Unterhaltung unü Missen jss*
Johann Kiedrich Warnken:
SBtvei Weiden
Mit rasender Geschwindigkeit saust der Expreßzug durch das öde Einerlei der Ebene, durch die romantische Schönheit der Wälder und Gebirge. Oede und romantisch für die Reisenden, gleichgültig für den Lokomotivführer, der, das Gesicht schwarz von Feit und Ruß, vorn auf der Maschine steht. Ruhig und klar blickt er auf die Schienen, die das eiserne Ungetüm mit unersättlicher Gier zu ver- schlingen scheint. Durch ihn bekommt dieser Organismus aus Eisen und Kupfer erst seine gewaltige Kraft, die, entfesselt, Vernichtung und Verderben bringt. Er ist sich immer bewußt, daß er einen feindlichen Willen unerbittlich beherrschen muß, daß kein Aechzen und Stöhnen ihn verwirren oder betäuben darf. Sein Blick beobachtet beständig die Hohe des Dampfdrucks auf dem Manometer; immer kombiniert sein Gehirn, damit er jedem eigenmächtigen Willen des Kolosses zuvorkommen kann. Nie ver- gißt er, daß er Laben und Tod, Glück und Unglück Tausender in der Hand hat. Tausende hat er mehr als einmal vor allen Schrecken eines Zusammenstoßes bewahrt, indem er, schnell entschlossen, eigen- mächtig auf der Strecke hielt. Keiner hat ihm je gedankt. Sie wußten es nicht einmal. Viele machten ärgerlich ihrem Unwillen über die Verzögerung Luft, und nicht selten trafen ihn feindlich« Blicke. Er will auch gar keinen Dank. Mit all diesen Tausenden verbindet ihn nichts. Daß er ihr Leben beschützt, erscheint ihm selbstverständlich. Wenn sie im ge- heizten Abteil dem melancholischen Prasseln des Regens gegen die Fensterscheiben lauschen oder die großartige Schönheit eines Schnee- sturmes genießen, der ihnen nichts anhaben kann, wird er vorn auf der Maschine bis auf die Knochen durchnäht: Regen und Hagel reißen ihm die Haut von Gesicht und Händen, seine Augen brennen, und er ist starr vor Kälte. Niemand denkt an ihn. Nicht einmal einen Blick haben sie vor der Abfahrt auf ihn geworfen: sie wissen gar nicht, wem sie ihr Leben und das Schicksal ihrer Familie an- vertrauten. Ist es ein Wunder, daß er sich auch um sie nicht kümmert? Er steht, wie von einem höheren Willen dahingestellt, fest auf dem Koloß, der ihn trotz der gährenden Kräfte in sich nicht ab- znschütteln vermag, weil er immer der Stärkere ist. Die Glut des Kesiels verbrennt ihm die Haut, Regen und Sturm zerschneiden sie ihm: Blitze wollen seine Sehkraft zerstören, Donner sein Gehör erschüttern. Umsonst! Er ist ein Gigant, der den Naturkräften gewachsen ist. ♦ ♦* Ein Blick auf die Uhr: eine Bewegung des Hebels; der Loko- motivführer verlangsamt die Geschwindigkeit des Zuges. Dann ein kurzer Pfiff. Der Abendhimmel ist dämmerig grau. In den Wäldern rechts und links ist es schon dunkel. Die Strecke macht jetzt eine große, ganz allmähliche Biegung. Der Lokomotivführer reguliert mit sicherer Hand. Die Maschine stößt schärfer; die Räder reiben hart die Schienen. Nun ist der Wald zu Ende. Die Strecke liegt wieder öde und weit in gerader Linie da. In der Ferne taucht ein großes Stations- gebäude auf: dahinter dehnt sich ein Häusermeer aus. Ein Blick auf die Signallichter, die matt durch den Abendnebel leuchten, und auf die Stellung der eisernen Arme. Alles ist in Ordnung. Der Zug kann einfahren. Ein langgezogener Pfiff. Schwerfällig keucht die Lokomotive. während der Zug in die weite Glashalle fährt. Langsam quält sich die lange Kette der Wagen vorwärts und steht endlich still. Fünfzehn Minuten Aufenthalt. Die Reisenden verlassen die Abteile, recken sich auf dem Bahnsteig und nehmen Erfrischungen. Der Lokomotivführer überzeugt sich, daß für die Weiterfahrt alles in Ordnung ist, und überläßt die Maschine dem Heizer. Jetzt hat er ein paar Minuten für sich. Er begrüßt Bahn- beamte. Man spricht über das furchtbare Schiffsunglück, das seit gestern die ganze Welt in Spannung hält. Ein großer Passagier- dampfer ist verunglückt: über tausend Mannschaften und Passagiere fanden den Tod in den Wellen. Endlich bringt die Zeitung
ema mming; VtHd'WegS Das Leben fetzt sich zusammen aus Erinnerungen und sie sind weiter nichts als scharf beobachtete Kleinigkeiten, die im Gedächtnis haften bleiben. Das Leben ist die beklemmende Angst eines drückend heißen Gewittertages, es ist die düstere Stimmung trister Regen- stunden, die dich besonders schwer belasteten, weil dein Herz gerade Lerd trug und das Leben ist irgendein bunter Farbenreflex, der in die oierundzwanzig vorschriftsmäßigen Stunden eines Tages huschte. Und deine Ferien, deine Reisen?$>i« sind dein dankbares Losgelöst» fein vom Alltag, sie sind dein stetes Unterwegssein nach neuen Ein- drücken, sie sind dein Eingestclltsein auf die Freud « am Aller- kleinsten. Du freust dich ob deiner Erholungstage, aber Eigensreude allein Ist ein leerer Zustand des Herzens, du bettelst um Miifreude. Selten est sie unter Menschen zu finden. Sie ist meistens erheuchelt, wenn nicht gar mit Gönnertum oder Mitleid oermischt. Aber du suchst nach irgendeinem Zeichen, daß sich auf dich als Reisenden freut. Darum jauchzt du innerlich auf, wenn, wie zum Beispiel in Prenz- lau. Blumen in Ampeln gehängt oder in Behältern an elektrischen Lichtmasten befestigt, das Bahngelönde schmücken. Diese Blumen sind für dich zur Augenweide da. Sie sagen dir,— da du freudebereiten Herzens bist—.„wir sind glücklich darüber, daß du reisen darfst". Dich deucht, es gäbe gar keine Mißgunst mehr in der Welt. Solche netten Hirngespinste aber sind notwendiges Reisegepäck. All« Bahngeländ« sind verräuchert, alle Bahngelönde sehen ziemlich gleich aus, aber dies« Bohnsteig« in Prenzlau stehen voll Blumen und darum leuchten sie in deiner Erinnerung als rote, quellende Freude. U eberall tut man jetzt etwas für die Kurgäste, das muß man schon, wegen der Konkurrenz. Die meisten Aufwendungen stimmen unsympathisch, da sie durch die entrichtete Kurtaxe überreichlich be- zahlt sind oder leise eine geplante Erhöhung der Kurtaxe andeuten. Die Mehrzahl der Aufmerksamkeiten ist zu summarisch, zu sehr ein« Geldbeutelangetegenheit. Aber in Saßnitz aus Rügen, da hatte«ine lieb« Hand in den Lenzer, und in den Kieler Bach je eine klein« handgearbeitet« Wassermühle gesetzt. Di« Bächlein fließen w wich-
verbürgte Nachrichte». Alle Rettungsboote schlugen um, nur eins, mit vier Männern entkam. Leute aus dein Zwischendeck. Diese wissen nicht, wie das Unglück geschah, aber sie ergehen sich in begeisterten Lobesäußerungen über das Verhalten des Kapitäns, den sie mit dem Schiff in die Tiefe sinken sahen, obwohl er sich hätte retten können. Jedes ihrer ungeschickten Wort« steht in der Zei- tung, und wahre Hymnen auf d'em Kapitän schließen sich daran. Der Lokomotivführer lächelt. Er ist eine zu einfache Natur, um Vergleichs zwischen sich und diesem Manne zu ziehen. Sein Denken bleibt in engen, aber natürlichen Grenzen. Was er liest, erscheint ihm zu viel: die Tat dünkt ihm jetzt kleiner als im ersten Augenblick: sie hat für ihn die Größe verloren: die Größe, die an strenge Pflichterfüllung gewöhnte Menschen verstummen läßt. Nun zwingt ihn doch etwas, sich mit dem Kapitän zu ver- gleichen. Haben sie nicht beide dieselbe Verantwortung? Es haben ihnen Menschen ihr Kostbarstes anvertraut: ihr Leben. Sie beide haben nicht das Recht, an sich zu denken, so lange noch ein einziger dem Tode entrissen werden kann.-- Der Aufenthalt neigt sich dem Ende zu. Der Lokomotivführer sieht die Reisenden eilig die Wartesäle verlassen und dem Zuge zu- streben. Nachdenklich gibt er die Zeitung zurück und besteigt die Maschine. Er läßt den Pfiff zur Abfahrt ertönen, greift nach dem Hebel, richtet seinen Blick abwechselnd auf die Strecke und das Mono- meter und steht wieder im Dienste seiner Pflicht. »» • Es ist jetzt ganz dunkel. Das Ungetüm rast wieder durch Städte und Dörfer, Wälder und Wiesen, über Brücken und durch Tunnels. Seine glühenden Augen lassen die Schienen wie Schnei - den scharf geschliffener Messer funkeln. Seinen Scheitel umwallt eine Wolke schwarzen Rauches, undurchdringlicher als die Nacht. Sicher, wie immer, steht der Lokomotivführer auf seinem Posten. E i n Gedanke will nicht aus seinem Gehirn schwinden: daß sein Leben auch seiner Familie gehört. In etwa sechs Stunden wird er Frau und Kinder wiedersehen. Es ist ihm zum erstenmal, als ob er diesen Augenblick nicht erwarten könne! Die gewaltige Sehn- sucht nach den Seinen beherrscht ihn wie ein Angstgefühl, das ihm bisher fremd war, und krampst sein Herz zusammen. Er hat den heißen Wunsch, sein Weib jetzt zu unrarmen, seine Kinder zu küssen.... Der Zug nimmt eine scharfe Kurve. Der Lokomotivführer zuckt jäh zusammen. Auf seiner Strecke ein anderes Ungeheuer!! Wie ist das möglich?! Blitzschnell durchjagen unzusammenhängende Gedanken sein Gehirn: ein Irrtum bei der Abfahrt? Ein falsch gegebenes Signal? Ein Versehen bei der Ueberbringung der Order? Eine mißverstandene Depesche? ... Er weiß es nicht. Ihn trifft keine Schuld! Er hat keine Gegenorder erhalten, fein Zug fährt auf dem richtigen Gleise und hat keine Verspätung! Doch alles Handeln ist umsonst! Das Un- glück ist nicht aufzuhalten!! Er braucht nur in die wuchernde Grasoegetation zu springen und ist gerettet. Schlimmstenfalls wird er einen Arm- oder Bein- bruch davontragen, aber er bleibt seiner Familie erhalten. Dieser Gedanke stirbt schon im Keime, und er folgt dem erhabenen Macht- befehl der Pflicht.' So steht er da: ein Held! Er tut noch alles, was in seiner Macht ist. Mit fester Hand drückt er auf den Hebel, läßt ein schrilles Alarmsignal durch die Nacht gellen und gibt Gegendampf. Aber die beiden Ungeheuer wollen sich packen, obgleich auch auf der anderen Seite ein entschlossener Mann auf den Hebel drückt, das Alarmsignal erschallen läßt und Gegendampf gibt. Umsonst! Noch eine letzte verzweifelte Kraftanstrengung auf beiden Seiten, dann ein tosendes, erschütterndes Krachen, brechende Eisenteile, berstende Dampfkessel, sich übereinondertürmende Wagen. Gleichzeitig Hilfe-, Angst-, Verzweiflungsschreie und Todesgewinsel. Zwei Ungeheuer haben gesiegt! Zwei Bändiger sind über- wunden!
tigtuerischer Geschwätzigkeit in die Ostsee . Ihr erreichtes Ziel wirkt nahezu lächerlich, denn die Bächlem find kaum ein paar verlorene Tropfen in der Unergründlichkeit des Meeres. Um sich den Weg zu bahnen, eilen die Bäche durch Schluchten, die ein Stückchen Roman- tik verteidigungsbereit festhalten. Und inmitten dieser geheimen Schauerlichkeit der Romantik, inmitten der Hast des Bächleins drehen sich die kleinen Wassermühlen. Dir zur Freude hingestellt. Du bist nicht einsam an diesem Ort, du bist hier gut bekannt, denn sonst würde sich doch niemand die Müh« geben, dir eine Freude zu mache»! Du willst aber nicht nur Ausruhen von der Arbeit, von dem zum Ueberdruß Bekanntsein mit deiner ganzen Umgebung, du willst auch Ausruhen von deinem eigenen Uebelnehmen. Darum auch erfaßt du sofort die Komik, selbst wenn du etwas unangenehm darin ver- wickelt sein solltest. Wie nett Ist beispielsweise, wenn du gezwungener- maßen unter Dach und Fach eilst und noch, bevor du dir einen guten Sitzplatz aussuchst, deine Blicke die Wände entlang gleiten und dort nach einer gewissen Tür spähen und dann dienstbeflissen ein provi- sorisch in einen Kellnerfrack gesteckter Eingeborener zu dir herantritt und sagt:„Da sitzt grad jemand drauf". Na, was willst du denn? Der Mann ist darauf dressiert, den Gästen die Wünsche von den Augen abzulesen. Und er nimmt den Befehl genau. Wi« schön ist es ferner, wenn du Stadtentflohener dorfselig deine Ferien genießt. Dorf! Es hat nicht nur feine durch Tier- stimmen unterbrochene Ruhe! Dorf! Es hat seinen eigenen Geruch! Du atmest ihn«in, du bist beglückt. Bis du an die Heimat denkst, im Zuge sitzt und dort die Leute vorsichtig von dir abrücken. Du schnüffelst und es riecht merkwürdigerweise auch hier nach Dorf. Es riecht nach Dorf, selbst wenn du schon wieder daheim bist und in deiner, zu deinem Empfang festlich geputzten Stube stehst. Und dann, ja, dann merkst du erst, daß du mit beiden Füßen in Kuh- Hinterlassenschaften getreten bist und deine Schuhe als zähe Sohlen den Belag der Dorfstraßen tragen. Aber sie sind famos, diese allerkleinsten Kleinigkeiten. Das Leben ist oft bloß eine ulkige Minute, nur«in bunter Farbenfleck. Während unseres Lebens und während unserer Arbeits-Alltage aber sollten wir den Mut haben, mit offenen Augen und empfangsbereiten Sinnen, sammelwütig recht viel unterwegs zu sein,
3temm£. Wie ich in Japan leble Auf japanische Art zu leben, kostet weniger als die Hälfte von dem, was man hier ausgibt, und auf europäische Art zu leben mehr als das Doppelte. Angesichts der geschmacklosen europäischen Hotel- einrichtung in Yokohama begann mein« Frau zu seufzen und wir zogen in ein liebliches echt japanisches Hotel am Fuße des Fujijania, durch das mitten hindurch ein lustiges, silberhelles Bächlein floß. Drei kleine japanische Grazien fielen vor uns auf die Knie, baten uns kichernd die Namen mit Tusche ins Hotelrcgister zu malen, und befächelten uns oben und unten und überall, wo man einen Men- schen fächeln kann. Abends benetzten sie die Papierwond außen mit den Fingern und guckten durch, was wir trieben; und morgens, als wir noch im Bette lagen, öffneten sie die Schiebewände und sagten, daß es Tag sei. Es war sehr gemütlich in diesem Hotel, aber nach einer Woche begann meine Frau wieder zu seufzen und sagte, sie könne keine Eierkuchen mehr essen. Obwohl im heutigen Japan viel und vielerlei europäisch gekocht wird, bleiben in einem echt japanischen Hotel Eierkuchen für den Europäer das einzig Ge- nießbare. Wir fuhren nach dem kosmopolitischen Kob« und dann den Strand hinauf. Im rein japanischen Badeörtchen Tarumi mieteten wir für 26 Pen ein Japonerhäuschen und versuchten so gut es ging darin auf europäische Weise zu wirtschaften. Das Haus war un- möbliert, aber für weitere 5 Pen monatlich bekam ich die nötige Einrichtung, ein paar Schlafdecken, das Moskitonetz, ein Holzkohlen- tischen und Küchengeschirr: ich konnte alles mit zwei Händen in die neue Wohnung tragen. Beim Gemifchtwarcnhändler von diesem Tarumi öffnete ich ein- fach die Schubladen und legte auf jede Ware soviel Geld als ich darauf anwenden wollte. Eine Stunde später fand ich alles in meinem Häuschen vor, samt einem mächtigen Sack Reis, der als Selbstverständlichkeit mitgekommen war— das tägliche Brot. Es wird heute auch viel europäisches Gebäck gebacken: für Leute, die bei Kasse sind, das Volksnahrungsmittel bleibt der Reis. Der Schlächter kam ins Haus: nicht mit einem Wagen, sondern mit einem Korb am Arm, in dem er Hunderte von kleinen Portiönchen in Papier eingewickelt hatte: Beefstcakminiaturen, winzige Kotelettelchen, Liliputbraten, ein Leberzipfelchen, eine Nierenhälfte — Fleisch für eine ganze lange Straße. Jeden Morgen stand ein Medizinfläschchen voll Milch auf dem Holzpodium vor der Hausfront, wo jeder Eintretende die Schuhe zurückläßt, um keinen Staub und Schmutz in die Wohnung zu bringen. Die Geflügelhandlung des Ortes aber bestand aus einem Huhn, das einsam und kläglich vom Türpfosten herabbaumelte. Das Huhn war tot, und die Käufer er- standen, der eine ein Bein, der andere Kopf und Hals, der dritte den halben Bauch: Das ist mit ein paar Kilogramm Reis eine sättigende und bekömmliche Mahlzeit. Ich kaufte den Rest des Huhns, sozusagen das Inventar für einen Pauschalpreis. Das kleine Japonerhäuschen blickte über Binsenköpfe ins silb�r- blaue Meer hinaus und stand nebst anderen Häuschen in einem Garten, wo Japanerinnen ganze Vormittage lang Reis wuschen und ein dienendes Individuum einhcrgina, das mir zeigte, wie man Teller mit Gras säubert und Gabel und Messer zum Reinigen in die Erde steckt. Wir schliefen kunstgerecht auf dem lxider mit Holzleisten durchzogenen Mattenboden, nachdem wir gesernt hatten, das Körper- gewicht richtig zu verteilen. Vormittags steckten wir alles für eine Mahlzeit Nötige in den großen Suxpentopf, schürten ein tüchtiges Feuer drunter an und gingen baden: gefolgt von der ganzen Ein- wohnerfchaft. die uns baden sehen wollte und aus purer Kollegialität gleich mitbadet«. Wenn wir nach Hause kamen, war das Fleisch gar gekocht, manchmal ein wenig hart, manchmal ein wenig angebrannt, aber immer schmeckte es uns vortrefflich. So verbreitete sich der Ruf der zwei Europäer,-die in einem Japonerhäuschen wirtschafteten: und eines Mittags, gerade als wir nach einer tadellos geratenen Universalsuppe mit gekreuzten Beinen auf dem Boden saßen und sehr stolz darauf waren, das Haus» baltungsproblem so gut gelöst zu haben, kamen zwei vornehme Damen, Mutter und Tochter, auf das Haus zugeschritten, um uns in aller Form einen Besuch abzustatten Die Damen näherten sich mit vielen Bücklingen dem Hausfrontpodium, von wo aus man die ganze Häuslichkeit überblickt, und zogen, als sie unserer ansichtig wurden, über diesem Vergnügen höflich den Atem zwischen den Zähnen ein. Der Blick einer Frau erfaßt aber auch immer sehr rasch die häusliche Situation, das Prinzip, nach dem ein Haus ge- führt wird: und über diesen Betrachtungen blieben die beiden Japanerinnen wie angewurzelt stehen. Ein Zittern ging durch ihre Körper, ein Beben, ein Schütteln, bis schließlich die eine heraus- platzte und die andere, in vergeblichem Bemühen, einen Lachkrampf zu unterdrücken, zu Boden sank. Ich nmßte den beiden zu Hilfe eilen, sonst hätten sie sich über unsere Art, in einem Iapanerhaus zu wirtschaften, zu Tod« gelacht. Wir glaubten, in einem Spiel- zeughaus ein passables Heim eingerichtet zu haben, und benahmen uns wie täppische Riesen in einem i,insinnig ausgedachten Wohn- haus, in dem wir olles auf den Kopf gestellt hatten. Wpnn wir Europäer auch über exotische Sitten lachen müssen, so sind wir des- wegen in„exotischen" Ländern nicht weniger lächerlich.
Eine Milliarde für Schönheitssorgen. Einer englischen Statistik zufolge l)at die weibliche britische Bevölkerung im Jahre 1928 nicht weniger als die runde Summ« von 1 Milliarde Mark für Massagen, Parfüms und kosmetische Mittel verausgabt. Die Statistik besagt, daß seit acht Iahren die Besitzer von Schönheitsinstituten und die Coiffeure ihr Einkommen verdoppeln konnten. In der Parfümerie- abteilung eines einzigen englischen Warenhauses wurden im Jahre 1328 für über 1)� Millionen Mark kosmetische Mittel umgesetzt. Zeder Deutsche erhält jährlich 114 Postsendungen. Die Zahl der Postsendungen, die im Durchschnitt berechnet auf den Kopf der Be- oölkerung entfallen, ist in Deutschland von 13S vor dem Kriege auf 114 zurückgegangen. Während vor dem Kriege Deutschland hinter der Schweiz an zweiter Stelle stand, wird es heute außerdem noch von Belgien , Dänemark , England und Holland übertroffen. Der krakalau ist ein Vulkan auf der gleichnamigen Intel in der Sundoftraße. Als im August 1883 der Krakatau in Tätigkeit war. wodurch ein Teil der Insel verschwand, haben sich die Wellen der Luft mehrere Male um die ganze Erde herum fortgepflanzt. Die Druckänderungen tonnten sogar in Europa und Amerika mit Lustdruckmessern aufgezeichnet werden. Englisches Sinderlheater. Im Londoner Kindertheater werden in diesem Winter erstmalig auch Versuche gemacht mit Stücken, die von den Kindern selbst geschrieben worden sind. Als erstes Schau- stück wird ein Lustspieleinakter vorbereitet, der von der 14jährigen Tochter der bekannten englischen Schauspielerin Sybil Thorndile geschrieben worden ist.