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Ein Filmexperiment. Tonfilm oder stummer Film?
Ein interessanter Versuch wurde gestern im Universum vor- genommen: der englische   FilmErpressung" wurde sowohl in stummer wie in Tonfilmsassung vorgeführt, und das Publikum konnte nachher durch Abgabe der Karten darüber abstimmen, welche Art ihm besser gefallen habe. Di« Südfilm-Gesellschaft, die hierzu die Initiative ergrissen hotte, hat sich zweifellos ein Verdienst erworben (wenn auch mancherlei Einwände zu erheben sind). Zunächst ist dieser englisch  « Eftektivfilm freilich nicht gerade ein überwältigendes Ereignis, weder in der stummen noch in der Tonsilmsassung. Aber vielleicht ist das gerade ein Vorzug, denn so werden wir nicht durch besondere Qualitäten nach der einen oder anderen Seite hin ob- gelenkt. Schwerer schon wiegt es. daß der Vergleich darunter leidet, daß der Tonfilm in englischer Sprache dargeboten wird. Das ist natü'llich für viele eine Erschwerung und bedeutet dann ein Minus für den Tonfilm. Zugunsten de» stummen Films sprach aber auch die > von S ch m i d t- G e n t n e r mit dem Einsaß all«s lünstlerischen Könnens dirigierte Begleitmusik zum stummen Fim', sie war zw ei sei« lo» weit besser als die des englischen Tonfilms und kam auch viel besser im Ton heraus. Da» sind freilich alle» Nebenumstände, di« mit der Sache an sich noch nicht allzu viel zu tun haben. Die Fragen des künstlerischen Tonfilms sind noch keineswegs geklärt, die Erzeuger gehen unbeschwert um künstlerische Erwägun- den unentwegt aus das Ziel los, Publikumserfolge zu erzielen. Es ist, als ob die Geschichte des stummen Films sich noch einmal aus höherer Stusenlcitcr wiederholen würde. Soll der Tonfilm ein bloße» Reproduktionsversahren werden, das auch dem kleinsten Theater gestattet, die Begleitmusik fertig mitzubeziehen? Soll der Tonfilm di« Möglichkeit geben, bereits vorhandene Kunstwerke, seien es Opern oder Dramen, in erstklassiger Besetzung hinauzjutragen in Orte und Publikumskreise, wo sonst dergleichen nie geboten werden könnte?' Odcr soll diese neu« Methode dahin führen, ein neues Kunstwerk zu schaffen, wie es der stumme Film in seiner Art bereits darstellt oder doch darstellen kann? Alle diese Fragen stehen zur Debatte, wenn wir auch von irgendeiner Lösung meilenweit entfernt sind. Der Vergleich der beiden Formen des FilmesErpressung" wird immerhin �einiges zur Klärung beitragen kpnnen. Erpressung" ist ein Detcktivsilm, der nach einem Schauspiel von Charles Bendtt von Alfred H i t ch c o ck in Szene gefetzt ist. Er arbeitet mit den üblichen Spannungseffekten und läßt zudem für ein gewisses Rätselraten Platz, ob das junge Mädchen in der Notwehr dgn Maler erstochen Hot, der sie in sein Atelier gelockt und dort überfallen hatte, oder ob der erpressende Verbrecher, der auf der Flucht vor der Polizei tödlich verunglückt, nicht auch am Morde beteiligt ist. Die Handlung wird ziemlich naiv geführt, etwas breit wird das Polizeimilieu in Scotland Pard ausgemalt, denn der Bräutigam des jungen Mädchens ist ein Polizeiongestellter, der ausgerechnet gerade diesen Fall zur Untersuchung bekommt. Der Vertreter der Polizei mit seinem Bulldoggengesicht ist keineswegs sympathisch, viel eher gesollt schon der Einbrecher, der sein« Kennt- nis des Falles zu einem Erpressungsversuch an dem Brautpaar aus- nützt und jedenfalls über ein sehr ausdrucksvolles Mienenspiel ver- fügt. Filmisch am interessaniesten ist, abgesehen von den Szenen
im Atelier mit der Eni- und Bekleidung, die Verfolgung de? Er­pressers, die durch das ganz« britische Museum, durch die Amiken- säle, die Btbliotheksröume und schließlich auf die Kuppel führt, durch die der Verfolgte abstürzt. Im übrigen herrscht die Schilderung des Alltagslebens vor; also nichts Besonderes. Aber dieses Mädchen, die Tochter des Zigarrenhändlers, wird von Anny Ondra   so ver- körpert, daß wir an ihrem Geschick lebhosten Auteil nehmen. Wir sehen, wie sie sich in Gesellschaft ihres Polizisten langweilt und genr mit dem interessanten jungen Maler eine kleine Extratour persucht. die nun freilich so tragische Folgen hat. Wie sie mault und ver- stimmt ist, wie sie im Atelier auftaucht und mit dem Appetit des Neulings, alle diese von ihr fremden Ding« bestaunt und betastet, das ist ganz köstlich wiedergegeben. Ebenso wie sie nach der Tat di« unendlich lange Treppe hinunterschleicht und im nächtlichen London   herumirrt, wie sie weiter in Gegenwort des Bräutigains und des Erpressers erstarrt und versteint und dann zur Ruhe ge- kommen, sich zu dem Entschluß durchringt, die Bertuschungsmanövsr ihres Bräutigams durch ein Geständnis zu vereiteln,, da» alles ist wundervoller Ausdruck seelischer Erlebnisse im stummen Film. Auch sonst zeigt dieser Durchschnittsfilm besonders im Berglsich zum Ton- film, was alles der Film schon an künstlerischen Qualitäten enthält. Es gibt viele durchaus künstlerisch anmutende Stimmungsmomente im nächtlichen und zum Tag erwachenden London  . Was gibt nun der Tonfilm dazu? Herzlich wenig. Zunächst allerlei Geräusche, dann ein paar Musiksachen, die der Maler dem Mädchen vorspielt und vorsingt. EiiuKanarienvogel trillert und so. Dann aber macht sich ein Dialog breit, der oll di« Banalitäten des üblichen Textes durchaus verschlimmert; sie wirken noch viel trivialer als in dem sonst gewohnten Text, sie scheinen auch nicht aus dem Munde zu kommen, sondern aus dem Kosten, dessen Begleitgeräusch« sie mit sich führen. Bor allem aber stören sie durch ihren Naturalis- mus die Einheit des stummen Filmes, der ja keineswegs die voll« Wirklichkeit wiedergibt, deren Plastik und Farbe ihm fehlt, sondern eine Uebersetzung in eine ander« und durchaus künstliche Sphäre bedeutet. Jetzt merkt man erst, wieviel Distanz schon diese Heber- tragung mit sich führt. Die Welt des stummen Films bedeutet eine Idealisierung und Steigerung der Wirklichkeit, aus der wir plötzlich herausgerissen werden, wenn nun dies« stummen. Figuren plötzlich breitestes Londoner   Englisch von sich geben. Bor allem verliert das i Mädchen mit Ihrer tiefen vulgären Stimme durchaus. Dos Gesamtresultat kann also nicht zweifelhaft sein. Dieser Film ist in der stummen Form durchaus der Tonfaffung überlegen, er ist geschlossener, künstlerischer: die Tonfassung bringt störenÄe Effekte hinein und fügt keinerlei wertvolle künstlerisch« Qualitäten hinzu. Damit Ist natürlich über den Tonsilm im allgemeinen nichts ausgesagt, denn er kann ja noch ganz andere Aufgaben erfüllen, als zum stummen Film Geräusche und Dialoge hinzuzufügen. Der Tonfilm wird künstlerische Ziele erstreben müssen, erwa«in« Steige- rung der Wirklichkeit durch gefühlsbetonten Gefc-ng usw., um eine Bereicherung des stummen Films bedeuten zu können. H. Döscher.
Rote Woche vorbereiten! Die Kleinarbeit erfordert deine Hilfe. Nur wenige Wochen trennen uns noch vom Beginn der dies- jährigen P o r t e i w« r b c w o ch e, in der die der Partei zur ersten Million noch fehlenden Mitglieder gewonnen werden müssen. Es sind das nur einige Zehntausend«. Wer wollte so klein- mutig sein, daran zu zweifeln, daß das' gesteckte Ziel zu erreichen ist! War doch die Zeit zur Gewinnung neuer Mitglieder nie so günstig wie gerade jetzt. Jeder Tag lehrt eindringlich, daß der Zu- somnienschluß der sozial! st isch denkenden Massen in der Sozialdemokratie unerläßl'ich ist. Die gc- samten politischen und wirtschaftlichen Berhästnisse drängen stürmisch zu festem organisatorischen Zusammenhalt. Dennoch wäre es falsch, zu glauben, daß es nur der Ansetzung einer stWerbewoche bedürfe, um da» Ziel eine Million sozialdemokratisch Organisierter mühelos zu erreichen Ohne Fleiß kein Preis! Die Erfahrung lehrt, daß die politische Werbearbeit nur dann von Erfolg ist, wenn sie systematisch organi- siert wird. Deshalb muß jeder Funktionär, jedes Parteimitglied darüber nachdenken, welche Mittel er in seinem Wirkung?- kreis anzuwenden hat, um in der Werbewochc erfolg- reich für die Partei tätig zu sein. Der Werbemethoden gibt es ein« ganze Reihe. Hier sei nur ein« erwähnt, weil sie allen Parteimitgliedern von vornherein die Möglichkeit der Mitwirkung gibt. Halt« schleunigst jeder Ge­nosse Umschau im Kreise derer, die ihm bekannt sind, seien es Gr- iverkschaftler, Sportler oder was immer. Sammle jeder die Adressen derjenigen, di« politisch mit uns sympathisieren, sich aber bisher scheuten, aus ihrer politischen Ueberzeugung dadurch die Konsequenz zu ziehen, daß sie M> t g l i e d der SPD  . wurden. Uehermittle jeder umgehend die gesammelten Adressen der zustön- digen Parteiorganisation, damit diese die Mitgliederwerbung mit Erfolg einleiten kann. Schnell ans Werkl Es«i't! Am 12. Oktober beginnt die Werbewoche! Nur rechtzeitige Vorbereitung und planmäßige Durch- führung garantieren, daß dos gesteckt« große Ziel erreicht wird. Niemand darf sich der von ihm verlangten geringfügigen Mühe- waltung entziehen. Ied«r muß mitarbeiten! Je freudiger diesem Ruf« Folg« geleistet wird, um so sicherer ist. daß wir die Werbewoch« mit der frohen Botschaft schließen können: Die erste Million Parteimitglieder ist erreicht vorwärts zur zweiten Million!
Wunder in Serbien  . Verherrlichung der Diktatur durch einen berühmten Sozialisten. Die offiziöse Presse Jugoslawiens   preist das Heil, das deni Land« widerfahren ist.Herr Siegfried Jakob y". schreibt die Dreine",ein Ausländer von Bedeutung, angesehener deutscher  Schriftstell«? und hervorragender Repräsentant des deutschen   Sozia- lismus" hatim Namen der Deutschen   Sozialdemokratie und der Internationale", ein« Reise durch Südserbien gemacht und gefunden, .fciß dort alles in wunderbarster Ordnung ist. Besagter Siegsried Iakoby hat auch den bulgarischen Sozialisten einen offenen Brief geschrieben, in dem er es ihnen tüchtig gegeben hat. Dazu haben wir zu bemerken, daß in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  «in Schriftsteller Siegfried Iakoby u n b«- tonnt ist. Der Schluß ist also berechtigt, daß die Ordnung, die die Diktatur in Serbien   geschaffen hat, genau so ausgezeichnet ist, wie die Titulationen, die dieBrem«" ihrem Gewährsmann beilegt, echt sind. Eine Erklärung Alexanders. König Alexander erklärte über die innerpolitische Lage de, Landes: Südslawien   befindet sich im Aufbau und in der Unwano- lung. Di« energischsten Maßnahmen mußten ergriffen und so rasch wie möglich durchgeführt werden, um aus dem innerpolitischen Wirrwarr herauszukommen und der unerträglichen Lage ein Ende zu machen, durch die die Dolksmassen irregeführt wurden, und die die nationale Einh.eit gefährdete. Die Regie. rung arbeitet mit aller Kraft daran, die Geist er zu beruhigen und die bisherigen Versäumnisse wiedergutzumachen. Unsere Pflichten sind ungeheuer, aber die Ergebnisse sind bereits bemerkenswert. Das rechtfertigt meine Hoffnungen und stärkt meinen Optimismus. Wir haben keine Militärdiktatur. Davon kann kein« Red« sein. Es ist ein provisorisches Regime mit genau bestimmten Zielen, ein Regime, das wir zur Befreiung eines ganzen, einigen und unteilbaren Volkes aufgerichtet haben.
Oer Mord an der Zigarrenhändlerin. Auf der Spur des Täters. wie wir heute früh mitleillen, wurde am Montag in den späten Vachmittagsstunden die betagte Zigarrenhändlerin Ellebrond tn ihrem Geschäst in der vikloriaslr. 25 in Ebcrswalde tok aufgefunden. Gleich der erste Befund ergab. daß Arau E. ermordet und beraubt worden war. Wie zu dem Kapitalverbrechen mitgeteilt wird, wurde die Tat von der Tochter der Frau, di« sie am Montag nachmittag besuchen wollte, entdeckt. Die alte Frau lag zwischen dem Laden und der nach dem Hof gehenden Wohnstube. An dieser Stelle muß sich zwischen dem Mörder und seinem Opfer ein heftiger Kampf abgespielt haben. Die Ermordet« ist von dem Täter mit einem Messer schrecklich zugerichtet worden. Ein Stich traf die Hüfte, ein anderer durchschnitt die Halsschlagader. Der Tod muß wenige Minuten später eingetreten sein. Bei einer genauen Unter- suchung der Leiche wurden außerdem mehrere tiefe Stich« festgestellt, die da, Herz und die Lunge durchgebohrt hatten. Der Täter hat die alte Frau offenbar dabei überrascht, wie sie in der Küche gerade Dirnen schälte vi« Polizei verfolgt zwei Spuren, und zwar stehen ein Fürsorge. zögliog. der aus Strausberg   entwichen ist, und ein Mann, der sich heimlich au» dem Krankenhaus in Eberswalde   eutsernte, io Verdacht, den schrecklichen Raubmord ausgeführt zu haben. Räch den beiden verdächtigen wird gesucht. Der Mörder muß nach den bisherigen Feststellungen etwa 300 b i» 600 Mark erbeutet haben. Er hat offenbar die Räume in größter Hast durchsucht, da eine Zigaretten schachte! mit 100 Mark Inhalt, die auf dem Warenschrant stand, seiner Aufmerksamkeit entgangen ist.
Aarkose." Uraufführung im Eapitol. Ein deutscher   Film, der unbedingt bejaht werden muß,«in Film von künstlerischem Format. Alfred Abel  , der zum erstenmal Regie führt, rückt in di« Reih« der großen Regisseur«. Bela B a l a z s bearbeitet« die NovelleBriefe einer Unbe- kannten" von Stefan Zweig  . Bearbeitungen steht man gewöhnlich zweifelnd gegenüber. Hier ist es gelungen, di« Atmosphäre der Dichtung, mögen auch manche Fäden vergröbert sein, in» Filmische zu übertragen. Ee ist die Geschichte einer großen unerwiderten Liebe, die Geschichte«ine, Ideal», da» von der Wirtlichkeit niemals erreicht wird, das Berwobensein in eine Leidenschost. Ein kleines Mädchen, in ärmlichsten Verhältnissen aufgewachsen, verliebt sich in- den clegan.ien Modeschriftsteller, in den Rhapsoden der Lieb«. In einer Nacht sind sie zusammen. Ein schöner Knabe Ist die Frucht dieser Beziehung. Eine Episode im Leben de» Mannes wird zum Schicksal, zum Norkotikon im Leben der Frau, die sich in diese« Erlebnis einspinnt, die das Leben nur noch durch diesen Schleier sieht. Nach sieben Jahren sind sie �ioch einmal zusammen. Ihm dämmert eine unbestimmte Erinnerung, die schnell verblaßt, verweht, ohne Umrisse zu gewinnen. Und zum Schluß, al» er g«° lähmt und vergessen ist, kommt sie als Kronkenschwbster zu ihm, und er diktiert ihr den Roman dieser Begegnung mit einer Unbe. kannten. Ein Ausgang von einer wehmütigen Skepsis. Manche, wird in diesem Film zu breit ausgesponnen. Abel ist nach in das Detail verliebt, in den rein malerischen Reiz einer Szene. Aber wenn er di« Narkosephantasien bei der Entbindung gibt, dann erreicht er eine Auedrucksfähigkeit wie kaum«in anderer Regisseur. Traum und Wirklichkeit durchkreuzen sich, überlagern einander..Ueberhaupt bevorzugt Abel den weiche», etwas nebel  - hasten Kontur, er vermeidet schrille Dissonanzen, dämpft dos ganze Geschehen, sucht stille, kammerspielartige Wickungen und wird darin von der ausgezeichneten Photographie Günther Krampf  » unterstützt. Reue« H e r i b e l ist das Mädchen, herb verschlossen, mit spar- samer, etwas zögernder Gest«,«in« Somnambul  «, die in ihrem Wach- schlaf nicht gestört werden darf. Trevor und Alberti sind ge- löster als sonst. Vorzüglich besetzt die Nebenrollen. i>.
Eine Feuerbach  -Ausstellung in Nürnberg  . Di« Stadt Nürnberg   veranstaltet au» Anlaß de» 100. Geburt«- tage» von Feuerbach eine Ausstellung seiner Werke. Den Ver- anftaltern hat vorgeschwebt, jene Kunst dieses Meisters zur Geltung zu bringen, die Feuerbochmusikalisch" genannt hat. Bei aller Würdigung dieser reichhaltigen Schau darf nicht verschwiegen werden, daß diese Absicht nur unvollkommen geglückt ist. Es ist nicht ge- lungen, die Entwicklung Feuerbachs an wirklich charakteristischen Beispielen zu zeigen. Insgesamt«ntholt die Ausstellung etwa 50 Werke, und zwar 30 aus der poritalienischen Zeit des Meisters und 50 aus seiner reiferen Schassensperiode. Besondere reich sind di« Bildnisse oertreten, aber auch viel« Zeichnungen beweisen das Genie Feuerbachs. Es ist zu hoffen, daß diese Ausstellung da» Echo findet, da» sie verdient. Zilles künstlerischer Rachlaß. Die Kunstdeputation beim Ma> gistrot hat sich mit der Erwerbung des Nachlasses Zill«? beschäftigt. Die Stadt Berlin   wird mit dem Sohne des verstorbenen Künstlers über den Erwerb des künstlerischen Nachlasse? verhandeln, der vor- läufig im Märkischen Museum sichergestellt ist. Die Stadt Berlin  , die dos Vorkaufsrecht hat. beabsichtigt die bestehende Sammlung durch Erwerb aus dem Nachlaß abzurunden und einen besonderen Zille-Saal dem Märkischen Museum anzugliedern.
Gabriele d'Annunzio   als Seeräuber. Ein Urteil de» Oderlandesgerichts zu Turin  , da» vor kurzör Zeit gefällt wurde, bvschästigt sich mit einer der seltsamsten Epi- soden in dem Leben des Dichters Gabriele d'Annunzio  : er wurde durch das Urteil der Seeräuberei für schuldig befunden. Es ist bekannt, daß sich d'Annunzw im Jahre 191g aus Kriegspfaden be­fand und in seinem Kriegsrausch die wildesten Maßnahmen traf, die aus einer Operette zu stammen schienen, in Wirklichkeit ober recht bösartiger Natur waren. Er führte auf eigene Faust Krieg. Da aber dazu noch dein Ausspruch eines Diplomaten Geld, Geld und noch einmal Geld gehört, und d'Annunzio   gerade über diesen leidigen Mammon nicht im geringsten verfügte, so kam er auf den seltsamen Gedanken, sich für seine Kriegführung da» notwendige Geld durch die.Kaperung eines Handelsschifses zu verschaffen. Kurz bevor ef am 12. September JOIO mit einem Heere von Freiwilligen eigenmächtig Jiume besetzte, erfuhr er. daß da» Handelsschffs Cowne" mit sehr reicher Ladung von Marleillc nach Brasilien  fuhr. Vier seiner sogenannten Offiziere versteckten sich nun auf dem Handelsschiff, und.als sie auf hoher See waren, überfielen sie den nichtsahnenden Kapitän und seine Besatzung mit Revolvern in der Faust und zwangen sie, das Schiff nach Fiume zu bringen. Hier war das Schiff in der Gewalt des kriegführenden Dichters und mußte ein Lösegeld von 12� Millionen L're bezahlen, woraus- hin es ungestört seine Weiterreife antreten durste. Diese Kaperung hatte mehrere gerichtliche Nachspiele, denn di« Versicherungsgesellschaften wurden für den Verlust der Summe in Anspruch genommen. Eine Gesellschaft zahlte auch aus, da sie annahm, daß hier ein Fall von Seeräuberei vorlag. Eine andere Turincr Gosellschaft weigert« sich aber, zu zahlen, da sie erklärte. daß hier das Kriegerisiko in Betracht komm«, durch das jede Haft- Pflicht der Gesellschaft ausgeschaltet werde. Da» Landesgericht zu Turin   stellt« in dem Urteil fest, daß tatsächlich d'Annunzio   Krieg geführt habe. Aus diesem Grunde wurde die Gesellschaft von der Zahlung befreit. In der Berusungeinstanz, die in Turin   angerufen wurde, wurde das Vorgehen d'Annunzios aber ganz anders be- urteilt. Das Oberlandeegericht war nämlich der Anschauung, daß es sich bei der Kapcrung des Schiffes nicht um einen Akt der Krieg- führung handele, sondern um ein Borgehen im Sinne der Piraterie. Die Gesellschaft muhte nunmehr daraufhin die Versicherungssumme auszahlen, da Piraterie»ach den Paragraphen der Versicherung»- Police   die Zahlungsverpflichtung der Gesellschaft nicht aufhob. Wie ist nun die Wegnahme der jugoslawischen Stadt Fiume zu klassifizieren?
Oer Liieraturpreis der Stadt Berlin  . Der Ständige Ausschuß für Bildungswesen wird in seiner Sitzung am 12. September«in« Vorlage behandeln, di« die Schaf. fung eines Literaturpreises der Stadt Berlin   vorschlägt. Dieser jährlich zu vergebende Geldpreis soll hervorragende Werke der Dichtkunst auszeichnen, wobei in gleichem Maße dramatische Werke. Roman  « und lyrische Arbeiten berücksichtigt werden sollen. Zur Be- Werbung um die Preisstiftung sollen alle deutschsprachigen Schrift- steller zugelassen werden, die einsn mehrjährigen Aufenthalt in Berlin   nachweisen können. Das Kuratorimu der Stiftung, das die Entscheidung über die Zuteilung der Preis« in Höhe von etwa 20 000 Mark treffen soll, setzt sich aus Mitgliedern des Magistrat» und der Stadtverordnetenversammlung sowie aus Sachnerständigen zusammen, von denen je zwei der preußischen Akademie der Künste und dem Schutzvcrband der Schriftsteller angehören sollen. Es wird besonderer Wert darauf gelegt, daß dem Kuratorium auch Vertreter der jüngeren Kunstrichtung angehören.