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BERLIN  Mittwoch 30. Oftober 1929

Der Abend

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B 254 46. Jahrgang

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Hilferdings Reformpläne.

Der Reichsfinanzminister über die Finanzlage Deutschlands  .

In der Sihung des Ausschusses für den Reichshaushalt begann heute die Beratung der Novelle zur Reichs. haushaltsordnung. Sie wurde eingeleitet durch einen Bortrag des Reichsfinanzminiffers Dr. Hilferding, in dem dieser weit über den Rahmen der Reichshaushalts­ordnung hinausgriff.

Dr. Hilferding   dankte zunächst dem Ausschuß dafür, daß er schon vor dem Zusammentritt des Plenums die Beratung der Reichshaushaltsordnung zu Ende führen wolle, denn hinterher werden ihm sehr zahlreiche und große Aufgaben zufallen. Unter diesen Aufgaben wird die erste die Fertigstellung des Nachtrags: etais für das Rechnungsjahr 1929 sein. Dieser Nachtragsetat würde Korrekturen sowohl auf der Ausgabenseite, wie auf der Eir nahmeseite bringen. Die erstere sei zum größten Teil durch die Sparation des Reichstags notwendig geworden. Die Einnahme schäzungen haben bei Beratung des Etats naturgemäß auf sicherer Basis gestanden und sollen jetzt, nachdem das laufende Rechnungs­jahr zur Hälfte vorüber ist und ein flareres Bild ergibt, Intsprechend geändert werden, Hilferding   erklärt, daß die Korreur der Ein­nahmeseite einen

Ausfall in den Einnahmen ergeben

dauernde Balancierung Borwurf, der ihm oft in der Def wolle die Vorlegung des Nach Hilferding   als geradezu als schin

wird. Darüber hinaus wird der Nachtragsetat einige Anforderungen bringen, die zwingend sind. Die dem Haushaltsusschuß regelmäßig von seinem Ministerium zugestellten Nachweisungen der von ihm genehmigten über- und außerplanmäßigen Ausgaben zeigten, wie rücksichtslos er die Streichungen des Reichstags den Refforts gegen­über aufrechterhalten habe. Auch der Ve Sung- Plan mache, wenn er angenommen werde, die Vorlegung eings Nachtragsetats notwendig. Der Young Plan werde Ersparungen bringen, die zur Ab­deckung des Defizits des Rechnungsjahres 1928 und auch des mit Sicherheit zu erwartenden Defizits des Rechnungsjahres 1929 ver­wendet werden müssen. An eine S teuerentlastung fönne ein verantwortungsbewußter Finanzmi, nister erste gehen, nachdem die es Etats sichergestellt ist. Den fentlichkeit gemacht worden ist, er tragsetats verschleppen. bezeichnet des Nachtragsetats wie an der Pflich. Er fönne an die Vorlegung n Ausbau des Hauptetats für das tommende Rechnungsjahr endgültig doch erst herangehen, nachdem der Young- Plan feststehe. Bert Recht den Vorwurf machen törjahre er anders, würde man ihm mit bevor er erlegt sei. Jedenfallen, er verteile das Fell des Bären, werde der neue Etat auch mit der größten Sparsamkeit aufgestell Was die Finanzreform betrifft, so bietet sie natürlich große Schwierigkeiten. Aber man fel diese Schwierigkeiten auch nicht über. treiben. In dem Wunsche no ach Senkung der Steuerlasten seien sich wohl alle Barteien einig. Solche Sentung sei auch notwendig in sozialem Sinne. Alles Politische wird bestimmt durch das ökonomisch Mögliche und eine Senfung der Steuerlasten wird auf der anderen Seite eine

t.

Senfung der Arbeitslosigkeit

mit sich bringen. Das Ausn in der Produktivität der W sondern elastisch. Der bisn

Nicht Hermann sondern Varus!

Mit Sermann dem Cheruster ift es nichts geworden. Hugenberg bill nunmehr die Rolle des be­fiegten Römerfeldherrn Barus übernehmen, der sich angesichts der völligen Niederlage in sein Schwert flürzte. Aber ach,

-

auch dazu langt es nicht!

Clementel statt Daladier.

Ein neuer Versuch.

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Paris  , 30. Oktober. getragen. Der Durchschnittssak der Eintragungen ist 7,3 Prozent.

Der französische   Staatspräsident hat am Mittwoch mittag den linksradikalen Senator Clementel mit der Regierungsbildung beauftragt. Clementel hat diesen Auftrag angenommen und betont, daß er sich bemühen werde, ein Kabinett auf der Grundlage eines tr zu bilden. Er blikanischen Konzentration werde seine Bemühungen um die Kabinettsbildung sofort

aufnehmen.

Daladiers Versuche gescheitert.

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Paris  , 30. Oktober.  ( Eigenbericht.) Daladier   hat am Dienstag abend seine Bemühungen um die Bildung eines Kabinetts inoffiziell noch einmal aufgenommen, jedoch nachts um 2 Uhr endgültig auf die Regierungsbildung verzichtet.

Daladier   wollte nach der Absage der Sozialisten eine bürgerliche der Sozialpolitit finde seine Grenzen Lintsregierung mit Unterstügung der Barlamentsgruppen des linken irtschaft. Diese Grenzen seien nicht starr, 3entrums bilden. Seine Bemühungen scheiterten aber daran, daß sich notwendige starte Steuerdrud habe diese Grenzen verengt, die Senkung der Steuerlaften müsse in erster Außenminister Briand   weigert, mit ihm zusammenzuarbeiten, Reihe die Einkommensteuern und die Realsteuern betreffen. Es zu, bis in die Reihen des Blod National, zu einer, republikanischen ern und die Realsteuern betreffen. Es wenn er feine Regierungsmehrheit nicht noch weiter nach rechts fann sich bei der Einkommensteuer nicht nur um Ermäßigung ber hensteuer nicht nur um Ermäßigung der Union  " ausdehne. Diesem Verlangen tonnie Daladier nicht ent­hohen Stufen handeln, sondern vor allem um Erhöhung des sprechen, da er durch die Beschlüsse des radikalen Parteitages in Existenzminimums. Sehr schwierig ist die Senkung der Reims  , der jede Zusammenarbeit mit den Gruppen des Block Realsteuern  , weil sie nur im Rahmen des Finanzausgleichs por Sehr schwierig ist die Sentung der sich gehen fann und die wichtigen fulturellen und sozialen Aufgaben National strifte abgelehnt hat, gebunden war. Die letzten Stunden der Gemeinden nicht Not leiden dürfen. Eine Steuerreform ist notwendig für alle Gewerbezweige, auch für die Zandwirt. schaft. Die Finanzreform auß sich auf die gesamte Bolkswirtschaft erstrecken, es können aber nicht nur Steuern gesenft werden, und er möchte heute schon bemerkeen, daß eine eventuell nicht bedeutende Erhöhung von Steu ern auf Genußmittel, z. B. der Biersteuer ausgeglichen we rde durch die geplante Erhöhung des

Eriftengminimums. Die

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Schaffung von Monopolen

ist in feiner Weise mit der

Die Rassenlage ist geplanten Finanzreform verquickt. freien Anleihe erleichtert mot durch die 180 Millionen der steuer­Das im Jahre 1926 in Ancrden, aber es ist natürlich notwendig,

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Daladiers verliefen recht bewegt. Schon um 7 Uhr abends, nach einer ersten Aussprache mit Briand  , war Daladier   zum Berzicht entschlossen. Einige Freunde Briands aber.bemühten sich, den Konflikt zwischen Briand   und Daladier   bet zulegen und auch der Präsident der Republit, Daumergue, fuchte den radikalen Parteiführer zur Fortseßung seiner Berhandlungen zu bestimmen.

Hugenberg gescheitert!

Keine Hoffnung mehr für den Inflationsblock. Die bis gegen Mittag vorliegenden Meldungen über

In diesen Zahlen sind die für den Hugenberg- Block günstigen Provinzen wie beispielsweise Pommern  bereits berücksichtigt.

Die Gesamtzahl der Eintragungen in Berlin   be­berechtigten. Die hinter dem Inflationsbegehren stehen­trägt rund 242 000, das sind 7,7 Prozent der Stimm­den Parteien hatten bei der letzten Reichstagswahl im Mai 1928 rund 513 000 Stimmen aufgebracht.

In Berlin   wie im ganzen Reich ist ein sehr erheblicher Teil der Wähler der Inflationsblockparteien dem Volks­begehren ferngeblieben!

Wie sag ichs meinem Kinde?

Der Hugenbergsche Presseapparat ist in schwerster Verlegenheit, wie er das Fiasto seines Herrn und Meisters mitteilen soll. Obwohl noch am Abend des letzten Einzeichnungstages kein Zweifel über den Ausgang mehr bestehen konnte, nährt der Pressedienst der Deutschnationalen Bolkspartei noch eine letzte Hoffnung:

,, Db das Boltsbegehren gescheitert ist oder nicht, vermag heute noch niemand zu missen."

Für alle Fälle aber mird vorgebaut:

,, Und dabei ist diese Zahl eine falsche Zahl." Sie magen es nicht, ihren Lesern ungeschminkt die Wahrheit zu fagen, auch wenn fie bitter ist. Um so größer wird das Entsetzen fein, wenn fie fich nicht mehr verbergen läßt.

Die verschüchterten Bayern  . Sie haben von den Gaupreußen sich die Eintragung verbieten lassen!

Die Deutsche Zeitung" sucht die miserabeln Ergebnisse des Boltsbegehrens in Süddeutschland  , namentlich in den Städten München   und Stuttgart  , die sie selber als r echt beschämend" bezeichnet, mit dem Hinweis auf amtlichen Terror" zu bemänteln. Süddeutschland   im Banne der amtlichen Drohungen" lautet die

durch langfristige Antem im außerordentlichen Haushalt das Ergebnis des Hugenbergschen Inflationsbegehrens Ueberschrift ihrer Meldung, in der dann weiter ausgeführt wird, befchaffungsprogramriff genommene große Arbeits. nicht gelungen, aber die Berthen zu fundieren. Bisher ist das bestätigen das von uns bereits im Morgenblatt gegebene daß die Bayern   und Württemberger ,, auch am letzten Tage aus dem Bild. Es haben sich in Orten und Kreisen mit insgesamt amtlich befohlenen Schlaf nicht aufgewacht find". Nun haben sowohl die bayerische   wie die württembergische Re­18 607 000 Stimmberechtigten 1364 593 Personen ein­

( Fortsetzun auf der 2, Seite.)

suche müssen fortgesetzt werden. Als g 2.