicksal verknüpft. Generalabrechnung ist das Signum der kommenden Zelt. Was die Behauptungen der„Kreuzzeitung " über das Verhältnis der Volkspartei zu Strefemann betrifft, so ist es Sache der Volkspartei, sich zu ihnen zu äußern. Im übrigen hat die.�kreuzzeitung" mit bewunderungswürdigem Scharfsinn erkannt, daß die'Sozioldemokratie den Staat erobern will. Dazu ist sie allerdings durch die Verfassung von Weimar legitimiert, die jeder Partei das Recht gibt, die Mehrheit im Volke und damit die Macht im Staate zu erringen. Die.�kreuzzeitung" nennt das einen „kalten Putsch". Sollte sie diesem„kalten Putsch" etwa den „warmen" entgegenstellen wollen, so wird ihr und ihren Freunden gedient werden. Davon abgesehen ist der Artikel der.„Kreuzzeitung " ein Beweis mehr dafür, daß für die Außenpolitik der Deutsch - nationalen inner politische Gründe maßgebend sind. Die deutsche Republik mit dem sozialdemokratischen Kanzler darf keine außenpolitischen Erfolge erzielen— werden sie dennoch errungen, muß man sie verkleinern und in das Gegenteil um- lügen. Das„Volksbegehren" gegen das Ergebnis der Haager Konferenz ist keine„nationale Tat", sondern ein Akt des Klassenkampfes von oben. Die„Kreuz- zeitung " wird sich aber davon überzeugen müssen, daß die Sozialdemokratie auch aus diesem Kampfe mit vermehrter Macht hervorgehen wird.
Severins aufhängen! Die»Deutsche Arbeitgeber-Zeitung' bedauert, daß das noch nicht geschehen ist. Die„Deutsche Arbeitgeber-Zeitung" brachte neulich eine Be« sprechung eines Luchs über die Geschichte des Ruhrbergboues und leistete sich darin u. a. folgenden Satz: „Unklar bleibt nur. was General Waller hinderte, den Mann, der ihn in der Ausübung militärischer Erfordernisse hemmte, zu arretieren und im Staatsinteresse aufzuknüpfen." Der Satz bezieht sich auf die Vorgänge von 1319, und der Mann, der noch dem Wunsche der„Arbeitgeber-Zeitung" hätte auf- geknüpft werden sollen, war der damalige Reichs- und Stoatskom- mistar S e v e r i n g. Angriffe, die wegen dieser unglaublichen Aeußerung gegen die organisierten Arbeitgeber erhoben wurden, hatten weiter kein« Folge, als«ine Erklärung aus„bergbaulichen Kreisen", daß die„Deutsche Arbeitgeber-Zeitung" mit der offiziellen Vertretung der Ar- beitgoberverbände nichts zu tun habe. Irgendein sachliches Abrücken von der„Arbeitgeber-Zeitung" ist nicht erfolgt. Severing wird die ihm van den Arbeitgebern erwiesen« Ehrung zu schätzen wissen!