Der Abend
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Spätausgabe des„ Vorwärts"
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Nr. 426
B 212 46. Jahrgang.
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Die Bomben der OC.
Das Nest der Attentäter. - Zahlreiche Verhaffungen in Hamburg , Holstein und Berlin. - Die ,, Organisation Conful"( OC) beteiligt. Rathenau - Mordgehilfen mit verhaftet.
Wegen der Bombenattentate in Schleswig Holstein und Berlin sind am Dienstag abend und Mittwoch vormittag sowohl in Jhehoe wie in Berlin zahl. reiche Verhaftungen vorgenommen worden. Am Dienstag wurde zunächst in Krempe bei Jehoe ein angeblicher früherer Polizeihauptmann namens Nickel verhaftet. Man hatte ihn seit längerer Zeit beobachten lassen und festgestellt, daß er ein Paket nach Hamburg geschafft hatte. In Hamburg wurde ein Rauf mann festgenommen, der mit Nickel in Verbindung stand und bei dem eine in eine Zigarrenkiste eingebaute Höllen maschine mit Zeitzünder in gebrauchsfertigem Zustande vorgefunden und beschlagnahmt wurde. In Jhehve
Haussuchung bei OC.
Das„ Bureau Ehrhardt" ist leer.
Der Kreis der OC.
Die Edelschar der Mordbuben.
Die gleichen Namen, der gleiche Personenkreis, der aus un
zähligen Mord- und Berbrechertaten bekannt ist. Es sind die Reste der wegen Geheimbündelei aufgelösten ehemaligen D. C.
der Organisation Consul und des Kapitän Ehrhardt und ihrer Fortsetzung, des später gleichfalls aufgelösten Wifing. Es ist die Mördergesellschaft, die die
Attentate auf Erzberger, Rathenau , Scheidemann , die Fememorde und Fememordversuche in Nauheim , München und Leipzig beging.
Was den verhafteten Hans Gerd Techow anbetrifft, so war er am Rathenau - Mord beteiligt, trat aber damals hinter seinem älteren Bruder Ernst Werner Techom zurück, der das Mord: auto lenkte und trog unzweifelhafter mittäterschaft
-
nur wegen
In Berbindung mit den Untersuchungen der Sprengstoffatten- Beihilfe zum Mord 15 Jahre Zuchthaus und 10 Jahre Ehrverlust fate sollte heute vormittag das Bureau Ehrhardt in der erhielt. Hans GerdTechow, der jüngere, hatte zur Zeit der Tat Lühowstraße, das von früheren Mitgliedern der Organisation Connoch nicht einmal das ftrafmündige Alter von 18 Jahren, ful" geleitet wird, einer Durchsuchung unterzogen werden.
Als die Beamten erschienen, war aber noch niemand im Bureau anwesend, so daß sich die Hausfuchung verzögerte, Bureau anwesend, so daß sich die Hausfuchung verzögerte, bis gegen Mittag die Sekretärin Sonja Cantes eintraf. bis gegen Mittag die Sekretärin Sonja antes eintraf. Die Beamten der Abteilung I A des Polizeipräsidiums beschlag nahmten nunmehr das gesamte schriftliche Material und nahmen Fräulein Lankes fest, die auf dem Polizeipräsidium einer Bernehmung unterzogen werden soll. Der Geschäftsführer Plaß ist nicht aufzufinden; er scheint sich verborgen zu halten.
wurde im Laufe des Dienstagabend das Redaktionslokal der dortigen völkischen Zeitung„ Das Landvolk" besetzt und sowohl die beiden Redakteure, Bruno von Salo mon und Kühl, als der Geschäftsführer und mehrere Angestellte der Zeitung in Haft genommen, desgleichen der Syndikus Dr. Guido und der frühere Oberleutnant Quaschke, der Geschäftsführer der Landvolkbewegung.
Am frühen Morgen des Mittwoch wurden im Zu sammenhang mit den Holsteiner Verhaftungen auch in Berlin mehrere zum gleichen Kreise gehörende Per. sonen in ihren Wohnungen und Geschäftsräumen festge. nommen. Darunter der bekannte Ernst v. Salomon , der schon am Rathenau - Mord beteiligt war und Hans Gert Techow, der gleichfalls zu dem RathenauMörderkreise gehörte. Außerdem ein Dr. Saliner, bei dem Salomon unangemeldet wohnte, und Werner Last , der Führer der sogenannten Schilljugend.
er absolvierte als Gymnasiast die Prima eines Stegliger GymBrimaner v. Stubenrauch. Infolge seiner Jugend kam der nafiums, zusammen mit dem gleichfalls an der Tat beteiligten jüngere Techow mit einer Gefängnisstrafe von 4 Jahren und 1 Monat wegen Beihilfe zum Mord und ohne Ehrverlust davon. Eingeweihte wollten freilich schon damals wissen, daß in Wahrheit der jüngere der fanatischere und tatkräftigere von beiden Brüdern sei. Jedenfalls hat Hans Gerd Techow aus dem Gefängnis heraus sämtliche Beziehungen zu seinem früheren Kreise sorgfältig gepflegt und aufrechterhalten. Sobald er entlassen war, trat er einer erfremradikalen völkischen Jugendorganisation bei und wirkte als Mit= arbeiter, auch durch ,, dichterische" Versuche, an deren Zeitschrift
mit. Aus feinen Erzeugnissen ließ sich feststellen, daß seine extreme nommen hatte. Richtung durch die Strafe an Schärfe höchstens noch zuge.
Der etwas ältere Ernst v. Salomon war breits
an einer ganzen Keffe von Verbrechen
mitbeteiligt: megen Beihilfe zur Ermordung Rathenaus hatte er vom Staatsgerichtshof fünf Jahre Zuchthaus und fünf Jahre Ehrverlust zudiktiert erhalten. Kurz vor dem RathenauMord, am 4. März 1922, hatte Salomon zusammen mit dem Rathenau - Mörder Kern in Nauheim einen Anschlag auf das Leben des Oberleutnants z. S. Wag ne r versucht, der gleichfalls der D. C. angehörte, aber als angeblicher Verräter gefillt" werden sollte. Wagner wurde durch Schläge betäubt und ins Wasser geworfen, es gelang ihm jedoch, sich zu retten. Für die Beihilfe zu dieser Tat erhielt v. Salomon vom Landgericht Gießen erstaunlicherweise nur Jahr und 3 Monate Zuchthaus. Schließlich war er auch an dem Hamburger Sprengstoffattentat von 1922 zusammen mit dem D.- C.- Mitglied Warnecke beteiligt. Auch hierfür erhielt er eine mehrjährige Zuchthausstrafe, so daß er im ganzen etwa 8 Jahre Buchthaus zu verbüßen hatte. Durch die Amnestie von 1928 gelangie Salomon jedoch schon nach etwa 5% Jahren in Freiheit.
Er sowie der jüngere Techow beteiligten sich durch Beiträge an einem Sammelbuch der D.- C.- Leute, das den Titel führt:„ Wir Buch speit den ganzen Haß und die tiefe Verachtung der OC.- Leute flagen an. Nationalisten in den Kerkern der Bourgeoisie". Dis gegen das feige Bürgertum" aus, von dem sie sich im Stich ge= lassen glauben. Hans Gerd Techow z. B. beschwert sich:„ Bevor man zur Tat schritt, da schrie und rief alles nach dem Täter. Als seine Tat vollbracht war, da treuzigte man ihn." Für die Mentalität des Ernst v. Salomon ist folgender Satz charakteristisch:
,, Ein Beschleichen des Gegners, ein Ausweichen und Betasten, ein Messen von Kräften, furzum ein Kampf: Warum soll ich da nicht lügen?
Trotz ihres Hasses gegen die Republik haben diese Desperados aber fräftig nach Amnestie geschrien und auch gern die Amnestie von 1928 angenommen. Ihr Verhalten danach zeigt wohl zur Genüge, daß diese Amnestie die letzte gewesen sein muß!
Der verdächtige Fordwagen.
Wie die Bombe transportiert wurde.
Hamburg , 11. September. ( Eigenbericht.) Ueber die Ermittlungen, die zu den Berhaftungen in den Sprengstoffaffären geführt haben, äußerte sich heute vormittag der Altonaer Polizeipräsident Eggerstedt vor den Vertretern der Presse.
Polizeipräsident Eggerstedt erklärte, daß sich nach den ersten drei Attentaten bereits der Verdacht auf einen bestimmten Personentre is gelenkt habe, Personen, die bei früheren Atten taten( Rathenaumord, Attentatsversuch auf Sene ring) eine gewisse Rolle gespielt haben. Dieser Personenfreis wurde von der Polizei dauernd beobachtet. Auch die
Landstraßen und Wege der Provinz Schleswig- Holstein und des Regierungsbezirks Lüneburg wurden ständig überwacht, zunächst allerdings mehr geheim, um zu sehen, wie der Verkehr vor fich geht.
Wie nachträglich bekannt wird, ist der in Jhehoe ver. haftete angebliche Polizeihauptmann a. D. Nickel in Heide Begründer von sogenannten ,, Wachgesellschaften" an der Westküste Holsteins, die nach Art der Heimwehren" aufgezogen sind und mit den sonst üblichen Wach- und Schließgesellschaften" nichts zu tun haben. Den Titel eines Polizeihauptmanns foll er Während sich selbst zugelegt haben. der oberschlesischen Kämpfe soll er in Oberschlesien einen den letzten vier Tagen aber wurden alle Landstraßen und Wege der oberschlesischen Kämpfe soll er in Oberschlesien eine öffentlich kontrolliert, und zwar besonders daraufhin, Freiwilligenkompagnie aufgestellt und sich als deren welche Richtung die Autos mit bestimmten Führer mit dem Hauptmannstitel geschmückt haben. Nummern einschlagen. Bei dieser Landstraßenkontrolle Bei der Haussuchung in seiner Wohnung in Heide fand waren der Polizei schon bestimmte Wagen aufgefallen, die immer man Ueberreste von verbrannten Papieren, wiederkehrten. In den letzten sechs Wochen verdichteten sich die Berdie verdächtiges Material enthielten und jetzt dachtsmomente immer mehr gegen die im Laufe des gestrigen Tages einer genaueren Untersuchung unterworfen werden. und der legten Nacht festgenommenen Personen. Nach dem letzten
Lüneburger Attentat wurde ein bestimmter Forbwagen ermittelt und verfolgt. Es wurde festgestellt, daß sich in diesem Per[ onen aus der Heider Gegend befanden, die mit einem berdächtigen Gegenstand unterwegs waren. Leider erlitt der Polizei posten, der diesen Wagen beobachtete und verfolgte, mit seinem Motorrad eine Panne, so daß ihm der Wagen zunächst wieder entfam. Am Montagnachmittag aber erfuhr die Polizei, daß der Wagen in Krempe in Schleswig- Holstein gesichtet und dort untergestellt worden war. Der Mann, der sonst den Wagen geführt hatte, war jedoch nach Hamburg gefahren. Es handelt sich, wie die Polizei bald feststellen konnte, um den Kaufmann und angeblichen früheren Polizeihauptmann Nickels, der am Dienstag verhaftet worden ist. Ob Nickels tatsächlich einmal Bolizeihauptmann gewesen ist, fonnte bisher noch nicht festgestellt werden. Bis jetzt steht nur fest, daß er einmal, als Supernumerar auf dem Bolizeipräsidium in Kiel gearbeitet hat. Auch in Oberschlesien hat er sich betätigt. Durch einen besonderen Zufall erfuhr die Polizei dann, daß Nidels in Hamburg den verdächtigen Gegenstand, auf den die Polizei schon immer fahndete, bei dem berufslosen Karl Alfred Pünjer, einem früheren Bantbeamten, abgegeben hatte. Der Hamburger Polizei, mit der die Altonaer Polizei übrigens immer sehr gut zusammengearbeitet hat, gelang es dann, durch eine überraschende Haussuchung bei Pünjer den