Freitag
6. September 1929
Unterhaltung und Wissen
Gerhart Pohl : Der alte Stolbe
In feuchtem Grau lag der große Holzhof. Die Menschen im mächtigen Herrenhaus und die Menschen im niedrigen Baradenbau des Gutshofes schliefen noch. Ueber der Straße lagen Dunkel und Schweigen. Schon hatte der Laternenlöscher die Runde gemacht. ,, Sauerei, vafluchte!"
Das Hoftor tnarrte. Einer fam angeschlurrt. Die windleeren Segel der verschabten Manchesterhose schlugen um die Maften der Beine. Ein grauer Flecken am Hinterteil schleppte gegen die Kniefehlen. Eine verknüllte Militärjacke hing über dem rechten Arm, in der knorrigen Linken der Griff eines Kaffeefännchens. Der alte Stolbe fam, jeine" Pferde zu füttern. Wie täglich seit dreißig Jahren maß er bedachtsam Hafer und Hädjel in das Sieb, schüttelte es mit viel Gewalt, gab dem braunen Wallach zur Linken einen fräftigen Klaps.
,, Gehste, Numi!"
Dann holte er Wasser und Heu, gabelte den Mist beiseite. Der alte Stolbe sah auf die Uhr, die in einer verschabten Nickelkapsel steckte. Der Gummiring einer Bierflasche dichtete die Schutzhülse. Dann hoďte er sich auf die gemauerte Kante der Miftgrube und machte das Schlußnickerchen".
"
*
Als die Uhr der katholischen Kirche sechs helle Schläge in die Luft sandte, knallte der alte Stolbe mit der Peitsche, und die beiden
Wallache trabten in den Morgen hinaus. An der Karbe- Mühle mußte er warten. Der junge Karbe verwaltete heute noch nicht jein Amt.
,, Mächtig wie a Holztlog, aber faul wie a Schwein!"
Der alte Stolbe hockte sich brummend auf den Mühlenbalken am Rain. 3og die„ Bolkszeitung" aus der Tasche, die er seit 25 Jahren hielt.
,, Auf Geheiß vom Herrn Pfarrer selig.
"
Der alte Stolbe drehte das Steuer seiner ausgeblichenen Müze links und rechts und links...
,, Schon gut! Ich werde den Anwalt bezahlen. Denn ich brauche unbescholtene Leute. Gehen Sie zu Herrn Justizrat Wezel und bestellen Sie ihm einen Gruß. Er soll Revision einlegen... Ich bezahle die Chose. Unsere Firma braucht unbescholtene Leute
"
Große Tränen rollten um wetterharte Riffe die Faltentäler entlang in den Mund des alten Stolbe.. Die Knie gaben nach. Ein Schüttern durchlief den alten Mann. Er füßte die Hand des ,, jungen Herrn".
Das Landgericht ftellte das Urteil gegen die gewandte Rede des Justizrates und die beschwörenden Tränen Stolbes. Paragraphen find eben granitene Bollwerte, die vor menschlichen Erwägungen schützen, und die Richter zweier Instanzen gehören zu einer Klaffe. Am Abend, bevor der alte Stolbe ins Kreisgefängnis mußte, erhielt er einen Brief der Firma:
... und fündigen wir Ihnen den bei uns innegehabten Posten, da wir aus Geschäftsprinzip nur unbescholtene Leute gebrauchen tönnen. In Anbetracht Ihrer langjährigen Arbeitszeit zahlen wir neben den Prozeßfosten freiwillig noch Ihren Lohn bis zum 1. Auguſt dieses Jahres und soll dieser jeden Freitag an unserer Kaffe zur Achtungsvoll
Bahlstunde erhoben werden.
Die Fabrikleitung."
Beilage des Vorwärts
Zwölf Wochen später verließ ein Greis den Rohbau der Promenadenstraße. Ein schwachsinniger Tölpel, der durch Hintergassen schlicht, raunzte Ungereimtes halb vernehmbar aus filzigem Barte. Zum Bureauhaus der Firma lief der Alte, unzählige Male. Die Herren waren nicht zu sprechen. Und einmal haben Kinder gesehen, wie er am Türpfoften des Haupteinganges lehnte, und aus den trüben Augen, die eine Leere durchdrangen, viel Wasser gefickert ist.
Der alte Stolbe saß in der heißen Sonne des verblühenden Sommers. Tag um Tag am Rande der Bache. Schon war alles Waffer verdunstet. Rostiger Draht und verbrauchte Eimer fielten sich im feuchten Schlamme, den Mückenheere überschwärmten. Vom
nahen Felde her scholl das Rufen der Erntearbeiter. Das mar Musik im Ohre des alten Stolbe.
So hockte er Tag um Tag, und Tag um Tag zog er eine Zeitung aus der Tasche. Das fettige, zerknickte Blatt, das er mit zittriger Borsicht entfaltete, beschäftigte ihn manche Stunde.
de Mieke
mei
.. bei de Seelenverfäufer Mabel... das gutte... Zuchthäusler... Pfarde... Aester... de Durchgänger... vafluchten..."
Und einmal fiel er mählich zusammen, als wollte er sein ,, Schlußnicerchen" machen. Rutschte sacht die Böschung hinab.
Im Schlamm der Bache. neben rostigem Draht und verbrauchten Geräten lagen ein paar Lumpen. Drüber surrte das Mückenheer. Noch flogen Scherzworte und Lied von den nahen Feldern. Noch stand warme Sonne über dem gemächlichen Alltag des Städtchens. Reiner fümmerte sich um die Lumpen.
Der Schlamm überzog den Körper, noch ehe der Abend tam.. So fanden sie den toten Stolbe.
Dr. H. Stern: Mofes Mendelssohn
" Schun wieder die Roten, a Saupad, a faules. Bulln bloß Dr. H. Stern:
fressen und nich arbeeten! Und egale Stunk!"
Dann ging er zu Lokales und Gerichtszeitung über. Eine Notiz stand auf der dritten Seite des Beiblattes:
,, Breslau , den 12. September. Auf rätselhafte Weise verschwand gestern die zwanzigjährige Hausangestellte Marie S., die bei einer Herrschaft in der Bohrauer Straße im Dienst stand. Marie S., ein solides und anständiges Mädchen, das ihren firchlichen und weltlichen Pflichten stets pünktlich nachtam, manchte einen Sonntags: jpaziergang, von dem sie bis heute nicht zurückkehrte. Es liegt der Verdacht nahe, daß sie einem Berbrechen zum Opfer gefallen ist. Marie S. ist groß, blond, von leicht bäuerlichem Einschlag. Sie war bekleidet mit
,, Immer wieder das Verbrecherpad in Gruß- Braffel und die anderen Sündenbabels. Und aturat in der Bohrauer Straße, wo Doch der Mieke ihre Herrschaft wohnt.
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Da tam Karbe. Der alte Stolbe rief ihm ein paar derbe Scherzmorte zu, die Karbe mit einem leichten Schulterflaps beantwortete. hernach luden die beiden vierzig Doppelzeniner Säde mit feinem Weizenmehl auf den Kastenwagen. ,, Kräfte hobt er noch wie
Johre!"
Urviech mit eure paar fuffziger
,, Nu, heern Se od uff, Karbe. Schlopp bin id schunt und ausgemergelt mie a Hoderloppen!"
Ein Beitschenhieb, und die Pferde riffen fräftig den schwer. beladenen Wagen durch den Sand des Feldweges. ,, Gruß Flachstopp zwanzig Johre
.
atfurat
meine Mieke.. Und ooch off da Bohrauer Stroße..." Stolbe schüttelte den Kopf. Die Marie: Mechanisch griff der alte Stolbe nach der Zeitung und suchte die Notiz.
Jesses, Maria und Josef! Es wird doch nich etwan die Mieke sein!"
Aber Signalement und Hausnummer stimmten. Und der antliche Vorname lautete eben Marie, und nicht Miete. Auch das G. verstand er jetzt. Dem alten Stolbe glitt die Zeitung aus den fnotigen Fingern.
Der alte Mann pflasterte mit dem Peitschenstiel seinen Schmerz auf die Rücken der Tiere. Der Wallach zur Linken machte einen gewaltigen Sag, als wollte er, die Geschirre sprengend, der brennen ten Qual entfliehen. So kam das Leitpferd ins Stolpern. Der alte Stolbe zerrte die Zügel. Die Achsen des Wagens fnarrten. ..Sauhunde! Bafluchtes Kruppzeug, Bestien, beschissene..." Da bog ein Radfahrer in die Chaussee ,,, mit unvorschriftsmäßigem Tempo", wie später der Polizeibericht feststellte.
um.
Die topflosen Pferde sprangen beiseite. Riffen das Fahrrad
Ein Schrei. Das Knirschen brechenden Stahls. Die Pferde galoppierten noch achtzig Meter. Der alte Stolbe lag teuchend auf den Mehlsäcken. Das Schreien im Rücken riß ihn hoch. Er stieg umständlich ab. 3og noch einen Sad über die dampfenden Pferde. Dann wankte er die Chauffee zurüd. Da lag das zertrümmerte Rad. Der Fahrer krümmte sich über die Straße. Laut schrie er Beschwörungen und Flüche. Im blutigen Schmuge lag auf dem Pflaster der kleine Fahrgast der Lenkstange. Ein Huf der Rasenden hatte ihn unter die Räder des Laftwagens geschleudert. Es war das einzige Kind des Mannes. Ein fünfjähriger Knabe.
,, Offenbar gröbster Fall fahrlässiger Tötung. Betrunken war der Angeklagte laut Beweisaufnahme nicht. Familienkummer kein Grund für gefezwidriges Berhalten. Der Angeklagte war zu der Aufmerfamkeit, die er aus den Augen fette, vermöge feines Berufes besonders verpflichtet, was der Gefeßgeber als straferhöhend bezeich. net. In Anbetracht der bisherigen Unbescholtenheit jedoch beantrage niedrigste Strafe: Drei Monate Gefängnis."
Des jungen Staatsanwalts Stimme schnarrte sanft. Das Gericht erhob seinen Antrag zum Urteil. Der Rechtsanwalt haspelte ein paar flinte Borte ab: Gratulor, mein lieber Stolbe. Hätte böser ausgehen fönnen. Das Gefeß läßt bis zu fünf Jahre zu!" Und der alte Stolbe wankte in die Frühlingssonne der Brome. nade vor dem Gerichtsgebäude. Er munderte sich, daß teiner ihn abgeführt hatte.
,, Aber dos is doch gar nich meeglich!"
Zu seinem 200. Geburtstag
Forscht man nach den letzten Ursachen der großen politischen und fozialen Umwälzungen gegen Ende des achtzehnten und im Verlauf des neunzehnten Jahrhunderts, dann darf man an der geistigen Bewegung um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts nicht vorübergehen, die unter dem Namen der Aufklärung" in der Geschichte fortlebt, und die an die Namen Voltaire und Rousseau in Frankreich , Christian Wolff und Leffing in Deutschland geknüpft ift.
Zu den Trabanten, die diese Gestirne in ihren Lichtkreis zogen, gehört auch Moses Mendelssohn , der Schüler des Philo. sophen Christian Wolff und Freund Lessings.
Es war im achtzehnten Jahrhundert fein Leichtes für einen Juden, im deutschen Geistesleben Fuß zu fassen, geschweige denn zur Geltung zu fommen. Denn die Welt des Talmuds und der europäischen Bildung waren genau so voneinander geschieden mie die Kreise der Christen und Juden. So gelang es auch dem schwächlichen und noch dazu verwachsenen Moses Mendelssohn nur unter unfäglichen Mühen, das zu werden, was er auf der Höhe seines Lebens war: ein Borkämpfer für die Befreiung der Geister durch Erziehung zur geistigen Selbständigkeit wie für die Einbürgerung seiner Stammes- und Glaubensgenossen in die deutsche Kulturgemeinschaft.
Kaum 14 Jahre war Mendelssohn alt, als er seine Heimatstadt Dessau , wo er am 6. September 1729 als Sohn eines armen Schreibers geboren mar, verließ und seinem Talmudlehrer nach Berlin folgte, um hier seine Talmudstudien fortzufezen. Und dabei wäre er mohl auch geblieben, wenn er nicht in der Stadt der Aufklärung" in die Gesellschaft von einigen jungen jüdischen Wissenschaftlern geraten wäre und später die Freundschaft des gleichaltrigen Lessing geraten wäre und später die Freundschaft des gleichaltrigen Leffing gefunden hätte, der damals schon sein Schauspiel ,, Die Juden" geschrieben hatte, in dem er kühn und unerschrocken für die Ghetto bewohner eine Lanze brach. Ihm verdankte Mendelssohn nicht nur die Veröffentlichung seiner ersten philosophischen Arbeit, sondern auch die Einführung in die literarische Bewegung, die sich die Loslösung der deutschen Literatur vom französischen Vorbild und die. Erhebung der deutschen Sprache zur Literatursprache zum Ziel gesetzt hatte. Rücksichtslose Kritik der literarischen Zeiterscheinungen war ein wesentliches, Mittel im Dienste dieses Zieles. So wagte es Mendelssohn auch, die dichterischen Erzeugnisse Friedrichs des Großen unter die Lupe zu nehmen. Das wurde natürlich dem Juden übel vermerkt, und er wurde zur Verantwortung gezogen. Mit einem Wiz zog sich Mendelssohn aus der Verlegenheit:„ Wer Verse macht, schiebt Regel; und wer Regel schiebt, er sei König oder Bauer, muß sich vom Regeljungen jagen lassen, wie er schiebt." Dagegen war nun nichts zu sagen, und man tat das Klügste, was man tun fonnte: man ließ Mendelssohn laufen. Aber zu spüren bekam er die Ungnade des Königs doch noch. Als er auf Grund einer preisgefrönten philosophischen Arbeit von der Akademie der Wissenschatfen zum Mitglied gewählt wurde, strich ihn Friedrich, dessen berühmte Toleranz den Juden überhaupt niemals zugute gekommen ist, von der Liste. Aber die öffentliche Anerkennung blieb Mendelssohn und fie steigerte sich zur Berühmtheit, als 1767 Jein Hauptwert, der Bhadon oder über die Unsterblichkeit der Seele" erschien. Der Ehrenname eines„ Sotrates seiner Zeit" wurde ihm zuteil und ein ausgedehnter Briefwechsel mit den führenden Geistern ergänzte die wissenschaftliche Tätigkeit des Mannes, ber nebenbei doch ein Jude und im Hauptberuf Buchhalter und später mitinhaber eines Seidengeschäfts war.
Gewiß war dieser Ruhm nicht in der Leistung begründet und die Geschichte hat darum nicht viel davon übrig gelassen. Die Würdigung Mendelssohns hat auch nicht an seiner philosophischen und literarischen Arbeit anzufnüpfen, sondern an den Wirkungen, die von seiner Persönlichkeit ausgingen. Er mar erfüllt vom Blau ben an die Bollkommenheit und Glückseligkeit des Menschen und überzeugt von der Möglichkeit und Notwendigkeit, durch Förderung der Erkenntnis und der Geistesfreiheit die Menschen diesem Ziel scher. Während aber Rousseau in seinem berühmten Erziehungsroman" Emil" seine Reformpädagogit an einem jungen Adeligen darstellt und der Philanthrop Basedow, der Führer der Entschiedenen Schulreformer" des 18. Jahrhunderts, nur an die gefitteten Stände" dachte, umfaßte Mendelssohn mit seinem Bildungsansprud) die Menschheit, das Bolt, ohne Unterschied der Art, des Etandes und
Noch einmal murmelte er in sich hinein, was er alles lau zu entgegenzuführen. So war er mehr Lehrer und Erzieher als For feiner Berteidigung gesagt hatte.
Dann ging er ins Bureau seines Chefs.
Traurig, mein lieber Stolbe, daß die Herren so entschieden haben. Legen Sie Berufung ein beim Landgericht. Sie haben Sie haben unferer Firma eine lange Zeit..
,, Dreißig vulle Johre, junger Herr."
des Geschlechts. Wie alle Menschen zur Glückseligkeit bestimmt sind, so ist auch der Bildungsanspruch allgemein. Mendelssohn hat auch die Abhängigkeit des Bildungsproblems von der Politik erkannt: nur im vernünftig organisierten Staat ist die Bildung aller zu vers wirklichen. Unglücklich ist darum der Staat, der es nicht wagt, die Bildung auf alle Stände auszudehnen, weil er für seinen Bestand fürchtet. Das sind Gedanken, mit denen Mendelssohn weit über feine Zeit hinaus- und bis in die Bildungskämpfe der neueren Zeit hineinreicht.
Praktische Wirksamkeit tonnte Mendelssohn nach Lage der Dinge nur auf seine Glaubensgemeinschaft erlangen. Deren Bildungszustand war zur Zeit ungemein traurig, und so beschäftigte ihn, die Hebung der Bildung bei den Juden unausgefeßt. Als pornchinte Aufgabe betrachtete er ihre Ueberführung in die deutsche Spraggemeinschaft. Zu diesem Zwede schuf er eine deutsche Bibelfiberfegung, die tatsächlich das Lehrbuch der deutschen Sprache für Tausende von jüdischen Jünglingen wurde. Das war aber nur der erste Schritt; die Lösung der Aufgabe erforderte die Schaffung zeitge= mäßer jüdischer Schulen; denn der Besuch der allgemeinen Schulen war den Juden nicht gestattet. Das Schulwert wurde die Aufgabe der Schüler Mendelssohns, die ganz und gar vom Geiste des Meisters erfüllt waren. Als erste wurde 1778 die Jüdische Freischule in Berlin eröffnet, die Keimzelle der heutigen Knabenmittelschule der jüdischen Gemeinde. Weitere Schulgründungen erfolgten in den späteren Jahren. Noch zu Lebzeiten Mendelssohns ging einer feiner Schüler nach seiner österreichischen Heimat und wurde der Organisator des jüdischen Schulwesens in Galizien .
Daneben suchte Mendelssohn die politische Lage seiner Glaubensgenossen zu verbessern, wo sich nur die Gelegenheit bot. Er selbst litt unter der bürgerlichen Berfemung unsäglich. Kein Wunder: mußte ihm doch der Widerspruch zwischen dem Ansehen, das er als deutscher Geistesträger genoß, und seiner politischen und gesellschaftlichen Rechtlosigkeit so schroff zum Bewußtsein kommen wie faum einem anderen. Dafür ist ein Brief an den schon genannten Basedow charakteristisch. Als dieser Mendelssohn für sein großes Erziehungswert intereffieren wollte, schrieb ihm Mendelssohn :„ Je edler Ihre Absichten, je weiser Ihre Grundsätze und je richtiger Ihre Anwendungen sind, desto weniger tönnen wir Gebrauch davon machen." Der Jude, soll die Rechte der Menschheit wahren lernen? Wenn er im Stande der bürgerlichen Unterdrückung nicht ganz elend sein soll, so muß er diese Rechte gar nicht kennen. Soll er geschickt werden, dem Staate zu dienen? Der einzige Dienst, den Der Staat von ihm annimmt, ist Geld. Bei eingeschränkten Mitteln des Erwerbs große Abgaben zu entrichten, dieses ist die einzige Bestimmung, zu welcher sich meine Brüder geschicht machen müssen."
Am 4. Januar 1786 ist Mendelssohn gestorben. Sein Grab befindet sich auf dem ältesten jüdischen Friedhof in Berlin , in der Großen Hamburger Straße. Vor der jüdischen Schule daselbst steht sein Denkmal. Er gehört gewiß nicht zu den großen Denkern von dauernder Geltung. Aber was heute noch von ihm lebt, und wessen wir heute gedenken, das ist das Bild eines Menschen von seltener Reinheit und Lauterkeit des Charakters, der erfüllt war vom Gedanken der Humanität, deren Segnungen er jedem Menschen, vor allem aber den Unterdrückten und Entrechteten, zukommen lassen wollte, und der zu seiner Zeit mitgeholfen hat, den Boden zu bereiten für die späteren Kämpfer für Freiheit und Fortschritt.
Elefantenzähmung durch Musik
Die Zähmung der afrikanischen Elefanten wird von den Eingeborenen durch das Singen von Liedern und das Spielen ihrer Instrumente erreicht. Diese Erfahrung hat sich jetzt die franzö fische Regierung zunuze gemacht, als sie Schulen zur Elefantenzähmung bei verschiedenen Divisionen ihrer Kolonialarmee einrichtete. Die Elefanten werden, nachdem sie eingefangen sind, paarweise aneinandergetettet; auf dem Rücken eines jeden Tieres sizzt ein schwarzer Soldat; er singt Lieder, während Musikanten neben dem Elefanten hergehen und Stücke spielen. Auf diese Weise gelingt allmählich die Zähmung der Tiere, die dann zum Ziehen von Lasten oder zum Schleppen von Holzstämmen verwendet werden. Die Arbeitsleistung eines Elefanten entspricht beim Ziehen der von 30 Ochsen. Auch beim Pflügen urbar gemachter Felder leisten die riesigen Rüsseltiete gute Dienste.