BERLIN Sonnabend

2. November 1929

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Der Abend™

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46. Jahrgang

66 Anzeigenpreis: Die einspaltige Nonpareillezeile

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Knapp über 10 Prozent!

Die notwendige Zahl um ein paar Tausend überschritten!

Nach den beim Reichswahlleiter bis 2 Uhr mittags borliegenden Zahlen ist die erforderliche Mindest. siffer bon 10 Prozent der Wahlberechtigten im lehten Augenblick doch noch mit Mühe und Not erreicht worden. Es waren nach den letten vorläufigen Fest stellungen rund 4136000 Eintragungen gezählt worden, während rund 4 127 000 die zumindest erforder­liche Zahl darstellen.

Es stehen nur noch wenige Bezirke aus Niederbayern , Oberbayern - Schwaben und Westfalen aus, die jedoch nur noch eine geringe Steigerung der Ziffern bringen dürften.

Mit Hängen und Würgen haben die Volksbegehrler eine Zahl von Unterschriften erreicht, die in der Nähe der vorge chriebenen 10- Prozent- Grenze liegt und sie wahrschein fich überschreitet. Die endgültige amtliche Feststellung ist für den 6. November zu erwarten.

Gemeindewahlfieg in England.

Ein Beispiel für Preußen.

London , 2. November. ( Eigenbericht.)

Die Neuwahl eines Drittels der Stadtparlamente, die am Freitag in 300 Städten Englands, Schottlands und Wales stattfand, ift auf der ganzen Linie für die Arbeiterpartei fiegreich verlaufen. Insbesondere in den Ortschaften außerhalb der Londoner Stadt. grenze, sowie in den industriellen Gebielen von Nord- und Mittel­ england hat die Arbeiterpartei auf Kosten der Konservativen glänzende Erfolge erzielt.

Jm Londoner Stadtbezirt selbst, wo die Munizipalmahlen alle drei Jahre stattfinden, fanden in diesem Jahre feine Wahlen statt. Die Gesamtzahl der im Felde stehenden Kandidaten betrug 2031, von denen 906 Sozialisten, 562 Konservative und 310 als un abhängig bürgerliche bzm kommunistische Kandidaten aufgestellt waren. In Balthamstow, einem Borort ondans, wo wegen einer Umgruppierung der ganze Stadtrat zur Wahl stand, gelang Von der amtlichen Feststellung hängt es ab, ob das es feinem der 3 tonservativen und 9 liberalen Kandidaten, Size Volksbegehren an den Reichstag gehen und nach seiner selbst au erobern. Lediglich 6 unabhängig bürgerliche Kandidaten verständlichen Ablehnung durch diesen dem Bolt zur Entwurden gewählt gegenüber 30 fiegreichen sozialistischen Kandidaten. Das ganze Ausmaß des hier errungenen Sieges scheidung vorgelegt werden wird.

gebüßt. Ueber dies wurden 117 sozialistische, 81 tonservative, 37 liberale und 35 unabhängige Randidaten wiedergewählt, ohne daß von den übrigen Parteien Gegentandidaten aufgestellt worden waren. Die Refordzahl aa fozialistischen Kandidaten, deren Wiederwahl von Anfang an feststand, stellt ebenfalls ein charakteri­stisches Merkmal der gestrigen Wahlen dar.

Tardieu und die Radikalen.

Er will sechs von ihnen zum Minister machen. Paris , 2. November. ( Eigenbericht.) der Bereinigten Staaten von Europa fortjeßen, will die Steuern Tardieu will die Politik der Haager Konferenz und ermäßigen, bie Sozialreform durchführen, die Militärkredite herab fehen, die Einheitsschule ins Leben rufen und will schließlich jogar eine politische 2 m ne stie erlaffen. Diese Amnestie soll aber nicht generell gewährt werden, sondern auf spezielle, genau aufzut­zählende Fälle beschränkt bleiben. Angesichts dieser entgegenkommenden Haltung Tardieus macht

Für diesen zweiten Fall würde der Aeltestenausschuß wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Zusammen fich trotz der Beschlüsse des Parteitages von Reims in der radikalen des Reichstags zusammengerufen werden, um zu entscheiden, fegung in diesem Stadtbezirk bisher 15 Konservative, 17 Sozialisten Barlamentsfraktion ein starkes Schwanken bemerkbar. Die

ob der Reichstag den Antrag gesondert erledigen oder ob er ihn im Zusammenhang mit der Ratifizierung des Young­Blanes behandeln soll. Wie immer aber diese Entscheidung cusfällt, so ist doch mit einer Voltsabstimmung vor Januar nicht zu rechnen.

Der Vorgang bei der Volksabstimmung ist ähnlich wie bei einer Wahl. Der Abstimmende befundet durch Ankreuzen eines Feldes, ob er mit Ja oder mit Nein stimmen will.

Ein vom Reichstag abgelehnter Gesetzesvorschlag fann in der Bolksabstimmung nur angenommen werden, wenn

Die Labour Party hat in Liverpool 5, in Coventry 5, in Salford 7 Site erobert.

in Plymouth , wo die Gegner der Arbeiterpartei fürzlich den vergeblichen Berfuch gemacht hatten, ben dortigen sozialistischen Ab­geordneten Moses wegen angeblicher Wahlforruption zu stürzen, gewann die Arbeiterpartei nicht weniger als 5 Size von den Konservativen. In East ham, einem anderen Vorort von London erzielte die Labour Party zum ersten Male eine Mehrheit im Stadtrat; außerdem hat als Ergebnis der gestrigen Wahl die Ar­

Doildford sind die konser

radikale Preffe äußert sich liebenswürdig gegenüber der bisher als Feind verschrieenen republikanischen Konzentration. Die Ere Nouvelle" bescheinigt Herrn Tardieu, daß seine Absichten rein und feine Politik vortrefflich seien. Er, ein Innenpolitikermatador von allererster Klasse habe mit dem Beschluß,

auf die Mitarbeit der Gruppe Marin zu verzichten, der Rechtspolitik in Frankreich das Lebenslicht ausgeblasen. Selbst die„ Republique" Daladiers erklärt, es gebe nach den Mißerfolgen der augenblicklichen Krise nur ein Rezept, um in der Kammer eine Mehrheit zu finden: man nehme die Radikalen und gehe so weit

fich mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten an der Ab. beiterpartei in Leynton und Bradford eine Mehrheit im Stadt nach rechts, bis man ziffernmäßig genügend Abgeordnete um sich Arbeiterkandidaten geschlagen worden. Tardieu hat der Radikalen Partei inzwischen mitgeteilt, daß Zählungsergebnissen, die noch keines.

stimmung beteiligt. Beteiligen werden sich aber in der Hauptsache nur diejenigen, die mit Ja stimmen wollen. Das wird auf alle Fälle eine Zahl sein, die tief unter der Hälfte der Stimmberechtigten liegen wird.

Bei dem Bolfsentscheid über die Fürstenenteignung wurden 15 599 797 Stimmen abgegeben. Davon lauteten 14 455 184 auf Ja und 585 710 auf Nein. Dabei hatte das vorangegangene Boltsbegehren rund dreimal soviel Unter­schriften erzielt wie das der Hitler Hugenberg!

B

Der Volksabstimmung über das sogenannte Freiheits­gesetz" werden wir mit verschäntten Armen zusehen fönnen. Die Last der Agitation wird ausschließlich auf seinen Anhängern liegen, die Gegner werden faum mehr zu tun haben, als die gröbsten Schwindeleien zurückzuweisen. Im übrigen fönnen sie gelassen abwarten, wie sich die ganze glor reiche Aktion zwangsläufig zu Tode strampelt.

-

aber nie­

Bon Terror wird bei der Abstimmung, die geheim ist, nicht mehr die Rede sein können. Wer unter wirtschaft­lichem Druck steht, wird freilich stimmen müssen mand kann wiffen, ob er dann mit Ja oder mit Nein stimmt. Zweifellos werden viele ostelbische Landarbeiter, die zur Ab­gabe ihrer Unterschrift gepreßt wurden, bei der Bolfs­abstimmung mit ein stimmen. er aber unabhängig ist, wird als Gegner des Antrages ruhig zu Hause bleiben dürfen.

Den Herren vom nationalen Blod mag vielleicht zunächst einmal ein Stein vom Herzen fallen, wenn ihnen die Blamage eines Scheiterns gleich beim ersten Anlauf erspart bleibt. Aber sie haben damit nichts anderes gewonnen, als daß sie mit unabwendbarer Gewißheit der endgültigen Blamage bei der Bolksabstimmung entgegengehen. Inzwischen wird Hitler weiter seine Beitsche über Hugenberg schwingen, und der Zer­fegungsprozeß der Deutschnationalen Partei wird sich noch wochenlang im Stillen fortsetzen.

( Fortfegung auf der 2. Seite.)

vativen Bürgermeister von Nach den legen vorliegenden wegs vollständig sind, hat die Cobour Party 148 Sige gewonnen und 12 bisherige Size verloren,

die konfervativen haben 15 gewonnen und 64 verloren, die Liberalen 16 gewonnen und 40 verloren, 16 unabhängige Kandidaten haben neue Sige gewonnen und 23 ihrer bisherigen ein­

Gymnasium.

The

„ Durchs Matur raßle ich fowiefo. Da spuce ich vorher mal auf Schwarzrotgold, dann hält mein Oller den Durchfall für politisches Märtyrertum."

er von sich aus

fechs radikale Minister in sein Kabineff aufzunehmen wünsche.

Im übrigen hat sich Tardieu mit dem von Clémentel ent­widelten Regierungsprogramm einverstanden erklärt. Wie die heutige Morgenpresse erklärt, soll er sogar bereit sein, den Radikalen das Innenministerium, das er selbst bisher verwaltete, zur Verfügung zu stellen, und zwar den Senatoren Durand oder Chautemps, während er selbst ins Kriegsministerium hinüber zu wechseln gedenkt. Aus der bisherigen Mannschaft Briands würde er als Finanzminister Cherron, als Arbeitsminister Lou cheur, ats Minister für öffentliche Arbeiten Forgeot, als Acerbau­minister Hennessy, als Luftfahrtminister Laurent Eŋnac und ats Rolonialminister Maginot beibehalten.

Diskontermäßigung in Berlin .

Um ein halbes Prozent.

Die Reichsbank hat den Wechseldiskont um ½ Prozent von 7% auf 7 Prozent und den Lombard. zinsfuß von 8% auf 8 Prozent ermäßigt.

Direttor Sauerbrey festgenommen.

Nach Prag geflüchtet und dort erkannt.

Prag , 2. November. Der nach dem Zusammenbruch der Frankfurter Allge meinen Versicherungs- A.- G. geflüchtete Direktor der Südwestdeutschen Bant, Sauerbren, ist gestern nacht hier ver­haftet worden. Ein aus Frankfurt entsandter Kriminalkommissar hatte festgeftllt, daß sich Sauerbreŋ unter dem Namen Siegfried Seeger bei einem Prager Bekannten verstedt hielt und veranlaßte die Verhaftung durch die Prager Behörden. Sauerbreŋ wird u. a. beschuldigt, den Betrag von 680 000 Mart unterschlagen zu haben.